Bearbeitet von Carl Schiffner, Freiberg in Sachsen, Ernst Darmstaedter, München, und Heinrich Balss, München.
Das Unterirdische, so wie es sich darbietet, wird eingeteilt in Belebtes und Unbelebtes. Die unbelebten Dinge wiederum teilt man in solche, welche von selbst aus der Erde zutage treten, und in solche, die ausgegraben werden. Über die erste Art der unbelebten habe ich in meinen vier Büchern, betitelt „Über die aus der Erde zutage tretenden Dinge",
[2] De natura eorum quae efflunnt ex terra libri IV. Proben. Basileae MDXLVI.
über die zweite Art in den zehn Büchern „Über die Natur der Mineralien"
[3] De natura fossilium libri X. Froben. Basileae MDXLVI.
gesprochen. Nun will ich die unterirdischen Lebewesen behandeln. Da alle Arten von Lebewesen aus den vier Elementen bestehen, und da sowohl trockene wie nasse Körper, das ist Wasser und Erde, geeignet sind, sie zu beherbergen, müssen auch diese beiden Körper Bestandteile der Lebewesen sein. Hieraus folgt wieder gewissermaßen mit Naturnotwendigkeit, dass jedes Lebewesen entweder im Wasser oder auf dem Lande erzeugt wurde und in ihnen sich aufhält und sich des Lebens freut. Denn auch die geflügelten Tiere, wenn sie auch zeitweilig durch die Luft fliegen, erbauen ihre Nester doch an der Erde oder auf den ihr entsprießenden Bäumen oder auf den auf ihr errichteten Gebäuden, und die Erde oder das Wasser spendet ihnen Nahrung. Und wenn es auch wahr sein sollte, was manche behaupten, dass jene seltenen, nicht sehr großen Vögel, deren lange hellgoldgelb glänzende Federn der Türkenkönig oben an seiner mit vielen kostbaren Edelsteinen geschmückten Krone führt, ihr ganzes Leben dauernd in der Luft zubringen, dass das Weibchen auf den Eiern, die es auf den gewölbten Rücken des Männchens gelegt hat, sitzt und mit seinem ebenfalls gewölbten Bauch die Jungen ausbrütet, und dass keines von beiden im Leben jemals mit ihren ganz kurzen, unter Federn versteckten Füßen die Erde berührt, so scheint es doch unmöglich, dass sie allein von der Luft leben oder wachsen, sondern sie müssen sich irgendwie ernähren. Und auch die kleinen Tierchen, die in irdischem Feuer entstehen, können Erde und Wasser nicht entbehren. Sie entstehen nämlich, wie Aristoteles schreibt, in jenen Cyprischen Öfen, in denen kupferhaltige Erze viele Tage lang geröstet werden; sie sind etwas größer als große Fliegen und besitzen kleine Flügel. Sie laufen und springen im Feuer, aber sie sterben, sobald sie daraus entfernt werden. Von den Tieren verkriechen sich manche, obwohl sie sich zu verbergen pflegen, doch nicht in Ritzen, Löchern oder Höhlen; diese gehören nicht zu den unter Tage lebenden. Manche suchen zur Nachtzeit oder nur bisweilen unterirdische Höhlen auf, manche zu gewissen Jahreszeiten. Diese beiden sind während dieser Tages- oder Jahreszeit als zeitweilig unter Tage lebende zu bezeichnen. Manche endlich bleiben fast dauernd in der Erde verborgen. Diese werden dauernd unter Tage lebende genannt. Um die Sache noch klarer und deutlicher zu machen, werde ich sie nun ausführlich behandeln.
Alle Lebewesen empfinden von Natur aus den Wechsel der Jahreszeiten; die meisten wechseln, um sich vor Kälte oder Hitze zu schützen, entweder das Heimatland oder ihren Standort; oder sie suchen Wohnstätten auf, z. B. angefressene oder hohle Bäume, oder sie kriechen in die Erde. Von denen, die das Heimatland wechseln, kehren manche, wenn sie einmal weggewandert sind, niemals zurück, andere kehren zurück. Niemals zurückzukehren pflegen die mit Vernunft begabten Lebewesen, nämlich die Menschen. Denn diese wechseln ihren Wohnort nicht allein, um sich vor Kälte oder Hitze zu schützen, sondern sie wandern auch aus wenig ergiebigen und unfruchtbaren Gegenden in bessere und fruchtbare aus; oder wenn die Bevölkerung so gewachsen ist, dass das Land sie nicht mehr ernähren kann, wandert ein Teil aus. Auf diese Weise wälzt eine Gegend oder ein Erdteil die Bürde, die sie nicht mehr tragen können, auf andere ab. Aus derartigen Gründen gab dereinst Scandia,
[4] Die Insel Schonen im südlichen Schweden.
die größte aller Halbinseln, den Überschuss der Goten mit Weib und Kind nach Sarmatien
[5] Land örtlich des Don.
und Dacien
[6] Land zwischen Theiß, Donau und den Karpaten.
ab; die Zimbern und Teutonen wurden von den äußersten Küstenstrichen Galliens und Belgiens, wohin sie aus Germanien eingewandert waren, durch Meereseinbrüche vertrieben; ebenso infolge von Erdbeben und Ausbruch von Feuer und heißen Wässern die Bewohner der Insel Änaria,
[7] Vulkanische Insel mit warmen Quellen an der Westküste Italiens gegenüber Kampanien.
die von Hiero, dem Tyrannen von Syrakus, dort angesiedelt worden waren. Aus ähnlichen Ursachen werden Völker und Stämme von solchen wandernden Massen aus ihren Stammsitzen und Besitzungen verjagt und vertrieben, die dann in fremde Gegenden einbrechen und sie in Besitz nehmen. Oder sie müssen, durch Krieg bezwungen und unterworfen, den Siegern dienen; oder endlich bewohnen Sieger und Besiegte mit gleichen Anrechten dieselbe Gegend gemeinsam. In ähnlicher Weise begeben sich auch manche nicht mit Vernunft begabte Lebewesen, hauptsächlich Vögel, aus den Gegenden, in denen sie geboren wurden und zu leben pflegten, in fremde Gegenden und kehren nie oder selten wieder zurück. Aus gleichen Gründen fielen jetzt vor sechs Jahren Heuschrecken in großen Schwärmen, die wie eine Pest Kräuter, Hülsenfrüchte, Saaten, Sträucher und Bäume verwüsteten, in Pannonien,
[8] Römische Provinz zwischen Donau, Wiener Wald und dem steirischen Hügelland.
Dacien und die alten Länder der Markomannen
[9] Deutscher zur Gruppe der Suevier zählender Volksstamm im nördlichen Teil von Bayern.
und Lygier
[10] Ostgermanische Völkergruppe in Schlesien, Posen und an der oberen Weichsel.
ein, und ebenso sicher oft solche aus Afrika in europäische Küstengegenden. Wenn aber ein einzelner Mensch in entlegene Länder auswandert, kehrt er niemals zurück, ebenso wenig ein einzelnes Tier. So wurde z. B. heute vor etwa 20 Jahren in Noricum
[11] Heutiges Österreich südlich der Donau, Salzburg, Steiermark und Kärnten.
ein Tier mit zottigen Hundehaaren gefangen, dessen Vorderbeine, ähnlich dem äthiopischen „cephus",
[12] Bei Solinus: cephus, eine Affenart; bei Albertus Magnus: cefusa.
menschlichen Händen, dessen Hinterbeine menschlichen Füßen glichen. Und zur Zeit Alberts des Großen
[13] Albert von Bollstaedt, geb. zwischen 1193 und 1207 in Lauingen in Schwaben, gest. 1280 als emeritierter Bischof von Regensburg zu Köln, wegen seiner umfassenden und vielseitigen Gelehrsamkeit Albertus Magnus oder auch Doctor universalis genannt, zählte zu den Häuptern der Scholastik und schrieb nicht als selbständiger Forscher, sondern als vielbelesener Gelehrter, dessen Richtschnur die von der Kirche anerkannten Autoritäten bilden. Vgl. v. Lippmann, Entst. u. Ausbr. d. Alchemie 1919., S. 490 S. und 679. Die Stelle findet sich in seinem Werk: De animalibus II. 50.
wurden in den flavischen Wäldern zwei Tiere aufgegriffen, ein Männchen und ein Weibchen, deren Vorder- und Hinterbeine ebenso menschlichen Händen und Füßen glichen. Er selbst hielt sie für eine Art Affen. Über einen ägyptischen Ibis,
[14] Der Waldrapp, Geronticus eremita, des Conrad Gesner (Historia animal. 4 Bücher. Zürich 1551/54)
der in den Alpen vom Statthalter Marcus Egnatius Calvinus gesehen worden ist, berichtet Plinius. Ferner wissen wir von einem toten Adler, der zu Nordhaufen in Thüringen gefunden worden ist. In diesem Jahre, welches das 28. Regierungsjahr Kaiser Karls V. ist,
[15] Da Kaiser Karl V. im Jahre 1516 zur Regierung kam, so ist dies das Jahr 1544. In diesem Jahr scheint also Agricola das vorliegende Buch geschrieben zu haben. Seine Widmung an Georg Fabricius fand aber erst 1548 statt.
erschlug ein Fleischer aus Dinkelsbühl einen Adler und verehrte ihn seinem Stadtrat als Geschenk. Dieser Adler stieß auf ihn, als er zu Pferd saß, am Tage vor Epiphanias nahe der Stadt Rotelin
[16] Rotenburg ob der Tauber?
mit so großer Gewalt, dass er beinahe sein Leben verloren hätte. In gleicher Weise ist auch anzunehmen, dass Fische, wenn sie einmal das Meer verlassen haben und in Flüsse, die weithin durch die Länder fließen, gelangt sind, nicht wieder in das Meer zurückkehren.
Bis jetzt habe ich über Lebewesen gesprochen, die in die Gegenden, aus denen sie ausgewandert sind, nicht wiederzurückkehren; nun werde ich solche anführen, die zurückkehren und aus gleichen Gründen, nämlich, um sich vor Hitze oder Kälte zu schützen, von ihrem Wohnort weggezogen sind und sich im Sommer in kühleren, im Winter in wärmeren Gegenden aufhalten. Auch Menschen, die auf ihre Gesundheit bedacht find, schützen sich vor Hitze und Kälte durch einen Aufenthalt in nördlicheren oder südlicheren Gegenden, eine Sitte, die zuerst bei den Römern aufgekommen ist. Und ebenso begaben sich Könige und Beherrscher großer Völker im Sommer und Winter nach verschiedenen Gegenden. So verbrachten z. B. die Perserkönige den Winter in Babylon, den Frühling in Sufa, den Sommer in Ekbatana. In gleicher Weise wechseln auch Vögel und Wassertiere ihren Aufenthaltsort und wandern aus. Manche von ihnen begeben sich in demselben Lande und der gleichen Gegend, in der sie ihr ganzes Leben zubringen, im Sommer nach kälteren, im Winter nach wärmeren Stellen, andere ziehen nach weit entfernten Gegenden. Sie fliegen, schwimmen oder wandern zum Aufenthalt nach Orten, wo die Luft so mild ist, dass sie Nahrungsmittel hervorbringt und liefert, dann, wenn ein Boden keine Möglichkeit für ein gutes Wachstum bietet, sei es, dass er durch Frost erstarrt oder durch Hitze austrocknet, oder wenn es an Wasser mangelt, weil dies zugefroren ist. Manche Vögel halten sich im Sommer in Wäldern, im Winter in der Nähe von Speichern und unter Dächern auf, so die Elster
[17] Die Namen sind dem lateinisch-deutschen Verzeichnis entnommen.
die Krähe, der Pirol,
[18] Lat. Galgulus oder Galbulus ist der Pirol, Oriolus galbula.
den die Römer galgulus nennen. Andere wandern, während sie den Sommer in Wäldern zubringen, im Winter in benachbarte sonnige Gegenden aus, indem sie aus dem Gebirge hinabsteigen, so z.B. die Geier, die Weihen, die Stare, die Drosseln, die Amseln, die Holztauben oder Kohltauben und die Wiedehopfe. Auch Wasservögel begeben sich zur Winterszeit in südlicher gelegene Teiche und Flüsse, deren Wasser nicht zufriert, oder an irgendeine andere Stelle der Flüsse, die eisfrei bleibt, so die Reiher, die Taucher, die Wasserraben,
[19] gemeint ist der Kormoran, Phalocrocorax carbo.
die Schneegänse, die Wasserhühner, die Wildenten und die Krickenten. Andere endlich ziehen von weitest entfernten Gegenden nach anderen ebensolchen, wie die Kraniche. Wie Aristoteles berichtet, kommen sie aus dem Lande der Skythen
[20] Volk, welches nördlich des Schwarzen Meeres und Kaspischen Sees bis tief nach Asien hinein wohnte.
bis zu den Sümpfen Oberägyptens, aus denen der Nil entspringt. Noch weiterwandern die Schwäne, die Störche und die Wildgänse. Einige wenige Vögel verbleiben im Winter in den Wäldern, z.B. die Birkhähne und die Haselhühner; eine noch kleinere Anzahl verbleibt auf Äckern, darunter die Rebhühner. Ebenso wandern manche Fische, um der Hitze zu entgehen, im Sommer von der Küste nach der Tiefsee und steigen umgekehrt, der Wärme nachgehenden der Folgezeit aus der Tiefsee, in der sie untergetaucht waren, empor und gehen nach der Küste, wie z. B. die Delphine. Manche ziehen von einem Meer in ein anderes, so die Thunfische im Winter aus dem Schwarzen Meer in das Mittelmeer und umgekehrt im Frühling aus dem Mittelmeer ins Schwarze Meer. Andere wandern zur gleichen Zeit in irgendwelche Flüsse, wie die Lachse, Thunfische und Störe.
Alle diese Lebewesen können nicht als unter Tage lebende bezeichnet werden, ebenso wenig wie auch einige andere, die sich keine Erdhöhlen erbauen, auch wenn sie sich im Winter der Kälte, im Sommer der Hitze wegen verbergen und verstecken. Sie gleichen den Menschen, die in außergewöhnlich kalten oder heißen Gegenden wohnen. Wie diese im Winter wegen der Kälte, im Sommer wegen der Hitze sich in Häuser zurückziehen, so tun dies aus dem Geschlecht der Vierfüßler die Igel. Im Winter bergen sie sich in Baumhöhlen, in die sie im Herbst Obst zusammengetragen haben. In gleicher Weise verstecken sich Eichhörnchen, Hermeline und Schlangen in Baumhöhlen; zum größten Teil indes gehen sie, wie ich schon erwähnt habe, in Felslöcher. Manche Schaben und Kakerlaken
[21] Die lateinischen Bezeichnungen blattae et asellae sind im Verzeichnis verdeutscht mit Wiebel, Brotworme, Springwibel, bez. Schefflein. Gemeint sind offenbar Schaben und ähnliche Insekten.
kriechen in Mauerritzen und Schlupfwinkel in Häusern. Ameisen verbergen sich in Erdhaufen, die sie im Frühling und Sommer mit großem Fleiß und vieler Mühe zusammengetragen haben. Hausbienen gehen im Winter in den Bienenstock, die wilden in Baumhöhlen, in Erd- oder Mauerlöcher; Hornissen auch in Höhlen im Walde oder manchmal in Nester auf Bäumen; Wespen in die gleichen Schlupfwinkel oder in Waben, die sie im Sommer hergestellt haben. In ähnlicher Weise verbergen sich nicht wenige Vögel zur Winterszeit in Höhlen, so der Kuckuck, der Specht, der Kolkrabe, dessen Kopf mit roten Flecken gezeichnet ist, und endlich gewisse Wiedehopfe. Sowohl die Haus- wie die Mauerschwalben suchen wärmere Orte in der Nachbarschaft auf. Wenn sie keine solchen finden, begeben sie sich nach engen Bergschluchten, in denen bisweilen auch Stare, Holztauben, Turteltauben, Amseln, Lerchen und Wiedehopfe sich zu verbergen pflegen. Im Frühjahr pflegen sie, gleichgültig ob sie in Bäumen oder in den Bergen häufen, die Federn zu verlieren.
