Arno Wilhelm Reitz
„Museal“ ist Tradition, die nur der Schaulust, naivem Staunen oder spöttischem Unverständnis begegnet; sie bleibt unverbindlich und wirkungslos. Tradition, die angenommen wird, vermittelt Verständnis für Vergangenes und Achtung vor früheren Generationen und damit Sinn für die eigene Geschichte. Tradition, die aufgegriffen, eingeordnet und für die eigene Aussage weiterentwickelt wird, ist im hohen Maße fruchtbar für Standortbestimmung, Selbstverständnis und Standfestigkeit.
Für die Montanuniversität bedeuten aus der Tradition gewachsener und bewußt weitergestalteter akademischer Stil und akademisches Brauchtum lebendigen und immer wieder erlebten Ausdruck einer von allen Universitätsangehörigen getragenen, verpflichtenden und selbst von Besuchern und Gästen immer wieder staunend empfundenen Gemeinsamkeit, die wir selbst den „Leobner Geist“ nennen.
Auf eine Kurzformel gebracht:
In Leoben galt die Hochschule, die Universität, die ALMA MATER LEOBIENSIS, seit je als die große Gemeinschaft. Ihr verpflichtet, sind Aufgaben im sachgerechten Zusammenwirken zu erfüllen, Probleme mit gemeinsamem Willen zu lösen - in gegenseitigem Vertrauen und voller Offenheit einander würdigender Partner; sind selbst Gegensätze und Widersprüche im kollegialen Geiste gemeinsam zu bewältigen.
An diese Gesinnung wird nicht nur bei Grundsatzentscheidungen und Beschlüssen großer Tragweite erinnert; sie bestimmt auch den Stil des akademischen Alltags, sollte ihn jedenfalls bestimmen. Ihre höchste Bewährung hat sie in den Siebzigerjahren erbracht, den Jahren der stürmischen Hochschulreform-Diskussion - die mancherorts ausuferte — und des Ringens um eine sinnvolle Institutsstruktur unserer nunmehrigen Universität: als es gelang, sämtliche Stellungnahmen, Anträge und Beschlüsse einstimmig mit allen Stimmen der Professoren, Assistenten und der Hochschülerschaft zu verabschieden.
Die Entstehungs- und Frühgeschichte der Montanuniversität als Steiermärkisch-Ständische Montanlehranstalt ist durch eine Reihe von Besonderheiten geprägt, die den Sinn für Zusammengehörigkeit und Traditionsbezogenheit nachhaltig förderten; insbesondere
Gründung der Montanlehranstalt in Vordernberg, dem geschichtsträchtigen Zentrum der Erzgewinnung und Eisenverhüttung;
die große Kontinuität vom Anfang an und die starke Prägung durch das Wirken Peter Tunners, acht Jahre als Träger des gesamten Unterrichtes, 26 Jahre als Professor und 34 Jahre als Direktor;
die nicht formale, aber faktische Schirmherrschaft durch Erzherzog Johann, der 1814 die erste Anregung gab, 1833 Peter Tunner auswählte und den Eleven der jungen Montanlehranstalt, vor allem während der Vordernberger Jahre, sein gastliches Haus in Vordernberg offenhielt;
der Eintritt in den seit dem Mittelalter freien Berufsstand der Berg- und Hüttenleute mit ihrem ausgeprägten Standesgefühl und ihrer reichen Tradition („Der Bergmannsstand sei hoch geehret").
Der BERGKITTEL ist stärkster, sichtbarer Ausdruck der Berufszusammengehörigkeit aller Montanisten und ihres besonderen Berufsgefühles; er wird mit nur geringfügigen Abweichungen in ganz Österreich als Festtracht und bei offiziellen Anlässen vom Generaldirektor bis zum Hauer getragen; mit größeren Abweichungen - bis zum Uniformrock entfremdet - auch andernorts. An seine Herkunft von der Arbeitskleidung erinnern der neungezackte Schulterkragen - einst Schutz gegen Witterung und herabrieselndes Gestein - sowie der weite Rückenteil, der Bewegungsfreiheit gibt und erst in Gürtelhöhe mittels Bänderzug gerafft ist. Dem festlichen Charakter entspricht der Samtbesatz am Stehkragen, unter den Oberarmschilden, an den Ärmelaufschlägen und unter den seitlichen Knopfleisten. Schlägel-und-Eisen, goldgestickt, zieren Stehkragen und Oberärmelschilde. Vergoldete Knöpfe mit ausgeprägtem Schlägel- und-Eisen als Verschlußknöpfe sowie als Knopfleisten an den Ärmelaufschlägen und in schräger Stellung beiderseits vor der Brust vervollständigen die festliche Aufmachung. Der Bergkittel wird von den Professoren als traditionsgemäße Amtstracht, von Professoren, Assistenten und Studenten als Festtracht getragen. In einigen Studienrichtungen sitzen einander Prüfer und Kandidaten bei der kommissioneilen Zweiten Diplomprüfung im Bergkittel gegenüber. Ebenso erscheinen die Kandidaten zu Graduierung und Promotion meist im Bergkittel.
