150 Jahre Montanuniversität Leoben
Univ.-Prof. Dr. Paul Werner Roth
(11.01.1941 - 29.07.2001, Österreichischer Historiker)
Am 4. November 1840 wurde in Vordernberg die von Kaiser Ferdinand I. auf Verwendung Erzherzog Johanns bewilligte und auf Kosten der Stände der Steiermark errichtete neue Lehranstalt der Bergbau- und Hüttenkunde eröffnet und diese Eröffnung auf eine würdevolle Weise gefeiert.
Das Datum der Eröffnung der Lehranstalt in Vordernberg bietet den Anlaß zur 150-Jahrfeier der Montanuniversität Leoben im Jahre 1990.
Schon damals war die Schule als höhere Lehranstalt gedacht gewesen. Peter Tunner, ihr erster Lehrer und Direktor, drückte dies in seiner Eröffnungsansprache so aus:
„Nach meiner Überzeugung ist es für das Land ein größerer Gewinn, einen jungen Mann zum tüchtigen Oberbeamten als zehn zu geschickten Unterbeamten befähigt zu haben. Die Überzeugung stimmt mich, meinen Unterricht in der Berg- und Hüttenkunde auf die vorhergehenden aufgezählten Vorkenntnisse wie selbst an den technischen Instituten zu Wien, Prag und Graz gelehrt werden, zu basieren. Als meine Aufgabe habe ich daher zu betrachten, Sie, hochgeehrte Hörer dieser Vorlesungen, im Allgemeinen mit allen den Zweigen der Berg- und Hüttenkunde bekannt zu machen, die in Österreich Vorkommen, oder darauf Bezug oder dafür Brauchbarkeit haben, und insoferne dieses unsere bemessene Zeit nicht gestattet, werde ich sie zur eigenen Ergänzung mit den geeignetsten literarischen Hilfsmitteln bekannt machen; insbesondere ist es aber meine Obliegenheit, Sie in den für Innerösterreich zu förderst für Steiermark wichtigen Zweigen der Berg- und Hüttenkunde vorzüglich im Eisenwesen praktisch auszubilden“.
Dabei betrachtet Tunner die Vordernberger Lehranstalt durchaus noch als integrierten Teil des Joanneums, aus dem sie hervorgegangen war. Das 1811 gegründete Joanneum in Graz war sehr früh als technische Lehranstalt eingerichtet worden und nahm im Rahmen des höheren technischen Ausbildungswesens einen bedeutenden Rang ein.
Blenden wir daher zurück in die Zeit der Anfänge des technischen und montanistischen Unterrichts in Mitteleuropa.
Die Entwicklung des polytechnischen Unterrichts in der Habsburger-Monarchie begann bereits 1707 mit den Plänen zur Errichtung einer Ingenieur-Professur, die 1717 mit der Ernennung Christian Joseph Willenbergs verwirklicht wurde. Am 7. Jänner 1718 trat die Prager Ingenieurschule als ständisches Institut an die Öffentlichkeit. Sie diente als Ausbildungsstätte für das Militär- und Fortifikationswesen. Die Prager Ingenieurschule sollte zum Polytechnikum hinführen, welches seit 1798 von Franz Joseph von Gerstner betrieben, am 10. November 1806 eröffnet und im ersten Jahr von 106 Hörern frequentiert wurde.
Wie in Prag setzte der technische Unterricht in Wien ebenfalls im Bereich der militärischen Erziehung ein, und auch hier kam es 1718 zur Errichtung einer kaiserlichen Ingenieurschule. In Wien trat schließlich Johann Joseph Prechtl 1810 an die Hofkammer heran, um „die Errichtung einer öffentlichen Lehranstalt zur Beförderung der Nationalindustrie durch Verbreitung und Popularisierung wissenschaftlicher Kenntnisse unter den gewerbefleißigen Klassen (als) ein sowohl für die Hauptstadt Wien als auch für die ganze Monarchie durchaus notwendiges Unternehmen“ vorzuschlagen. Der Beginn der Tätigkeit des Institutes fällt allerdings erst in den März 1815. Bereits 1811 aber war das Joanneum in Graz als Museum und Technische Lehranstalt errichtet worden. Den entscheidenden Anstoß erhielt Erzherzog Johann 1801 durch den Besuch im Naturalienkabinett Karl Ehrenbert von Molls in Salzburg. Allerdings sollte Erzherzog Johanns Museum zuerst in Tirol errichtet werden. Mit seiner Hinwendung zur Steiermark änderte er aber auch seine Museumspläne. Ende 1809 wendete er sich an Franz I., um diesem den Plan zur Errichtung eines Museums am „Lyzeo zu Gratz“ vorzutragen. Im Begleitschreiben wird die Förderung der „Naturgeschichte, Ökonomie, Physik, Technologie und Chemie“ zur Hebung der Landeswohlfahrt betont. Neben der Aufstellung der Sammlung trat auch damals schon der Wunsch zur Errichtung eines chemischen Laboratoriums, des Botanischen Gartens und einer Lehrmittelsammlung. Im Spätherbst 1811 arbeitete Johann die „schon früher konzipierten Statuten des Museums“ aus, die mit 1. Dezember 1811 publiziert wurden .Von vornherein war das Joanneum auch als Unterrichtsanstalt gedacht, wie zu sehen sein wird, auch für das Hüttenwesen.
Gleichzeitig mit der Errichtung der ersten Ingenieurschulen im frühen 18. Jahrhundert war es aber auch schon zu eigenen bergtechnischen Schulen und damit zu einer geordneten und wissenschaftlichen Ausbildung auf dem Gebiet des Berg- und Hüttenwesens gekommen.
Zwar verdanken wir dem Freiberger Arzt Rülein von Calw ein um 1500 erschienenes Bergbüchlein und dem aus dem Erzgebirge stammenden Münzmeister Lazarus Ercker bereits um die Mitte des 16. Jahrhunderts eine in der Praxis erprobte Darstellung des Berg- und Hüttenwesens seiner Zeit, zwar ist die überragende Bedeutung der Arbeiten des Joachimsthaler Arztes Georgius Agricola für die wissenschaftliche Durchdringung der Montanwissenschaft in allen ihren Zweigen bekannt - vor allem durch sein im Jahr 1556 erschienenes Hauptwerk „De re metallica libri XII” -, aber diese Schriften übten keinen besonderen Einfluß auf die bergmännische Betriebspraxis aus: Die Aus- und Heranbildung der Nachwuchskräfte für leitende Funktionen in den einzelnen Bergwerken
beruhte auf reiner Empirie, beschränkte sich auf das Anlernen im Rahmen des täglichen Betriebsgeschehens, ohne theoretische Unterweisungen.
Im Bereich des alten Österreich wurden die Anlernlinge, also die späteren Anwärter auf die Beamtenlaufbahn, in den Akten als Expectanten bezeichnet, erstmals im Jahr 1632. Nach einer Hauptinstruktion der Wiener Hofkammer aus dem Jahr 1676 erhielten diese für ihre Beschäftigung eine geringe Entlohnung. Die Ausbildungszeit bis zur Erlangung eines Beamtenpostens in einem Montanbetrieb dauerte damals oft acht Jahre und länger.
In den niederungarischen Bergstädten, der heutigen Mittelslowakei, mit Schemnitz (Banska Stiavnica) als Mittelpunkt, das noch zu großer Bedeutung gelangen sollte, betrug im Jahr 1702 die Zahl der eingestellten Expectanten 17, doch hatte man mit ihnen keine besonders guten Erfahrungen gemacht.
Die fortschreitende Mechanisierung der Bergwerksbetriebe, die unter Ausnützung neuer naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und dem Einfluß der Aufklärung vor sich ging, das Bestreben des Landesfürsten, die Bergwerke unter ökonomischen Gesichtspunkten für das Commerzium bestmöglichst auszunützen und der steigende Bedarf an Bergwerksbeamten für die immer größer werdende Anzahl ärarischer Gruben machten die Heranbildung eines auch theoretisch geschulten Nachwuchses an leitenden Beamten für die Bergwerks- und Hüttenbetriebe dringend erforderlich.
Der erste diesbezügliche Versuch wurde durch einen Erlaß Kaiser Karls VI. an die böhmische Hofkammer vom 13. Oktober 1716 eingeleitet, worin angeordnet wurde, in der nordwestböhmischen Bergwerksstadt St. Joachimsthal, seit dem 16. Jahrhundert ein Zentrum des böhmischen Silberbergbaues und Sitz einer berühmten Münzstätte, eine Ausbildungsstätte für Bergschüler einzurichten. Hauptausbildungsgegenstände waren: Bergrecht und Berggewohnheiten, Markscheidekunde, trockene und nasse Erzaufbereitung und Probierkunde. Verantwortlich für die Organisation war der oberste Berg- und Münzmeister.
Obwohl diese Art der Ausbildung im Vergleich zu früheren Zeiten eine bessere Schule für Bergoffiziere darstellte, so gab es weder einen festgelegten Lehrplan noch eine Prüfungsordnung. Wenn man als Kriterien einer Schule gemeinsam besuchte Vorträge, einen genau festgelegten Lehrplan, nach vorgeschriebenen Normen regelmäßig abgehaltene Prüfungen und ein damit betrautes Lehrpersonal ansieht, so kann von einem geordneten montanistischen Unterricht in der Habsburger Monarchie nämlich erst seit 1733 gesprochen werden. In diesem Jahr gab Kaiser Karl VI. eine für Joachimsthal bestimmte entsprechende ausführliche Instruktion heraus, die 1735 auch den Unterricht der Schemnitzer Bergschule in derselben Weise regeln sollte. 1724 war auch für das Bergrevier Schemnitz eine ähnliche Expectanten-Ausbildung angeordnet worden. Eine richtige Ausbildung beginnt aber auch hier erst mit der Errichtung der mit Hofkammer-Dekret vom 22. Juni 1735 gegründeten Bergschule, zu deren Leiter Samuel von Mikoviny berufen wurde. Das Ziel dieser zweijährigen Schule war es, theoretische und praktische Ausbildung für ärarische Bergwerksbeamte, Hüttenbeamte und leitende Beamte im Dienst der Münzen zu vermitteln. Die theoretischen Fächer Mathematik, Mechanik, Hydraulik und Markscheidekunde wurden von Mikoviny persönlich vorgetragen.
Die praktischen Fächer, wie Bergbaukunde, Erzaufbereitung, Probierkunde, Goldscheidung und Münzkunde, unterrichteten Lehrmeister, Instruenten genannt. Im zweiten Jahrgang konnten die Expectanten auch eine Spezialausbildung anstreben.
Zu Beginn der 60er Jahre des 18. Jahrhunderts traten entscheidende Änderungen in der Organisation des österreichischen Bergschulwesens ein. Im Mai 1762 legte der Registrator des böhmischen Oberst- Münz- und Bergmeisteramtes in Prag, Johann Thaddäus Anton Peithner, Maria Theresia den Entwurf eines Studienplanes für ein bergakademisches Studium an der Universität Prag vor, der vornehmlich Studien auf dem Gebiet der Physik, des Bergwesens, des Hüttenwesens und insbesondere des Bergrechts vorsah. Außerdem wurde die Schaffung einer Bibliothek, einer Mineraliensammlung, einer Modellsammlung von Bergwerksmaschinen und eines Laboratoriums angeregt. Dieser Vorschlag sowie die Notwendigkeit, das montanistische Studium den neuesten Erkenntnissen der Naturwissenschaften anzugleichen, was auch den Ideen der Aufklärung entsprach, veranlaßten Ende des Jahres 1762 intensive Beratungen der zuständigen Hofstellen. Im März 1763 wurde Peithner zum Professor für Bergwerkswissenschaften in Prag ernannt. Die Prager Lehrkanzel bestand zehn Jahre. In Schemnitz wurde 1763 die alte Bergschule nach Errichtung der neuen Lehranstalt aufgelassen. Am 13. Juni 1763 wurde in Schemnitz der aus Leiden stammende Nicolaus Josef Jacquin, ein berühmter Naturforscher, zum Professor für Mineralogie, Chemie und Metallurgie bestellt, doch nahm dieser seine Lehrtätigkeit erst am 1. September 1764 auf.
Es ist wohl unbestritten, daß die Träger des technischen Fortschrittes im Bergbau mathematisch und naturwissenschaftlich geschulte Männer gewesen sind. Die Anwendung der Mathematik im Markscheidewesen, der Chemie und Physik in der Mineralogie und Geologie führte zu einem neuen Aufschwung der Bergbauwissenschaften.