Doch nun habe ich genug oder vielleicht auch mehr, als es die Sache erfordert, über diejenigen Lebewesen gesprochen, die vor der Kälte oder Wärme weder unter die Erde flüchten noch in Spalten, Löcher oder Höhlen. Indes hängt das Gesagte naturgemäß eng mit dem Folgenden zusammen, welches ohne Kenntnis des Vorausgegangenen nicht verständlich genug erklärt werden kann.
Von Lebewesen, um derentwillen ich hauptsächlich diese Schrift verfasst habe, gibt es drei Formen. Einige von ihnen suchen nur in der Nacht oder zeitweise Erdhöhlen auf und verstecken sich oder schlafen in ihnen. Alle diese verlassen sie aber meist im Winter, um Nahrung zu holen. Andere suchen zu gewissen Jahreszeiten solche Höhlen auf und verbringen einige Monate in tiefem Schlafe darin. Eine letzte Art endlich lebt so gut wie dauernd unter Tage. Zur ersten Form gehören nicht nur Landtiere, sondern auch geflügelte. Zuerst will ich mich mit den Landtieren beschäftigen. Zu den Lebewesen, die Höhlen aufsuchen, gehören auch Menschen, die deshalb Troglodyten oder Höhlenbewohner genannt werden. Manche begeben sich in Höhlen, um sich vor der Hitze zu schützen, z. B. solche, die in Afrika am Roten Meer wohnen und ebenso die Völker der Syrtengebiete.
[22] Gebiete an der afrikanischen Küste des Mittelmeeres, etwa in der Gegend von Tunis und Tripolis.
Andere tun dies der Kälte wegen, so diejenigen, die in Asien hinter dem Kaukasus in gegen Norden zu gelegenen Ebenen wohnen, die Skythen
[23] Siehe Anm. 17.
und die Nordlandmenschen, die in dem schwedischen Land Scricfinnia
[24] wahrscheinlich unser heutiges Finnland oder Lappland.
bei Nacht durch Schiffer bedroht werden, die sie durch Feuerbrände abwehren. In Großarmenien gibt es, wie Xenophon zuverlässig schreibt, Wohnungen unter Tage, deren Eingang eng wie ein Schacht ist, während der untere Teil sich erweitert; für die Zugtiere sind Zugänge ausgegraben, die Menschen steigen auf Leitern hinab. Auf der Insel Tenedos
[25] Insel im Ägäischen Meer bei Troja.
benutzen noch heute die Fischer Höhlen in Felsklippen als Wohnung, wie einst der Straßenräuber Cacus zwischen dem Berge Aventinus und dem Salzlager — „sein von keinem Sonnenstrahl erhelltes Antlitz bedeckte Schrecken" — oder wie die Sybille zu Cumae
[26] Eine Wahrsagerin, der die sog. Sybillinischen Bücher, d. s. alte Weissagungen, zugeschrieben werden, die von König Tarquinius auf dem Kapitol aufbewahrt und bei Bedrängnissen des Staates von einem besonderen Collegium befragt wurden.
in jener Höhle am Averner See, die in gleicher Weise durch ihre Malereien ausgezeichnet, wie durch die Weissagung berühmt war. Und Circe, das als Sängerin berühmte Weib, wohnte
[27] In gewölbten Grotten.
wie Homer singt. Bei den Sedunern
[28] Bevölkerung in der Gegend der Stadt Sedunum, d.i. das heutige Sion oder Sitten im Kanton Wallis.
an der Sittener Straße bei dem Dorf Brämis
[29] Oder Bramois im Rhonetal, in der Nähe von Sion.
liegt ein vollständiges kleines Kloster, welches aus dem Felsen herausgehauen und nicht durch Balken oder Pfosten gestützt ist; es enthält eine Kapelle, Schlafräume, Speiseräume, Küche und Weinkeller. In ähnlicher Weise findet man in hohen Gebirgen unterirdische Burgen, so diejenige, die in den Alpen Covolum
[30] Covolo, deutsch Kofel, ist eine Höhlenburg in der italienischen Provinz Vicenza, 4km von der Tiroler Grenze, in der Brentaschlucht in senkrechter Felswand gelegen. Sie bildete ehemals eine wichtige Grenzfeste.
genannt wird, zu der weder Reiter noch Fußgänger hinaufsteigen können; sondern sowohl Menschen wie alles zum Leben Notwendige wird mit Seilen hochgezogen. Ferner gibt es eine solche in einem steil abstürzenden Felsen Siziliens, nicht weit vom Berge Eryx,
[31] Berg und Stadt auf der nordwestlichen Spitze Siziliens mit einem berühmten Tempel der Venus.
welches mit dem Vorgebirge Drepanum
[32] Das heutige Trapani.
durch eine kleine Brücke verbunden ist, zu dem man nur zu Fuß gelangen kann. Weiter eine solche in Sachsen zwischen Blankenburg und Halberstadt in Thüringen zwischen Weimar und Blankenhain beim Dorfe Mellingen. Jene heißt von alters her Reinstein oder Regenstein, diese Pufhard;
[33] gemeint ist die Felsenburg beim heutigen Dorfe Buchfart.
sie ist 4000 Lachter
[34] d.i. 6,8 km.
von Weimar entfernt. Beide sind jetzt von ihren Bewohnern verlassen und stehen leer. Sie besitzen in den Felsen eingehauene Feuerstätten, Speiseräume, Bänke, Ställe, Tische, Türen und Fenster; die sächsische überdies eine Kapelle, über der die Bewohner einen Hügel anhäuften; nur dieser ist von außen her zu erkennen. Diese Kapelle hatte die Form eines Gewölbes und besaß in der Mitte einen runden Tragpfeiler, im Übrigen war sie quadratisch. Dieser sächsische Berg fällt überall ganz steil ab, außer an der Seite, von der aus er bestiegen wird. Hier steigt er aus der Ebene sanft an und wird gegen die Ebene hin von einem genügend breiten und tiefen Graben umgeben. In diesem Hügel, der aus einem etwas rot gefärbten Sandstein besteht, ist jene Burg mit vielen und großen Fenstern ausgehauen, und im Fuße dieses Berges befinden sich unterirdische Gelasse und Pferdeställe. Beide Zufluchtsstätten lieferten den Stoff zu folgendem in Sachsen und Thüringen bekannten Rätsel:
„Sag, wo auf Erden gibt es eine auf hohem Berg gegründete Burg, unter deren Dach Tausende umherschweifen können?"
Zu Hohnstein,
[35] Hohnstein in der Sächsischen Schweiz.
einer Burg im Meißnischen jenseits der Elbe, sind Pferdeställe in den Felsen eingehauen. Die unterirdischen Gänge zu Praeneste,
[36] Stadt in Latium.
in deren einem Cajus Marius eingeschlossen wurde und tot umfiel, sind durch Beschreibungen bekannt geworden. Griechische Weiber, die öffentlich gegen Geld Buhlerei trieben, scheinen, wie aus Schriften der Komiker hervorgeht, in unterirdischen Gelassen gewohnt zu haben, wovon ihr Name xxx herrührt. Und ganeum, abgeleitet aus dem Griechischen,
[37] Dorische Form für Erde. Die Ableitung ist aber nicht richtig. Ganeum ist vielmehr mit der Erquickung, verwandt.
sollen nach dem Erklärer des Terenz Schlemmerkneipen, die sich unter der Erde befanden, genannt worden sein. Solche Gelasse gab es auch in Rom, und zwar zahlreiche unter dem großen Zirkus, der sich bis zur Naumachie
[38] Dies war das große Wasserbecken, in denen Seeschlachten vorgeführt wurden.
erstreckte, ferner im Suburanischen, Summaenianischen und Tuskischen Viertel. In Rom gab es auch unterirdische Altäre des Pluto und einen unterirdischen Tempel des Confus.
[39] Ein altrömischer Gott der Unterwelt, der entweder als der „Verborgene, Geheime“ oder als „Gott der Ratschläge“ gedeutet wird.
Und wir lesen, dass die Alten für die Götter der Unterwelt unterirdische Gruben, für die Nymphen Grotten angelegt haben. In gewissen deutschen Seestädten, so zu Danzig in Preußen und Lübeck in Sachsen, wohnt ein guter Teil des gemeinen Volkes in gewölbten Räumen unter der Erde, über denen dann prächtige Häuser errichtet sind, die von den Besitzern bewohnt werden. In gleicher Weise hausen Kaninchen, Fuchs, Biber, Fischotter, Dachs und vielleicht noch einige andere Tiere in Höhlen, verlassen sie aber zur Winterszeit, um Nahrung zu suchen. Das Kaninchen gräbt in Erdhügeln viele Höhlen und Gänge, wovon es den Namen hat.
[40] Ein Wortspiel: cuniculus bedeutet sowohl Kaninchen wie Kanal, Röhre oder Gang.
Am Morgen und Abend verlässt es dieselben, die ganze übrige Zeit verbirgt es sich in ihnen. Manche Gänge verschließt es mit Erde, damit sie nicht bemerkt werden. Durch Frettchen und gewisse
kleine Hunde, die einen besonders scharfen Geruch besitzen und die man in die Höhlen und Gänge hineinschickt, oder dadurch, dass man eine scharfe Flüssigkeit hineingießt, werden sie aufgescheucht
und heraus in Netze getrieben und so gefangen. Die Kaninchen sind nicht von gleicher Farbe, manche sind gelb ins Aschgraue, ähnlich den Hasen, andere gefleckt; so die weißen, die sternförmige
schwarze oder rötliche Flecken besitzen. Der Fuchs, in allen Listen erfahren, gräbt weniger selbst eine Höhle, sondern nimmt meist die von anderen Tieren gegrabenen in Besitz. Den Dachs vertreibt
er, nachdem er ihn aus seiner Höhle herausgeworfen hat, durch Gestank, indem er die Höhlenmündung mit Kot beschmiert. Er jagt nach Hasen, Kaninchen, Mäusen, Hühnern, Vögeln und kleinen Fischen.
Alles betreibt er mit Verschlagenheit. Oft ergreift er unvorsichtige Hasen und Kaninchen, indem er sich stellt, als wollte er mit ihnen spielen; den Mäusen lauert er wie eine Katze auf. Hühner,
die nachts im Stall eingesperrt sind, greift er und schleppt sie fort. Vögel, die an ihn — da er sich listigerweise totstellt — heranfliegen, fängt und tötet er und frisst sie. Adler, die durch
zu heftiges Niederstoßen bis auf den Erdboden gelangt sind, hält er an den Füßen fest und zerfleischt die so ergriffenen. Die lange, mit dichten Haaren besetzte Rute, die die Natur diesem Tier
verliehen hat, lässt er vom Ufer aus in einen Fluss hineinhängen und fängt in ihr kleine Fische, die an ihn heranschwimmen. Nachdem er sich dann eine kleine Strecke vom Flussufer entfernt hat,
schüttelt er die in der Rute hängengebliebenen kleinen Fische aus und frisst sie. Auch geht er an die Wespennester heran, und zwar, weil er sich vor den Stacheln fürchtet, rückwärts schreitend.
Indem er die Rute in das Nest steckt, holt er die Wespen heraus und schlägt die mit ihnen beladene Rute gegen den nächsten Stein, einen Baum, eine Mauer oder einen Zaun. Nachdem er auf diese
Weise die Wespen zerquetscht und getötet hat, verwüstet er das Nest und raubt es aus. Mit der Rute, die er beschmutzt hat, foppt er den Hund, indem er sie ihm hin und her durchs Maul zieht. Und
den Igel, der sich, wenn er in Angst ist, zusammenrollt, damit er nach allen Richtungen hin durch seine Stacheln geschützt ist, bepisst er und erstickt ihn auf diese Weise. Denn wenn der Harn dem
Igel ins Maul fließt, kann er nicht mehr Atem holen. So ist der Fuchs, der die Größe eines mittleren Hundes besitzt. Seine Farbe ist oft rötlich, an der Vorderseite grauweiß, selten weiß, noch
seltener schwarz.
Biber und Fischotter verlassen ihre Höhlen im Flussufer, in denen sie sich verborgen halten, tauchen in die Flüsse und fangen Fische, von denen sie sich nähren; sie fressen aber auch Früchte und Baumrinde. Der Fischotter hat seinen Namen vom Beschmieren.
[41] Ein Deutsch nicht wiederzugebendes Wortspiel: lutra der Otter, lutare beschmieren.
Er wäscht sich nämlich sehr oft, wenn er zum Fische fangen in Gewässer bis zu größten Tiefen hinab untertaucht. Varro dagegen glaubt, dass die Bezeichnung aus dem Griechischen komme und eigentlich Iytra
[42] Ablösung.
heißen müsste, weil der Otter die Wurzeln der Uferbäume abnage und ablöse. Er schwimmt und läuft vor dem Wiederauftauchen und Atemholen unter Wasser sehr große Strecken, so weit, als ein vom Bogen abgeschossener Pfeil reicht. Wenn er dann keinen Atem holen kann, erstickt er aber genauso, wie die sonstigen Landtiere. Sein Körper ist länger und breiter als der einer Katze, die Beine sind kurz, die Zähne scharf. Vom Biber unterscheidet er sich durch den Schwanz, die Hinterbeine und die Behaarung. Denn der Fischotter besitzt einen langen Schwanz, der dem der sonstigen Vierfüßler ähnelt. Der Schwanz des Bibers dagegen ähnelt mehr einem Fischschwanz; er ist mit Schuppen bedeckt,
[43] So nach der ersten Ausgabe von De animatibus subterraneis von 1549: habet ... caudam ... piscis: squamis enim obductam, während in der Ausgabe von 1556 steht: squamis tamen non obductam, was unrichtig ist.
ziemlich fett, etwa 1 Hand breit und 3/4 Fuß lang. Wenn er am Ufer liegt, lässt er Schwanz und Hinterbeine ins Wasser hängen, solange dieses nicht zugefroren ist; wenn er schwimmt, dient der Schwanz gewissermaßen als Ruder bei der Fortbewegung. Beim Fischotter gleichen alle vier Füße denen eines Hundes, beim Biber ähneln die Vorderfüße denen eines Hundes, die Hinterfüße denen einer Gans. Denn zwischen den Zehen spannen sich Schwimmhäute. Die letzteren sind sowohl für das Schwimmen wie für das Gehen gut geeignet; er lebt nämlich ebenso im Wasser wie auf dem Lande. Die Haare des Bibers sind weiß ins Aschgraue und von verschiedener Länge; manche sind doppelt so lang als die andern. Die Haare des Fischotters spielen vom Schwarzbraun ins Kastanienbraune, sind kurz und überall gleich lang, aber glänzend und weich. Deshalb pflegt man den Saum von Gewändern, die aus edlem Pelzwerk bestehen, mit Streifen des Pelzes dieser beiden Tiere zu verzieren. Der Pelz des Otters ist viel besser als der des Bibers. Die Pelze sind sehr verschieden in der Farbe. Manche sind mehr oder weniger schwärzlich, manche rötlich. Von den schwärzlichen sind die dunkleren am meisten geschätzt, die helleren stehen in der Mitte, die geringsten sind die rötlichen. Der Biber ist ganz besonders vorsorglich und geschickt. Mit seinen scharfen Zähnen schneidet er wie mit einem Messer kleine Sträucher und Bäumchen ab und erbaut daraus nahe dem Ufer kleine Höhlen als Behausung, und in ihnen zwei oder drei übereinanderliegende Kammern, damit er, wenn das Wasser steigt und die Ufer überflutet, in die oberen hinaufklettern, beim Fallen des Wassers aber wieder herabsteigen kann. Wenn er aber einen Baum beinahe durchgebissen hat, so beobachtet er bei jedem neuen Biss aufmerksam, ob der Baum bald umfällt. Er fürchtet nämlich, dass er bei einem neuen Biss erschlagen werden könne, wenn er sich unvorsichtigerweise nicht rechtzeitig entfernt. Ebenso, wie er geschickt ist, ist er auch beharrlich in dem, was er sich vorgenommen hat. Denn wenn er sich einmal einen bestimmten Baum am Ufer zum Abschneiden ausgesucht hat, wechselt er ihn nicht, solange es auch dauern mag, bis er ihn gefällt hat. Seine Stimme gleicht der eines kleinen Kindes. Man jagt ihn nicht allein wegen seines Schwanzes, der gegessen wird, sondern auch wegen seines Pelzes, der zur Kleidung dient, und endlich auch wegen seiner Hoden, die als Arzneimittel verwendet werden. Unter ihnen sollen die vom Schwarzen Meer stammenden die größte Wirkung besitzen. Die Hoden nennen die Ärzte Bibergeil.