Der BIBERSTOLLEN, nach einem Kupferabbau im Bereich von Schemnitz benannt, wird als Festtracht nur von Studenten - etwa bei Bällen oder zur Hochzeit - und von den Chargierten der Leobener Korporationen anstelle des sonst üblichen Flauses getragen. Er wurde mit vielem anderen bergmännischen Brauchtum aus Schemnitz (damals Niederungarn, heute Slowakei) mitgebracht, als Studenten und Professoren deutscher Zunge unter dem zunehmenden Nationalitätendruck nach 1848 die Bergakademie daselbst verlassen mußten. Der Biberstollen ist ein straff sitzender schwarzer Rock mit samtbesetztem Stehkragen und Schlägel-und-Eisen in Gold beiderseits, mit Schulterspangen in Gold, mit goldenen Verschlußknöpfen mit Schlägel-und-Eisen-Prä- gung, mit breitem, goldgepaspeltem Samtbesatz an beiden Oberarmen und Samtbesatz am Ärmelaufschlag.
Der TALAR, der von Rektor und Prorektor und vom Pedell bei feierlichen akademischen Anlässen getragen wird, ist, wie üblich, ein weiter, langer, schwarzer Mantel mit weiten Ärmeln, hat dazu aber wesentliche Elemente des Bergkittels übernommen: schwarzer Samt auf Stehkragen und Ärmelbesatz, neungezackter Schulterkragen und Schlägel-und- Eisen in Gold gestickt am Stehkragen und auf den Ärmelschilden; dazu als Kopfbedeckung eine Art niederer schwarzer Schachthut mit Schlägel-und- Eisen in Gold auf der linken Seite.
SCHLÄGEL und EISEN, das Werkzeug der Bergleute von der Eisenzeit bis ins Zeitalter der Bergbaumaschinen, wurden im Mittelalter zum Symbol des Bergwesens schlechthin. Schlägel und Eisen krönen, mit den Stielen überkreuz-gelegt, den Stolleneingang; sie grüßen von den Firsten der Fördertürme und Bergbaubetriebsgebäude; sie zieren Firmenschilder, Direktionszimmer und Geschäftspapier; sie erscheinen vielfach als Wappenmotiv, als Schmuckelement und funkeln von Bergkittel und Rektorsta- lar. Schlägel und Eisen grüßen aus dem Scheitelfeld des schmiedeisernen Hauptportales des Universitätsgebäudes, Franz Josef Straße 18, über dem Bergmannsgruß GLÜCKAUF. Betritt man durch das Tor die Vorhalle, so gemahnt zwischen den beiderseits aufwärts strebenden Treppenbögen der Abgang ins Sockelgeschoß an einen Stolleneingang.
Die BERGMANNSFARBEN SCHWARZ-GRÜN wehen gemeinsam mit den Landesfarben WEISSGRÜN und den Staatsfarben ROT-WEISS-ROT bei akademischen Feiern, wissenschaftlichen Tagungen und Festveranstaltungen von den drei beieinanderstehenden Fahnenmasten vor der verwitterten Aluminiumfront des Auditorium Maximum, bei besonders festlichen Anlässen auch vom Dach des Hauptgebäudes.
Die REKTORSKETTE trägt einen großen achteckigen Anhänger (ca. 8 cm in der Diagonale) mit dem Bildnis des Kaisers Franz Josef I im Flachrelief. Die Umschrift lautet:
FRANC.JOS.IMP.AUST.REX.HUNG.; der Medailleur gibt sich mit TEOD.STUNDL zu erkennen. Die Inschrift auf der Rückseite lautet:
GEWIDMET IM JAHRE 1915 VON EHEMALIGEN HÖRERN DER LEOBENER HOCHSCHULE UND MONTANISTISCHEN VEREINIGUNGEN ÖSTERREICHS.
Die zehn quadratischen Hauptglieder der Kette (4,5 x 4,5 cm mit abgeschrägten Ecken) stellen in abwechselnder Folge im Flachrelief ein bergmännisches Motiv (Bergknappe im Kittel aufs rechte Knie niedergelassen mit zweihändigem Bergeisen und Grubengeleucht vor einer Szenerie mit Förderturm) und ein hüttenmännisches Motiv (Hüttenwerker im großen Schurz auf das linke Knie niedergelassen mit zweihändigem Vorschlaghammer vor Amboß und Hochofenszenerie) dar.
Die PROREKTORSKETTE wurde dank der Initiative des Professorenkollegiums in der ersten Hälfte der Sechzigerjahre beschafft. Sie besteht aus 22 Gliedern, die den Zwischengliedern der Rektorskette nachgebildet sind, und trägt als Anhänger einen großen, oval geschliffenen Malachit in einer schweren vergoldeten Fassung aus Silber, die der Leobener Goldschmied N. Schmid geschaffen hat. Rektorskette und Prorektorskette werden in Leoben nach wie vor nur zu Talar, Bergkittel und Frack getragen.
Der goldene REKTOR-PLATZER-RING zeigt in der Platte diagonal die Bergmannsfarben Schwarz- Grün durch Zusammenfügen von Onyx und Chrysopras. Er wird an Absolventen verliehen, die die Zweite Diplomprüfung mit Auszeichnung bestanden haben, und wurde aus Anlaß des 125-jährigen Bestandes der Montanistischen Hochschule im Jahre 1965 vom ,Bergmännischen Verband Österreichs und von der ,Eisenhütte Österreich“ gestiftet und ist von der ,Österreichischen Gesellschaft für Erdölwissenschaft“ und vom ,Verband Leobener Kunststofftechniker“ mitgetragen.