Es steht auch fest, daß der Unterricht in der neuen Lehranstalt in Schemnitz noch vor Errichtung der Bergakademie Freiberg in Sachsen, wo die Vorlesungen im Jahre 1766 aufgenommen wurden, Hochschulcharakter besaß. 1770 entstand übrigens eine Bergakademie in Berlin, 1773 eine solche in St. Petersburg. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Absicht Maria Theresias, im Jahre 1764 im Alten Münzhaus in Graz eine Mineralogische Lehrschule einzurichten; dies scheiterte aber an der Höhe der Kosten.
Erwähnenswert scheint aber auch, daß im Rahmen des Juridischen Studiums an der Savoyischen Ritterakademie in Wien seit 1772 Montanistik und metallurgische Chemie vorgetragen wurden. Auch an der Theresianischen Ritterakademie wurde seit 1775 Montanistik gelehrt.
Die Erkenntnis, daß die höheren Montanlehranstalten zu dieser Zeit die fortgeschrittensten Stätten technisch-wissenschaftlicher Lehre waren und wichtige technische Entwicklungen im Bergbau ihre erste Anwendung fanden, war schließlich dafür ausschlaggebend, daß über den ursprünglichen Organisations plan hinausgehend, Maria Theresia im Sinne eines Vorschlags der Hofkammer der Errichtung eines dritten Lehrstuhles an der Schemnitzer Lehranstalt und ihrer Erhebung in den Rang einer Bergakademie zustimmte. Aufgrund der Entschließung Maria Theresias vom 3. April 1770 erfolgte die Errichtung und Systemisierung der Bergakademie Schemnitz, wobei deren Organisation und Lehrpläne in allen Einzelheiten festgelegt wurden.
Daß eine gleichartige Ausbildungsstätte sieben Jahrzehnte nach Errichtung der Bergakademie Schemnitz auch für den engeren Bereich der österreichischen Alpenländer ins Leben gerufen werden konnte, war vornehmlich ein Verdienst Erzherzog johanns von Österreich.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war es zu einem großen technischen Aufschwung in Großbritannien gekommen, der vielfach das Eisenwesen betraf. Dies hatte einen wahren „Reiseboom“ nach Großbritannien, dem gelobten Land, zur Folge. Auch Erzherzog Johann bereiste 1815/16 dieses Eldorado der Industriellen Revolution. Schon zuvor erkannte er die Notwendigkeit eines montanistischen Unterrichts, der sich entsprechend der Situation besonders dem Eisenwesen widmen sollte. Dies umso mehr, als sich das Steirische Eisenwesen im Niedergang befand.
Bereits in einem ersten Reorganisationsentwurf des Joanneums, den Johann von Kalchberg 1814 erarbeitete, hieß es: „Die Errichtung einer Lehrkanzel der Mineralogie ist gewiß eine der wohltätigsten Unternehmungen des Institute’. Da das Erz einen so vorzüglichen Rang „ in Innerösterreich einnimmt, ist es nicht genug’, die Hörer zu belehren, wie sie dieses Metall „in den Streifen der Erde aufzusuchen, sondern auch, wie sie das gefundene Erz zu schmelzen, zu verarbeiten, es mit minderen Kosten, durch Vervollkommnung der Ware, zu einem höheren und leichteren Absatz zu bringen, und endlich den hierzu unentbehrlichen Brennstoff, mittels Vermehrung seiner Erzeugung und Verminderung seines Bedarfes sich für Zeit und Folgezeit zu verschaffen und genügend zu sichern haben".
Bild 2: Eingabe der Kuratoren des Joanneums an den Kaiser 1814. Steiermärkisches Landesarchiv. Archiv Joanneum, Sch. 15, Heft 56, Nr. 458 1/2.
„AN SEINE KAISER: KÖNIGL. APOSTOL: MAJESTÄT. Die Curatoren des Joanneum zu Grätz unterthänigste Bitte wegen Errichtung einer Lehranstalt der Eisenhüttenkunde bey dem Institute, und Überlassung des angezeigten Individuums für dieses Lehrfach... Foto Tropper Graz
Somit wurden die Errichtung einer „Lehrkanzel über die Behandlung des Eisens“ und einer „Lehranstalt über das Forstwesen“ vorgeschlagen: Unter Einfluß Johanns richteten die Kuratoren am 16. November 1814 an den Kaiser das Gesuch um Errichtung einer Lehrkanzel der Eisenhüttenkunde. In der Begründung der Notwendigkeit einer solchen Anstalt wiesen die Kuratoren auf die schweren Folgeschäden der Napoleonischen Kriege für die steirische Eisenindustrie hin.
Als einzigen geeigneten Kandidaten schlugen sie den 1754 in Graz geborenen Direktor des Kaiserlichen Fabriksprodukten-Kabinettes in Wien, Alois Joseph Franz Xaver Beck von Widmannstätten vor, „der sein ganzes Leben dem Studium der Technologie gewidmet hatte. Der Antrag der Kuratoren von 1814 fiel zunächst den politischen Ereignissen zum Opfer. Johann wandte sich im Sommer 1815 an Kalchberg, um ihm zu versichern, daß die Lehrkanzelfrage „bei dem nächsten Frieden“ eingeleitet werden würde.
Tatsächlich wurde die Lehrkanzel am 8. Oktober 1816 genehmigt und Widmannstätten mit dieser betraut. Widmannstätten war aber nicht bereit, nach Graz zu übersiedeln, womit die große Chance des Joanneums vertan war, bereits 1816/17 eine eigene umfassende Ausbildungsstätte für das Berg- und Hüttenwesen zu erhalten.
Der Wunsch nach einer Lehrkanzel für Hüttenkunde sollte erst 1828 Kaiser Franz vorgelegt werden, die Errichtung erfolgte schließlich am 12. März 1829. Gleichzeitig wurden die Stände aufgefordert, die Tendenz der zu errichtenden Lehrkanzel genau zu umschreiben.
Nachdem bis Dezember 1829 keine Antwort erfolgt war, berieten nun die Lehrer des Joanneums unter dem Vorsitz Johanns und legten am 24. Juni 1830 dem Ausschuß ein Beratungsergebnis vor. Da die Hüttenkunde nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch unterrichtet werden sollte, wurde eine Übertragung der Lehrkanzel nach Vordernberg vorgeschlagen, da die dortigen Verhältnisse eine große Zahl von Verarbeitungsbetrieben und Abbaustätten - eine im Sinne der regionalen Schwerpunktsetzung umfassende Ausbildung ermöglichten. Am 14. September 1833 richtete Johann einen Brief an die Stände, in dem er unter anderem den Auf- und Ausbau der „Lehrkanzel für Berg- und Hüttenkunde“ forderte. Ausgehend von der Überlegung, daß bis zur endgültigen Fertigstellung der Lehreinrichtung in Vordernberg noch mehrere Jahre vergehen würden, schlug er vor, Peter Tunner auf die vakante Lehrkanzel zu berufen und ihm „durch Reisen in das Ausland die Vollendung seiner Bildung zu verschaffen”. Die Stände stimmten diesem Vorschlag zu.
Tunner, der einer Familie entstammte, die seit Generationen mit dem Eisenwesen verbunden war, wurde 1809 in Deutschfeistritz geboren. Nachdem er sich bereits als Fünfzehnjähriger bei seinem Vater in Turrach durch Fleiß und rasche Auffassungsgabe hervorgetan hatte, holten ihn die Brüder Rosthorn auf ihr Eisenwerk in Frantschach und ermöglichten ihm 1828-30 das Studium am Polytechnischen Institut in Wien. Nach seiner Studienzeit besuchte er die Eisenwerke Salzburgs und Tirols, um die Frischmethoden zu studieren, und erlangte schließlich im Alter von 22 Jahren die Leitung des Eisenwerkes in Mauterndorf, ehe er 1832 die Verwaltung des neu erbauten fürstlichen Schwarzenbergischen Hammerwerkes in Katsch bei Murau übernahm. Hier betätigte er sich selbst als Hammermeister. Es war vielleicht diese Verbindung von akademischer Ausbildung und praktischer Arbeit, die Erzherzog Johann in dem jungen Mann den geeigneten Kandidaten für eine Professur sehen ließ.
1833 schlug er Tunner in einem Brief an die Stände vor:
„Nach meiner Überzeugung schlage ich den Peter Tunner, dermalen Fürst Schwarzenberg’scher Verweser des Hammerwerkes Katsch, zu diesem Endzwecke vor. Landeskind, vom besten moralischen Charakter, einer der vorzüglichsten Zöglinge des Polytechnischen Institutes, folglich ausgerüstet mit den erforderlichen wissenschaftlichen Kenntnissen, vollkommen erfahren in der heimischen Eisenmanipulation, da er längere Zeit als Meister auf dem Hammer arbeitete, von guter Körperbeschaffenheit, genügsam, verbindet er alle erforderlichen Eigenschaften um den Zweck zu erfüllen, welchen wir beabsichtigen müssen ..."
Die Kuratoriumssitzung vom 5. Mai 1835 war der Ernennung Tunners zum Professor für Berg- und Hüttenkunde und den noch offenen Fragen gewidmet. Für die Bildungsreise Tunners waren 10.000 Gulden vorgesehen - dieser große Betrag ergab sich aus der Tatsache, daß die Lehrkanzel 1829 gegründet worden war, das Gehalt aber bis 1835 mangels eines geeigneten Professors gespart werden konnte. Im Herbst 1835 wurde Tunner auf eine zweijährige Bildungsreise, die ihn bis Schweden und Großbritannien führte, geschickt. Inzwischen mußte neben den offenen Fragen über die Gestaltung der Unterrichtsanstalt in Vordernberg, die sich bis 1839 hinzogen, noch die Unterrichtsorganisation selbst geklärt werden. Dies geschah mit allerhöchster Entschließung vom 2. Juli 1836, die allerdings nur den „theoretischen und praktischen“ Unterricht in der Eisenwerks-Manipulation am Joanneum überhaupt, und insbesondere die Lehrkanzel für Hüttenwesen behandelt. Dies ist merkwürdig, da ja die Ernennung Tunners entgegen der alten Vorstellung auf „Berg- und Hüttenkunde“ lautete. Bereits 1834 erwähnte Aschauer, Professor am Joanneum, in einem Gutachten einen zweijährigen Kurs in Vordernberg, der im ersten Jahr Bergbau, Markscheidekunde und Forstwesen mit Köhlerei, im zweiten Jahr Hüttenkunde lehren sollte. Der Organisationsplan von 1836 beinhaltet tatsächlich nur die Hüttenkunde, während die Bergbaukunde weitgehend vernachlässigt wurde. Die Grundkonzeption, nämlich das dreijährige Basisstudium am Joanneum, war aber auch hier vorhanden. Damit wurde der naturwissenschaftliche und technische Unterricht am joanneum seitens der Behörden als Voraussetzung anerkannt. Absolventen des Wiener Polytechnikums aber mußten bei der Aufnahme in den Hüttenkurs die Vorkenntnisse in dem Umfang, wie sie am joanneum gelehrt wurden, nachweisen. Eine endgültige Klärung dieser offenen Fragen brachte aber erst die Eröffnung der Lehranstalt 1840.
Am Ende des Jahres 1837 kehrte Tunner von seiner ersten Bildungsreise zurück. Inzwischen war beim Bau in Vordernberg noch nicht viel geschehen. Seine Anwesenheit war noch nicht erforderlich. So bereiste er von April bis Juli 1838 die ungarischen Bergstädte und von August bis Oktober Oberitalien, Tirol und Salzburg. Am 20. März 1839 befinden die Sachverständigen endlich, daß der Bauplan für die Vordernberger Lehranstalt genehmigt sei, und es konnte mit dem Bau begonnen werden. Dazu wurde das Haus Vordernberg Nr. 38 gekauft, nachdem die dazugehörige Handl’sche Schmiede 1828 erworben worden war. 1840 war das Gebäude fertiggestellt, so daß am 4. November 1840 die feierliche Eröffnung erfolgen konnte.
Der Kurator des Joanneums, Ludwig Crophius Edler v. Kaisersieg, Abt von Rein, zelebrierte ein feierliches Hochamt in der Pfarrkirche Vordernberg, worauf sich die festliche Versammlung in das Lehranstaltsgebäude begab, wo im Hörsaal die eigentliche Feier stattfand. Der große Förderer und Initiator dieser Lehranstalt, Erzherzog Johann, war nicht anwesend. Man kennt den Grund seines Fernbleibens heute nicht mehr, doch könnte man annehmen, daß mit der Vollendung dieses Werkes sein Interesse daran ein wenig in den Hintergrund trat. Im Beisein hoher Persönlichkeiten, der Schüler der Lehranstalt und auch der Bevölkerung von Vordernberg wurde Tunner in sein Amt eingeführt. Am nächsten Tag hielt
Tunner seine Antrittsrede zum Thema „Ist eine montanistische Lehranstalt für Innerösterreich Bedürfnis, und wenn sie es ist, wie soll selbe organisirt seyn?“ Dabei betonte er, daß die Technik sich von den empirischen Anschauungsniethoden zu einer wissenschaftlichen Behandlung durchringen müsse, denn die Quellen des Fortschrittes seien in den technischen Wissenschaften zu suchen. Diesem Ziel sollte die Lehranstalt dienen.