[44] Castoreum.
Der Biber heißt bei den Griechen xxx. Nach dem Schriftsteller Varro ist der Biber auch darnach genannt, weil man ihn am besten von dem äußersten entgegengesetzten rechten oder linken Ufer eines Flusses aus beobachten kann; er hieß daher bei den Alten „der äußerste".
[45] Im Deutschen nicht wiederzugebendes Wortspiel: er hieß extremus, quod ab extrema ora flumininis maxime videri solet.
Der Dachs verlässt seinen Bau und schweift durch die Wälder, wie der Wolf, der Luchs, der Hase, das Wildschwein, der Hirsch, der Brandhirsch, das Renntier, der Elch, der Damhirsch, der Steinbock, die Gemsen mit nach rückwärts oder nach vorwärts gebogenem Gehörn und viele andere Tiere. Indes schlafen diese Tiere im Walde, die letztgenannten auf Felsen und Klippen des Hochgebirges. Der Dachs ist sehr begierig auf Honig, wovon er seinen Namen hat.
[46] Wortspiel: meles der Dachs, mel der Honig.
Er hat die Größe eines Fuchses oder eines mittelgroßen Hundes, denen er auch im Aussehen gleicht, am meisten einem Hund. Es gibt zwei Arten. Die eine Art, der Hundsdachs, hat Füße wie ein Hund,
die andere Art besitzt gespaltene Klauen wie ein Schwein und heißt darum Schweinsdachs. Alle Dachse besitzen gedrungene Schenkel, einen breiten Rücken, ein Fell mit dichten Haaren, die sich, wenn
er in Furcht ist, emporsträuben, um so, nach den Worten des Plinius, Schläge des Menschen oder Hundebisse abzuwehren. Im Kampfe mit Hunden beißen sie selbst kräftig zu. Der Pelz besteht aus
spröden Haaren von weißer oder schwarzer Farbe. Am Rücken überwiegen die schwarzen, am übrigen Körper die weißen mit Ausnahme des Kopfes, der mit beiden, wie mit schwarzen und weißen Streifen,
geschmückt ist, die vom hinteren Kopfende nach der Schnauze zu verlaufen. Sehr dick sind die Dachse nicht, aber sehr fett. Das Dachsfett allein oder mit anderen Fetten gemischt wird zu
Einreibungen benutzt und lindert Nierenschmerzen. Aus dem Fell werden Halsbänder für Hunde hergestellt, die nach Varro Dachskrausen genannt werden.
An den Ufern von Flüssen und Seen bauen sich die Eisvögel ihre Nester. Dem Aristoteles war es nicht unbekannt, dass sie in den Flüssen aufwärts wandern, sich im Winter aber nicht verstecken. Der Vogel ist nicht viel größer als ein Sperling. Der ganze Körper der Meereisvögel ist ganz farbig geschmückt: himmelblau, grün und purpurfarbig gemischt, und zwar so, dass weder am Hals noch an den Flügeln eine dieser Farben fehlt; der Schnabel ist grünlich, lang und dünn. Die Brust des Fluss- oder Ufereisvogels ist purpurn, Hals und Rücken grünlichblau, die Flügel braun, Schnabel und Füße aschgrau. Er nährt sich von kleinen Fischen und Würmern.
Das Schneehuhn baut sein Nest und brütet in Höhlen, die hoch in den Alpen dicht beim Gletschereis liegen, das weder in der warmen Jahreszeit durch die Sonnenwärme geschmolzen noch zu anderen Zeiten durch Regengüsse weggewaschen wird. Sein Name
[47] Lat. Lagopus, hasenfüßig.
stammt von seinen Füßen, die ähnlich wie beim Hasen, mit dichten weißen Haaren und nicht mit Federn bedeckt sind. Es hat die Größe einer Taube. Seine Farbe ist im Winter schneeweiß, in der warmen Jahreszeit hellaschgrau. Es fliegt nicht weit fort, sondern bleibt in den Alpen. Gefangen bleibt es nicht am Leben und wird nicht zahm. Das Fleisch dieses Vogels ist gut für einen gesunden Gaumen, heilsam für einen kranken.
Vögel, deren Augen am Tage stumpf, in der Nacht aber scharf und deutlich sehend sind, die sich daher tagsüber verborgen halten, in der Nacht aber ihre Verstecke verlassen und auf Nahrungssuche ausgehen, nennt man Nachtvögel. Dies sind die Fledermaus, der Uhu, das Käuzchen, die Schleiereule und der Nachtrabe. Diese häufen nicht nur in dunklen Berg- und Felshöhlen, sondern auch in Baumlöchern, in verlassenen Häusern, unter den Dächern von großen Gebäuden, von Kirchen und von Türmen, die selten von Menschen besucht werden. Die Fledermaus jagt Mücken und Fliegen und nagt Schinkenknochen und Teile von Schweinefleisch aus, welches man an die Dachbalken hängt. Die übrigen Nachtvögel verfolgen Mäuse, Hausschwalben, sonstige Vögel, Käfer, Bienen, Wespen, und Hornissen. Der Uhu fängt auch kleine Hasen und Kaninchen. Von den Nachtvögeln hat dieser, wie mir scheint, in erster Linie seinen Namen von dem Klang des Tones oder besser des Ächzens, das er von sich gibt.
[48] Lat. bubo.
Er besitzt einen großen Kopf, einen Körper von der Größe einer Gans, aber gedrungen und gewissermaßen verkürzt und verschiedenfarbig; der Schnabel ist gekrümmt, die Klauen hakenförmig, die Augen groß. Ihm ziemlich ähnlich ist das Käuzchen, nur kleiner; es leitet seinen Namen von seiner wehklagenden Stimme ab.
[49] Lat. ulula, das Käuzchen, ululare wehklagen.
Die übrigen Nachtvögel sind mit diesen beiden verwandt, besitzen aber eine andere Stimme, denn sie wehklagen nicht, sondern geben einen Ton von sich. Man unterscheidet vier Arten: Die erste und
größte, bei der eine Feder wie ein Ohr hervorsteht, heißt Ohreule. Die zweite unterscheidet sich von den übrigen durch das blendende Weiß der Kehle und des Bauches und durch weiße und goldgelbe
Flecken am übrigen Körper. Die dritte ist klein, und mit ihr, ebenso wie mit der folgenden als Lockvogel, fängt man Vögel. Die vierte Art ist noch kleiner; sie treibt sich auf Klippen und Felsen
herum. Diese und die folgende haben wechselweise bald aschgraue, bald weiße Flecken. Der Nachtrabe ist schwarz wie die sonstigen Raben, aber ziemlich viel kleiner als diese. Die Fledermaus,
welche davon, dass sie nachts ausfliegt, ihren Namen
[50] Vespertilio, von vesper, Abend.
hat, ist einer Maus ähnlich, weshalb Varro schrieb: „Als Fledermaus geschaffen, bin ich weder ganz Maus, noch ganz Vogel." Sie besitzt Flügel und flattert, wodurch sie sich von den Mäusen unterscheidet. Sie bringt lebendige Junge zur Welt und legt keine Eier, worin sie wiederum von den Vögeln abweicht; sie legt ihre Jungen ans Euter und nährt sie mit Milch, während die übrigen Vögel anderswoher die Nahrung holen, die sie ihren Jungen in den Schnabel stopfen. Außerdem besitzt sie Zähne, die die Vögel nicht haben. Der Kopf ähnelt dem einer Maus oder eines Hundes. Ohren hat sie zwei, selten vier. Die Zähne stehen wie bei einer Säge.
[51] d. h. sie hat ein Raubtiergebiss.
Der dunkle Körper ist mit Haaren bedeckt, der Schnabel schwarz, ebenso die Ohren. Die beiden Flügel bestehen, wie bei den Drachen und fliegenden Fischen, nicht aus Federn, sondern aus Häuten, und
zwar aus schwarzen. An jedem Flügel sitzt ein Finger mit einer Kralle; der Schwanz ist lang und besteht, wie die Flügel, aus Häuten. An ihm sitzen zwei Füße, von denen jeder fünf mit Klauen
bewehrte Finger trägt, mit denen sie sich an Mauern oder Spalten in Höhlen aufhängt. Entweder hängt sie, oder sie fliegt oder liegt. Da aber die Füße nicht aus dem Körper, sondern aus dem Schwanz
hervorwachsen, sagt man, dass sie nur einen Hüftknochen besitze. Sie stößt keinen scharfen Pfiff aus wie eine Maus, sondern sie bellt wie ein junges Hündchen. Ihre beiden zu gleicher Zeit
geborenen Jungen umfasst sie nach Plinius und trägt sie beim Fliegen mit sich. An Schwanz und Flügeln aufgehängt, verbringt sie einige Tage. Auch manche Höhlenbewohner, die in Afrika wohnen,
verbergen sich nur zeitweilig, vornehmlich am Mittag, in ihren Höhlen.
Doch genug von den Lebewesen der ersten Art, die sich nachts oder nur zeitweise in Erdhöhlen aufhalten und schlafen. Nun zu der zweiten Art von Lebewesen, welche, wie schon erwähnt, zu gewissen Jahreszeiten Erdhöhlen aufsuchen und in ihnen, von tiefem Schlaf umfangen, einige Monate lang, gleichsam wie tot, keine Nahrung zu sich nehmen und versteckt bleiben, bis sie, durch die feuchte Wärme des Frühlings aufgeweckt, wieder lebendig werden und an ihre Ernährung denken, die sie während der ganzen Zeit vergessen hatten. Zu ihnen gehören einige von denen, über die ich bereits gesprochen habe; es gibt aber noch einige andere Tiere aller Art, über die ich an geeigneter Stelle noch sprechen werde. Es find Landtiere oder Vögel oder Wassertiere oder solche, die teils auf dem Lande, teils im Wasser leben. Zuerst wende ich mich zu den Landtieren.
Viele Vierfüßler begeben sich in der kalten oder warmen Jahreszeit in Höhlen. So suchen in den Alpen die Murmeltiere im Herbst Höhlen auf, in denen sie in der warmen Jahreszeit nur ausruhen. Sie bereiten sich in ihnen aus Heu, Stroh und dünnen Zweigen ein Lager, auf dem sie den ganzen Winter über bis zum Frühjahr, wie Igel zusammengerollt, verbringen und schlafen. In einer Höhle befinden sich meist 7, 9, 11 oder 13 Stück. Wunderbar ist ihr Verfahren und ihre Geschicklichkeit, mit der sie Heu und sonstige Dinge zusammentragen. Ein Tier legt sich mit ausgestreckten Füßen mit dem Rücken auf den Erdboden; auf dieses werfen die übrigen, wie auf einen Frachtwagen, alles, was sie zusammengetragen haben und ziehen es, wenn es voll beladen ist, am Schwanze, den sie mit den Zähnen fassen, und fahren es so gewissermaßen in die Höhle. Daher kommt es, dass man zu dieser Jahreszeit Tiere mit abgeriebenem Rücken sieht.
[52] Diese Fabel findet sich bei Plinius, Naturgeschichte VIII. 55.
Nachdem sie so ihr Lager in der Höhle bereitet haben, verschließen und sichern sie ihre Öffnung und ihren Zugang mit kleinen Zweigen und mit Erde, damit sie vor Sturm, vor Regen und vor Kälte
geschützt sind. Sie schlafen so tief und fest, dass sie, wenn man sie ausgräbt und herausnimmt, nicht eher aufwachen, als bis man sie der Sonne oder dem Feuer aussetzt und erwärmt. Das Murmeltier
hat seinen Namen
[53] Alpenmaus.
von den Alpen, in denen es lebt. Es besitzt eine gelbe oder aschgraue oder rötliche Farbe und hat die Größe eines Hasen, das Gesicht und die Gestalt einer Maus, weshalb es auch so genannt wird. Es besitzt kurze, gleichsam verstümmelte Ohren, die Vorderzähne sind lang und spitz, der Schwanz länger als 2 Hand, die Beine kurz und an ihrem oberen Ende mit dichten Haaren besetzt. Die Zehen gleichen denen eines Bären, die Krallen, mit denen es die Erde aufgräbt, sind lang. Es pflegt nicht schlecht auf den Hinterbeinen auch rückwärtszugehen, wie der Bär, und läuft bisweilen auf zwei Beinen. Wenn man diesem Tier eine Speise reicht, so nimmt es dieselbe wie ein Eichhörnchen oder ein Affe zunächst zwischen die Vorderpfoten und hält sie, sich aufrichtend, in seinen Krallen, bis es sie verzehrt hat. Es nährt sich nicht nur von Früchten, sondern auch von Brot, Fleisch, Fischen, Brühe und Zukost. Sehr gierig ist es auf Milch, Butter und Käse. Wenn es solche Sachen erhält, frisst es dieselben, indem es beim Saugen mit dem Munde einen Ton wie ein Ferkel von sich gibt. Es schläft sehr viel. Wenn es wach ist, ist es immer geschäftig, indem es Stroh, Heu, Tuchfetzen und Wolle für sein Lager zusammenträgt. Es nimmt davon das Maul so voll, bis nichts weiter hineingeht. Den Rest fasst es mit den Füßen und schleppt ihn fort. Gereizt gerät es in großen Zorn und beißt fest zu. Wenn die Murmeltiere miteinander spielen, schreien sie wie kleine Hündchen. Wenn sie aus den Höhlen herauskommen und auf Nahrungssuche in den Bergen sich umhertummeln, bleibt immer eines am Eingang der Höhle stehen und blickt dauernd aufmerksam umher. Sobald es einen Menschen oder ein zahmes oder wildes Tier erblickt, pfeift es ohne Unterlass. Wenn die andern dies hören, eilen sie von allen Seiten nach der Höhle. Ihre Stimme ist ein durchdringender, für das Ohr sehr unangenehmer Pfiff. Mit einem solchen zeigen sie auch Luftveränderungen und unangenehme Dinge an, die ihnen zuwider sind. Der Rücken ist sehr fett, die übrigen Körperteile aber mager. Sie sind weder als Fett noch als Fleisch zu bezeichnen, sondern sie halten, wie die Euter der Kühe, gewissermaßen die Mitte zwischen beiden. Jenes ist heilsam für Wöchnerinnen, und dieses für solche, die ein Unterleibsleiden haben. Doch ist für diese auch das Fett gut. Es vertreibt außerdem die Schlaflosigkeit.