Das HOCHSCHULSIEGEL wurde schließlich - spät nach manchen jüngeren, österreichischen Hohen Schulen - über Vorschlag des Rektors durch einhelligen Beschluß des Professorenkollegiums 1971 geschaffen: Als Rundsiegel mit der Umschrift ALMA MATER LEOBIENSIS und Lorbeerzier umfaßt es einen viergeteilten zweihöckrigen Schild, der im Felde links oben mit Schlägel und Eisen den Montanbereich, mit dem aufgeschlagenen Buch die Wissenschaftlichkeit umschreibt, im Feld rechts oben den Leobener Strauß und links unten den Steirischen Panther führt und schließlich rechts unten mit dem stilisierten Blick auf die Abbaustufen des Erzberges und die Konturen des Kaiserschild Bezug zu historischem Ursprung und Landschaft nimmt. Die kunstgerechte Ausgestaltung des Siegelentwurfes erfolgte durch die Grazer Graphikerin Friederike Grengg. In dankenswerter Initiative und unter Zustimmung der Montanuniversität veranlaßte - und finanzierte - die Volksbank Leoben schließlich im Jahre 1977 in einer bundesdeutschen Münzanstalt die Ausprägung einer GEDENKMÜNZE, die auf einer Seite das Universitätssiegel und auf der anderen Seite eine Ansicht des Universitäts-Hauptgebäudes zeigt.
Traditionsbewußtsein und Brauchtumspflege an der Montanuniversität finden ihren stärksten, auch in aller Öffentlichkeit sichtbaren Ausdruck in den verschiedenen, mit dem Hochschulgeschehen zusammenhängenden Feiern. Als höchste gilt an allen Universitäten die INAUGURATION, die feierliche Amtsübergabe an den jeweils neuen Rektor. In Leoben findet die feierliche Inauguration des neuen Rektors am Tage des Akademischen Ledersprunges statt.
Die Inaugurationsfeier beginnt mit dem Einzug der Chargierten der Leobener Korporationen durch den Mittelgang des randvoll besetzten Auditorium Maximum; sie nehmen auf dem Podium vor der Stirnfront des Saales Aufstellung. Nun erklingt die HOCHSCHUL-FANFARE, sozusagen ein Geschenk der Bergkapelle Seegraben bzw. ihres Kapellmeisters an die Montanistische Hochschule; Werner Pucher hatte im Mai 1959 für die Hochschul-Fanfare geeignete Passagen aus der Bläser-Festmusik von Hans Weber ausgewählt und für ein Bläser-Quintett eingerichtet. Unter diesen Klängen - während die Chargierten ihre Schläger präsentieren - ziehen nun die Professoren ein - alle im Bergkittel - und unter Vorantritt des Pedell in Talar und Barett mit dem Universitäts-Zepter, und ausgezeichnet durch die Teilnahme meist nicht weniger Rektoren der österreichischen und manchmal auswärtiger Hoher Schulen im Ornat; als letzte der noch amtierende und der künftige Rektor. Rektoren und Professoren nehmen am Podium Platz.
Dem Auditorium bietet sich ein prächtiges, ein „Leobener“ Bild, das jedes Montanistenherz höher schlagen läßt: beiderseits des Rednerpultes, an dem in gebürstetem Aluminium Schlägel und Eisen erglänzen, Rektor und Prärektor im bergmännischen Talar, anschließend die befreundeten Rektoren in ihren pelz- oder samtgeschmückten Talaren mit Rektorsketten und Baretten, anschließend und in den Reihen dahinter die Leobener Professoren im Bergkittel, dahinter die Chargierten, alle im gleichen Biberstollen mit Schärpen, Baretten und Cerevicen in ihren Couleurfarben. Dies alles rechts noch einmal flankiert vom Universitätschor oder Musikern meist ebenfalls im Bergkittel. Und über all dem an der Stirnfront in Fahnenbahnen von der Decke herab links die Bundesfarben Rot-Weiss-Rot, rechts die Landesfarben Weiss-Grün und in der Mitte die Bergmannsfarben Schwarz-Grün.
Der Rektor tritt nun an das Rednerpult und begrüßt die Universitätsangehörigen und in ihrer aller Namen Ehrengäste und Gäste. Die Feierlichkeit steigert daraufhin eine Darbietung des Universitätschores oder in größerer oder kleinerer Besetzung des Universitätsorchesters. Hierauf ergreift der abtretende Rektor das Wort zum Bericht über die Studienjahre und das Universitätsgeschehen während seiner Amtsführung, wobei Nöte und Sorgen nicht selten in besorgniserregender Weise sichtbar werden. Schließlich berichtet der Rektor über die Wahl seines Nachfolgers, wendet sich diesem, der sich inzwischen erhoben hat, zu, nimmt die Rektorskette ab und legt sie ihm auf die Schulter.
Der inaugurierte Rektor tritt nun ans Pult und dankt seinem Amtsvorgänger für seine Verdienste und die der Universität erbrachte Leistung und legt ihm nun seinerseits die Prorektorskette auf die Schul ter. Der Applaus des Auditoriums grüßt die beiden Männer im bergmännisch-akademischen Talar. Anschließend übermitteln die Sprecher des Assistentenverbandes, der Österreichischen Hochschülerschaft und der Verwaltungsbeamten Glückwünsche, Anliegen und oft genug auch Sorgen ihres Bereiches.