Da zur Zeit der Eröffnung der Lehranstalt noch kein Lehrplan vorlag, können Tunners entsprechende Ausführungen als ein solcher verstanden werden: nach den Vorstudien sollten in Vordemberg zwei Jahre Berg- und Hüttenkunde gelehrt werden.
Hier Tunners Ausführungen:
Im ersten Jahre
Im zweiten Jahre
Man sieht, daß Tunner seinen eigenen Weg ging: statt des einjährigen Kurses in Vordernberg, der ursprünglich nur die Eisenhüttenkunde behandeln sollte, kam es zu einer Ausdehnung auf zwei Jahre, um so auch eine vollständige bergmännische Erziehung zu gewährleisten. Auch die Betonung, soviel Berg- und Hüttenwerke wie möglich in ausgedehnten Exkursionen am Ende jedes Studienjahres zu besichtigen, ist nicht zu überhören. Auch war vorgesehen, das Studium durch drei strenge Prüfungen abzuschließen und den Kandidaten das Absolutorium in Form eines Diploms zu erteilen. Dieser Studien- und Prüfungsplan wurde allerdings erst am 30. Jänner 1844 vom Kaiser bestätigt, bis dahin bedurfte es ungezählter Eingaben und Bitten Tunners, der aber unbeirrbar seinen Weg weiterging. Bereits 1843 war die Lehrfrischhütte zur praktischen Betätigung der Studenten fertiggestellt, doch mangelte es an verschiedensten Einrichtungsgegenständen: es mußte vor allem ein chemisches Laboratorium eingerichtet werden, um die Probierkunst praktisch durchführen zu können. Zwar wurden 1000 fl. für das Laboratorium bewilligt, doch sah Tunner nun, daß die vom Joanneum versprochenen Bücher, die den Grundstock der Bibliothek bilden sollten, nicht eintrafen.
Tafel 1: Neun Eleven des ersten Jahrganges 1840.
Drasch - Mayr - Senitza
Sprung - Sunko - Thunhart
Wudich - Peintinger - Sprinzenstein
Aus dem Fotoalbum, das Peter Tunner zum 25. Bestehen der Lehranstalt am 4. November 1865 überreicht wurde.
Privatbesitz. Foto Wilke Leoben.
So verwendete Tunner 820 fl., die für die Einrichtung des Laboratoriums bestimmt waren, zum Ankauf der nötigsten Fachliteratur. Die Sammlung der verschiedensten Fabriksprodukte, die Tunner von seinen Reisen nach Hause geschickt hatte, mußte aufbewahrt und geordnet werden. Die dafür nötigen Glaskästen sollten angeschafft werden, ebenso ein Kopierapparat, um die nötigen Lernbehelfe zu vervielfältigen. Auch für seine persönlichen Bedürfnisse mußte Tunner immer wieder um Genehmigung einkommen: er will in der Professorenwohnung im Gebäude der Lehranstalt „einen Sparherd nebst Waschkeßl“ aufstellen lassen; er bittet, ihm ein kleines Stückchen Grund „zur Erzeugung von Küchengewächsen, welche in Vordernberg nicht zu haben sind”, einzuräumen, usw.
Die Studenten, die nicht in Vordernberg selbst beheimatet waren, lebten im „Elevenhaus”, dem zur Handl’schen Schmiede gehörigen Wohnhaus, das adaptiert worden war. Sie zahlten weder Unterrichtsgeld noch ein Honorar, die Ärmeren konnten auf Ansuchen auch umsonst wohnen.
Die Vorlesungen beschränkten sich auf zwei bis drei Stunden pro Tag, der Rest war der praktischen Arbeit gewidmet. Jeden Tag wurden die Eleven außerdem zu „examinatorischen Wiederholungen“ versammelt, in denen sie ihr Wissen vertiefen und Antworten auf ungeklärte Fragen bekommen konnten. Außerdem fand jede Woche eine Exkursion zu den benachbarten Werken statt, um hier das in der Theorie erworbene Wissen in Ausführung und Anwendung zu zeigen. Samstag Nachmittag mußten sich alle in der Schule versammeln und Tunner die schriftlichen und zeichnerischen Arbeiten der Woche vorlegen. Daran schloß sich eine offizielle Kneipe, an der sich auch Tunner beteiligte, mit einem „Inoffizium“ ohne Zeitbemessung. Es scheint dies der Vorläufer der sogenannten Schachtabende gewesen zu sein, einem später aus Schemnitz nach Leoben übernommenen studentischen Brauch.
Tunner begann das erste Studienjahr mit dem Bergkurs. Es wurden 9 ordentliche und 3 außerordentliche Bergeleven aufgenommen: Diese ersten Hörer seien namentlich genannt: Thomas Drasch aus Bleiberg, 23 Jahre alt, der seine Vorstudien am Joanneum absolvierte und bereits drei Jahre bei der Radmeister-Kommunität gearbeitet hatte; Valentin Gotthard aus Unterrohr in der Steiermark, 24 Jahre alt, der ebenfalls seine Vorstudien am Joanneum in Graz getätigt hatte; Rudolf Mayr aus Leoben, 20 Jahre alt, mit denselben Vorstudien; Joseph Senitza aus Cilli, Vorstudien am k.k. Polytechnischen Institut in Wien und bereits seit vier Jahren im Dienste des Gewerken Bonazza, der in der ganzen Steiermark Bergwerke und Hämmer besaß; Franz Sprung aus Köflach, 25 Jahre alt, der an der Universität Graz die juridischen Studien vollendet und danach die Bergakademie Schemnitz absolviert hatte; Felix Sunko aus Radkersburg, 22 Jahre alt, mit Vorstudien am Joanneum in Graz; Leopold Thunhart aus Trofaiach, 20 Jahre alt, ebenso; der Brucker Leopold Wudich, 25 Jahre alt, Absolvent der philosophischen Studien an der Universität Graz und der technischen am Joanneum; schließlich Johann Wünsch aus Graz, 24 Jahre alt, der denselben Vorstudiengang aufwies. Die außerordentlichen Hörer, „die aus Mangel der nöthigen technischen Vorkenntnisse nicht prüfungsfähig sind“ und daher nur in beschränkter Anzahl aufgenommen wurden, waren der Zivilingenieur Cajetan Fahn, Dr. Carl Peintinger, der spätere Inhaber des Radwerkes I und Vorsteher der Radmeister-Kommunität, und Hermann Graf v. Sprinzenstein.
Als Peter Tunner in seiner Antrittsrede das Programm der Lehranstalt erläuterte, wies er bereits daraufhin, daß es äußerst wichtig sei, am Ende jedes Kurses mit den Zöglingen eine Bereisung der wichtigsten Bergbaue und Hütten durchzuführen. Auch wenn der Standort Vordernberg gewählt worden war, weil man hier Bergbau, Hochöfen und Hammerwerke im engen Umkreis beisammen hatte, so war doch nach Tunners Meinung ein umfassenderes
Kennenlernen der vorzüglichsten Betriebe nicht nur der Steiermark zur Bildung der Studenten erforderlich. Und so plante Tunner im Juni 1841 die erste bergmännisch-geognostische Studienreise. Sie sollte die vorzüglichsten Bergbaue der Steiermark und Kärntens berühren und 49 Tage dauern. Weitere Exkursionen sollten folgen.
Ein außergewöhnliches Ereignis in diesem ersten Studienjahr war der Besuch Kaiser Ferdinands, der anläßlich des Aufenthaltes bei seinem Neffen Erzherzog Johann in Vordernberg auch die Lehranstalt besichtigte, sich alle Schüler vorstellen ließ und sich äußerst zufrieden mit den Fortschritten zeigte.
Im Studienjahr 1841/42 wurde die Hüttenkunde gelehrt. Die ordentlichen Hörer blieben dieselben. Zu den außerordentlichen kam Johann Pengg, Sohn des Hammergewerken Aegydius Pengg, hinzu. Von der Richtigkeit des - noch nicht genehmigten! - Lehrplanes und der Zweckmäßigkeit des Standortes Vordernberg zeugt der Umstand, daß alle die strengen Prüfungen bestanden und die meisten Absolventen in den praktischen Dienst aufgenommen wurden.
Im Jahre 1842 erfuhr die Lehranstalt eine Erweiterung: auf der sogenannten Steinleitenwiese wurde ein eigenes Markscheidelokal gebaut, das durch die Eisenblechbedachung des Gebäudes der Lehranstalt notwendig geworden war und bereits 1843 fertiggestellt werden konnte. Es wurde nicht nur für die Zwecke der Lehranstalt errichtet, sondern sollte auch zum „oft erwünschten Gebrauche der umliegenden Bergverwaltungen“ dienen.
Schon während des zweiten Studienjahres wurde es Tunner klar, daß er allein die vielfältigen Anforderungen, die der reibungslose Betrieb der Lehranstalt an ihn stellte, nicht bewältigen konnte, wenn nicht seine eigene Weiterbildung durch das Studium des aktuellen Schrifttums zu kurz kommen sollte. Und so bat er um die Systemisierung eines Assistentenpostens.
Die Stelle des Assistenten wurde mit Eduard Czegka definitiv besetzt. Dieser, ein gebürtiger Böhme, hatte die Studien am k.k. Polytechnischen Institut mit Auszeichnung absolviert und 1844 im Alter von 22 Jahren den Hüttenkurs in Vordernberg besucht. Auch diesen hatte er mit Auszeichnung bestanden und war 1845 in den Bergkurs eingetreten, wobei er, „insoferne seine bereits erlangten Kenntnisse zureichend sind, dem Professor an Stelle eines Assistenten behilflich sein muß(te)’. Die definitive Anstellung erfolgte im Studienjahr 1845/46, doch bereits 1847 war die Assistentenstelle wieder vakant. Wie schwierig es war, eine geeignete Person für diesen Posten zu finden, schilderte Tunner in einem Brief an die Kuratoren vom 1. November 1847.
Der Ruf der Lehranstalt drang bis ins ferne Ausland. 1843/44 wurden sogar 5 Ägypter als ordentliche Eleven in den Hüttenkurs aufgenommen, die alle mit einem Stipendium des Vizekönigs von Ägypten nach Österreich gekommen waren, ihre technischen Studien am Joanneum absolviert hatten und dann nach Vordernberg gegangen waren.
Von diesen ägyptischen Studenten mußten jedoch drei bereits Ende März die Lehranstalt „wegen auffallender Unzulänglichkeit ihrer Vorkenntnisse“ wieder verlassen, wie sich der Studiendirektor, der Abt von Rein, ausdrückte.
Es kamen aber auch ausländische Studenten, die bereits andere Bergakademien mit Erfolg besucht hatten.
Obwohl Tunner eine möglichst geringe Anzahl Studierender vor allem im Hinblick auf die praktische Ausbildung angenehmer erschienen wäre, kamen mehr Lernwillige als erwünscht nach Vordernberg. Doch für viele bedeutete die Arbeit in der Frischhütte das Ende ihrer Bestrebungen, da sie diesen Anstrengungen nicht gewachsen waren. Tunner legte Wert darauf, daß sich die jungen Leute an die schwere Arbeit gewöhnten, um „ihren Körper überhaupt zu gebrauchen und die tief wurzelnde Arbeitsscheu zu untergraben. Hier eine Schilderung der Arbeit in der Lehrfrischhütte: „Das Arbeitspersonal hat bestanden aus dem Professor; dem Schuldiener und den Eleven. Die Zurichtung der Feuer oder Herde wurde stets in Gegenwart und mit Hilfe der Eleven vom Professor vorgenommen, und nach erfolgter Herstellung für jede einzelne Frischmethode der erste Dachel (die erste Luppe) vom Professor selbst gemacht, während der Schuldiener das Ausschmieden unter dem Hammer besorgte. Bei den folgenden Dacheln mußten die Eleven Hand anlegen, und der Professor oder der Schuldiener, wenn er eben nicht unter dem Hammer beschäftigt war, behilflich sein, bis die einzelnen Eleven selbst so weit mit der Arbeit bekannt wurden, daß jeder ohne Beihilfe seinen Probedachel zu machen im Stande war. Bei den Arbeiten unter dem Hammer werden die Eleven in der Regel nicht verwendet, theils weil hierbei als einer rein mechanischen Fertigkeit wenig zu lernen bleibt, und theils aus dem Grunde, weil dabei eine zu große Gefahr für bedeutende Beschädigungen obwaltet’.