Die eichhörnchenartigen Tiere verbergen sich im Winter gleichfalls nicht nur in hohlen Bäumen, wie eben erwähnt, sondern auch in Erdhöhlen. Den Siebenschläfer nennt Aristoteles;
[54] Aristoteles, Historia animal. 8.17.
er ist, wie Albertus schreibt, aschgrau, mit Ausnahme des Bauches, der weißlich gefärbt ist. Von ihm unterscheidet sich ein anderes etwas kleineres Tierchen,
[55] Das Eichhörnchen.
weil es seinen Schwanz krümmt und rückwärts nach innen biegt; es pflegt mit seinem mit dichten buschigen Haaren bedeckten Schwanz wie mit einem Fächer seinen Körper zu beschatten, es hat eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Maus, ebenso wie auch das finnische Eichhörnchen, welches sich von dem unseren weder durch den Schwanz, noch durch die Gestalt und Zeichnung seines Körpers, noch durch seine Größe, noch durch seine Lebensweise, sondern allein durch die Farbe unterscheidet. Denn es ist weißlich-aschgrau, während das unsrige rötlich oder schwarz aussieht. In dem Teile Sarmatiens, den wir heute Polen nennen, findet man eins, dessen Farbe rötlich mit Aschgrau gemischt ist. Beide Arten, das finnische wie das unsrige, besitzen im Unterkiefer zwei lange Zähne. Wenn es läuft, schleppt es den Schwanz auf der Erde. Wenn es frisst, nimmt es die Nahrung zwischen die Vorderpfoten, die es ähnlich wie die Mäuse als Hände gebraucht, wobei es auf seinen Hinterpfoten sitzt. Es frisst Bucheckern, Kastanien, Haselnüsse, Äpfel und ähnliche Früchte; im Winter auch die Zapfen der Tannen, Kiefern, Fichten und anderer Bäume. Beide Arten werfen im Frühling und tragen ihre Jungen, wenn jemand ihr Nest mit der Hand berührt hat, in ein anderes; sie bauen sich nämlich mehrere. Ihr zartes Fleisch wird gegessen, von reichen Leuten aber nur selten, da es einen etwas unangenehmen Nebengeschmack hat. Sie halten sich auf Bäumen auf und hüllen sich im Winter nicht ein. Den Siebenschläfern dient, während sie sich zur Winterzeit verbergen, der Schlaf statt Nahrung, denn sie werden während dieser Zeit fett. Sehr richtig schrieb Martial über sie:
„Den ganzen Winter über schlafe ich und werde in dieser Zeit, obwohl mich nur der Schlaf nährt, immer fetter."
Ihr Fleisch ist süßlich. Obwohl sie in Wäldern leben, beklagt Varro in seinem Buch „Fundanius" oder „Über merkwürdige Dinge" nicht ohne Grund ihr Fehlen mit folgenden Worten: „In meinem Walde gibt es keine Siebenschläfer." Indes betrieben die Alten Siebenschläferzüchtereien.
[56] Glis war bei den Römern der Siebenschläfer, nicht das Eichhörnchen. Agricola verwechselt beide oder gebraucht die gleiche lateinische Bezeichnung für Siebenschläfer und Eichhörnchen.
Wie diese einzurichten sind, beschreibt derselbe Varro im dritten Buch seines Werkes über die Landwirtschaft. Und auch heute noch graben die Bewohner mancher Waldgegenden Löcher in die Erde,
damit sich Siebenschläfer darin ansiedeln, die sie dann gelegentlich fangen und verzehren können. Bei den Römern richtete, wie Plinius überliefert hat, Fulvius Hirpinus Wohnstätten für die
Siebenschläfer in Fässern ein.
[57] Naturgeschichte VIII. 82.
Die polnische Maus, die wir heute Hermelin nennen, verbirgt sich im Winter nur in hohlen Bäumen, wie oben erwähnt. Das Hermelin ist gänzlich schneeweiß mit Ausnahme des fingerlangen Schwanzes,
der zur Hälfte, und zwar am äußersten Ende, schwarz gefärbt ist. Es hat die Größe eines Eichhörnchens, jagt Mäuse und Vögel und nährt sich von ihnen. Sein Pelz gilt als besonders kostbar, ebenso
wie auch derjenige der so genannten lassicischen Maus. Diese ist graulich weiß und um weniger als 2 Finger dicker. Die norische Maus, die wir Ziesel nennen, häuft in Erdhöhlen. Sie besitzt einen
langen dünnen Leib wie das zahme Wiesel; der Schwanz ist ziemlich kurz, das Haar, ähnlich wie bei manchen Kaninchen, aschgrau, aber etwas dunkler. Wie der Maulwurf besitzt es keine Ohren, wohl
aber Öffnungen, durch die es, ähnlich wie Vögel, Töne vernimmt. Die Zähne gleichen denen der Maus. Auch mit dem Pelz dieses Tieres, ob wohl er nicht besonders kostbar ist, pflegt man Kleider zu
verzieren. Die pannonische Maus, die eine grünliche Farbe, die Gestalt eines Wiesels und die Größe einer Maus besitzt, kriecht ebenfalls in Erdhöhlen. Auch die mittlere Haselmaus verbirgt sich im
Winter in der Erde, in die sie mit ihren Pfoten Löcher bis zu etwa 3 Fuß Tiefe gräbt. Wenn man sie ausgräbt und der Sonne aussetzt, fängt sie wie die anderen Tiere, die den ganzen Winter über
schlafen, allmählich an, sich zu bewegen und wird wach. Sie ist 3/4 Fuß lang, ihre Farbe im Sommer rot mit Gelbbraun gemischt, im Winter aschgrau. Die Ohren sind, wie
Plinius schreibt, behaart, die Schwanzspitze borstig, der übrige Teil aber, anders als beim Eichhörnchen, nicht voll buschiger Haare. Auch die Haare an den Ohren sind spärlich. Diese Maus
klettert wie das Murmeltier, das Hermelin und das Eichhörnchen auch auf Waldbäume. Sie frisst Birnenkerne und Haselnüsse, weshalb sie in Deutschland ihren Namen vom Haselstrauch erhalten hat.
Eine weitere Waldmaus ist kürzer als die mildere Haselmaus, nämlich nur ½ Fuß lang, am Rücken und an den Seiten mausgrau, am Bauche weiß. Sie gräbt unter Obstbäumen ein Loch bis zu 2 Fuß Tiefe in
die Erde und trägt in den untersten Teil der Höhle, der 4 Fuß lang ausgegraben wird, alle Arten von Eicheln und die Kerne von Kirschen, Pflaumen und anderen Früchten, vor allem aber Haselnüsse,
und zwar nur die besten, zusammen. Auch sie wird nach diesen Nüssen genannt.
[58] Kleine Haselmaus.
Ungefähr in der Mitte der Höhle baut sie aus Baumblättern auf einer erhöhten Unterlage ihr Lager, damit, wenn etwa Wasser die Erde durchtränkt, dieses abfließt und sie selbst trocken im Neste
liegt. Am andern Ende hat die Höhle einen Ausgang, durch den sie, wenn Menschen nach den Haselnüssen graben, entfliehen kann. Auch die Spitzmaus bleibt, ebenso wie die übrigen einheimischen
Mäuse, nicht dauernd unter der Erde. Sie hat bei den Römern ihren Namen
[59] Mus araneus, die Spitzmaus, araneus, die Spinne.
erhalten, weil ihr Biss, wie derjenige der Spinnen, giftig ist; bei den Griechen heißt sie,
[60] Wieselmaus.
weil sie nach Aetius, der kurz über sie schreibt, in der Größe der gewöhnlichen Maus gleich ist. Die Farbe ähnelt aber der eines Wiesels und ist rötlichbraun mit Ausnahme des Bauches, der weißlich aschgrau schimmert. Das kleine Schnäuzchen ist lang. In beiden Kinnbacken sitzen Zähne, die in zwei Spitzen auslaufen. Deshalb weisen die von ihnen gebissenen Tiere vierfache Löcher auf. Die Äuglein sind sehr klein und schwarz. Am kurzen Schwanz sitzen ganz kurze stachlige Haare, deren Stich in warmen Gegenden meist giftig ist, in kalten dagegen nicht. Die herausgerissenen und zerschnittenen Haare heilen, auf eine Wunde aufgelegt, diese durch das ihnen innewohnende Gift. Katzen stellen ihnen nach und räumen sie aus dem Wege, fressen sie aber, durch ihr Gift abgeschreckt, wie auch die größere Haselmaus, nicht. Wenn sie sich im Winter auch nicht verbirgt, so wandert sie doch in Joachimsthal von ihren weit entfernten Wohnsitzen aus in die Stollen der Bergwerke und hält sich daselbst auf. Anderwärts pflegt sie den Winter in unseren Häusern zu verbringen. An Körpergröße kommt sie den kleinsten Wieseln nahe oder erreicht sie. Ihr Haar ist schwärzlich, der Schwanz schlank, nicht gerade zierlich, und nicht gänzlich unbehaart.
In der Erde verbergen sich dagegen einige Wieselarten, deren es mehrere gibt; das erste ist das Hauswiesel,
[61] auf die Nennung der Griechen wird hier verzichtet.
welches die Deutschen nach dem Ton, den es von sich gibt, Wiesel nennen. Es ist meist am Rücken und auf den Seiten rötlich, selten bräunlich gefärbt, an Kehle und Brust aber immer weiß. Seltener werden ganz weiße gefunden. Es besitzt einen schlanken, in die Länge gezogenen Körper, einen kurzen Schwanz und kurze Vorderzähne, nicht lange wie die Maus, und ist gierig auf Talg. Seine Jungen trägt es wie die Katzen, weil sie von Menschen oder manchen Tieren Gefahr für sie wittern, jeden Tag im Maule nach einem anderen Ort. Es jagt Mäuse und kämpft mit Schlangen, frisst aber, um gegen ihr Gift geschützt zu sein, vorher von der Raute. Es beißt sich in die Euter der Kühe ein, die aber andererseits, wenn sie Geschwülste aufweisen, geheilt werden, wenn man sie mit dem Fell des Wiesels einreibt. Wenn dieses Wiesel in unseren Wohnstätten lebt, hat es auch Höhlen, in die es sich aber nicht lange und nicht oft begibt; wenn es auf dem Lande lebt, hält es sich zur Winterzeit in Höhlen verborgen. Die zweite Wieselart nennen die Deutschen Iltis, nach dem griechischen Wort xxx, mit dem dieses gelehrte Volk das wilde Wiesel bezeichnet. Er wohnt in Uferhöhlen, wo er nach Art des Fischotters und des Bibers Fische frisst, und treibt sich in Wäldern herum, wo er Vögel, und in Häusern, wo er Hühner ergreift. Plinius würde ihn deshalb zu den Haustieren rechnen. Er saugt ihr Blut aus, nachdem er ihnen, damit sie nicht schreien können, vorher den Kopf abgebissen hat. Auch pflegt er ihre Eier zu rauben, viele davon zusammenzutragen und auszuschlürfen. Er ist etwas größer als ein Hauswiesel und kürzer, aber dicker als eine wilde Wieselart, die Marder genannt wird. Er besitzt ungleich lange Haare von verschiedener Farbe. Die kurzen sind gelblich, die langen schwarz; sie stehen an vielen Körperteilen so weit hervor, dass er wie mit schwarzen Flecken gezeichnet erscheint. Um die Schnauze herum ist er weiß; wenn er sehr zornig ist, stinkt er. Daher pflegt man den Pelz des Iltisses auch als ganz wertloses und stinkendes Fell zu bezeichnen. Die dritte Art der wilden Wiesel wohnt in Spalten und Höhlen von Felsen; sie wird nach Martial martes, von den Deutschen Marder genannt. Die betreffenden Verse des Martial finden sich im zehnten Buch seiner Epigramme an Maternus: „Der Jäger, der einen Marder gefangen hat, ist sehr stolz darauf". Der Marder hat die Größe einer Katze, ist aber etwas länger und besitzt kürzere Schenkel und kürzere Krallen. Sein ganzer Körper ist mit schwärzlich gelben Haaren bedeckt mit Ausnahme der Kehle, die weiß ist. Diese Wieselart dringt, ebenso wie die folgende, in Häuser ein, tötet Hühner, denen sie das Blut aussaugt, und schlürft Eier aus. Die vierte Wieselart lebt auf Bäumen, wird aber ebenfalls Marder genannt.
[62] Gemeint sind also unsere Steinmarder und Edelmarder.
Dieser verlässt den Wald nur außergewöhnlich und selten und unterscheidet sich dadurch von der vorhergehenden Art, und weiter noch dadurch, dass seine Kehle orangegelb und das Haar des übrigen
Körpers mehr dunkelgelb gefärbt ist. Man glaubt, zwei Arten unterscheiden zu müssen: die eine, die sich in Buchen, die andere, die sich in Nadelbäumen aufhält und ein schöneres Aussehen hat. Die
fünfte Wieselart ist die schönste und edelste, sie wird von den Deutschen Zobel genannt. Er bringt, wie die soeben beschriebene Art, die ganze Zeit im Walde zu, ist etwas kleiner und am ganzen
Körper braungelb gefärbt, außer an der Kehle, welche aschgraue Farbe besitzt. Die letztgenannten drei Arten überragen alle übrigen an Wert umso mehr, je mehr weiße Haare den gelben beigemischt
find. Die Zobelfelle sind teurer als mit Gold durchwirkte Tücher. Denn man denke, dass 40 Stück der besten — so viel pflegt man zu einem Bündel zu vereinigen und zu verkaufen — auf mehr als 1000
Goldgulden
[63] D. i. etwa ebenso viel Guldengroschen oder Taler. S. 7. Buch Anm. 55.
zu stehen kommen! Alle Wieselarten geben, wenn sie gereizt werden, einen starken Geruch von sich, am meisten der Iltis der Deutschen, und der Kot aller riecht nach Moschus. Der Nerz, der ebenfalls im Walde lebt, hat die Größe eines Marders, aber er hat gleich lange, kurze Haare, fast von gleicher Farbe wie ein Fischotter. Nerzfelle sind aber weit mehr wert als Otterfelle, und zwar ganz besonders diejenigen, in denen weiße Haare untergemischt sind. Gefunden wird dieses Tier in den großen und dichten Wäldern, die sich zwischen dem Lande der Sueben
[64] Germanischer Volksstamm an den Küsten der Ostsee.
und der Weichsel ausbreiten. Wenn nun auch alle Wieselarten sich weder in den Wintermonaten verborgen halten, noch auch in die Erde kriechen, so ist es doch, wie ich glaube, für alle, die sich künftig den Naturwissenschaften widmen wollen, sehr nützlich, dass ich die einzelnen Abarten beschrieben habe.
Das Frettchen, welches die Kaninchen aus ihren Höhlen heraustreibt, ist etwas größer als das Hauswiesel. Seine Farbe ist hellbuchsbaumfarbig. Es ist kühn, wild und voll Hass gegen fast alle anderen Tiere. Es saugt seinen Feinden, die es erbissen hat, das Blut aus, nimmt aber fast nichts vom Fleisch. Beinahe von gleicher Wildheit ist der Verwüster der Äcker und Zerstörer der Saaten, der Hamster, den manche Cricetus nennen; die Bewohner Palästinas nannten ihn.
[65] Bärenmaus.