Die Überleitung und Einstimmung zum zweiten Teil der Feier erbringen wieder die Kehlen des Universitätschores oder die Streicher des Universitätsorchesters.
Der inaugurierte Rektor ergreift nun das Wort zu seiner Inaugurationsrede, die nach altem Brauch seinem Fachgebiet gilt, Ein- oder Überblicke, Hinweise auf aktuelle Brennpunkte, aber auch auf die Leistungen des eigenen Institutes oder auf sachliche Zukunftsperspektiven bietet. Nicht selten in der jüngeren Zeit wurden die mehr als dringenden Hoch- schulprobleme zum Thema gewählt, das dann meist um die Schwerpunkte „Fehlorganisation durch die Hochschulreform 1975“, katastrophale Überbürokratisierung und umgekehrt ebensolche Unterdotierung kreist.
Stehend singen zum Abschluß Professoren und Auditorium - in Leoben aus voller Kehle - die erste und vierte Strophe des GAUDEAMUS IGITUR. Unter den Klängen der Hochschulfanfare verlassen Professoren und Chargierte den Saal.
Unbeschadet aller hoher Anforderungen, vor die sich die Studenten aller Studienrichtungen an der Montanuniversität gestellt sehen, besteht doch die Aussage des eben gewählten Untertitels zu Recht; das erweist allein schon die voranzustellende Übersicht über die Festlichkeiten und Feiern im Laufe eines Studienjahres.
am frühen Vormittag die feierliche IMMATRIKULATION der erstmals inskribierten Studenten; gegebenenfalls die INAUGURATION des neu angetretenen Rektors; und am Abend der AKADEMISCHE LEDERSPRUNG.
Bei der feierlichen Immatrikulation in der Aula der Universität richten der Rektor, anschließend der Vorsitzende des Hauptausschusses der Österreichischen Hochschülerschaft an der Montanuniversität Worte der Begrüßung und Einführung an die Erstsemestrigen, die sodann dem Rektor den Handschlag leisten und aus seiner Hand jene Urkunde erhalten, die ihnen die Aufnahme in den Verband der Montanuniversität bestätigt (Matrikelschein).
Handelt es sich bei der Immatrikulation um einen Rechtsakt, so beim Ledersprung um den traditionsgemäßen Aufnahmeritus in den Bergmannsstand, später auch verwandter Berufsstände. Der Ledersprung als Aufnahmeritus ist heute über die gesamte berg- und hüttenmännische Berufswelt in Österreich verbreitet; der schwarze Bergkittel dürfte es schon vor dem Exodus aus Schemnitz gewesen sein. Es ist das bleibende akademische und allgemein kulturhistorische Verdienst der aufblühenden Leobener Korporationen, dieses reiche Brauchtum aufgegriffen und mit dem studentischen Brauchtum zu einer sinnvollen, organischen Einheit verschmolzen zu haben und bis auf den heutigen Tag als überzeugenden Ausdruck ihres Selbstverständnisses zu pflegen. Aber auch Direktoren, Rektoren und Professoren würdigten dieses Brauchtum als Ausdruck der Gemeinsamkeit und förderten es in jeder Hinsicht. Der Brauch des Ledersprunges nahm dabei von Anfang an eine zentrale Stellung ein.
Aufgetauchte Meinungsunterschiede über die Durchführung führten 1960 nach intensiven Beratungen zwischen Professoren, Korporationen und Österreichischer Hochschülerschaft zum „Ledersprungabkommen”, das seither mehrfach den sich ändernden Bedingungen einvernehmlich angepaßt wurde: der Akademische Ledersprung ist eine Veranstaltung der Montanuniversität Leoben und ihrer Korporationen, die von einer durch den Rektor betrauten, das studentische Brauchtum pflegenden Korporation in Form des „LEDERSPRUNGKOMMERSES“ durchgeführt wird. Die Betrauung erfolgt in der Reihenfolge der Gründungsjahre. Selbst angesichts gewisser technischer Unzulänglichkeiten hat sich die Oberlandhalle mit ihrer amphitheatralischen Anordnung und der daraus folgenden Konzentration auf das eigentliche Ledersprung-Geschehen und mit ihrer Kapazität von weit über 800 Plätzen als geeigneter Rahmen für die Durchführung des Akademischen Ledersprunges erwiesen.