Neben dem hohen Anspruch und großer Strenge in Bezug auf den zu lernenden Stoff stellte Tunner auch an den guten Lebenswandel der Schüler hohe Anforderungen. Er mußte im Studienjahr 1846 drei außerordentliche Eleven „rücksichtlich des moralischen Lebenswandels“ entlassen.
Tunner war ein ganz seiner Berufung hingegebener Lehrer. Der Umstand, daß zwischen ihm und den Hörern in den Anfangsjahren keine großen Altersunterschiede bestanden, auch die kleine Anzahl der Hörer ließen das Studium in Vordernberg zu einer Art Familienleben werden, in dem die gegenseitige Anteilnahme sehr rege war und sich oft durch das ganze spätere Leben hinzog. Dazu kam noch, daß auch das Haus Erzherzog Johanns in Vordernberg dem Professor und den Studierenden immer offen stand, was mit zur Förderung des geistigen, aber auch des geselligen Verkehrs in dem an Abwechslungen nicht reichen Ort Vordernberg beitrug.
Doch auch an Tunners eigene Familie sei hier gedacht. 1838 hatte Tunner Maria Zahlbruckner geheiratet, die ihm sechs Kinder schenkte, drei Mädchen und drei Buben. Diese Kinder mußten eine standesgemäße Erziehung erhalten, die ihnen in Vordernberg nicht geboten werden konnte. Daher entschloß sich Tunner 1845 um eine Erhöhung seines Gehaltes einzukommen.
Der Ruf der Lehranstalt drang in den folgenden Jahren bis über die Grenzen der Monarchie. Doch der Umstand blieb bestehen, daß zwar 1844 mit Genehmigung des Lehrplanes auch die Abhaltung strenger Prüfungen genehmigt worden war, die Zeugnisse aber erst 1847 denen der Staatsanstalten gleichgestellt wurden. Und es scheint, daß in der Praxis die Zurücksetzung weiterhin geherrscht hat, denn bei der Anstellung auf staatlichen Posten wurden die Absolventen der Bergakademie Schemnitz weiterhin bevorzugt. Den Vordernberger Absolventen blieb also nur der Weg in die Privatindustrie, doch kamen alle Studenten fast gleich nach dem Abgang aus der Anstalt in einem Betrieb unter. Wie sehr Tunner diese Zurückstellung schmerzte, geht aus einem Brief an das Kuratorium vom 10. Juni 1848 hervor, einem Zeitpunkt also, an dem die Überführung in eine staatliche Anstalt schon geplant war: „Denn, dass die Giltigkeit der hiesigen Anstalt nie erreicht wird, davon ist der Unterzeichnete vollkommen überzeugt, und selbst die im verflossenen Jahre erst erfolgte neuerliche Entscheidung der damaligen Studien-Hofcommission rücksichtlich der Giltigkeit der Zeugnisse beweist dies, denn man hat die hiesige Lehranstalt Berg- und Hüttenschule genannt, worunter man nicht bloß in Österreich, sondern in ganz Deutschland nur jene Schulen damit versteht, an der Steiger, Schmelzmeister und dergleichen untergeordnete Individuen unterrichtet werden. Soll die Giltigkeit der Zeugnisse von Vordernberg erzielt werden, so ist die erste nothwendige Bedingung, dass die unnatürliche Stellung der hiesigen Anstalt abgeändert werde."
Eine völlige Änderung sollte erst das Jahr 1848 bringen. Die nationalstaatliche Idee und das Bestreben zur Gründung einer ungarischen Staatsnation führten im Revolutionsjahr zu ernsten Auseinandersetzungen zwischen deutschen und nationalmagyarischen Studenten an der Bergakademie Schemnitz. Als sich hier ein Studentenfreikorps bildete, das den Wiener Aufständischen ein Hilfsangebot machte, kam es zu offenen Auseinandersetzungen: die deutschen Studenten hißten die deutsche Fahne, die wiederrum von den Ungarn unter Mithilfe des Bergrates Jendrasek entfernt wurde, der dazu auch eine Brandrede hielt, die die deutschen Studenten beleidigte. Da ihrem Verlangen nach Widerruf nicht entsprochen wurde, verließen 133 Akademiker die Bergakademie Schemnitz und erklärten, sie zögen fort, um „lieber einer ungewissen Zukunft entgegenzusehen, als ein schmachvolles Leben hier fortzuschleppen“. Diese Entwicklung stellte die Österreichische Regierung vor die Tatsache, daß nun auch weiterhin nichtungarischen Studenten die Möglichkeit zu montanistischen Studien geboten werden mußte. Es wurden zwei Orte für eine solche Bergakademie in Erwägung gezogen, Eisenerz und Pribram.
Peter Tunner erkannte klar, daß damit der Vordernberger Lehranstalt Gefahr drohte, wieder nur als niedere Lehranstalt eingestuft zu werden. In einer Eingabe vom 10. Juni 1848 stellte er fest, daß die Frage des zukünftigen Standortes einer Bergakademie auch eine Lebensfrage für die Schule in Vordernberg sei.
Tunners Anregungen fielen bei den Ständen auf fruchtbaren Boden. Nach erfolgtem Einverständnis Erzherzog Johanns richteten sie an das Ministerium für öffentliche Arbeiten den Antrag, die Vordernberger Lehranstalt an den Staat zu übergeben, damit hier eine vollkommene Lehranstalt für die deutschen Provinzen eingerichtet werde. Am 21. September 1848 gab das Ministerium die Eröffnung einer provisorischen Montanistischen Lehranstalt in Vordernberg bekannt. Das Studienjahr 1848/49 der allgemeinen öffentlichen Lehranstalt sollte mit 1. November beginnen. Zwei Jahrgänge für Bergbaukunde und Hüttenkunde waren vorgesehen. Wie bisher sollten Bergbaukunde mit Bergmaschinenlehre, Markscheidekunst, Geognosie und Petrefaktenkunde gelehrt werden, im Hüttenkurs Hüttenkunde, Maschinenlehre und das Bergrecht. Modifiziert wurden durch die besonderen Ereignisse die Aufnahmebedingungen: ordentliche Hörer mußten die Vorstudien an der Bergakademie Schemnitz oder an einem öffentlichen Polytechnischen Institut mit Zeugnissen belegen können. Außerordentliche Hörer konnten nur in beschränkter Zahl zugelassen werden. Diejenigen Bergakademiker, die wegen der politischen Ereignisse im Studienjahr 1847/48 die Prüfungen in Schemnitz nicht ablegen konnten, sollten diese vor einer Prüfungskommission am k. k. Montan-Museum in Wien und in Vordernberg nachtragen.
Als Direktor und Professor für das Hüttenwesen wurde Peter Tunner eingesetzt. Ihm wurde als provisorischer Professor für den Bergkurs Albert Miller an die Seite gestellt. Dieser war 1847/48 supplierender Professor an der Lehrkanzel für Darstellende Geometrie, Zivilbaukunde und Zeichnen an der Bergakademie Schemnitz gewesen. Mit Ausbruch der Revolution fühlte er, daß er „als Deutscher und getreuer Unterthan“ Ungarn verlassen müsse, und bat im Ministerium um Verwendung diesseits der Leitha, die ihm in Vordernberg gegeben wurde.
Hatte der letzte Jahrgang im Jahre 1848 mit einer Zahl von 24 Studenten abgeschlossen, so zeigte sich im neuen Studienjahr ein Zustrom von Studenten aus Schemnitz, so daß sich nun eine Gesamtzahl von 66 Studierenden ergab. Davon meldeten sich 39 Hörer für den Berg-, 27 für den Hüttenkurs.
Obzwar durch den neuen Professor zum ersten Mal Berg- und Hüttenkunde im selben Jahr abgehalten werden konnte und sich die Studenten in diese beiden Fächer teilten, wurden die räumlichen Verhältnisse in Vordernberg ziemlich knapp.
Es lag nahe, die Schule in eine größere Stadt zu verlegen. In Betracht kam hierfür die alte Bergstadt Leoben, die auch Hochöfen in Vordernberg besaß und Sitz des k.k. Oberbergamtes war. Am 7. November 1848 gab der provisorische Landtag des Herzogtums Steiermark dem Ministerium für Öffentliche Arbeiten die endgültige Zustimmung zur unentgeltlichen Überlassung der Vordernberger Anstalt an den Staat bekannt, worin die Möglichkeit einer Verlegung aus Vodernberg bereits offengelassen wurde. Der entscheidende Absatz in diesem so wichtigen Dokument lautet: „Der provisorische Steiermärkische Landtag hat nun diesen Gegenstand in Beratung gezogen, und in Anbetracht des für den Staat offensichtlich vorliegenden Bedürfnisses und beseelt von dem Wunsch, zum Nutzen und Frommen des Allgemeinen nach Kräften beizutragen, den Beschluß gefaßt, die Steiermärkisch-Ständische Montan-Lehranstalt samt allen dazugehörigen Gebäuden und Mitteln in Vordemberg unentgeltlich jedoch nur unter der Bedingung an den Staat abzutreten, daß die neue vollständige k.k. Montanlehranstalt jedenfalls in der Steiermark verbleibe, vorzüglich auf das
steiermärkische Eisenwesen Bedacht nehme, und der Staatsschatz alle damit verbundenen Auslagen übernehme.”
Die Frage der endgültigen Unterbringung der Anstalt wurde dadurch entscheidend erleichtert, daß sich die Bürgerschaft der Stadt Leoben entschloß, das geräumige ehemalige Seminargebäude des Jesuitenklosters als „Neues Seminargebäude“ zur unentgeltlichen Benützung zur Verfügung zu stellen. Daher erging schon am 23. Jänner 1849 die kaiserliche Entschließung, derzufolge die Errichtung einer Montanistischen Lehranstalt für die Südprovinzen in Leoben, in der Steiermark, einer gleichen Lehranstalt für die Nordprovinzen zu Pribram, in Böhmen, auf Kosten des Staates genehmigt wurde. Der Schenkungsvertrag mit den Ständen der Steiermark vom 28. Juni 1849 übertrug alle Grundstücke, Gebäude, Lehrmittel, Sammlungen und sonstigen Einrichtungen der Vordernberger Montan-Lehranstalt, die zusammen einen Wert von 80.000 Gulden darstellten, an den Staat.
Der Vertrag, der mit der Bürgerschaft der Stadt Leoben abgeschlossen wurde, überließ unter Wahrung des Eigentumsrechtes der Bürgerschaft das Neue Seminargebäude dem Ärar zur Unterbringung der k.k. Montanistischen Lehranstalt und zur unentgeltlichen ausschließlichen Benützung, so lange diese Lehranstalt in Leoben bestehen sollte.
Im gleichzeitig der Montan-Lehranstalt übergebenen Organisationsplan wurde bestimmt, daß die Vorkenntnisse an den Polytechnischen Instituten in Wien, Prag, Lemberg, oder am Joanneum in Graz erworben werden sollten, wobei eine erhebliche Reihe von Fächern, aus denen die ordentlichen Hörer Kenntnisse nachzuweisen hatten, aufgezählt wurden. Der hochschulmäßige Charakter wurde durch die ausdrückliche Betonung der Lehrfreiheit der Professoren festgelegt. Ein strenger Studien- und Prüfungsplan wurde vorgeschrieben. Den praktischen Übungen in den Berg- und Hüttenwerken wurde ein besonderer Platz im Sommersemester eingeräumt, ebenso einer alljährlichen vier- bis sechswöchigen Studienreise. Am Ende jeden Studienjahres wurde eine Schlußprüfung abgehalten und nach dem zweiten Studienjahr unter Berücksichtigung aller Prüfungsergebnisse und der Berichte über die praktischen Verwendungen und Studienreisen ein Absolutorium erteilt, das den Anspruch auf künftigen Eintritt in den Staatsdienst gab. Eine weitere Professorenstelle wurde mit der Ernennung von Franz Sprung zum Professor des Hüttenkurses am 8. Juni 1849 besetzt. Peter Tunner sollte sich nun vorwiegend seinen Aufgaben als Direktor der Anstalt widmen.