Er sieht, gleichviel ob es die mäuseähnliche oder die bärenähnliche Art ist, wenn er aufrecht auf den Hinterpfoten sitzt, infolge seiner Bauchfarbe schwarz aus. Er taucht plötzlich zornig und so
bissig auf, dass, wenn ihm ein Pferd unvorsichtigerweise nachfolgt, er es anspringt; er schnappt nach seinem Maul und beißt sich, wenn er es erreicht, darin fest. Er wohnt in Erdhöhlen, nicht
anderswie die Kaninchen, aber in engeren als diese. Seine Oberschenkelknochen sind an beiden Seiten mit Fell bedeckt, aber ohne Haare. Er ist etwas größer als das Hauswiesel, hat aber kürzere
Beine. Die Farbe des Haares ist am Rücken etwa wie die eines Hasen, am Bauche schwarz, an den Seiten rötlich. Auf beiden Seiten ist er mit je drei weißen Flecken gezeichnet. Die Oberseite des
Kopfes und der Nacken hat dieselbe Farbe wie der Rücken, die Schläfen sind rötlich, die Kehle weiß. Der Schwanz, der bis zu drei Querfinger lang ist, hat die Farbe eines Hasen. Die in dem Fell
sitzenden Haare lassen sich nur schwer ausreißen. Es trennt sich leichter das Fell vom Fleisch, als dass sich ein Haar aus dem Fell mit der Wurzel herausziehen lässt. Wegen dieser Eigenschaft und
wegen ihrer Buntfarbigkeit sind die Felle sehr geschätzt. Er schleppt große Mengen von Getreidekörnern von allen Seiten her in seine Höhle und kaut sie mit den Zähnen, die in seinen geräumigen
und weiten Kinnbacken sitzen. Daher belegen unsere Leute einen gefräßigen Menschen mit dem Namen dieses Tieres. Während das Eichhörnchen mit den Vorderpfoten sich bald Ohren und Schnauze
streichelt, bald Speise zu sich nimmt, frisst der Hamster, indem er die Vorderpfoten hochstreckt und dabei auf den Hinterpfoten und Krallen sitzt. Die Felder in Thüringen sind wegen des Reichtums
und der Güte ihres Getreides voll von ihnen; aber auch im Meißnischen fehlt er nicht und wird namentlich im Pegauer und Leipziger Kreise angetroffen. Kleiner als der Hamster und
verschiedenartiger ist der Lemming;
[66] Lat. vormela, was im Verzeichnis mit „Wormlein" verdeutscht ist.
denn außer dem ebenfalls schwarzen Bauch ist bei ihm der ganze Körper weiß, mit gelblichen, rötlichen und dunkelbraunen Flecken verziert. Der 1 ½ Hand lange Schwanz weist aschgraue, mit weißen vermischten Haaren auf, die Schwanzspitze ist schwarz.
Bis jetzt habe ich über das Geschlecht der Mäuse, der Wiesel und verwandter Tiere gesprochen, von denen der größte Teil Höhlen unter der Erde aufsucht; nun will ich über das Stachelschwein reden, welches ebenfalls in Höhlen haust, aber, wie Albertus schreibt, in den Sommermonaten, also gegen die Gewohnheit der übrigen Tiere. Die Griechen nennen es
[67] Stachelferkel.
weil es im Aussehen und in der Gestalt einem zwei Monate alten Ferkel gleicht und wie ein Igel mit Stacheln bedeckt ist. Sein Kopf gleicht aber mehr dem eines Hasen, die Ohren denen des Menschen, die Pfoten denen eines Bären. Oben auf dem Kopf sitzt ein aufgerichteter Kamm, nach vorn zu, eine weißlich gefleckte Haut und lange schwarze Borsten, die aus ihr hervorstehen. Auch die übrigen Stacheln sind schwarz. Die ersteren Stacheln gehen von der Mitte des Rückens und von den Seiten aus, die längsten von den Seiten und die allerlängsten von deren oberem Teil. Jede einzelne ist teils schwarz, teils weiß. Sie find 2, 3 oder 4 Hand lang, und es kann sie nach Belieben, wie ein Pfau seinen Schwanz, aufrichten, und wenn es in seine Höhle geht, legt es sie nieder. Wenn es zum Zorn gereizt wird, schleudert es sie, indem es sein Fell anspannt, in das Maul der andrängenden Hunde, und zwar mit solcher Gewalt, dass sie selbst in Holz steckenbleiben. Wie ein Hase besitzt es vier lange Zähne, zwei im Ober-, zwei im Unterkiefer. Nachts ist es wach, bei Tage schläft es. Es nährt sich von Brotresten, Äpfeln, Birnen, Rüben und Möhren und säuft Wasser, aber besonders gern auch verdünnten Wein. Dieses Tier stammt aus Indien und Afrika, von wo es vor nicht langer Zeit bei uns eingeführt worden ist.
Bären begeben sich zur Winterzeit in Schlupfwinkel, die ihnen die Gegend darbietet. Wenn sie keine vorfinden, stellen sie sich, indem sie die Vorderpfoten wie Hände gebrauchen, aus Zweigen und Sträuchern solche her und kriechen, um nicht vom Regen nass zu werden, schnell in solche Unterschlupfe. Sie fürchten sich, im Boden eingedrückte Spuren zu hinterlassen, die sie den Jägern verraten. Die Männchen verbergen sich 40 Tage, die Weibchen 4 Monate lang in ihren Schlupfwinkeln, in welcher Zeit sie dickes weißes Fleisch ansetzen und werfen; durch Lecken geben sie den Jungen ihre Gestalt, was auch Ovid schon kannte, wenn er dichtet:
[68] Metamorph. XV, 379 bis 381.Vgl. über diese verbreitete Sage: Archiv für Geschichte der Naturwissenschaften Bd. V. S. 36 (1915). C. Elze, Vom „ungeleckten Bären", mit zahlreichen Literaturnachweisen.
„Nicht ist vollkommen das Junge, das eben geboren die Bärin, / Sondern kaum lebendes Fleisch; durch Lecken gestaltet die Mutter / Glieder daraus und die Form, die selber die Alte besitzet."
Dem Blick entzogen, legen sie sich nieder und schlafen zunächst eng aneinandergedrängt bis zu 14 Tagen. Durch solch tiefen Schlaf werden sie fett. Sodann setzen sie sich auf und fristen ihr Leben
durch Saugen an den Vorderpfoten. Im Frühling kommen sie aus ihren Schlupfwinkeln hervor; die Männchen ziemlich fett, die Weibchen etwas weniger, da sie inzwischen geworfen haben, und füllen den
zusammengefallenen Leib mit Kräutern, die sie von den Feldern abreißen. Obwohl die Bären sehr mordlustig sind, sind die Bärinnen doch nicht grausam gegen einen Menschen, der sich auf die Erde
geworfen hat und, das Gesicht gegen den Boden gekehrt, den Atem anhält; sondern sie riechen ihn nur an und verlassen ihn wie einen Toten, den sie nicht ausstehen mögen. Bären sind auch in unseren
Gegenden bekannt. In vielen kalten Gegenden werden sie geboren, und zwar sowohl braune wie schwarze. Von ihnen gibt es zweierlei Arten, große und kleine. Diese klettern leichter auf Bäume; sie
werden nie so groß wie die andern. Beide fressen Fleisch, Honig, Baumfrüchte und Kräuter. Mysien
[69] Land in Kleinasien.
bringt auch weiße Bären hervor, die wie der Fischotter und der Biber Fische fangen.
Im Winter verbirgt sich auch die Eidechse in der Erde. Früher behaupteten manche, dass sie nur ein halbes Jahr lang lebe. In den übrigen Zeiten des Jahres pflegt sie sich meist unter Brombeersträuchern und in Dornhecken aufzuhalten. Sie besitzt vier Füße und eine gespaltene, behaarte Zunge. Die Beine sind kurz; ihre Farbe ist im Frühling grün, im Sommer etwas heller. Verborgen lebt auch die Kupfereidechse, die nach den kupferfarbenen Streifen, mit denen der Rücken geschmückt ist, so genannt wird. Sie wird auch Seps genannt, weil eine Wunde, die durch ihren Biss entstanden ist, eitert und übelriechende Jauche abzusondern pflegt. Von der grünen Eidechse weicht sie nicht der Gestalt nach ab, sondern nur in der Farbe. Verborgen lebt auch die Wassereidechse, die ihr Leben teils auf dem Lande, teils im Wasser, und zwar vorzugsweise im letzteren, zubringt. Sie entsteht in schattigen Teichen, die in sumpfigem Boden liegen, und in manchen Mauergräben. Sie ist klein und weicht vor allem in der Farbe von den übrigen Eidechsen ab, indem sie aschgrau oder rötlichaschgrau aussieht. Sie läuft langsam, wie Schildkröten oder Molche. Wenn sie gereizt in Zorn gerät, richtet sie sich auf, sitzt, etwas aufgeblasen, auf ihren Füßen, schaut mit schreckenerregenden Augen unter Aufreißen des Rachens den an, der sie aufgestört hat und schwitzt einen milchähnlichen, scharfriechenden Saft aus, bis sie ganz weiß aussieht. Auf Salz gesetzt, bewegt sie den Schwanz und bemüht sich, zu fliehen. Sie kann es, da es sehr beißend ist, nicht vertragen, sondern stirbt schnell, während sie, wenn man sie schlägt, noch lange lebt. Verborgen lebt auch das Chamäleon, welches in Indien und Afrika geboren wird. Seine Gestalt ist, wie Aristoteles schreibt, diejenige einer Eidechse. Wie bei den Fischen fallen die Seiten nach unten ab und gehen unmittelbar in den Bauch über. Aus den Seiten ragt ein Dorn hervor. Das Gesicht ist ähnlich dem des Cebus genannten Affen. Der Schwanz ist sehr lang, endigt in eine Spitze und ist wie eine Peitschenschnur in vielen Windungen zusammengewickelt. Wenn es sich aufrichtet, ragt es höher empor als eine Eidechse. Die Schenkel biegt es wie eine Eidechse ein. Jeder Fuß ist in zwei Teile gespalten, die die gleiche Stellung zueinander haben, wieder Daumen zu den übrigen Fingern. Und auch diese beiden Teile sind wiederum gewissermaßen in Finger gespalten, an den Vorderbeinen der innere Teil in drei, der äußere in zwei; an den Hinterbeinen aber der innere Teil in zwei, der äußere in drei. Die Finger tragen kleine Krallen, ähnlich denen der Tiere mit gekrümmten Krallen. Der ganze Körper ist rauh wie bei einem Krokodil. Die tief in Höhlen liegenden Augen sind sehr groß, rund und mit einer der sonstigen Körperhaut ähnlichen Haut bedeckt; in deren Mitte ist ein Loch, durch welches das Tier hindurchsieht und welches nie durch die Haut verdeckt wird. Das Auge dreht sich im Kreis, blickt nach allen Seiten und erkennt so alles, was es will. Wenn es sich aufbläst, wechselt es die Farbe. Das eine Mal ist es schwarz und unterscheidet sich in der Farbe nicht sehr von einem Krokodil, dann wird es blass wie eine Eidechse, jedoch dabei schwarzgefleckt wie ein Panther. Die Farbänderung erstreckt sich auf den ganzen Körper. Denn auch die Augen und der Schwanz ändern ihre Farbe in gleicher Weise. Seine Fortbewegung geschieht, wie bei einer Schildkröte, langsam. Wenn es stirbt, wird es bleich und behält diese Farbe nach dem Tode. Der Schlund und die Luftröhre befinden sich an derselben Stelle wie bei der Eidechse. Fleisch hat es nirgends außer am Kopf und an den Kiefern, nicht aber an den übrigen Gliedern. Kleine Fleischteilchen finden sich an den Kiefern und am Schwanz, da, wo er am Körper angewachsen ist. Blut hat es nur im Herzen, in den Augen und in Adern in dem Teil über dem Herzen und in den von hier ausgehenden Blutgefäßen; aber auch hier nur sehr wenig. Das Gehirn liegt etwas über den Augen und hängt mit ihnen zusammen. Wenn man die äußere Augenhaut zurückzieht, so leuchtet ein schmaler kupferner Ring hervor. Die Häute sind zahlreich und fest und verteilen sich, indem einige über die anderen hervorstehen, über den ganzen Körper. Wenn es zerschnitten wird, atmet es noch lange, indem auch im Herzen noch eine Zeitlang eine schwache Bewegung vorhanden ist. Es kann alle Körperteile zusammenziehen, vor allem aber die Rippen. Niemals besitzt es eine erkennbare Milz. Luft dient ihm zur Nahrung. Daher dichtet Ovid ebenso finnig wie gelehrt:
[70] Metamorph. XV, 411 und 412.
„Auch das Tier, das von Luft und vom Winde allein sich ernähret, / Ahmt die Farben flugs nach der Dinge, die es berührte.“
Auch die Sterneidechse oder Gecko verbirgt sich. Sie hat die Gestalt einer Eidechse, das Wesen eines Chamäleons. Sie lebt vom Tau und außerdem von Spinnen und von Honig. Ihr Rücken ist wie mit
leuchtenden sternförmigen Tropfen verziert, wovon der lateinische Name
[71] Lat. stellio.
kommt, und wodurch sie sich von der gewöhnlichen Eidechse unterscheidet. Die Griechen nennen sie auch xxx. Wie eine Schlange streift sie im Frühling ihr altgewordenes Winterkleid ab und frisst es, wenn man es ihr nicht wegnimmt. Wer von einer Sterneidechse gebissen wird, verfällt in Gefühllosigkeit. In Griechenland ist sie giftig und verderblich, in Sizilien unschädlich. Sie kämpft mit Skorpionen. Ihr Leben verbringt sie in Grüften, Gewölben, Tür- und Fensterritzen. In ein Glas eingeschlossen, bleibt sie über ein halbes Jahr lang ohne Nahrung am Leben; nur ihre Augen schwellen an; sonst erleidet sie weiter keinen Schaden.
In den Wintermonaten verbirgt sich ferner der Salamander. Im Februar dieses Jahres hatte sich zu Schneeberg eine große Menge Salamander aus der Umgegend zusammengefunden und zusammengeballt; man fand sie im äußersten Ende des Stollens, der einst in den sogenannten Mühlberg getrieben und jetzt wieder instandgesetzt wurde. Im nächsten Jahr kam im November ein lebender Salamander, der aus einer Quelle des nahen Waldes stammte, aus der Wasserleitung dieser Stadt heraus. Regen und darauffolgendes heiteres Wetter locken die Salamander aus Gängen, Quelladern und Gesteinspalten hervor. Diesen Vierfüßler, der die Gestalt einer Eidechse besitzt, nennen die Deutschen, weil er mit seinen kurzen Schenkeln nur langsam läuft, mit dem griechischen Namen „Molch“. Sein Kopf ist groß, der Bauch goldgelb, ebenso die Schwanzspitze, der ganze übrige Körper abwechselnd mit schwarzen und goldgelben sternförmigen Flecken gezeichnet. Wegen der ihm innewohnenden Kälte löscht er, nicht anders als Eis, das Feuer aus. In gleicher Weise pflegen auch Schlangeneier, die man ins Kaminfeuer wirft, dieses zu ersticken. Die Eier selbst werden aber dabei, ebenso wieder Salamander, verbrannt. Gereizt, schwitzt der Salamander einen milchigen Saft aus. Fälschlicherweise glaubt man, dass es unter ihnen keine Männchen und Weibchen gibt.
Die Erdschildkröte begibt sich den ganzen Winter über unter die Erde und bringt die Zeit, von tiefem Schlaf umfangen, ohne alle Nahrung hin. Rötlich gefärbte Käfer endlich und Grillen, die meist in der Nacht umherschwirren, graben in trockener Erde Löcher, in denen sie im Sommer schlafen; die Heimchen tun dies auch im Winter. Die Käfer kriechen vor dem Herbst hinein, bevor die große Hitze nachlässt, die Ackergrillen vor Beginn des Winters, ebenso auch die schwarzen Spinnen, die in Erdritzen leben.