Bergleute in Tracht und Arschleder stehen als Ehrenposten am Eingang. Die Oberlandhalle ist randvoll besetzt, nur Podium und Fuxentafeln sind noch leer. Sieben Bläser der Bergkapelle Seegraben begleiten den Einzug der Chargierten, die die dritte Tafel am Podium und das Präsidium besetzen. Unter den Klängen der Hochschulfanfare, die nur bei Inauguration und Akademischem Ledersprung erklingt, ziehen Rektoren und Professoren mit ihren Ehrengästen ein und nehmen an der ersten und zweiten Tafel am Podium Platz, dessen Hintergrund mit der österreichischen, der steirischen, der bergmännischen Fahne und derjenigen der Vorsitzenden Korporation sowie einer mächtigen Darstellung des Hochschul- siegels geschmückt ist. Umrahmt von offiziellen Liedern, die das gewaltige Auditorium vollen Halses mitsingt, bittet das Präsidium nach der Begrüßung den Rektor, den Ledersprung-Kommers zu eröffnen. Die Fuxen (die Erstsemestrigen) ziehen unter Vorantritt ihres jeweiligen Fuxmajors, die Nicht-Korporier- ten hinter dem Vorsitzenden der Österreichischen Hochschülerschaft mit dem FUXENRITT „ Was kommt da von der Höh einem Wechselgesang der Korona und der Einziehenden in den Saal und besetzen die Fuxentafeln. Die Gesprächspausen werden in der riesigen, farbenfrohen Korona zu freundlichem Zuruf und Zutrunk reichlich genützt: untereinander, vor allem zu den Fuxen hin, aber auch zu den Professoren. Es folgen die meist launig-spritzige Fuxenrede, gehalten von einem Fuxen der in Jahresfrist Vorsitzenden Korporation; die Burschen- oder Festrede, besorgt von der eben Vorsitzenden, und die Rektorsrede. Noch haben sich alle Redner an das Motto gehalten: „Kein freies Wort blieb verschwiegen”. Studenten- und Bergmannslieder erschallen in gewohnter Weise nach den Programmpunkten.
Zur Durchführung des Ledersprunges ist zwischen den Fuxentafeln und dem Podium eine genügend breite Gasse freigelassen, in deren Mitte - vor dem Platz des Rektors - ein Bierfaß steht, flankiert von zwei Lorbeerbäumchen. Von der Korona aus gesehen erfolgt der Anmarsch der Springer von links; die Chargierten verlassen das Podium - nur das Präsidium bleibt an seinem Platz - und bilden vom Faß nach rechts eine Chargengasse. Der Rektor und der älteste anwesende Bergingenieur treten an den Kopf der Chargengasse neben das Faß, um gemeinsam das LEDER für die Springer über die Gasse zu halten. Nun nahen die Springer von links unter Vorantritt des Fuxmajors der präsidierenden Korporation. Er besteigt das Faß, trinkt der Korona zu, springt mit einem Gruß an seine Korporation über das Leder, schreitet unter den gekreuzten Schlägern durch die Chargengasse, macht wieder Front zum Leder und kommandiert die ersten Sprünge.
Springer für Springer besteigt das Faß, bekommt ein Glas gereicht und hat die Fragen des Fuxmajors zu beantworten, die da lauten:
Dein Name?
Deine Heimat?
Dein Stand (Studienrichtung)?
Dein Wahlspruch?
Hierauf der Fuxmajor:
„So leer Dein Glas und spring in Deinen Stand und halt ihn hoch in Ehren!“
Der Springer leert sein Glas, springt mit einem Heilruf über das Leder und geht unter den gekreuzten Schlägern durch die Chargengasse ab. Jede Antwort der Springer wird von der Korona mit lautem, oft sehr lautem Beifall belohnt. Es springen zuerst die neu berufenen Professoren und die neu ernannten Assistenten, dann die Fuxen der präsidierenden Korporation. In der Reihenfolge ihres Gründungsjahres springen dann die Fuxen und Gäste der Korporationen unter dem Kommando ihres jeweils eigenen Fuxmajors, schließlich die Nicht-Korporierten unter Leitung des Vorsitzenden der Hochschülerschaft. Bei derzeit etwa 120 Springern eine beachtliche Anforderung an den meist hochbetagten lederhaltenden Bergingenieur.
Der Akademische Ledersprung geht mit der „ALTEN BURSCHENHERRLICHKEIT“ rauschend zu Ende; beim Auszug von Rektor und Professoren erklingt für ein Jahr zum letzten Mal die Hochschulfanfare. Festliche Stimmung und frohe Geselligkeit gehen in dieser Nacht unter reger Teilnahme von Rektoren und Professoren vielerorts in Leoben noch stundenlang weiter.
Eine schlicht Akademische Feier genannte Festveranstaltung findet dreimal im Laufe eines Studienjahres, nämlich vor den Weihnachtsferien, vor den Osterferien und vor dem Abschluß der Lehrveranstaltungen Ende Juni, statt. Maßgebend für die Wahl dieser Zeitpunkte sind die kurz zuvor abgehaltenen Zweiten Diplomprüfungen und Rigorosen zum Weihnachts-, Oster- und Sommertermin. In der Akademischen Feier finden dann Graduierungen und Promotionen statt, aber auch die Vorstellung neuer akademischer Lehrer und Ehrungen aller Art, die seit der letzten Akademischen Feier vom Universitätskollegium beschlossen worden waren. Das war nicht immer so: Seinerzeit wurden feierlich nur die damals sehr seltenen Promotionen — drei bis vier pro Jahr im Schnitt von 1904 bis 1960 gegenüber siebzehn zwischen 1960 und heute — die noch selteneren Ehrenpromotionen und Ernennungen von Ehrenbürgern und Senatoren durchgeführt. Feierliche Graduierungen fanden erstmals im Studienjahr 1962/63 statt. Das Konzept der heutigen Akademischen Feier wurde Mitte der Sechzigerjahre mit der Zielsetzung entwickelt, dieser Feier einen möglichst reichen Gehalt zu geben, den Bogen von den Jungingenieuren bis zu den Senioren in Wissenschaft und Beruf zu spannen und eine möglichst breite Öffentlichkeit anzusprechen.