Am 1. November 1849 konnte die k.k. Montan- Lehranstalt in Leoben mit 48 Hörern ihre Arbeit beginnen. Die hochschulmäßige Gesamtausbildung der künftigen Berg- und Hütteningenieure betrug nun einschließlich der Vorstudien mindestens sechs Jahre. Dies sollte sich in einem raschen Rückgang der Hörerzahlen auswirken! Diese sanken bereits im Studienjahr 1850/51 auf 44, womnter sich nur mehr neun ordentliche Hörer befanden. Da in Schemnitz den absolvierten Juristen 1850 die Möglichkeit des Studiums genehmigt wurde, wurde mit Ministererlaß vom 28. August 1852 ein einjähriger Vorbereitungskurs für absolvierte Juristen eingeführt. Das auf ein Jahr zusammengedrängte technische Studium bereitete allerdings den Juristen erhebliche Schwierigkeiten. Ende August 1857 wurde schließlich auf Drängen vom Ministerium eine Enquete einberufen, die sich mit der Reform des Leobener Studienplanes zu befassen hatte. Als Ergebnis wurde zunächst provisorisch zugestanden, daß vom Studienjahr 1859/60 angefangen für Nichtjuristen ein zweijähriger Vorbereitungskurs abzuhalten wäre. Die Aufnahme in diesen sollte aufgrund der Reifeprüfung an einem Gymnasium oder einer Oberrealschule geschehen. Die erfolgreiche Zurücklegung der beiden Vorbereitungsjahrgänge sollte zur Übernahme als ordentlicher Hörer in die beiden Fachjahrgänge berechtigen. Nur für Juristen sollte es bei dem einjährigen Vorbereitungskurs bleiben. Mit dieser Änderung war nun endlich im Lehrplan, der mit Erlaß vom 6. November 1860 festgelegt wurde, in den Aufnahmebedingungen und in der Studienzeit die Gleichstellung mit der Bergakademie Schemnitz erreicht. Negativ wirkte sich nun hingegen aus, daß gleichzeitig von den bisherigen kommissionellen Abschlußprüfungen Abstand genommen wurde und nur mehr jeder Professor einzeln über den von ihm vorgetragenen Gegenstand prüfen sollte. Zur völligen Angleichung an Schemnitz bedurfte es außerdem der Verleihung des Namens einer Bergakademie, welche dann mit Kaiserlicher Entschließung vom 2. September 186l ausgesprochen wurde. Gleichzeitig damit wurden mehrere personelle Verfügungen getroffen, so die Vergrößerung des Lehrkörpers um zwei Dozenten und zwei Assistenten. Es ist zu vermerken, daß die Eisenhüttenkunde lehrkanzelmäßig von der Hüttenkunde der übrigen Metalle getrennt wurde, wobei erstere noch immer von Peter Tunner persönlich vorgetragen wurde.
Die Zahl der Hörer der Bergakademie lag in den fünf folgenden Jahren durchschnittlich bei über Hundert, wobei ein beträchtlicher Ausländeranteil zu verzeichnen war. Leider trug man sich aber im Finanzministerium mit dem Gedanken, aus Gründen der Einsparung die Vorbereitungskurse in Leoben wieder abzuschaffen. Der äußere Grund für diesen Schritt war die Änderung in den Studienplänen der Höheren Technischen Lehranstalten in Prag, Wien und Graz, die der Form nach erlaubte, die Vorbereitung für die Berg- und Hüttenmännischen Fachkurse in einer Zeit von zwei oder längstens drei Jahren an einer dieser Anstalten zu erwerben. Tatsächlich wurde mit Entschließung vom 5. Juli 1866 die Aufhebung des zweijährigen Vorbereitungskurses verfügt. Nun sollten an den Höheren Technischen Lehranstalten Kurse zusammengestellt werden, die nach Inhalt und Umfang dem aufgehobenen Leobener Vorkurs entsprechen sollten. Eine Folge aber war es, daß sich die angehenden Montanisten nun zurückhielten, denn es war offensichtlich unorganisch, nach zwei oder drei Jahren den Studienort zu wechseln und nach Leoben zu übersiedeln: Die Hörerzahlen in Leoben sanken daher zwischen 1865/66 und 1869/70 von 87 auf 16! Peter Tunner war zutiefst verstimmt. Schon in der Eröffnungsrede der 1. Versammlung innerösterreichischer Berg- und Hüttenleute 1864 in Leoben - es nahmen 365 Personen teil - sprach sich Peter Tunner gegen eine geplante Einbindung der Bergakademie in die technischen Lehranstalten aus; er betonte, daß ein Bergmann früh beginnen müsse, sich auch praktisch zu bilden, was er nicht in der Hauptstadt (!), sondern nur in der Hütte und im Bergwerk erreichen könnte. Diese heftig akklamierten Worte wurden von der Versammlung in einer eigenen Resolution bestätigt. Es war dies eine sehr frühe Tagung gewesen, hatte die erste österreichische doch erst im Mai 1858 in Wien stattgefunden.
Mit Ende des Studienjahres 1865/66 gab Tunner übrigens seine Vorlesungen über Eisenhüttenkunde auf und überließ sie Prof. Franz Kupelwieser als seinem Nachfolger. Er behielt nur die Direktion der Bergakademie bei und wendete sein Interesse öffentlichen Aufgaben zu, indem er sich als Vertreter der Stadt Leoben in den Landtag und den Reichsrat wählen ließ.
Im Jahre 1869 gingen die beiden Bergakademien zu Leoben und Pribram vom Verwaltungsbereich des Finanzministeriums in jenen des Ackerbauministeriums über, was Folgen haben sollte. In zwei Enqueten, die im April 1869 und im März 1870 in Wien abgehalten wurden, zu der Vertreter der Ministerien, der Wissenschaft und der Montanindustrie geladen waren, wurden grundsätzliche Fragen der Ausbildung der Berg- und Hütteningenieure diskutiert. Schon 1869, nach dem Wassereinbruch in Wieliczka und nach einem furchtbaren Unglück im Plauenschen Grunde, waren von mehreren Seiten Urteile aufgetaucht, welche die Schuld an derlei Unfällen dem mangelhaften Unterricht in den Bergakademien aufhalsen wollten, und das Zugrabetragen derselben als die beste Hilfe anpriesen.
Dieser den Bergakademien allgemein und insbesondere jenen in der Monarchie gemachte Vorwurf, ferner die Wahrnehmung, daß sich seit einiger Zeit der Besuch der österreichischen Bergakademie von Jahr zu Jahr verringerte, gaben im Laufe des Jahres 1869 die Veranlassung zur Erörterung der Fragen des Standes und etwaiger Mängel des höheren bergmännischen Unterrichts in Österreich, der Aufgabe der bestehenden Lehranstalten und der Zuweisung des höheren Bergwesens-Unterrichts zu den Polytechnischen Instituten. Dabei wurde auch die Gründung bloß einer Bergakademie für die deutsch-slawischen Länder Österreichs, neben der königlich-ungarischen Bergakademie in Schemnitz ins Auge gefaßt.
Als Ursache für den drastischen Rückgang der Hörerzahlen wird die erfolgte Errichtung mehrerer Bergschulen in Österreich zur Heranbildung von Steigern, Hutleuten und Aufsehern angeführt. In Böhmen waren solche zu Pribram und Karbitz, für Galizien in Wieliczka, in der Steiermark in Leoben, für Kärnten und Krain in Klagenfurt errichtet worden. Auch in Mährisch-Ostrau sollte eine Schule gegründet werden. In die Bergschulen wurden in der Regel nur die fähigsten und geschicktesten Arbeiter aufgenommen, von denen viele schon mehrere Klassen der Unter- und der Oberrealschule absolviert hatten. Viele davon traten als tüchtige Bergmänner aus der Bergschule und wurden nicht nur zu Steiger- und Aufseherdiensten, sondern - besonders in kleinen Werken - in entsprechender, zufriedenstellender Weise gegen Vergütung eines geringeren Gehaltes als Beamte verwendet.
Schließlich kristallisierte sich die Meinung heraus, daß eine einzige Montanistische Hochschule an Stelle der beiden Bergakademien genügen würde, wobei Wien als zweckmäßigster Standort ins Auge gefaßt wurde. Der Ackerbauminister sagte zu, nach Möglichkeit noch 1870 die Montanistische Hochschule in Wien zu errichten, sollte dies aber nicht durchführbar sein, für die einstweilige Wiederaufnahme der Vorbereitungsjahrgänge in Leoben Sorge zu tragen. Tatsächlich wurde mit Erlaß vom 23. Juni 1870 die vorläufige Wiedereinführung des 1866 aufgehobenen Vorbereitungskurses verfügt. Gegen die Auflassung der Leobener Akademie sprach sich der Steiermärkische Landtag unter Hinweis auf den Beschluß vom 7. November 1848 am 4. Dezember 1872 deutlich aus.
Das Ackerbauministerium versuchte nun, das Land Steiermark durch die Errichtung der Niederen Berg- und Hüttenschule in Leoben und durch die Gewährung von Stipendien für Steirer, die in Wien studieren sollten, zu entschädigen. Auch sollten dem Land Steiermark allenfalls die seinerzeit überlassenen Vordernberger Grundstücke, Gebäude und Einrichtungen rückvergütet werden.
Während sich die Verhandlungen hinzogen, kam es im Mai 1873 zum schwerwiegenden „Börsenkrach”. Die Folge war, daß die Pläne zur Errichtung einer Montanistischen Hochschule, wobei auch die Hochschule für Bodenkultur in einer Art „Hochschule für Urproduktion“ in neu zu errichtenden Gebäuden in Wien unterzubringen gewesen wäre, fallengelassen wurden. Daher wurde mit Kaiserlicher Entschließung vom 15. Dezember 1874 ein neues Statut für die k.k. Bergakademie in Leoben genehmigt, wobei als Zweck der Bergakademie eine gründliche theoretische und, so weit es an einer Hochschule möglich ist, auch praktische Ausbildung für das Berg- und Hüttenwesen „mit besonderer Berücksichtigung des Eisenhüttenwesens“ festgelegt wurde. Drei Abteilungen sollten errichtet werden, nämlich eine für jene Wissenschaften, welche die Grundlagen der Fachstudien bildeten, so wie je eine Fachschule für Bergwesen und für Hüttenwesen. Seit 1873 konnten nämlich Bergbaukunde und Hüttenkunde lehrplanmäßig getrennt studiert werden. Der Lehrplan sah einen Zeitraum von zwei Jahren für die allgemeine Ausbildung, von je einem Jahr für jene der beiden Fachausbildungen vor. Die Aufnahme ordentlicher Hörer wurde an ein Maturazeugnis eines Obergymnasiums oder einer Oberrealschule gebunden.
Nun wurden auch die ordentlichen Professoren in Hinblick auf ihren Rang, ihre Bezüge und ihre Dienstverhältnisse den Professoren der Technischen Hochschule gleichgestellt. Aus der Mitte der Professoren wurde der Direktor auf zwei Jahre ernannt. Den ordentlichen Hörern jeder Fachschule wurde das Recht zugesprochen, sich einer Schlußprüfung aus allen oder einzelnen Gegenständen der Fachschule zu unterziehen und darüber in einem Absolutorium die Bestätigung zu erhalten. Dieses Organisationsstatut sollte bis zum Ende des Unterrichtsjahres 1894/95 in Geltung stehen. Andererseits wurde der Bergakademie das Recht, Diplom- bzw. Staatsprüfungen durchzuführen, zunächst noch nicht gewährt, womit die Gleichstellung mit den Technischen Hochschulen nicht erreicht war.
Im Juli 1874 war Peter Tunner in den bleibenden Ruhestand getreten und hatte daher die letzte Entwicklung seiner Akademie nicht mehr mitgemacht. Der Hörerstand der k.k. Bergakademie war seit der provisorischen Wiedereinführung des Vorkurses wieder auf 43 gestiegen und wuchs in den folgenden Jahren beständig, so daß 1882/83 ein Stand von 184 Hörern erreicht wurde. Dieser Tatbestand fand aber nun in Raumproblemen seinen Niederschlag. Dazu kam, daß entsprechend den neuen Bedürfnissen die Arbeit in Laboratorien immer wichtiger wurde. Daher wurde der Plan erörtert, auf das bestehende Akademiegebäude ein drittes Stockwerk aufzubauen, wozu sich aber die Bürgerschaft von Leoben nicht entschließen konnte. Schon 1876 war das dem Seminar gegenüberliegende vormalige Volksschulgebäude gemietet, im folgenden Jahr ein Erweiterungsbau zu diesem Gebäude aufgeführt worden, der 1885 bezogen werden konnte. Hier fanden die mineralogischgeologischen und chemischen Lehrkanzeln ihre Heimstätte. Damit war die Raumfrage für einige Jahrzehnte gelöst.
Das Jahr 1890 brachte die Feier des fünzigjährigen Bestandes seit der Eröffnung der Steiermärkisch - Ständischen Montanlehranstalt in Vordemberg. Das Kollegium bestand zu diesem Zeitpunkt aus den Professoren Franz Kupelwieser, Julius Ritter v. Hauer, Rudolf Schöffel, Franz Lorber, Franz Rochelt Josef Gängl v. Ehrenwerth, Dr. Engelbert Kobald, Anton Bauer und Hans Höfer. Direktor war Franz Rochelt. 1675 Hörer hatten bis dahin die Schule besucht.