Der Tausendfüßler entsteht und lebt in Baumflammen oder in Holzstücken, die auf der Erde liegen, oder in Pfählen, die in die Erde getrieben sind und ist auch darnach benannt.
[72] Lat. scolopendra, Griech. der Pfahl.
Wenn man diese Pfähle entfernt oder hin und her bewegt, so kommt der Tausendfüßler heraus. Sonst lebt er meist verborgen. Er besitzt keine Flügel, aber viele Füße; daher nennen manche ihn nach dem Lateinischen Vielfüßler, Hundertfüßler oder Tausendfüßler. Wenn er kriecht, wölbt sich sein mittlerer Körperteil wie ein Bogen; wenn man ihn mit einem Stock berührt, zieht er sich zusammen. Er besitzt Bronzefarbe, einen dünnen, nicht sehr breiten, langen Körper und drei oder höchstens vier Zehen.
Unter den Vögeln, die sich verkriechen, sind vor allem die Uferschwalben zu nennen. Mehrere von ihnen verbergen sich in den Wintermonaten gemeinschaftlich an den Ufern von Flüssen, Teichen oder Sümpfen oder im Gestade oder in den Klippen des Meeres. Daher kommt es, dass manchmal Fischer sie in größeren Mengen aus den Gewässern herausholen. Man nennt sie Uferschwalben, da sie Höhlen in den Ufern anlegen, ihr Nest in oder an ihnen bauen und sich darin verbergen. Sie bedienen sich nicht ihrer Füße und sie legen ihre Eier in kleine, aus Lehm hergestellte Kästchen
[73] von dem Kasten. S. auch Plinius, Naturgesch. VIII. 37.
mit engen Zugängen und brüten darin, um so während des ganzen Jahres vor Tieren und Menschen sicher, im Winter vor Kälte geschützt zu sein. Sie unterscheiden sich von den Mauerschwalben und Hausschwalben dadurch, dass sie gefiederte Schienbeine besitzen. Diese Uferschwalben sind es, wie Plinius sagt, die man überall auf dem Meer antrifft. Und wenn sich Schiffe auch noch so weit und in ununterbrochener Fahrt vom Festlande entfernen, so werden sie doch von diesen Uferschwalben umflattert. Andere Gattungen setzen sich nieder und rasten, diese dagegen ruhen nur in ihrem Neste aus, das heißt, sie fliegen oder sie liegen.
Zur Winterzeit verbergen sich in Erdhöhlen, aber nicht nur in diesen, die Fledermäuse, der Uhu, die Käuzchen, die Nachteule, die Schwalben, die Stare, die Holztauben, die Turteltauben, die Amseln, die Krammetsvögel, die Lerchen und die Wiedehopfe; über alle diese habe ich schon gesprochen.
Nunmehr will ich von den Arten der Wassertiere sprechen, die sich teils im Winter, teils im Sommer verkriechen und sich im Schlamm oder Sand verbergen, und zwar so, dass der ganze Körper bedeckt ist, das Maul aber frei bleibt. Im Winter verkriechen sich folgende Fische: die Gattung Primadia, die Goldmakrele, der Coracinus, die Muräne, die Orfe, der Meeraal, die Meerdrossel, die Meeramsel, der Barsch, der Thunfisch, der Rochen und alle Arten von Knorpelfischen sowie auch die Schnecken.
[74] Für die meisten Fische gibt das Verzeichnis keine Verdeutschung; bei vielen findet sich sogar der Zusatz „ignotus“, unbekannt. Es lässt sich daher vielfach nicht entscheiden, welche Art gemeint ist.
In den Sommermonaten versteckt sich der Glaucus, der Afellus, die Goldforelle; etwa 30 Tage lang in den Hundstagen die Purpurschnecke, die Tritonmuschel, die Kammuschel und der Delphin. Von den
Tieren, die teils auf dem Lande, teils im Wasser leben, verkriecht sich im Winter die Wassereidechse, über die ich schon gesprochen habe; ebenso zieht sich das Krokodil, um den Winter zu
vermeiden, in seine Höhle zurück und bleibt vier Monate darin. Unter der Kälte leidet es so sehr, dass es sich, auch wenn es sich nicht verbirgt, manchmal am Tage auf dem Lande, nachts im Wasser
aufhält. Lebend wird es jetzt selten nach Europa gebracht, aber tot wird es oft in Apotheken an der Decke aufgehängt. Plinius beschreibt seine Gestalt und sein Wesen sehr genau. Er sagt, es sei
ein bösartiger Vierfüßler, gefährlich zu Lande und zu Wasser. Es ist das einzige Landtier, welches seine Zunge nicht gebrauchen kann,
[75] Weil sie nämlich am Unterkiefer angewachsen und unbeweglich ist.
und das Einzige, welches nur mit dem oberen, beweglichen Kiefer beißen kann; sein Biss aber ist fürchterlich, da die Zahnreihen kammartig zusammengedrängt stehen. In der Länge übertrifft es die meisten Tiere, sie beträgt meist mehr als 18 Ellen.
[76] D. i. 11 Meter.
Es legt Eier in der Größe der Gänseeier und brütet sie immer, einer dunklen Ahnung folgend, an einer Stelle aus, die höher liegt als die, bis zu der der Nil in diesem Jahre bei seinem höchsten
Stande steigen wird. Kein anderes Tier erreicht aus so kleinen Anfängen die gleiche ungeheure Größe. Es ist mit Krallen bewehrt. Seine Haut ist widerstandsfähig gegen jeden Stich. Wenn es von
gefressenen Fischen gesättigt und mit seinem immer mit Speiseresten gefüllten Rachen am Ufer schläft, wird es von einem Vogel, der dort Trochilus, in Italien Vogelkönig
[77] Vielleicht unser Zaunkönig. Diese Erzählung findet sich bei Herodot.
genannt wird, zum Gähnen gebracht; er reinigt ihm hüpfend zunächst den Rachen, dann die Zähne und auch den Schlund, den das Krokodil, um den angenehmen Kitzel zu genießen, möglichst weit aufreißt. Wenn das Ichneumon ein Krokodil bei diesem Vergnügen im Schlafe liegend erblickt, fährt es ihm wie ein Pfeil durch seinen Schlund in den Bauch und frisst ihm die Eingeweide aus. Das Krokodil verursacht so großes Unheil, dass die Natur nicht damit zufrieden ist, ihm nur einen einzigen Feind geschaffen zu haben. Denn auch Delphine wandern in den Nil, die auf dem Rücken eine messerscharfe Flosse besitzen, vertreiben die Krokodile, die sich gewissermaßen als Alleinherrscher in ihrem Fluss fühlen und räumen sie, da sie selbst ihnen an Kräften unterlegen sind, mit List aus dem Wege. Da die Haut des Krokodils am Bauche weich und dünn ist, tauchen die Delphine, als ob sie erschrocken wären, unter, schwimmen unter das Krokodil und schlitzen ihm den Bauch auf. Auch ein am Nil selbst wohnender Menschenstamm ist diesem Ungeheuer feindlich gesinnt, nämlich die Tentyriten, die ihren Namen von der Insel
[78] Nilinsel Tentyra, jetzt Dendereh in Oberägypten.
haben, auf der sie wohnen. Von kleiner Größe, entwickeln sie dabei eine bewundernswerte Geistesgegenwart. So gefährlich dieses Untier gegen den vor ihm Fliehenden ist, so flieht es doch selbst vor seinen Verfolgern. Diese wagen es, einzeln gegen das Tier vorzugehen, schwimmen in den Fluss, setzen sich wie Reiter dem Krokodil auf den Rücken, schlagen ihm, wenn es den Kopf rückwärts gebeugt zum Beißen hochhebt und den Rachen aufsperrt, einen Knüppel, den sie an beiden Enden festhalten, quer in den Rachen und ziehen es mit ihm, wie mit einem Zaum als Gefangenen ans Land. Diese Leute erschrecken die Krokodile auch schon lediglich durch ihr Schreien und zwingen sie dadurch, einen eben verschlungenen Körper wieder von sich zu geben, um ihn begraben zu können. Daher gehen auch die Krokodile nie an dieser einen Insel ans Land und werden von dem Geruch dieser Leute vertrieben, ebenso wie die Schlangen von dem Geruch der Pfyllier.
[79] Die Pfyllier waren ein Volk an der Südwestseite der Großen Syrte in Afrika, welches sich auf Schlangenbeschwörung und Heilung des Bisses giftiger Schlangen verstand.
Das Krokodil soll im Wasser sehr schlecht, außerhalb aber sehr scharf sehen. Manche glauben, dass es fortwährend wachse, solange es lebe, und es hat ein sehr langes Leben.
Auch alle Frösche verbergen sich in den Wintermonaten, mit Ausnahme jener allerkleinsten, hellblaugrau gefärbten, die zeitweilig auf Wegen und an Küsten umherkriechen. Diese werden nämlich nicht aus Samen, den Männchen und Weibchen bei der Begattung von sich geben, erzeugt, sondern sie scheinen aus Staub, der durch sommerlichen Regen durchfeuchtet wird, zu entstehen, und können daher nicht lange leben. So entzieht sich dem Blick auch jener kleine grüne Frosch, den die Griechen
[80] Schilf oder Rohr.
nennen, der zwischen Schilfrohr zu leben pflegt, aber auch auf Bäume klettert und sich von Kräutern nährt, sowie der, der durch sein ihm eigenes Quaken künftigen Regen anzeigt. Denn er ist, entgegen der Ansicht des Plinius, nicht stumm und ohne Stimme. Zur Frühlingszeit erscheint er oft halb aus der Erde hervorragend, halb darin verborgen. Es verkriechen sich auch die grünen Frösche, die sich in Flüssen und Fischteichen aufhalten, die ebenfalls eine Stimme besitzen und essbar sind. Ferner die hellgelben und hellaschgrauen, die auch in Flüssen, Seen, Sümpfen und Teichen leben. Manche von ihnen besitzen eine Stimme und sind essbar, andere sind stumm und werden nicht gegessen. Ein Beweis dafür, dass sie sich in den Wintermonaten verborgen halten, liegt darin, dass man im Frühling in den Teichen nicht nur ihren Laich findet, sondern auch alte Frösche selbst. Deshalb ist es nicht richtig, sondern verwunderlich, wenn Plinius
[81] Naturgeschichte IX, 74.
schreibt: Nach halbjährigem Leben lösen sie sich, ohne dass man es beobachten kann, in Schlamm auf und entstehen von neuem, erzeugt durch die Gewässer des Frühlings. In der gleichen verborgenen Weise soll sich dies alle Jahre mit denen, die geboren wurden, wiederholen. Ihr Laich besteht zuerst aus kleinen, runden, schwarzen Fleischklümpchen, die später nur Augen und einen Schwanz erkennen lassen; diese nennt Nicander Aratus, weil sie rund sind, andere Griechen kleine Fröschchen.
[82] Froschart, Kaulquappe oder Froschbrut.
Später bilden sich Beine, die vorderen aus der Brust heraus; zwischen den Hinterbeinen sitzt der Schwanz. In Gärten verborgen halten sich ferner blassgefärbte Frösche, die keine Stimme besitzen und nicht essbar sind; weiter endlich die Kröte, die ihren Namen von der Brombeere
[83] Lat. rana rubeta, die Kröte; rubus, die Brombeere.
hat, unter deren Sträuchern sie sich aufzuhalten pflegt. Die Dichter nennen sie bufo. Es gibt zwei Arten: die eine, die Landkröte, lebt in Häusern und unter Brombeergestrüpp, die andere ist die Sumpfkröte; sie besitzt eine ihr eigentümliche Stimme. Beide sind giftig und pressen, wenn man sie öfter mit einem Stecken schlägt, mit aufgeblasenem Körper zunächst ein Gift aus ihrem Hinterteil, später schwitzen sie. Die milchartigen Tropfen dieses Schweißes riechen scharf und stinkend, und zwar, wenn man sie tötet, nach Mohnsaft. Sie lassen sich schwer töten. Der Kröten bedienen sich die Giftmischerinnen zur Herstellung von Gifttränken.
Die Wassermaus verkriecht sich im Winter in die Ufer der Flüsse und Bäche, in denen sie wohnt. Sie besitzt etwa die Größe einer Waldmaus. Sie beißt sich in die Hände der Fischer fest, wenn sie Flusskrebse aus den Uferhöhlen herausholen. Sie frisst kleine Fische, z. B. Schmerlen und Weißfische, und weiter den Laich der Hechte, der Forellen, der Barben und anderer Fische. Wo sie daher in großen Mengen vorkommt, pflegt sie den Fischreichtum zu zerstören. Auch der Flusskrebs kriecht in Uferhöhlen und verweilt darin den ganzen Winter über und meist auch im Sommer. Der Skorpion dagegen, den man in Deutschland nur als von auswärts eingeführt kennt, verbirgt sich nicht in der Erde, sondern in Mauerritzen und unter Steinen.
Zuletzt noch einiges über die Schlangen, die zum größten Teile Landtiere sind. Die Vipern, welche die Griechen
[84] Natter.
nennen kriechen im Winter unter Felsen. Sie sind etwa 1 Elle lang und mit dunkelbraunen, ins Aschgraue spielenden Flecken gezeichnet. Sie erzeugen zuerst Eier in ihrem Körper und gebären dann lebendige Junge, die noch im Körper aus den Eiern ausgeschlüpft sind. Aber nicht, wie Nicander und Plinius behaupten, die Jungen einzeln an verschiedenen Tagen nacheinander, wobei ein Teil der Jungen aus Ungeduld den Leib der Mutter durchbohrt und sie dadurch tötet; sondern sie bringen, wie uns Beobachter der Schlangen versichern, an ein und demselben Tage meistens elf Junge zur Welt oder bisweilen noch mehr, und bleiben selbst dabei am Leben. Das Weibchen nimmt auch nicht, wie Plinius schreibt, bei der Begattung und Umschlingung den Kopf des Männchens in den Rachen und beißt ihn vor Wollust ab. Auch das Weibchen hat, ebenso wie das Männchen einen von Natur aus kurzen Schwanzstummel und nicht, wie die meisten anderen Schlangen einen langen Schwanz. Sie unterscheiden sich aber dadurch voneinander, dass der Kopf des Weibchens platt, der des Männchens spitz ist. Wenn dieses beißt und dabei Gift ausspritzt, zeigen sich die Spuren von zwei spitzen Zähnen, beim Weibchen aber von mehreren Zähnen. Ebenso wie die übrigen Schlangen sind sie nicht nur nach Milch, sondern auch nach Wein gierig. Galenus schreibt, dass sie auf der Suche nach Wein in die Weinkrüge hineinkriechen und dass der Wein, in dem sie ersoffen sind, ein Heiltrank für die sei, die an Elefantiasis
[85] Im Altertum wurde eine Art Aussatz so genannt, bei der die Haut hart und fleckig wird.
leiden. Gegen den Biss der Vipern wird vielerlei getan. Der Schriftsteller Suetonius berichtet, dass Claudius Cäsar durch einen in Rom öffentlich bekanntgemachten Befehl darauf hingewiesen habe, dass man hierzu den Saft des Taxusbaumes nehmen solle. Der kleinen Viper ähnlich ist die Dipsas genannte; sie ist weiß, ihr Schwanz aber hat zwei schwarze Streifen. Wer von ihr gebissen wird, stirbt an einem unauslöschlichen Durst, woher ihr Name kommt.
[86] der Durst.
Sie leidet auch selbst sehr an Durst. Wenn sie durch allzu vieles Saufen aufgeschwollen ist, bricht ihr der Nabel auf, und sie gibt so die übermäßig aufgenommene Menge wieder von sich. Manche nennen sie auch Causo, andere Prester. Letztere weicht in der Gestalt nicht sehr von der Dipsas ab, unterscheidet sich aber von ihr durch die Wirkung, die sie ausübt. Der Gebissene wird, wie von einem plötzlichen Sonnenstich betroffen, bewegungslos und bewusstlos, er verliert die Haare und geht unter Jucken und Durchfall ein.