Dank der großen Zahl der Betroffenen, ihrer Angehörigen und Freunde und des breiten öffentlichen Interesses ist das Auditorium Maximum meist dicht besetzt. Die Feier findet im gleichen Stil und Rahmen unter Mitwirkung der Chargierten statt wie die Inauguration und bedarf diesbezüglich keiner näheren Beschreibung - nur die Hochschulfanfare fehlt. Nach der Begrüßung bietet der Rektor in seiner Rede meist der akademischen und breiteren Öffentlichkeit Einblick in die je aktuellen Zielsetzungen, Probleme und Sorgen der Universität.
Zur Graduierung wendet sich der Rektor an die Absolventen, meist mit Hinweisen auf Studium und Beruf und mit den Glückwünschen der Universität, und verliest das Graduierungsgelöbnis:
„Sie sollen versprechen, daß Sie sich des verliehenen akademischen Grades im privaten und im beruflichen Leben stets würdig erweisen, Ihrer Universität in Treue verbunden bleiben, der Wissenschaft dienen und deren Ziele fördern werden.“
Die Absolventen werden vom Vorsitzenden ihrer Diplomprüfungskommission aufgerufen, leisten ihm das Gelöbnis mit Handschlag und empfangen aus seiner Hand das Ingenieurdiplom. Das Auditorium begrüßt jeden Jungingenieur mit seinem Beifall. Daraufhin schreitet der Rektor zur Verleihung der Rektor-Platzer-Ringe samt Urkunde, die - wie schon berichtet — für ausgezeichnete Leistungen bei der Diplomprüfung verliehen werden; schließlich erteilt er einem der Jungingenieure das Wort zu Ansprache und Dank.
Nunmehr wendet sich der Rektor den Promo- venden mit Worten der Würdigung und des Glückwunsches zu und fordert die Promotoren - fast stets die Betreuer der jeweiligen Dissertation, einst „Doktorväter“ genannt - auf, die Laudatio für ihren Kandidaten zu halten, in der die wissenschaftliche Problemstellung für die Dissertation - die Forschungsleistung des Kandidaten und sein Lebensweg gedrängt dargestellt werden - und sodann ihres Amtes zu walten.
Nach der letzten Laudatio treten die Promotoren vor dem Podium je ihrem Kandidaten gegenüber, und einer für alle spricht die Promotionsformel:
„Sie haben durch Ihre wissenschaftliche Arbeit und bei der strengen Prüfung jene Fähigkeiten und Kenntnisse nachgewiesen, die zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Montanistischen Wissenschaften gefordert werden. Bevor Ihnen jedoch dieser Grad verliehen werden kann, müssen Sie das Versprechen ablegen, daß Sie sich immer in einer solchen Art verhalten werden, wie es der erstrebten Würde entspricht. Sie sollen demnach versprechen, daß Sie das Ansehen der Montanuniversität Leoben, die Ihnen den akademischen Grad eines Doktors der Montanistischen Wissenschaften verleiht, stets hoch halten und immer bestrebt sein werden, die Montanistischen Wissenschaften nach ihren besten Kräften zu fördern, um damit zur Lösung der Probleme der menschlichen Gesellschaft und deren gedeihlicher Weiterentwicklung beizutragen."
Jeder Kandidat in die Hand seines Promotors:
„Ich verspreche es feierlich."
Der Sprecher der Promotoren:
„Nun sind alle vom Gesetz vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt. Als ordnungsgemäß bestellte Promotoren verleihen wir Ihnen - die Namen der Promovenden werden aufgeführt - Kraft unseres Amtes den akademischen Grad und den Titel eines Doktors der Montanistischen Wissenschaften samt allen damit verbundenen Rechten, verkündigen dies hiemit öffentlich und übergeben Ihnen zu dessen Bekräftigung diese mit dem Siegel der Montanuniversität Leoben versehenen Urkunden."
Namens der Promovenden einer:
„Für den verliehenen Grad und die uns zuteil gewordene Auszeichnung sagen wir unseren besten Dank.“
Rauschender Beifall des Auditoriums. Sonach erhält einer der promovierten Doktoren das Wort zu Ansprache und Danksagung.
Nach einem musikalischen Zwischenspiel erfolgen nun je nach Situation weitere Ehrungen. Die Laudationen für die Ernennung von Ehrenbürgern und Ehrensenatoren spricht der Rektor meist selbst, für Ehrenpromotionen der fachlich zuständige Ordinarius. Ehrungen und Ehrenpromotionen selbst nimmt der Rektor persönlich vor. Die Geehrten erhalten stets das Wort, um sich an das Auditorium und die Montanuniversität zu wenden.