Der Kampf um das Recht zur Abhaltung von Staatsprüfungen (Diplomprüfungen) brachte schließlich in den folgenden Jahren den Erfolg. Durch eine Statutenänderung aufgrund der Kaiserlichen Entschließung vom 27. Dezember 1894 wurden die Staatsprüfungen, wie an den Technischen Hochschulen vorgesehen, eingeführt und zugleich an Stelle des Direktors der vom Professorenkollegium aus seiner Mitte zu wählende Rektor an die Spitze der Bergakademie gesetzt. Ein Erlaß des Ackerbauministeriums vom 18. Juni 1895 enthielt die Staatsprüfungsordnung.
Das Statut von 1894 unterschied sich von dem des Jahres 1874 allerdings nur durch die Aufnahme der Gegenstände Lagerstättenlehre, Volkswirtschaftslehre, Versicherungsmathematik, Erste Hilfeleistung und Hygiene im Lehrplan.
Die steigende Bedeutung der Elektrizität im Berg- und Hüttenwesen führte im Jahre 1903 zur Errichtung eines Ordinariates für Elektrotechnik, die wachsenden Anforderungen der Praxis an die Ausbildung der Absolventen brachten im folgenden Jahr die Errichtung einer Lehrkanzel für Baukunde und die Einführung von Sondervorlesungen aus Technischer Gasanalyse.
Den vorläufigen Abschluß fand die Entwicklung der Lehranstalt im Jahre 1904, als sie den Technischen Hochschulen angeglichen und endlich auch als Montanistische Hochschule bezeichnet wurde.
Das mit Allerhöchster Entschließung vom 31. Juli 1904 genehmigte und bis zur Zusammenlegung mit der Technischen Hochschule in Graz 1934 in Geltung gestandene Statut brachte bei gleichzeitiger Auflassung der Allgemeinen Abteilung die Erstreckung der Unterrichtsdauer an jeder der beiden Fachschulen von drei auf vier und bei der Zurücklegung beider Fachkurse von vier auf fünf Jahre. Das Statut anerkannte erstmals die volle Lehr- und Lernfreiheit, sah zwei Staatsprüfungen und bei Ablegung der vorgeschriebenen strengen Prüfungen die Möglichkeit zur Erwerbung des akademischen Grades eines Doktors der montanistischen Wissenschaften vor.
Vorausblickend ist festzustellen:
Erst seit 1917 war, wie an allen Technischen Hochschulen, auch in Leoben mit der Ablegung der zwei Staatsprüfungen die Berechtigung zur Führung der gesetzlich geschützten Standesbezeichnung „Ingenieur“ verbunden.
Die spätere Entwicklung hatte zwangsläufig zu einer immer weiter gehenden Trennung der Studiengänge für das Bergwesen und das Hüttenwesen geführt, sodaß vom Studienjahr 1919/20 an eine Teilung schon von den ersten Semestern des Vorbereitungslehrganges an notwendig wurde. Damit wurde die Gepflogenheit, Bergwesen und Hüttenwesen zusammen in Leoben zu studieren, zur Seltenheit. Ebenso wurde ab dem Studienjahr 1919/20 der bisher mit der Fachschule für Bergwesen vereinigte Ausbildungsgang der Markscheider von dem des Bergwesens getrennt. Das Studium wurde zunächst mit einer Gesamtstudiendauer von 6 Semestern angesetzt, jedoch vom Studienjahr 1933/34 angefangen auf 7 und ab 1936/37 auf 8 Semester erhöht und somit den Studien des Bergwesens und des Hüttenwesens gleichgestellt. Doch kehren wir zum Promotionsrecht zurück!
Das im Statut vom 31. Juli 1904 niedergelegte Promotionsrecht der Montanistischen Hochschule führte zur Promotionsordnung durch einen Erlaß vom 29. Juni 1906, in der die Erwerbung des montanistischen Doktorates an die Verfassung einer Dissertation und die Ablegung eines Rigorosums gebunden wurde. Die erste Promotion erfolgte am 26. Oktober 1909.
Der Ausbau des Studiums, auch ein stärkerer Zustrom von Studenten, die fortschreitende Wissenschaft mit ihrer vermehrten experimentellen Forschungsarbeit machten aber nun die Raumfrage zu einem immer größeren Problem. Die Lehrkanzeln für die Geodäsie und Markscheidekunde sowie für Baukunde waren bereits in gemieteten Räumen außerhalb des Hochschulbereiches, im alten Josefshof, unterzubringen.
Bild 19: Josefshof. Über dem Eingangstor sind noch Reste der Aufschrift „K. K. MONTANISTISCHE HOCHSCHULE“ zu erkennen. Der Josefshof wurde 1973 abgerissen und an seiner Stelle das Erich-Schmid-Institut für Festkörperphysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften errichtet.
Der Neubau eines Hochschulgebäudes wurde zwingend notwendig. Am Rande sei vermerkt, daß damals neuerlich die Verlegung der Hochschule aus Leoben diskutiert wurde. Aber die Stadt, inmitten des wichtigen Montanbezirkes, war als Standort schon zu traditionsreich. Trotz alledem war letztendlich aber die großzügige finanzielle Unterstützung des Neubauvorhabens durch die Stadt Leoben für die Erhaltung der Hochschule in dieser Stadt entscheidend. Die entsprechenden Verhandlungen begannen mit Vorsprachen einer vierköpfigen Abordnung des Kollegiums bei den zuständigen Ministern bereits im November 1901 und zogen sich durch Jahre hin. Im Oktober 1902 fand wegen der Unzulänglichkeit der Räume sogar ein Hörerstreik statt. Schließlich machte sich im Frühjahr 1903 die Stadt Leoben erbötig, einen Baugrund von etwa 6.000 m2 neben der damaligen Landwehrkaserne zur Verfügung zu stellen. Auf Antrag des Professorenkollegiums wurde aber dann doch ein anderer Baugrund im Ausmaß von 7.503 m2 gewidmet, wobei die Stadt Leoben außer dem Grundstück noch einen hohen Baukostenbeitrag von 900.000 Kronen spendete und die vorschußweise Bestreitung der gesamten Baukosten übernahm. Die Bauarbeiten begannen im März 1908, die Fertigstellung erfolgte zu Beginn des Studienjahres 1910/11: Am 22. Oktober 1910 konnte der Neubau seinen Bestimmungen übergeben werden. In den bisherigen Räumlichkeiten verblieben nur die Lehrkanzeln für Chemie, für Mineralogie und Petrographie und für Geologie und Lagerstättenlehre; das seit 1849 benutzte Seminargebäude und der Josefshof hingegen wurden den Besitzern wieder zur Verfügung gestellt. Das heute noch zentrale Gebäude der Montanuniversität reichte nun aus, wenngleich die Zahl der Hörer bis zum Studienjahr 1909/10 auf die für damals beachtliche Zahl von 389 gestiegen war. Dieser Hörerzahl stand ein Lehrkörper von 10 Professoren gegenüber.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August 1914 wurden jedoch bald der größte Teil der Studentenschaft und ein Teil des Lehrkörpers eingezogen. Ein ausgedehnter Teil des Hochschulneubaues mußte als Kriegsspital dienen. Erst im Frühjahr 1918 vergrößerten sich wieder die Hörerzahlen, als die Heeresverwaltung Studenten von der Front zur Einbringung eines Studiensemesters von je 10 Wochen Dauer beurlaubte.
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie wurde die Hochschule bereits im Jänner 1919 eröffnet, die Hörerzahlen wuchsen entscheidend, so daß im Studienjahr 1921/22 666 Hörer in Leoben studierten, darunter viele Kriegsjahrgänge, die sich dem montanistischen Studium zuwendeten. Allerdings erwiesen sich nun die bereits angeführten Änderungen der Studienordnung als notwendig. Auch wurde der neue Lehrplan der fortschreitenden Technik durch Aufnahme neuer Unterrichtsgegenstände wiederholt angepaßt. Als Beispiele seien hier nur hervorgehoben: „Angewandte Geophysik”, „Erzmikroskopie”, „Tagbau- und Steinbruchbetriebslehre“ für Bergleute und Markscheider, „Hüttenmännische Feuerungstechnik“ und „Elektrometallurgie“ für Hüttenleute, „Verbrennungskraftmaschinen“ sowie „Eisen- und Eisenbetonbauten“ für alle Abteilungen. Die Hauptfächer Bergbaukunde und Eisenhüttenkunde wurden entsprechend dem Anwachsen des Stoffes erweitert und unterteilt. Der Bedeutung wirtschaftlicher Fragen für den Ingenieur wurde durch Aufnahme von „Bergbaubetriebs- und Bergwirtschaftslehre“ sowie „Hüttenbetriebslehre“ als eigenständige Pflichtgegenstände und durch eine Dozentur für Montanbuchhaltung Rechnung getragen.
Der Wunsch der Berg- und Hüttenindustrie, die Prüfungsordnung den Anforderungen der Praxis anzupassen, wurde nach eingehenden Beratungen mit deren Vertretern erfüllt, indem im Jahr 1926 eine neue Ordnung eingeführt wurde. Nach dem Muster der deutschen Technischen Hochschulen wurde die Zulassung zur Fachprüfung an den Nachweis einer praktischen Betätigung des Hörers während der Ferialzeit geknüpft und mit den maßgebenden Berg- und Hüttenwerken Österreichs eine Vereinbarung über die Beschäftigung der Hörer gegen Entlohnung in den Ferialmonaten getroffen.
Für den Gegenstand „Aufbereitung“ hat Leoben in Erkenntnis der wachsenden Bedeutung dieses Zweiges für die gesamte Rohstoffwirtschaft bereits 1929 eine selbständige Lehrkanzel errichtet, deren Aufgabenkreis außer Kohlen- und Erzaufbereitung auch die Technologie der Steine und Erden sowie die Edelmetallgewinnung umfaßte.
Mit dem Unterrichtsjahr 1933/34 aber fand die Montanistische Hochschule Leoben als selbständige Lehranstalt ihr vorläufiges Ende. Eine Verordnung des Bundespräsidenten vom 22. August 1934 schied sie aus dem Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Handel und Verkehr aus, löste damit die Verbindung zu den Bergbehörden, die seit 1849 ununterbrochen bestanden hatte, und unterstellte sie der Zuständigkeit des Unterrichtsministeriums. Das Bundesgesetz vom 8. August 1934 erklärte die Hochschule als selbständige Anstalt für aufgelassen und vereinigte sie als „Technische und Montanistische
Hochschule Graz-Leoben“ mit der Technischen Hochschule Graz. Das neu erlassene Statut vom 25. Februar 1935 sah für das Montanwesen nur mehr eine Fakultät, mit Unterabteilungen für das Berg-, Hütten- und Markscheidewesen, vor. Der Unterricht der ersten zwei Jahrgänge wurde mit Beginn des Unterrichtsjahres 1934/35 von Leoben nach Graz verlegt und jenem der Technischen Hochschule eingegliedert. Dieser in Hinblick auf die sinkenden Hörerzahlen in Graz und Leoben aus Einsparungsrücksichten unternommene Versuch einer einheitlichen, alle technischen Fachgebiete umfassenden Technischen Hochschule hat sich nicht bewährt, da sich der angestrebten Vereinheitlichung des Unterrichtes in den Eingangsfächern unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstellten, die örtliche Teilung den Unterrichtsbetrieb erschwerte und zu einer erheblichen Verlängerung des Studiums führte: Die Montanisten hatten nämlich die ersten vier Semester bis zur Staatsprüfung in Graz zu absolvieren, und nur die Fachausbildung der letzten vier Semester in den Unterabteilungen für Bergwesen, Hüttenwesen und Markscheidewesen wurden in Leoben absolviert. Es erwies sich allerdings als schwierig, die notwendige Vorbildung der Montanisten mit den Möglichkeiten der Grazer Technischen Hochschule zu akkordieren. Auch sank das Interesse der Hörer weiter ab, so daß 1936/37 nur mehr insgesamt 100 Hörer das Montanwesen studierten.
Das Professorenkollegium der vormaligen Montanistischen Hochschule bemühte sich aber intensiv um deren vollständige und selbständige Wiederherstellung. Bereits am 3. April 1937 waren diese Bemühungen von Erfolg gekrönt: Die Wiedererrichtung der Montanistischen Hochschule in Leoben und die Trennung von der Technischen Hochschule Graz wurden für den Beginn des Studienjahres 1937/38 verfügt. Im September 1937 fand übrigens der große Internationale Bergmannstag in Leoben statt, der alle 25 Jahre abgehalten wird, und welcher damals von mehr als 600 Montanisten aus aller Welt besucht wurde. Ein würdiger Auftakt!