Ebenso wie beinahe alle übrigen Schlangen verbirgt sich auch die Blindschleiche in der Erde oder in Felsritzen; bei den Deutschen hat sie ihren Namen davon, dass sie blind ist. Aus gleichem Grunde nennen sie Nicander so, denn sie hat keine Augen.
[87] blind. Nicander, Theriaka 492; eine Schlangenart, ähnlich der Blindschleiche. Aristoteles, Historia animal. 8.24.
Ihre Farbe ist grünlichgelb und stark glänzend. Sie ist niemals länger als 1 Fuß und dicker als 1 Finger. Sie bleibt manchmal, ebenso wie die Vipern, nach dem Bericht des Schriftstellers Columella, unter Ochsen liegen, die sich unvorsichtig auf der Weide hinlegen, und beißt dann, wenn sie durch den Druck gereizt wird. Die Amphisbaena
[88] Eine Schlangenart in Libyen, die vor- und rückwärts kriecht, weshalb man ihr zwei Köpfe zuschrieb.
sieht sehr schlecht. Sie ist klein und träge und mit zwei Köpfen versehen. Sie kann daher mit dem einen oder anderen Kopfe nach Belieben vorwärts oder rückwärts kriechen, wovon ihr Name kommt. Ihre dichte Haut besitzt die Farbe der Erde und sticht nur durch einige Abzeichen davon ab. Ihr in der Gestalt ähnlich ist die Skytale,
[89] Eine überall gleich dicke, walzenförmige Schlange; der Stab.
aber heller. Sie ist so dick wie der Stiel einer Harke und lang wie ein Spulwurm. Wenn sie sich im Frühjahr gehäutet hat, frisst sie nicht, wie die übrigen Schlangen, Fenchel. Ihren Namen hat sie von ihrer stabförmigen Gestalt. In den Wintermonaten begibt sich auch die Ringelnatter in Erd- oder Felshöhlen. Sie hat ihren Namen davon, dass sie schwimmt.
[90] Natrix a natando apellata.
Die Griechen nennen sie deshalb,
[91] Wasserschlange oder Land- und Wasserschlange.
da sie auf dem Lande und im Wasser lebt. Ich stimme dem Lucanus nicht bei, der die Chersydra von der Wassernatter unterscheidet. Sie ist Gegner und Feind der Frösche. In der Form unterscheidet sie sich nicht von der Aspis,
[92] Die berühmte ägyptische Hutschlange, die bei Zauberern von alters her eine große Rolle spielt. Über sie wird später berichtet.
wohl aber in der Farbe, die bei ihr ein weißliches Aschgrau ist. Zum Schlangengeschlecht scheint auch die kalabrische Schlange zu gehören, obwohl sie gefleckt ist. Sie besingt Vergil mit folgenden Worten:
[93] Georgicon III, 425 bis 434.
Auch ein gar schädliches Tier ist die Schlang' in Calabriens Wäldern, / Hochaufragender Brust, einwölbend den schuppigen Rücken, / Und am länglichen Bauch buntfarbig mit mächtigen Flecken. / Diese — solang noch ein Bach den Quellen entstürzt, und so lange / Nass von des Frühlings Feuchte das Land und vom Regen des Süd ist — / Wählt ihr Versteck an dem Sumpf und füllt hier, lauernd am Ufer, / Gierig den dunkelen Schlund mit Fischen und schwätzenden Fröschen. / Leert sich später der Pfuhl und spaltet das Land sich vor Hitze, / Springt sie aufs Trockene vor und, flammende Augen verdrehend, / Tobt sie, wütend vor Durst und toll durch die Hitze, im Felde.
Zum Geschlecht der Nattern gehören auch die Wasserschlangen
[94] Lat. boa, was im Verzeichnis mit „Ynke“ verdeutscht ist.
die nach Plinius so groß werden, dass man unter dem erhabenen Fürst Claudius im Bauche einer am vatikanischen Hügel getöteten ein ganzes Kind gefunden hat. Sie nähren sich vor allem von der Milch der Kühe, wovon ihr Name abgeleitet ist. Sie sind nichts anderes als die Schlangen, die sich in Häusern oder Wohnungen aufhalten. Die Aspis genannte Natter ist 4 Fuß lang und so dick wie ein Speer. Sie ist nicht immer von der gleichen Farbe; manche sind schmutzig gefärbt, andere grün in verschiedenen Abtönungen, andere aschgrau, andere feuerfarbig, namentlich die in Äthiopien. Die schlecht sehenden Augen stehen an den Schläfen, und neben den Augenbrauen ragen schwielenartige Warzen hervor. Sie zwinkert, gleich als ob sie schläfrig wäre, fortwährend mit den Augen, wird aber leicht durch Geräusche, die andere Tiere verursachen, verscheucht. Sie wird in Ägypten, Äthiopien und anderen Gegenden Afrikas geboren. Sie schweifen — ich gebrauche die Worte des Plinius
[95] Naturgesch. VIII. 35.
— nur paarweise umher und können eine ohne die andere nicht leben. Wird eine von ihnen getötet, so erwacht bei der anderen eine unglaubliche Rachgier. Sie verfolgt den Mörder, weiß ihn aus einer noch so großen Menschenmenge herauszufinden und greift ihn an. Dabei überwindet sie alle Schwierigkeiten und legt große Strecken zurück. Nur breite Flüsse oder schleunigste Flucht können vor ihr retten. Ihr schlimmster Feind ist das Ichneumon,
[96] Die Pharaonsratte.
das einem Iltis ähnlich ist. Es zerstört nicht nur ihre Eier, sondern tötet sie auch selbst. Es wälzt sich zunächst öfter im Schlamm und trocknet sich an der Sonne. Nachdem es sich auf diese Weise mit mehreren Schlammschichten gepanzert hat, geht es zum Angriff über. Dabei hebt es den Schwanz, fängt abgewendet ihre zornigen Bisse auf, bis es mit schräg gerichtetem Kopfe den günstigen Augenblick abgepasst hat, ihr an die Kehle zu fahren.
Die Aspisnattern teilt Galenus in drei Arten ein: Chelidonia, Chersea und Ptyas,
[97] Griech. speien; sie soll ihr Gift dem Menschen in die Augen spritzen.
die ihren Namen vom Speien hat. Diese Art war es, die Kleopatra an sich drückte. Sie halten sich, da sie Kälte nicht vertragen können, im Winter in Sand eingehüllt verborgen, auch in Löchern von Buchen oder von Wassereichen, wovon der Name für sie abgeleitet ist; manche nämlich nennen sie, wie Nicander schreibt, Hydron, andere Chelhydron. Sie ist, was den Kopf anlangt, der Wasserschlange ähnlich, besitzt aber eine aschgraue Farbe, die Länge und Dicke eines mittleren Aales und riecht stark. Sie geht nach Froschlaich, in dem man schon den Schwanz erkennen kann, und nach großen Fliegen. Die Gattung Cerastes
[98] Die Hornviper.
hat ihren Namen von den Hörnern, die sie, und zwar entweder zwei oder vier, nach Art der Schnecken am Kopfe trägt. Durch deren Bewegung lockt sie, wie Plinius
[99] Naturgeschichte VIII, 23, 35.
schreibt, während der übrige Leib verborgen bleibt, kleine Vögel an sich. Im Übrigen ist sie wie eine Viper gestaltet. Sie besitzt eine schmutzige Farbe. In kalten Gegenden findet man sie in einer nach Farbe und Gestalt natterähnlichen Form, wenn auch hier nur selten. In Afrika hält sie sich im Sand und in Wagengleisen auf, anderwärts meist in Felsspalten, in denen sie sich den Winter über verbirgt. Aristoteles behauptet, dass auch die thebanische Coluber
[100] Eine kleine Hausschlange.
Hörner trage. Der Hämorrhous haust ebenfalls in Felsspalten; er hat seinen Namen davon, dass er Blutfluss erzeugt. Demjenigen, den er gebissen hat, bricht in der ersten Nacht Blut aus den Ohren, der Nase, mit Speichel gemischt aus dem Munde, mit Harn gemischt aus der Harnblase, mit Eiter gemischt aus der Wunde. Das Zahnfleisch und das Fleisch unter den Nägeln tropfen von Blut, wenn ihn ein Weibchen des Hämorrhous gebissen hat. Er ist 1 Fuß lang und nicht sehr dick, der Schwanz endigt in eine dünne Spitze; seine Farbe ist teils aschgrau, teils weiß. Vorn ragen ihm zwei kleine fleischige Hörner hervor. Er kriecht langsam in schiefer Richtung und raschelt so, als ob er durch Schilf kröche. Ihm an Gestalt ähnlich ist der Sepedon, er hat aber keine Hörner und kriecht anders. Seine Farbe ist rot. Den Namen hat er von der Fäulnis,
[101] das Faulen.
die der von ihm erzeugte Biss nach sich zieht – Der Porphyrus besitzt, wie Älianus überliefert hat, die Länge einer Hand; der Kopf ist schneeweiß, der übrige Körper purpurfarbig, sein Biss unschädlich, da er keine Zähne hat. Er wird in Indien in seichten Gewässern gefunden. Man fängt ihn, hängt ihn am Schwanz auf und fängt den aus dem Rachen der lebenden Viper herausfließenden Saft in kupfernen Schalen auf. Den schwarzen Saft, den er nach seinem Tode von sich gibt, sammelt man in gleicher Weise in einer anderen Schale. Wenn man diesen einem Menschen beim Essen oder Trinken zusammen mit einem Sesamkörnchen gibt, so geht er nach einem oder auch manchmal nach zwei Jahren an schleichender Auszehrung allmählich ein. Der andere Saft tötet ähnlich wie der Schierlingssaft. Die Acontias, welche die Lateiner Jaculus
[102] abgeleitet von jaculum, der Wurfspieß; eine schnell zufahrende Schlangenart, die Schießschlange oder Pfeilschlange.
nennen, stürzt aus Baumzweigen wie ein Pfeil auf vorübergehende Tiere, wovon sie ihren Namen erhalten hat. Sie stürzt aber nicht nur von oben auf Tiere herab, sondern geht auch, auf dem Boden liegend, wenn sie gereizt wird, zum Angriff über, indem sie, den Körper aufrichtend, sich wie ein Pfeil emporschnellt.
Die Cenchris, welche Nicander Cenchrines nennt, trägt ihren Namen deshalb, weil sie mit vielen Flecken von der Farbe der Hirsekörner gezeichnet ist. Von ihr dichtet Lucanus:
[103] Pharsalia IX, 712/15.
Und auf gerader Bahn hingleitet immer die Cenchris.
Zahlreicher sind ihre Flecken, verschiedenfarbig am Bauche, / Als die winzigen Punkte am Schlangensteine
von Theben, / Ferner gleichfarbig dem Sand, dem trocknen, der Hammodytes.
Der Basilisk hat seinen Namen deshalb, weil er in der Giftigkeit alle anderen Schlangen so sehr übertrifft, wie ein König durch seinen Purpur und seine königlichen Abzeichen seine Untertanen
überragt. Sein Kopf ist spitz, seine Farbe gelb. Nach Plinius
[105] Naturgeschichte VIII, 21, 33. Hier, wie auch bei verschiedenen anderen Tieren, gibt Agricola fast wörtlich die Beschreibung des Plinius.
wird er in der Provinz Cyrenaica
[106] In Lybien.
geboren, nicht größer als 12 Finger, mit einem weißen Fleck auf dem Kopfe, wie mit einem Diadem geschmückt. Sein Zischen vertreibt alle übrigen Schlangen. Seinen Körper bewegt er nicht wie die übrigen Schlangen in vielfachen Windungen, sondern er geht, zur Hälfte aufgerichtet, gestreckt einher. Er zerstört Sträucher, ohne sie zu berühren, lediglich durch seinen Atemhauch, verbrennt Kräuter und zersprengt Felsen. So viel Gewalt wohnt diesem Unhold inne. Man nimmt als beglaubigt an, dass einst, als ein Basilisk vom Pferd herab mit einem Speer getötet wurde, das Gift an diesem sich fortleitete und nicht nur den Reiter, sondern auch das Pferd tötete. Für dieses Ungeheuer, welches häufig Könige tot zu besitzen wünschten, ist das Gift des Wiesels todbringend. So gleicht die Natur immer alles aus. Man wirft das Wiesel in seine Höhlen, die man leicht daran erkennt, dass der Boden um sie herum unfruchtbar ist. Das Wiesel tötet ihn durch seine Ausdünstung, verfällt aber selbst auch dem Tode, und so endet der Kampf der Natur. Der Theologe Cassianus versichert, dass die Basilisken aus den Eiern eines Vogels, den die Ägypter Ibis nennen, entstehen. Das gemeine Volk glaubt, dass er aus einem Ei entstehe, welches widernatürlicherweise ein Hahn gelegt habe. Solcher Art soll der Sage nach derjenige gewesen sein, der in Zwickau einige Menschen durch sein Gift getötet hat, weshalb der Besitzer des Stalles, in dem er sich befand, die Türen verrammelte und mit einer Mauer abschloss.
Es folgt der Drache, der nach seinen scharfen Augen genannt ist, denn er sieht schärfer als die übrigen Schlangen, weshalb die Alten ihn als Wächter und Schützer erkoren und unter seine Bewachung auch Tempel, Heiligtümer und Orakel stellten. Er ist von schönem Aussehen und ganz schwarz, nur am Bauch grünlich; das Kinn streckt er wie einen Bart nach vorn; es sieht aus wie durch Galle gefärbt. Die Haut der Augenbrauen ist fett. Auf beiden Seiten ist er mit einer dreifachen Reihe von Zähnen geschmückt, aber er beißt nicht viel zu. In manchen Gegenden kämpft er mit Adlern, in Afrika und Indien mit Elefanten. Denn dort gibt es Drachen, die 20 Ellen lang sind.
[107] Plinius Naturgeschichte VIII, 13.
Es gibt zwei Arten, die eine auf der Erde lebend, die ich soeben beschrieben habe, die andere ist ein Vogel und besitzt aus Haut bestehende Flügel wie die Fledermaus. Cicero hat schriftlich
niedergelegt, dass diese aus den Wüsten Lybiens durch den Wind nach Ägypten verschlagen worden seien. Ich habe einen 1 ½ Fuß langen Drachen besessen, den ich dem Ambrosius Fibianus zum Geschenk
gemacht habe. Er hatte etwa die Farbe eines Krokodils. Über ihn schreibt Lucanus:
[108] Pharsalia IX. 727 bis 733.
Euch, goldschimmernde Drachen, die ihr wie göttliche Wesen, / Ohne Schaden zu bringen, kriechet in jeglichem Lande, / Zu verderblichem Tier macht Euch erst Afrikas Hitze. / Hoch in die Lüfte trägt das Gefieder, ihr folget der Herde, / Reißet den mächtigen Stier mit großer Wucht der Umschlingung. / Und selbst der Elefant ist sicher nicht in der Entfernung. / Allen bringt ihr den Tod und braucht, um zu schaden, nicht Gifte.
Wenn sich unter den beschriebenen Schlangen auch solche befinden, die in den heißesten Gegenden zu keiner Jahreszeit sich zu verbergen nötig hätten, so pflegen doch auch diese im Sand oder in
Felsspalten zu schlafen. Ein Kriechtier ist auch der Holzwurm,
[109] Lat. Teredo, im Verzeichnis mit Kupferworm verdeutscht.
denn er hat weder Flügel noch Beine. Er ist bronzefarbig und entsteht und lebt unter faulendem Holz und wird meist zusammen mit Tausendfüßlern gefunden. Seine Dicke ist diejenige der kleinsten Gänsefedern, die wir zum Schreiben benutzen, seine Länge die eines Tausendfüßlers. Er ist indes rund.
Bisher habe ich über diejenigen Lebewesen gesprochen, die zu gewissen Jahreszeiten unter Tage leben; nun will ich von denjenigen reden, die man mit Recht als eigentliche unterirdische Tiere bezeichnen kann, nämlich von solchen, welche in der Erde geboren werden und, gleichsam begraben, dauernd dort leben. Von ihnen verbringen einige ihr Leben in trockener Erde, andere in feuchter, oder auch in unterirdischen Gewässern. Zur ersteren Art gehören der Maulwurf, die Maus, die Feuerkröte,
[110] Lat. rana venenata
der Engerling, der Erdwurm,
[111] Lat. ascarides, mit Erdworm übersetzt.
die Regenwürmer, die Höhlenschnecken; zur anderen die in unterirdischen Gewässern lebenden Fische. Diese Tiere will ich einzeln besprechen und beginne mit dem Maulwurf. Er ist ein Vierfüßler und einer Maus ähnlich, indes blind, wenn auch, wie Plinius schreibt, eine Art von Augen sichtbar wird, wenn man ihm eine darüber gespannte, nicht mit Haaren bedeckte Haut wegzieht. In seinem Bau hört er scharf; wenn man ihn aus den Erdhügeln, die er in Feldern, mehr noch in Wiesen oder Gärten aufwirft, ausgräbt, bleibt er nicht lange am Leben. Er hat kurze Schenkel, weshalb er nur langsam läuft. An den Vorderpfoten hat er fünf, an den Hinterpfoten vier Zehen, alle mit spitzen Krallen versehen, mit denen er die Erde ausgräbt. Geschmückt ist er mit glänzend schwarzen Haaren, während seine Jungen weiße besitzen. Er nährt sich von Fröschen, auch von giftigen, von Regenwürmern, von Wurzeln, von Früchten und Kräutern. Aus seinem Fell werden Kappen und Schlafdecken hergestellt. Nun folgt die kleine Schermaus, auch Feldmaus genannt. Servius glaubt, dass sie von Cicero nitedula genannt worden sei. Über sie dichtet Vergil:
[112] Georgicon I, 181-185.
...ein winziges Mäuschen / Hat oft unter der Erde sich Haus und Speicher gebauet, / Oder es grub sich sein Lager der Maulwurf, schwachen Gesichtes, / Und man fand auch die Kröte hier vor und andere Monstra, / Die vielfältig die Erde erzeugt...
Sie kommt in doppelter Art, klein und groß vor; jene ist nicht viel größer als die kleine Hausmaus, diese nicht viel kleiner als die große Hausmaus. Sie nagt und zerfrisst Gegenstände und
verzehrt Wurzeln des Hopfens, der Mohren, Rüben und sonstigen Ackerfrüchte und vernichtet ganze Ernten. Diese Landplage hält sich nicht immer in der Erde verborgen, sondern sie kommt bisweilen
heraus, wenn auch seltener. Dagegen hält sich immer verborgen die Feuerkröte, die unsere Bergleute nach der ihr eigenen Farbe des Feuers nennen, indem sie sich dauernd, gewissermaßen begraben,
unter Felsen aufhält. Sie entsteht in größeren Erdtiefen und wird teils auf Erzgängen, Spalten und Klüften gefunden, wenn diese abgebaut werden, teils auch mitten in Felsblöcken, die so fest
sind, dass sie keine sichtbaren Riffe zeigen, wenn man sie mit Keilen zersprengt. So ist sie z. B. in Schneeberg und Mansfeld angetroffen worden. Wenn man sie aus ihren unterirdischen Höhlen ans
Tageslicht bringt, bläst sie sich zuerst auf, schwillt an und haucht bald darauf ihr Leben aus. Eine solche Kröte wird häufig zu Tolosa in Gallien in einem rotweiß gefleckten Sandstein gefunden,
aus dem man Mühlsteine fertigt. Alle diese Gesteine muss man, bevor man sie zu Mühlsteinen verarbeitet, durchbrechen. Wenn man es nicht tut, würden die Kröten, wenn sie im Mühlstein mit
herumgedreht werden, warm werden, sich aufblasen und unter Zersprengung des Mühlsteines das Mehl vergiften. Der Engerling
[113] Lat. spondylis vermis.
pflegt unter der Erde angetroffen zu werden, und zwar die Wurzeln in einer Form umschlingend, wie sie der Wirtel am Webstuhl zeigt, wovon sich sein Name ableitet. Seine Länge und Dicke beträgt weniger als einen Finger. Der Kopf ist rot, der übrige Körper weiß, an der Oberseite etwas schwarz. Wenn er frisst, schwillt er auf. Er ist den Gärten sehr schädlich. Da er Füße, nämlich 6 Stück, besitzt, kriecht er nicht, obwohl Plinius ihn zu den Kriechtieren rechnet. Er frisst ganze Krautwurzeln und die Haut, mit der die Wurzeln des Getreides umhüllt sind, gänzlich ab. Desgleichen frisst er die Wurzeln der Eselsgurke, der Eberwurz, des Tausendgüldenkrautes, des Saufenchels der Osterluzei, der Gichtwurz,
[114] Die lateinischen Namen für diese Pflanzen sind: cucumis asininus, chamaeleon niger, centaureum, peucedanum, aristolochia, viris sylvestris.
alles Pflanzen, die kein anderes Tier anrührt. Ein anderer, vierfüßiger Wurm, der, im Mai geboren, auf den Feldern umherläuft, ist mindestens so dick und lang wie ein Finger und lebt, ebenso wie die Erdflöhe, die in Gemüsefeldern entstehen, über der Erde. Sein Leib ist weich, glänzend schwarz und ziemlich eingeschnürt. Der Hinterleib sitzt unmittelbar an der Brust. Wenn man ihn in der Hand hält, beschmutzt er sie mit einer fettigen Flüssigkeit und lässt mit Blut vermischten Harn. Die Erdwürmer,
[115] Lat. ascarides.
die ebenfalls kleine Würmer sind, besitzen nicht ein und dieselbe Farbe; manche sind weiß, manche gelb, manche schwarz. Sie werden oft durch den Pflug ans Tageslicht gebracht. Man findet sie in größeren Mengen an einer Stelle versammelt. Sie verwüsten die Saaten, denn sie beißen die Wurzeln des schon kräftig gewachsenen Getreides ab und bringen es zum Absterben. Die Regenwürmer, die ebenfalls in der Erde entstehen und keine Augen besitzen, werden durch Regen hervorgelockt. Zierlich spricht daher bei Plautus
[116] Aulularia. Actus IV.
Euclio, erregt durch den mit Gold zurückgebrachten Topf, zum Strophylus:
„Heraus! Heraus! Du Regenwurm, der du immer nur unter der Erde kriechst, / der du nirgends dich zeigst und, wenn du dich zeigst, zu Grunde gehst.“
Die Schnecken auf den balearischen Inseln, die nach Plinius Höhlenschnecken genannt werden, kommen nicht aus ihren Erdlöchern hervor und nähren sich nicht von Kräutern. Sie hängen
weintraubenförmig zusammen.
Ich komme nun zu der anderen Art unterirdischer Tiere, die an feuchten Orten leben. Allerdings entstehen auch die Regenwürmer und einige andere derartige Tiere nur an feuchten Orten. Von unter Tage lebenden Fischen
[117] Lat. pisces fossiles, was im Verzeichnis mit Peisster und Meerputten übersetzt ist; letztere sind die dickeren (crassiores).
findet man zwei Arten, auch unter der Erde runde wie Aale; sie besitzen keine zähe Haut und auch keine Schuppen. Ihr Fleisch ist, wie das der Gründlinge, hart und von wenig angenehmem Geschmack. Die größeren sind ungefähr 2, die kleineren 1 Finger dick, die größeren etwa 4, die kleineren 3 Hand lang. Sie geben einen durchdringenden Ton von sich. Man hängt sie, in Gläser eingeschlossen, in Apotheken an der Decke auf, um sie den Menschen als Schaustück zu zeigen, und ernährt sie längere Zeit hindurch mit Brot und ähnlichen Dingen. Andere aus Flüssen, die durch sumpfige Gegenden fließen, hervorkommend, kriechen durch Spalten im Ufer tiefer in die Erde hinein, bisweilen in die tiefliegenden Keller benachbarter Städte, in denen man Wein und Bier aufzubewahren pflegt. Theophrastus schreibt, dass man sie auch in der Nachbarschaft von Flüssen und wasserreichen Stellen findet. Wenn nämlich das Erdreich vom Wasser überflutet wird, kommen sie aus dem Flussbett heraus aufs Land; wenn das Wasser fällt, bleiben sie auf dem Trockenen zurück. So ziehen sie sich auch, der Nässe folgend, ins Erdreich hinein und atmen nach seiner Austrocknung weiter, nicht anders, als Fische sonst in Salzwasser leben. In ihren Verstecken sind sie gefühllos und empfinden nichts; wenn man sie ausgräbt, bewegen sie sich. Ähnlich ergeht es, wie Theophrast sagt, den Fischen im Schwarzen Meer, die im Eis eingeschlossen werden. Sie fühlen nichts und bewegen sich erst, wenn man sie in eine Pfanne tut und erwärmt. Kein anderer Fisch, der in Flüssen zu leben gewöhnt ist, kriecht, wenn er nach Überschwemmungen auf dem Trockenen sitzengeblieben ist, in die Erde; sondern sie alle müssen sämtlich sterben. Wenn man aber solche unter Tage lebenden Fische auch an Orten, die nicht von einer Überschwemmung betroffen worden sind, zu finden pflegt, so liegt darin ein Beweis, dass sie durch Spalten und Ritzen dahin gelangt sind. Auf diese Weise sind sie jenseits der Elbe zu Ortrand, einer Stadt an dem Pulsnitz genannten Fluss, sicher beobachtet worden. Aber nicht nur in Deutschland findet man solche unter Tage lebende Fische, sondern auch hinter den Pyrenäen, wie Polybius im 34. Buche seines Geschichtswerkes berichtet. Dort erstreckt sich eine Ebene bis zu den narbonensischen
[118] Narbo ist eine Stadt in dem nach ihr benannten narbonensischen Gallien, welches von den Römern besiedelt wurde.
Gestaden, durch welche der lberis und Roschinus nahebei den Städten gleichen Namens fließen, und die von Kelten bewohnt ist. In dieser Ebene sollen auch derartige unter Tage lebende Fische vorkommen. Dort ist die Erde locker und sehr fruchtbar; in einer Tiefe von 2 bis 3 Ellen unter dem Sand fließt das Grundwasser der Flüsse. Wenn die Gegend zeitweilig überschwemmt wird, kriechen die Fische, um Nahrung zu suchen, in die Erde — merkwürdigerweise gehen sie nach den Wurzeln des Getreides —, und man findet dann die Ebene voll von solchen unter Tage lebenden Fischen, die von den Einwohnern ausgegraben werden. Sie kommen auch vor in der Nähe von Heraclea
[119] Es gab im Altertum mehrere Städte dieses Namens.
an vielen Orten am Schwarzen Meer, wie Theophrast berichtet hat, und, nach Eudoxus, in Paphlagonien.
[120] Kleinasiatische Landschaft zwischen dem Schwarzen Meer und Bithynien.
Wenn wir Seneca Glauben schenken wollen, gibt es unter der Erde sogar Tümpel, die in der Finsternis liegen und von weiten Räumen umschlossen sind. Auch in ihnen leben Tiere, aber sie sind träge
und unförmlich, wie es bei Wesen der Fall, die in eingeschlossener dicker Luft erzeugt werden und in stehenden Gewässern zur Welt kamen. Und, wie derselbe schreibt, aßen in Karien
[121] Die südlichste Landschaft Kleinasiens.
in der Nähe der Stadt Idimum manche Leute, wenn die Grundwasser steigen, jene Fische, welche ein untertägiger, bis dahin noch nicht sichtbar gewesener Fluss ihnen lieferte.
Schließlich kann man noch zu den unter Tage lebenden Tieren oder, wie die Theologen sagen, zur Zahl der Wesen die Geister rechnen, die sich in manchen Gruben aufhalten. Es gibt zweierlei Arten.
[122] Im Verzeichnis bezeichnet als daemon subterraneus truculentus, Bergteufel, und d. s. mitis, Bergmännlein, Kobold oder Gutte!
Die einen bieten einen wilden und schreckenerregenden Anblick und sind meist den Bergleuten unfreundlich und feindlich gesinnt. Dergestalt war einer zu Annaberg, der mehr als 12 Arbeiter in einer
Rosenkranz genannten Grube durch seinen Hauch tötete. Der Hauch entquoll seinem Rachen. Er soll einen langgestreckten Hals wie ein Pferd und wilde Augen besessen haben. Gleicher Art war auch der
mit einer schwarzen Kutte bekleidete zu Schneeberg, der in der Grube St. Georg das Handwerkzeug vom Boden aufhob und nicht ohne körperliche Anstrengung in eine höher gelegene Strecke dieser
einstmals silberreichsten Grube hinaufschaffte. Psellus, der sechs Arten von Geistern unterscheidet, sagt, dass diese Art schlimmer als die übrigen sei, da sie mit einer stärkeren festen Hülle
umkleidet sind. Manche Philosophen halten diese und ähnliche Geister, welche schädlich und von Natur boshaft find, für dumm und ohne Vernunft.
Es gibt aber auch gute Geister, die manche in Deutschland, wie die Griechen, Kobolde nennen, weil sie Menschen nachahmen. Denn in lauter Fröhlichkeit kichern sie und tun so, als ob sie viele Dinge verrichteten, während sie tatsächlich nichts ausführen. Manche nennen sie auch Bergmännchen; sie besitzen die Gestalt eines Zwerges und sind nur drei Spannen lang. Sie sehen greisenalt aus und sind bekleidet wie die Bergleute, d. h. mit einem zusammengebundenen Kittel und mit einem um die Schenkelherabhängenden Bergleder. Sie pflegen den Bergleuten keinen Schaden zuzufügen, sondern treiben sich in Schächten und Stollen herum. Und obwohl sie eigentlich nichts schaffen, tun sie doch so, als ob sie sich in jeder Art Arbeit üben wollten, d.h. sie graben Gänge, füllen das Ausgegrabene in Gefäße und drehen den Förderhaspel. Manchmal necken sie die Arbeiter mit Goldkörnern, tun ihnen aber nur ganz selten etwas zuleide. Sie verletzen auch niemanden, wenn man sie nicht vorher ausgelacht oder durch Schimpfworte gereizt hat. Sie sind daher ähnlich den guten Geistern, die nur selten dem Menschen erscheinen, die aber täglich einen Teil der Hausarbeit verrichten und das Vieh versorgen. Diesen haben die Deutschen, da sie uns Gutes tun, von menschlicher Art sind oder mindestens als Freunde auftreten, den Namen „Guttel“ beigelegt; von den „Trullen“ genannten, welche sowohl weiblichen wie männlichen Geschlechtes zu sein scheinen, wird berichtet, dass sie bei manchen Völkern, namentlich aber bei den Skandinaviern, für Dienstleistungen gehalten werden. Die Berggeister arbeiten am liebsten in Gruben, in denen Metalle gewonnen werden oder in denen Hoffnung besteht, dass solche gefunden werden. Deshalb lassen sich die Bergleute durch sie auch nicht abschrecken, sondern betrachten sie als ein gutes Anzeichen, sind fröhlichen Mutes und arbeiten umso fleißiger weiter.