In den nicht wenigen Laudationen wird meist die ganze Wirkungsbreite der Montanuniversität sichtbar, das hohe Engagement der Kandidaten, die Aktualität und theoretische wie praktische Bedeutung der behandelten Themen, die Orientierung der Methodik an internationalen Maßstäben - und die hohen Leistungen und Verdienste der Geehrten. Oft genug aber durchbrechen die Laudationen - und auch die Dankreden - den strengen Rahmen sachlicher Berichterstattung, und menschliche Wärme, persönliche Herzlichkeit und die Dankbarkeit für fruchtbare Begegnungen werden sichtbar; pointierte Formulierungen und mancher Scherz tragen Fröhlichkeit ins ganze Auditorium, das sich schließlich den Professoren folgend von den Sitzen erhebt, um zum Abschluß der Akademischen Feier gemeinsam und aus voller Kehle das GAUDEAMUS IGITUR zu singen.
Die Graduierung zum Diplomingenieur bedeutet den Übertritt vom Studententum in den Berufsstand, für korporierte Studenten zudem in den AltHerren-Stand, das Philisterium. Letzteres wird in Leoben in einem besonderen, von Korporation zu Korporation wenig modifizierten Ritus, den oft genug auch nicht Korporierte für sich in Anspruch nehmen, vollzogen, der Philistrierung. In tiefer Dämmerung oder schon Dunkelheit wird ein Festzug formiert, voran die Chargierten, danach - von Fuxen oder Freunden gezogen - auf kleinem Leiterwagen der Philistrand, mit genug Bier ausgestattet, und dahinter der Fackelzug der Bundesbrüder, Freunde und Alten Herren. So zieht man singend durch die Stadt zur Universität und nimmt Aufstellung auf der Rampe. Am verschlossenen Hauptportal ist der Phili- strierungs-Schild angebracht, ein schwerer Holzschild geziert mit montanistischen und Leobner Emblemen. Die Korona hat Front zum Portal, der Philistrand geleitet von zwei Fuxen tritt vor das Tor, der Korona zugewandt.
Der Sprecher:
„Wir schreiten nun zur Philistrierung.“
Die Fuxen heben den Philistranden auf die Schultern, den Rücken zum Schild.
„Dein Fuxmajor wird Dich nun fragen, wie er einst Dich beim Ledersprung gefragt hat.“
Der Fuxmajor:
„Dein Name? Deine Heimat? Dein Stand? Dein Wahlspruch? Auf Ehre und Gewissen frage ich Dich nun, wieviele Semester hast Du studieret?“
Der Philistrand nennt die Zahl seiner Studiensemester.
„Diese heiligen Hallen so oft nun sollen erschallen!“
Der Fuxmajor tritt vor, greift dem Philistranden vor der Brust in den Bergkittel und stößt ihn unter Unterstützung durch die beiden Fuxen eben sooft gegen den Schild, die Korona zählt laut mit. Der Anprall des Holzschildes am schmiedeeisernen Haupttor hallt durch alle Korridore der Universität. Der Philistrierte leert das Glas, das man ihm gereicht hat, läßt es zerschellen und springt mit einem Gruß an seinen Bund von den Schultern. Die Korona singt ihr Bundeslied und das GAUDEAMUS IGITUR.
Der Festzug setzt sich in gleicher Ordnung mit Fackeln und Liedern zum BERGMANNSBRUNNEN am Hauptplatz in Bewegung, um den herum Aufstellung bezogen wird. Der Philistrierte schwingt sich auf den Brunnenrand, jongliert zum Standbild hin, begrüßt und umschlingt die „Barbara”, hält mit dem Bierglas in der Hand seine Rede, gemischt aus Erinnerung und Fröhlichkeit, und leert sein Glas. Die Korona singt sein Lieblingslied. Der Jung-Philister springt vom Brunnen, und der Festzug begibt sich zur Fortsetzung der Kneipe.
Zum Universitätsball laden Rektor und Österreichische Hochschülerschaft gemeinsam ein; die Durchführung liegt in den Händen der letzteren. Sie wird mit großem Engagement und meist mustergültig - einschließlich der unerläßlichen kleinen Pannen - wahrgenommen. Geheime studentische Talente sorgen für manche liebenswürdige Überraschung. Der festliche Einzug von Rektor, Professoren und Ehrengästen mit Damen wird nur noch festlicher durch die Teilnahme von meist nicht wenigen Rektoren anderer österreichischer Universitäten samt ihren Gattinnen. Immer wieder findet sich ein Student, der eine saubere Polonaise zu entwerfen und auch präzise einzustudieren vermag. Die Herren tanzen die Polonaise im Biberstollen, der wie auch der Bergkittel im Ballsaal vielfach von Studenten getragen wird, der Bergkittel da und dort auch von Altakademikern.
Mit launiger Ansprache eröffnet der Rektor den Ball. Der Vorsitzende der Hochschülerschaft bittet die Magnifica zum Eröffnungswalzer. Bald mischt die Fröhlichkeit des Tanzes Professoren und Studentinnen, Damen und Studenten durcheinander. Die Mitternachtseinlagen sind von größter Mannigfaltigkeit; vom Auftreten gekrönter Meistertanzpaare über Tanzspiele bis zu den vielbeklatschten Triumphen bisher verborgener studentischer Talente. In den frühen Morgenstunden mündet die rauschende Ballnacht in den Semesterwalzer, in dem das älteste Semester auf dem Parkett ermittelt und stürmisch gefeiert wird. Das ,Leobner Lied' vereint die Unentwegten in letzter großer Runde, und die ,Alte Burschenherrlichkeit' ...