Das neue Statut der Montanistischen Hochschule - mit 31. August 1937 verordnet - verblieb aber nur für kurze Zeit in Gültigkeit. Mit dem Anschluß an das
Deutsche Reich wurde die Leobener Hochschule dem Reichserziehungsministerium in Berlin unterstellt, was eine Reihe von Änderungen zur Folge hatte: Bereits im Juni 1939 wurde die Promotionsordnung geändert, wobei an die Stelle des Doktors der montanistischen Wissenschaften der Doktor-Ingenieur trat. Am 15. August 1940 wurde gleichzeitig für alle Technischen Hochschulen und Bergakademien, und damit auch für die Montanistische Hochschule in Leoben, eine Neuordnung der Fakultäten, Abteilungen und Fachgebiete verfügt. Ihr folgte mit Erlaß vom 20. November 1940 eine neue Studien- und Prüfungsordnung. Dadurch wurden an der Montanistischen Hochschule je eine Fakultät für Naturwissenschaften und Ergänzungsfächer und für Berg- und Hüttenwesen errichtet. In der letzteren Fakultät wurden die Abteilungen Bergbaukunde, umfassend die Fachrichtungen Bergbaukunde und Markscheidewesen, und die Abteilung Hüttenkunde, umfassend die Fachrichtungen Eisenhüttenkunde mit Metallhüttenkunde, Gießereikunde, Verformungskunde und Metallkunde, geschaffen. Als einschneidend erwies sich auch die damit verbundene Verkürzung der Gesamtstudienzeit von 8 auf 7 Semester, die mit dem Kriegsbedarf an jungen Berg- und Hütteningenieuren begründet wurde. In einer Diplomprüfungsordnung wurde die Verbindung von Einzelprüfungen aus Teilfächern und einer Hauptprüfung vor dem Prüfungsausschuß durch eine Gesamtprüfung ersetzt. Tatsächlich wurden aber in Leoben die Einzelprüfungen noch inoffiziell beibehalten. Bei Kriegsbeginn, im September 1939, wurden der Unterrichtsbetrieb in Leoben zunächst stillgelegt und die Hörer an die Technische Hochschule in Breslau verwiesen, schon anfangs 1940 aber der Leobener Hochschule die Wiedereröffnung gestattet. Gleichzeitig wurde zur Beschleunigung des Studienganges eine Einteilung des Jahres in drei Trimester an Stelle der bisherigen zwei Semester verfügt. Mit Sommersemester 1941 wurde diese Einrichtung allerdings wieder fallengelassen.
Nach dem Kriegsende 1945 kehrte man wieder ehebaldigst zu den Grundlagen der Zeit vor dem Anschluß zurück. Eine Studien- und Prüfungsordnung wurde geschaffen, die in allen wesentlichen Teilen auf Grundsätzen und Ordnungen der Zeit vor 1938 beruhte. Vor allem wurde wieder eine Studiendauer von 8 Semestern vorgeschrieben. Für die Hüttenleute wurden die vorzeitige Spezialisierung nach fünf Fachrichtungen rückgängig gemacht und der Studienplan so erstellt, daß jeder Student auch auf den Gebieten der Verformungskunde, Gießereikunde und Metallkunde zum Eisenhüttenmann herangebildet wurde. Für die Ausbildung zum Nichteisen- Metallhüttenmann war ein ergänzendes Studium von zwei Semestern nach Vollendung des Studiums des Eisenhüttenwesens vorgesehen. Gleichzeitig wurde auch die Promotionsordnung vom 29. Juni 1906 wieder in Kraft gesetzt, wodurch der akademische Grad des Doktors der montanistischen Wissenschaften wieder in sein Recht trat.
Die Hörerzahlen stiegen nach dem Ende des Krieges wieder auf rund 300 an. 1949 befand sich damit die Montanistische Hochschule, als ihr 100-jähriges Bestehen seit der Verlegung nach Leoben begangen wurde, voll in Funktion.
Einen wichtigen Einschnitt bildeten aber in der Folge das Hochschulorganisationsgesetz aus dem Jahr 1955 und das Allgemeine Hochschulstudiengesetz von 1966, welche für alle österreichischen Hochschulen Gültigkeit hatten.
Nach dem Organisationsgesetz dienen die Hochschulen der wissenschaftlichen Forschung und Lehre. In Hinblick auf die wissenschaftliche Lehre heißt es, daß diese insbesondere auch die wissenschaftliche Berufsvorbildung, die Vermittlung einer höheren Allgemeinbildung und die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses umfaßt.
Das neuere Studiengesetz baute hierauf auf. Im einzelnen hatten nach diesem Gesetz die Studien an den Hochschulen und damit auch die Lehre folgenden Zielen zu dienen: 1. Der Entwicklung der Wissenschaften und der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, 2. der wissenschaftlichen Berufsvorbildung, 3. der Bildung durch Wissenschaft und 4. der Weiterbildung der Absolventen der Hochschulen entsprechend den Fortschritten der Wissenschaft.
Forschung und Lehre zu betreiben, die wissenschaftliche Entwicklung voranzuführen, Studien unter ständiger Anpassung an die wissenschaftliche Entwicklung zu gestalten, war hiemit seit 1966 der Auftrag, der den Österreichischen Hochschulen und damit auch der Leobener gegeben wurde. Tatsächlich hatten sich die Wissenschaftszweige, auch jene, die für Leoben in Frage kamen, in den Jahren zuvor stark weiterentwickelt. Diese Entwicklung betraf das zu betreuende Fach des Montanwesens freilich seit ihrer Gründung in Form der Aufteilung und Spezialisierung. Die Entwicklung der Studienrichtungen läßt dies deutlich erkennen. Aus dem einheitlichen Studium des Berg- und Hüttenwesens in der Mitte des vorigen Jahrhunderts gingen die selbständigen Studiengänge für Bergwesen und für Hüttenwesen hervor. Aus dem Bergwesen entstanden nach dem Ersten Weltkrieg das Markscheidewesen als selbständiger Studiengang und um 1955 das Erdölwesen. Aus dem Hüttenwesen entwickelten sich das Gießereiwesen und 1966/67 das Gesteinshüttenwesen. Im Wintersemester 1968 wurde die Studienrichtung Montanmaschinenwesen neu eingeführt. In den späten sechziger und frühen siebziger Jahren kulminierte diese Entwicklung. Aber schon seit 1959 war die Errichtung neuer Lehrkanzeln notwendig geworden. So wurden Lehrkanzeln und Institute für folgende Fächer gegründet: Für Allgemeine und Analytische Chemie, Wirtschafts- und Betriebslehre (1962/ 63), Angewandte Geometrie (1963/64). 1964/65 traten Lehrkanzeln für Prospektion, Lagerstättenerschließung und Mineralwirtschaft, für Mechanik, für Geophysik und Angewandte Erdölgeologie hinzu, und 1966/67 folgte die Lehrkanzel für Gesteinshüttenkunde und feuerfeste Baustoffe.
Im Jahr 1969, einem einschneidenden Jahr, bestand die Leobener Montanistische Hochschule aus 25 Instituten, welche den Studien in sechs Studienrichtungen
dienten. Da die Hochschule keine Fakultätsgliederung besitzt, wurde im Studienjahr 1968/69 eine Untergliederung in drei Fachabteilungen bzw. Hauptkommissionen des Professorenkollegiums vorgenommen. Seit 1972/73 trugen diese Kommissionen als Vorbereitung für eine dann im Universitätsorganisationsgesetz 1975 nicht durchgeführte Fakultätsgliederung die folgenden Bezeichnungen:
1. Hauptkommission für Naturwissenschaften, Allgemeine Ingenieurwissenschaften und Maschinenwesen
2. Hauptkommission für Geowissenschaften, Rohstoffgewinnung und Geotechnik
3. Hauptkommission für Rohstoffverarbeitung und Materialwissenschaften.
Jeder dieser Kommissionen gehörten etwa 7-10 Institute bzw. Lehrkanzeln an.
Auf der anderen Seite wurden die vorhandenen Grenzen zwischen den verschiedenen Fachgebieten durchlässiger. Der Trend führte schließlich auch zur Herausbildung neuer Wissenschaftsgebiete, die sich an den Grenzen der herkömmlichen Disziplinen ansiedelten und daher auch vielfach als interdisziplinär zu bezeichnen waren. Als solches interdisziplinäres Gebiet können die Werkstoffwissenschaften angesprochen werden. Die aufgezeigte Verknüpfung der Ingenieurwissenschaften kam aber auch von einer anderen Seite: Auch die moderne Entwicklung der Wirtschaftswissenschaften, insbesondere auf dem Gebiet der Unternehmensführung, wirkte in diese Richtung. Schließlich ist auch noch die Entstehung neuer Wissenschaftsgebiete zu nennen. Aus dem Interessensbereich der Montanistischen Hochschule ist hier auf die Kunststofftechnik zu verweisen.
Entsprechend den Wissenschaftsgebieten sollten sich auch die Studienrichtungen entwickeln.
Maßgebend für die Errichtung und Erhaltung von Studienrichtungen war neben der Frage der Entwicklung der Wissenschaft auch die Frage, ob Absolventen dieser Studienrichtungen reelle Berufschancen vorfinden konnten, oder nicht. Einvernehmlich erarbeiteten Professoren, Assistenten und Studenten („Leobner Konvent“) Vorschläge, die sogenannten „Leobener Vorschläge”, für ein neues Studiengesetz. Dieses wurde am 10. Juli 1969 vom Gesetzgeber im Bundesgesetz über montanistische Studienrichtungen, BGBl. 291, verkündet.
Nach dem neuen Gesetz traten somit neben die Studienrichtungen
sowie neben die bereits angelaufenen neuen Studienrichtungen
in Zukunft noch
letzeres als Studienzweig eines interuniversitären Studiums.
Insgesamt war damit die Berufsvorbildung in zehn Studienrichtungen an der Montanistischen Hochschule möglich geworden.
Außer den neuen Studienrichtungen enthielt das besondere Studiengesetz für die Leobener Hochschule noch eine weitere wichtige Änderung, die das Studium des Hüttenwesens betraf. Bis dahin bestand neben dem Allgemeinen Hüttenwesen - mit seinem Schwerpunkt Eisenhüttenwesen - nur eine Sonderausbildung innerhalb dieser Studienrichtung, nämlich das Gießereiwesen. Für die Zukunft sollten hier jedoch sogenannte Studienzweige mit jeweils stärker spezialisierter Ausbildung innerhalb des hüttenmännischen Studiums eingerichtet werden.
Damit waren außer dem Montanwesen im traditionellen Sinne andere Wissenschaftsbereiche wie solche der Maschinentechnik und der Geotechnik und insbesondere der gesamten Rohstoff-, Grundstoff-, Werkstoff- und Materialwissenschaften nebst allen dazugehörigen Grundlagenwissenschaften und Betriebswissenschaften Arbeitsbereiche der Montanuniversität geworden. Seit 1969 wurden daher auch folgerichtig neue Lehrkanzeln notwendig und errichtet, die in der Folge wiedergegeben werden: Technologie und Hüttenkunde der Nichteisenmetalle (1969/70), Chemische und Physikalische Technologie
der Kunststoffe (1970/71), Metallphysik (1970/ 71), Kunststoffverarbeitung (1972/73), Lagerstättenphysik und Technik (1973/74), Angewandte Mathematik (1973/74), Konstruktiver Tiefbau (1974/75).
Es soll hier nicht verschwiegen werden, daß um 1969 bei maßgebenden Stellen eine gewisse Fehleinschätzung des Montanwesens und der Montanistischen Wissenschaften Platz gegriffen hatte, wobei sogar eine Umfrage über die Nützlichkeit der Montanistischen Hochschule ins Auge gefaßt wurde. Die Ursachen lagen in einer noch unzureichenden Beurteilung von Entwicklungen, in denen sich Teile von Wirtschaft und Wissenschaft des Montangebietes damals befanden. Freilich gab es 1967/68 bloß 827 Hörer an der Leobener Hochschule, obwohl bereits 1961/62 1.039 Hörer immatrikuliert waren. Es ist bezeichnend, daß geringere Hörerzahlen für die Montanistische Hochschule seit ihrer Gründung zumindest ein gewisses Gefahrenmoment darstellten.
Das Jahr 1970 brachte hingegen mit der Übergabe der seit 1957/58 bzw. 1958/59 geplanten Erweiterungsbauten am 27. Jänner einen nach außen hin sichtbaren Höhepunkt. Bereits im Dezember 1957 hatte der Gemeinderat von Leoben den Antrag beschlossen, dem Bund zur Errichtung der Erweiterungsbauten die erforderlichen Grundstücke geschenksweise zu überlassen. 1959 und 1960 wurde das Bauvorhaben weiterbetrieben, 1963 der Grundstein gelegt. Die mit einem Kostenaufwand von 100,000.000 Schilling errichteten Bauten stehen seit 1970 zur Verfügung, wobei das Auditorium Maximum als Teilkomplex bereits aus Anlaß der Internationalen Leichtmetalltagung 1968 fertiggestellt worden war.