Lebendige Tradition bedeutet im Zusammenhang zu leben und auch immer wieder seiner Toten in Dankbarkeit und Ehrfurcht zu gedenken, besonders derer, die in Pflichterfüllung ihr Leben gelassen hatten.
Professoren und Studenten der Montanistischen Hochschule hatten im Herbst 1933 den im ersten Weltkrieg gefallenen Studenten, Absolventen und Angehörigen der Hochschule im Vestibül des Hauptgebäudes vor dem Sitzungssaal im ersten Stock ein Ehrenmal errichtet. Hauptstück ist ein monumentales Gemälde des steirischen Malers Karl Mader.
Anläßlich der Feier des 100-jährigen Bestandes der Montanlehranstalt in Leoben im Jahre 1949 wurde im 2. Stock des selben Vestibüls vor der Aula eine Marmortafel errichtet, in die die Namen jener Absolventen eingemeißelt sind, die soweit bekannt - seit dem Jahre 1887 — unter vollem persönlichen Einsatz in vorbildlicher Berufserfüllung ihr Leben gelassen haben. Darunter findet man eine schlichte Bronzetafel, mit der der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges gedacht wird.
Die Totenehrung vor dem Ehrenmal im Hauptgebäude der Montanuniversität nimmt stets einen besonderen Platz im Rahmen der alljährlichen Stiftungsfeste aller 10 Leobener Korporationen ein.
Im Rahmen der Stiftungsfeste, meist am Samstag Vormittag, wenn kein Betrieb die Feierlichkeit stört, haben Chargierte links und rechts des Ehrenmales Aufstellung genommen, die Korona nähert sich ernst und schweigend und hört die Gedenkrede, auf die die Kranzniederlegung und das „Silentium Triste“ folgen. Das Lied vom „Guten Kameraden“ und allenfalls dasjenige des eigenen Bundes beschließen die Totenehrung.
Zu Beginn der Inaugurationsfeier gedenkt der abtretende Rektor an der Spitze seines Berichtes der während seiner Funktionsperiode verstorbenen Hochschulangehörigen.
Es naht das Ende des Akademischen Jahres und damit das Ende der eigentlichen Studienzeit so mancher Studenten. Auch das muß gefeiert werden: Im Bierauszug, nahe der letzten Akademischen Feier gegen Ende Juni. In ihm wirkt mancherlei Tradition: Einst hat es zweierlei Auszüge gegeben, einen nach dem Ledersprung und den vor den Sommerferien. Einmal trat der Auszug an die Stelle des durch Nationalitätenstreitigkeiten verhinderten Ledersprunges. Und immer ist er noch Erinnerung an den Auszug der deutschen Studenten aus Schemnitz nach 1848. Heute gibt es nur „den“ Bierauszug und alle Erinnerung schwingt in ihm mit.
Der Bierauszug formiert sich irgendwo in der Stadt, an der Spitze die Chargierten der der Vertreterbesprechung der Leobener Korporationen Vorsitzenden, dann der Wagen der Auszügler, ein Planwagen der Gösser-Brauerei mit Rössern bespannt und Bänken, auf denen die Auszügler getränk-versorgt sitzen. Ihnen folgen mit vorangetragener Tafel die Zweitsemestrigen, Viertsemestrigen usw. und schließlich „die Verbummelten”, die ihre Semesterzahl besser nicht nennen. Auszügler waren einstens diejenigen Studenten, die mit dem Absolutorium jene Urkunde erhalten hatten, die ihnen den Besuch aller verpflichtend vorgeschriebenen Lehrveranstaltungen bestätigt und die daher von der Hohen Schule als Stätte der Lehre Abschied nahmen. Das neue Studiengesetz sieht diese Beurkundung nicht mehr vor, und so sind Auszügler diejenigen Studenten, die annehmen dürfen, in Jahresfrist nicht mehr an der Montanuniversität zu sein.
Der Bierauszug formiert sich am hellen Nachmittag und zieht singend zur Montanuniversität, wo man auf der Rampe Aufstellung nimmt. Der Rektor, schon vorher darum gebeten, erscheint in Begleitung einiger Professoren, nimmt die Meldung des Vorsitzenden - insbesondere der Auszügler - und die Bitte entgegen, die Studenten in die Ferien zu entlassen. Der Rektor antwortet mit einer Ansprache in herzlichen und launigen Worten, die Studenten antworten mit dem „Vivat Academia”. Der Festzug formiert sich neuerdings und zieht singend in die Stadt, einstens zur öffentlichen Kneipe am Hauptplatz, heute zu einer als „Bierdorf“ erklärten Gaststätte, wo die Fröhlichkeit noch lange dauert, bis spät in die Nacht oder früh in die ersten Stunden des nächsten Tages.
Bergmanns- und Studentenlieder und ihr Anteil am festlich-fröhlichen Geschehen haben oft genug Erwähnung in diesem Bericht gefunden; jeder kennt sie in Leoben und singt gerne mit, wenn sie erklingen. Doch sind Liedergut und seine Pflege nicht mehr unser Thema, aber dennoch wesentlicher Teil lebendiger Tradition. Deshalb möge am Ende das „LEOBNER LIED“ stehen, gedichtet von dem Leobener Studenten Karl Jirsch, vertont von dem Alten Herren der Burschenschaft Leder Karl Gold und erstmals gesungen 1911.