In den folgenden Jahren mußten die neuerrichteten Institute untergebracht werden, wodurch trotz der Erweiterung alle Gebäude der Hochschule bald überbelegt waren. Dazu kam, daß mit dem Wintersemester 1970/71 die neuen Studienrichtungen Kunststofftechnik und Werkstoffwissenschaften ihre Lehrtätigkeit in Gang brachten. Gleichzeitig war auch das Studium der Montangeologie als Aufbaustudium nach einer sechssemestrigen Vorbereitung als Geologe an einer Universität möglich geworden.
Ein weiteres Vorhaben war auch die Gründung des Institutes für Festkörperphysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, welches mit den einschlägigen Hochschulinstituten, insbesondere mit dem für Metallphysik, Zusammenarbeiten sollte. Dieses Institut konnte allerdings erst 1976 in das neue Gebäude des Erich-Schmid-Institutes übersiedeln.
Im August 1970 errichtete schließlich das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung als Ergebnis interner Bemühungen der Hochschule ein Institut für Bildungsförderung und Sport. Dieses Institut, das 1972 als österreichisches Modell eröffnet werden konnte, sollte einen bemerkenswerten Aufschwung nehmen, so daß es als Kultur- und Sporteinrichtung für die Universität und die Stadt Leoben nicht mehr wegzudenken ist; 84% der Hörer nehmen an den Veranstaltungen des Institutes teil.
Was die Studienordnung und Studienpläne anbelangt, so konnten bald nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die montanistischen Studienrichtungen bereits in den Jahren 1973 und 1974 die neuen Studienpläne für die Studienrichtungen Hüttenwesen, Erdölwesen, Montanmaschinenwesen, Bergwesen, Markscheidewesen, Gesteinshüttenwesen erarbeitet werden, für die Studienrichtungen Kunststofftechnik und Werkstoffwissenschaften standen die Genehmigungen damals bereits unmittelbar bevor.
Aus der Montanistischen Hochschule mit dem Charakter einer Bergakademie war damit eine entsprechende Hochschule mit dem Wesen einer Technischen Universität für Rohstoff- und Werkstoffwissenschaften und für Geotechnik geworden. Aus diesem Grund gab es auch mehrjährige Überlegungen und auch Beschlüsse und schließlich einen Antrag vom 28. April 1970, der Leobener Hochschule in Anpassung an internationale Gegebenheiten und Notwendigkeiten den Namen Montan-Universität zu geben. Diese Bemühungen führten schließlich 1975 zum Erfolg, als mit der Einführung des UOG die Montanistische Hochschule in Montanuniversität umbenannt wurde.
Es soll hier noch erwähnt werden, daß die Montanistische Hochschule Leoben bereits vor dem Inkrafttreten des Universitätsorganisationsgesetzes den sogenannten „Leobner Hochschulkonvent“ eingerichtet hatte, dem Professoren, Assistenten und Studenten paritätisch angehörten und der gemeinsame Stellungnahmen - auch zur Hochschulorganisation - erarbeitete. Entsprechende Beschlüsse kamen zumeist einstimmig zustande. Mit dem Universitätsorganisationsgesetz wurde der Leobener Hochschulkonvent in die neuen gesetzlichen Strukturen der Montanuniversität übergeführt.
Mit der Neuprofilierung und der Anpassung des Wirkungsbereiches der Leobener Universität in Lehre und Forschung an die moderne technisch-wissenschaftliche Entwicklung durch das Bundesgesetz über die montanistischen Studienrichtungen, 1969, welche die herkömmlichen Montanwissenschaften mit dem Gesamtgebiet der Rohstoff- und Werkstoffwissenschaften und der Geotechnik verband, kam es auch zu einem Anstieg der Hörerzahlen. Waren 1973/ 74 noch 794 Hörer in Leoben inskribiert, so betrug die Hörerzahl 1974/75 929, 1978/79 1232 und 1980/81 983 ordentliche Hörer. Heute studieren rund 2.000 ordentliche Hörerinnen und Hörer in Leoben.
Was die wissenschaftliche Kooperation anbelangt, so wurde 1978 durch Erlaß ein Rohstofforschungsinstitut an der Montanuniversität gemäß § 93 UOG gegründet, um die Forschung und Entwicklung zur Versorgungssicherung mineralischer Rohstoffe, insbesondere der Energierohstoffe, zu betreiben. Auch wurde nach zweijähriger Vorbereitung im Mai 1979 in Gams bei Rothleiten ein geophysikalisches Labor als Außenstelle des Institutes für Geophysik eröffnet.
Zahlreiche Forschungsprojekte der Montanuniversität Leoben wurden vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung gefördert, der auch die Schwerpunktprogramme „Eisen- und Nichteisenmetallforschung“, „Eisenwerkstoffe - Zähigkeit und Wechselfestigkeit von Bau- und Werkzeugstählen und ihre Beeinflussung durch die Herstellungsbedingungen”, „Forschungen zur Erschließung und Nutzung von Lagerstätten in Österreich“ und „Hochleistungswerkstoffe“ finanziell unterstützte. Die kunststofftechnischen Institute beteiligten sich am interuniversitären Forschungsschwerpunkt „Kunststoff-Formteile”.
Auch die Forschungsgesellschaft Joanneum des Landes Steiermark kooperierte mit der Gründung eines Laboratoriums für Lagerstättenphysik, eines Institutes für Angewandte Geophysik, der Sektion für Rohstofforschung und der Arbeitsgemeinschaft für Polymerforschung mit der Montanuniversität. Derzeit bestehen vier Kooperationseinrichtungen mit der Forschungsgesellschaft Joanneum: das Institut für Angewandte Geophysik, das Institut für Umwelt-Informatik, das Laserzentrum Leoben und die Arbeitsgemeinschaft für Polymerforschung; ein Institut für Kunststofftechnik ist in Gründung.
Die Tradition, große Tagungen in Leoben abzuhalten, wurde verstärkt.
Im Studienjahr 1981/82 wurden im Sinne des UOG Großinstitute geschaffen, die ähnliche Fachbereiche zusammenfaßten. 1985 genehmigte das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung nach langjährigem Bemühen der Montanuniversität um den Ausbau der Kunststofftechnik die Errichtung eines Institutes für Konstruieren in Kunst- und Verbundstoffen. 1989 erfolgte die Teilung des Institutes für Chemische und Physikalische Technologie der Kunststoffe in ein Institut für Werkstoffkunde und -prüfung der Kunststoffe und in ein Institut für Chemie der Kunststoffe. Weitere Institute befinden sich zur Zeit im Aufbau, bzw. in Beratung.
Die Studienrichtungen stellen sich derzeit wie folgt dar:
Studienrichtung BERGWESEN mit den Wahlfächern
Bergbau - Allgemeine Fragen und Mineralrohstoffgewinnung
Prospektion und Exploration
Aufbereitung und Veredlung
Tiefbauingenieurwesen
Bergwirtschaft
Deponietechnik (in Vorbereitung)
Studienrichtung MARKSCHEIDEWESEN mit den Wahlfächern
Markscheidekunde einschließlich Landesvermessung
Systemanalyse
Bergschadenkunde
Bergbaukunde
Deponietechnik
Lagerstättenkunde
Studienrichtung ERDÖLWESEN mit den Wahlfächern
Maschinentechnik und Pipelinebetrieb
Spezielle angewandte Geophysik
Energie- und Betriebswirtschaft
Konstruktiver Tiefbau
Wassergewinnung
Systemanalyse
Studienrichtung HÜTTENWESEN mit den Studienzweigen
Eisenhüttenwesen
Metallhüttenwesen
Verformungswesen
Metallkunde
Gießereiwesen
Betriebs- und Energiewirtschaft
Studienrichtung GESTEINSHÜTTENWESEN mit den Wahlfächern
Aufbereitung
Bindemittel
Keramik
Studienrichtung MONTANMASCHINENWESEN mit den Wahlrichtungen
Hüttenmaschinen
Berg- und Erdölmaschinen
Studienrichtung KUNSTSTOFFTECHNIK mit den Wahlfächern
Chemische und Physikalische Technologie
Kunststoffverarbeitung
Systemanalyse
Studienrichtung WERKSTOFFWISSENSCHAFTEN mit den Wahlfächern
Metallphysik und metallische Sonderwerkstoffe
Keramische Werkstoffe
Synthetische Werkstoffe
Betriebswissenschaften
Werkstoffe der Elektronik
Studienrichtung ERDWISSENSCHAFTEN,
Studienzweig MONTANGEOLOGIE mit den Wahlfächern
Prospektion und Mineralwirtschaft
Angewandte Geophysik
Berg- und Markscheidewesen
Betriebswirtschaft
Angewandte Geologie
Studienrichtung ANGEWANDTE GEOWISSENSCHAFTEN als Studium irregulare.
Ferner ist im Bundesgesetz über die montanistischen Studienrichtungen noch eine Studienrichtung ANGEWANDTE GEOPHYSIK vorgesehen, die jedoch noch nicht eingerichtet wurde.
Der erste Studienabschnitt umfaßt fünf Vorlesungssemester und vermittelt auf breiter Basis die für alle Studienrichtungen in gleicher Weise erforderlichen naturwissenschaftlichen und technischen Grundlagen (wie Mathematik, Mechanik, Physik und Chemie) sowie eine Einführung in den Maschinenbau, die Elektrotechnik und die Wirtschaftswissenschaften. Für einige Studienrichtungen kommen die Fächer Mineralogie und Geologie hinzu. Die erste Diplomprüfung schließt das Grundstudium ab und leitet zum viersemestrigen Fachstudium über, das die endgültige Auffächerung in die einzelnen Studienrichtungen und -zweige bringt und auf das künftige Berufsziel ausgerichtet ist. Das 10. Semester ist zur Ausführung der Diplomarbeit und zur Ablegung der Zweiten Diplomprüfung vorgesehen.
Die in Leoben vertretenen Wissenschaftszweige stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit der betrieblichen Praxis und geben somit die Möglichkeit, in der technischen Welt von heute gestaltend mitzuwirken. Andererseits finden Ingenieure mit ausgeprägtem Interesse für Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf den komplexen Gebieten der Rohstoffgewinnung und -Verarbeitung ein zukunftsreiches Betätigungsfeld. Dies umso mehr, als sich die Montanuniversität seit dem Studiengesetz von 1969 verschiedenen neuen zunehmend aktuellen Gebieten zugewendet hat. Alle Studien der Montanuniversität, darunter die der Werkstoffwissenschaften, der Kunststofftechnik, des Gesteinshüttenwesens und des Montanmaschinenwesens, und die entsprechenden Infrastukturen in Forschung und Lehre gibt es in Österreich nur in Leoben. Durch die Einführung und Weiterentwicklung der Aufgabenbereiche wurde die Montanuniversität von der klassischen Hochschule für Berg- und Hüttenwesen zu einer Universität technischer Richtung für das gesamte Gebiet der Rohstoff- und Werkstoffwissenschaften. Heute entfällt auch rund die Hälfte der Neuinskriptionen auf die genannten neuen Studienrichtungen. Unabhängig von den neuen Aufgabenbereichen wurde selbstverständlich auch auf den klassischen Gebieten des Montanwesens die Entwicklung stark vorangetrieben. Ein Memorandum der Montanuniversität von 1983 führt aus, was die Universität in Forschung und Lehre zu leisten vermag, um industriell bedingte Regionalstrukturprobleme abzubauen.
Auf Grund der gegebenen Möglichkeiten ergibt sich ein gutes Kooperationsverhältnis zwischen Universität und Industrie. So wird eine ganze Reihe von einschlägigen Verbänden gemeinsam von Industrie und Hochschule getragen, etwa die Vereinigung der Eisenhütte Österreichs, der Bergmännische Verband Österreichs, die Österreichische Gesellschaft für Erdölwissenschaften, die Österreichische Gesellschaft für Gießereiwesen, der Verband Leobener Kunststofftechniker und der Verein Leobner Werkstoffwissenschafter. Dieser Sachlage entspricht es, daß heute bereits rund 20% der gesamten personellen Kapazität auf kooperative Forschungsvorhaben mit der Industrie entfallen. Lehre, Grundlagenforschung, industrieunabhängige Forschung und Verwaltung beanspruchen entsprechend vier Fünftel der Kapazität.
Die Verpflichtung, sich mit gesellschaftlichen Fragen und Problemen auseinanderzusetzen, wurde den Universitäten zuletzt durch das Universitäts-Organisationsgesetz ausdrücklich übertragen. Die Montanuniversität Leoben steht umso mehr zu dieser Pflicht, als sie bereits seit ihrer Gründung als Steiermärkisch-Ständische Montan-Lehranstalt immer bestrebt war, - seit 150 Jahren - durch Forschung und Lehre zur Modernisierung von Wirtschaft und Industrie beizutragen.
Hauptsächlich benutzte Literatur und Quellen
Leobener Hochschulreden: