Viertes Buch:
Bearbeitet von Erich Wandhoff, Freiberg in Sachsen.
Das dritte Buch hat die verschiedenen und mannigfachen Arten der Gänge und Klüfte beschrieben. Dieses vierte Buch wird darlegen, wie die Grubenfelder zu strecken und zu vermessen sind, und sich auch zu den bergmännischen Ämtern wenden.
Der Bergmann geht, wenn er einen Gang, den er für abbauwürdig hält, erschürft hat, möglichst sofort zum Bergmeister und bittet ihn, daß er ihm das Bergbaurecht verleihe. Es ist nämlich dessen besondere Pflicht und sein Amt, Grubenfelder zu verleihen. Er verleiht daher eine Fundgrube dem, der als erster einen Gang aufgeschlossen hat,
[1] d. h. nach jetzigem Sprachgebrauch "fündig geworden ist".
die übrigen Gruben in der Reihenfolge, in der die einzelnen darum nachsuchen. Die Maße des Grubenfeldes aber werden ausgedrückt in Doppelschritt oder Lachter, welches bei den Bergleuten 6 Fuß mißt;
[2] Über Längenmaße s. 7. Buch Anm. 5. Danach ist ein Lachter 1,70 m. Der alte Freiberger Lachter war 1,942 m, der neue sächsische ist 2,000 m. 7 sächsische Fuß sind 1,982 m.
ein gewisses Maß ist auch so groß wie zwei Armlängen und eine Brustbreite, doch schreiben ihm andere Völker auch eine andere Länge zu. Bei den Griechen nämlich ist es 6 Fuß,
[3] Es ist dies die Länge zwischen den ausgestreckten Armen oder die Klafter.
bei den Römern nur 5 Fuß. Auf die Deutschen aber scheint dieses bei den Bergleuten gebräuchliche Maß, wie man folgern kann, von den Griechen übergegangen zu sein; und in der Tat nähert sich der im Bergbau gebräuchliche Fuß dem griechischen, denn er ist nur drei Viertel eines griechischen Fingers länger; ebenso wie bei den Römern wird er in 12 Zoll geteilt. Aus dem Lachter aber, wenn es vielfach genommen wird, wird 1, 2, 3 oder mehr Lehen; immer aber ist ein Lehen gleich 7 Lachter.
Abb. 401: Die Gestalt des Geviertfeldes oder des Lehens.
Meistens ist das Grubenfeld quadratisch
[4] d. h. ein Geviertfeld.
oder auch rechteckig; beim Quadrat sind alle Seiten gleich. Darum ergeben die Zahlen von zwei Seiten miteinander multipliziert die Summe der sogenannten Quadratlachter. Die Größe des Lehens z. B. ist auf allen Seiten 7 Lachter. Diese Zahl mit sich selbst multipliziert ergibt 49 Quadratlachter.
[5] ein Quadratlachter ist demnach 2,89 qm, ein Quadratlehen 141,6 qm.
Die Längsseiten aber eines langen Feldes sind einander gleich, ebenso die Breitseiten; darum, wenn also die Maßzahl einer Längsseite multipliziert wird mit der Maßzahl der anderen, der Breitseite, so ergibt die Multiplikation die Summe der Quadratlachter eines Langfeldes. So z. B. hat die Fläche eines doppelten Lehen, die Wehr, 14 Lachter in der Länge und 7 Lachter in der Breite; beide Zahlen miteinander multipliziert ergeben 98 Quadratlachter.
[6] das sind 283,2 qm.
Abb. 402: Die Gestalt des Langfeldes oder des doppelten Lehen oder Wehr.
Da aber die Grubenfelder im Ausmaß verschieden sind, je nach der Verschiedenartigkeit der Gänge, so ist es nötig, daß ich mich über sie und ihre Abmessungen ausführlich verbreite. Wenn nämlich ein eigentlicher Gang in Frage kommt, so besteht die Fundgrube aus drei Wehren, d. h. sie umfaßt 42 Lachter in der Länge und 7 Lachter in der Breite. Multipliziert man diese Maßzahlen miteinander, so erhält man 294 Quadratlachter. Mit diesen Grenzen umschließt der Bergmeister das Recht des Herrn einer "Fundgrube".
Abb. 403: Die Gestalt einer Fundgrube.
Die Fläche einer jeden anderen "Grube" besteht aus zwei Wehren, auf welcher Seite der Fundgrube sie auch liege, oder welche in der Reihenfolge sie auch sei, ob die erste nächst der Fundgrube oder die zweite oder die dritte oder irgendeine andere in der Reihe. Sie hat also 28 Lachter in der Länge und 7 in der Breite; multipliziert man die Lachtermaße der Länge mit denen der Breite, so erhält man 196 Quadratlachter, welche mit diesem Ausmaß die Grube umschließen. Mit diesen Grenzen legt der Bergmeister die Gerechtsame des Besitzers oder der Gewerkschaft jeglicher Grube fest.
[7] Mit den Ausdrücken Fundgrube und Grube werden also Grubenfelder von ganz bestimmter Größe bezeichnet. Eine Fundgrube umfaßt nach obigen Angaben 849,6 qm, eine Grube nur zwei Drittel davon, nämlich 566,4 qm.
Abb. 404: Die Gestalt einer gewöhnlichen Grube.
Den Teil eines Ganges, welcher zuerst durch Schürfen aufgeschlossen wird, nennen wir Fundgrube,
[8] Lat.: caput fodinarum = Kopf der Gruben.
weil von ihr alle übrigen Gruben ausgehen, wie die Nerven vom Kopf, und weil der Bergmeister von dort seine markscheiderische Vermessung beginnt. Aus diesem Grunde weist er der Fundgrube auch ein größeres Feld zu als den anderen Gruben, damit er dem ersten Finder den verdienten Lohn gewähre und die übrigen Bergleute zum Eifer, neue Gänge zu erschließen, ansporne. Da sich aber sehr oft die Grubenfelder bis zu einem Bach, einem Fluß oder Strom hinziehen, so wird das letzte Feld, wenn es nicht zur vollen Streckung gebracht werden kann, "Überschar" genannt. Wenn es die Größe einer Wehr erreicht, so verleiht der Bergmeister es demjenigen, welcher als erster um die Verleihung nachsucht; wenn es aber nur die Größe eines Lehens oder ein wenig mehr erreicht, so verteilt er es auf die zu beiden Seiten benachbarten Gruben.
Es ist ferner Sitte bei den Bergleuten, daß jenseits eines Flusses auf dem gegenüberliegenden Teil des Ganges der erste eine neue Fundgrube erhält, welche sie ein "Gegentrum" nennen, andere aber erhalten nur ein gewöhnliches Grubenfeld. Früher bestand eine jede Fundgrube aus drei Wehren und einem einfachen Lehen, so daß sie 49 Lachter in der Länge und 7 Lachter in der Breite hatte. Wenn wir diese beiden Maße miteinander multiplizieren, ergeben sich 343 Quadratlachter, eine Summe, welche die Größe einer alten Fundgrube bezeichnet.
Abb. 405: Die Gestalt einer alten Fundgrube.
Jedes andere alte Grubenfeld aber hatte die Gestalt eines einfachen Lehens, das sind je 7 Lachter in der Länge und Breite; sie war also quadratisch. Und auch heute noch nennen die Bergleute in Erinnerung hieran obige Breite irgendeines Feldes, das auf einem Gang verliehen ist, "Vierung".
Früher war die übliche Art, einen Gang zu vermessen, die folgende: Sobald ein Schürfer Erz gefunden hatte, zeigte er dies dem Bergmeister und dem Zehntner an, die entweder selbst aus der Stadt in die Berge gingen oder mindestens zwei vertrauens- und glaubwürdige Männer schickten, um den an Erzen reichen Gang zu besichtigen. Wenn sie ihn der markscheiderischen Vermessung für wert hielten, ging der Bergmeister an einem festgesetzten Tage wiederum hinaus und befragte den ersten Finder des Ganges über den Gang und die Grube folgendermaßen: "Welcher Gang ist dein, welche Grube ist reich an Erz?" Darauf wies dieser mit dem Finger auf seine Grube und seinen Gang und zeigte sie ihm. Dann befahl ihm der Bergmeister, an die Welle des Haspels zu treten, zwei Finger der rechten Hand auf seinen Kopf zu legen und mit deutlicher Stimme folgenden Schwur zu leisten: "Ich schwöre bei Gott und allen Heiligen und rufe sie zu Zeugen an, daß dieser Gang mein ist, und dazu noch, wenn er nicht mein ist, dann ist dies nicht mein Kopf, und diese meine Hand soll künftig nicht mehr ihren Dienst tun. "Danach begann der Bergmeister mit einer Schnur, von der Mitte der Haspelwelle ausgehend, den Gang zu vermessen; er gab dem Finder des Ganges zunächst ein halbes Lehen, dann drei volle Lehen; danach eines dem König oder Fürsten, ein zweites dessen Gemahlin, das dritte dem Marschall, das vierte dem Mundschenk, das fünfte dem Kämmerer, das sechste sich selbst.
In gleicher Weise vollzog er die Vermessung des Ganges nach der anderen Seite der Haspelwelle. So erhielt der erste Finder des Ganges seine Fundgrube, das sind sieben einfache Lehen. Der König aber oder der Fürst und seine Gemahlin, die Würdenträger und der Bergmeister erhielten jeder zwei Lehen oder zwei alte Maße. Aus diesem Grunde findet man in Freiberg im Meißnischen Lande so viele und miteinander durchschlägige Gruben, die infolge des hohen Alters zum großen Teil zu Bruch gegangen sind. Wenn der Bergmeister schon vorher auf einer der beiden Seiten des Schürfschachtes für einen anderen Finder und für die, welche ich oben genannt habe, die Feldesgrenzen festgelegt haben sollte, so daß er hier Felder nicht mehr zu verleihen vermochte, so gab er sie doppelt auf der anderen Seite. Wenn er aber auf beiden Seiten des Schürfschachtes schon vorher die Feldgrenzen festgelegt hatte, so wurde von ihm nur der bergfreie Teil des Ganges vermessen. So ereignete es sich zuweilen, daß diejenigen, die wir oben genannt haben, überhaupt keine Felder erhielten.
Heute ist die Art und Weise, Gänge zu vermessen und zu verleihen, gegen früher verändert, obgleich jener alte Brauch noch beachtet wird. Wie ich oben dargelegt habe, ist die Fundgrube drei Doppellehen oder Wehren groß, jede andere Grube zwei Doppellehen. Der Bergmeister verleiht das Recht auf eine jede der Gruben dem ersten Muter. Der König oder der Fürst aber ist damit zufrieden, da jegliches Erz ihm gewöhnlich mit einem Zehnten abgabepflichtig ist.
Mag ein Grubenfeld alt oder neu verliehen sein, immer fällt die Vierung eines Ganges mit der Hälfte der Breite ins Liegende, mit der anderen Hälfte ins Hangende; und wenn der Gang saiger in die Tiefe fällt, so verläuft auch das ganze Feld mit seinen Grenzen in gleicher Weise senkrecht in die Tiefe. Wenn aber der Gang schräg
[9] In der Bergmannssprache tonnlägig genannt.
einfällt, so sind auch die Vierungsgrenzen schräg, und der Eigentümer behält für immer das Recht an der ganzen Breite des Feldes, wie weit auch der Gang sich in die Tiefe erstreckt.
[10] Das ist die alte Längenfeld-Gerechtsame.
Weiterhin kann der Bergmeister, wenn bei ihm ein entsprechender Antrag gestellt wird, einem einzelnen Besitzer oder einer Gesellschaft nicht nur das Recht auf eine Fundgrube oder auf irgendein anderes Feld verleihen, sondern auch auf eine Fundgrube und ein Nachbarfeld oder auch auf zwei markscheidende Felder.
Bisher habe ich über die Gestalt und die Ausmaße der Grubenfelder bei einem in die Tiefe fallenden Gang gesprochen; jetzt komme ich zum schwebenden Gang oder Flöz.
[11] Vgl. 3. Buch Anm. 2.
Die Grenzen der Felder, die auf solche Flöze verliehen werden, werden nicht nach einem einzigen Verfahren vermessen. Bald gibt der Bergmeister ihnen Größen, die den bei den Gängen gleich sind, wonach die Fundgrube aus drei, jede andere Grube aus zwei Doppellehen besteht, wie ich oben ausführlich dargelegt habe. Indes mißt er dann die Grubenfelder mit einer Schnur nicht nur von der Stirnseite und der Rückseite des Schürfschachtes her, wie er es zu tun pflegt, wenn er dem Eigentümer eines Ganges die Feldesgrenze bestimmt, sondern auch von den Seiten her. In der gleichen Weise werden die Grubenfelder festgelegt, wenn im Tale ein Gießbach oder eine andere Naturkraft ein Flöz so freigelegt hat, daß es auf den Abhängen des Berges oder eines Hügels oder in der Ebene zutage tritt. Anderswo verdoppelt der Bergmeister die Breite der Fundgrube, die dann 14 Lachter beträgt; die Breite jeder anderen Grube aber bleibt die einfache, das sind 7 Lachter; die Länge aber legt er nicht durch Grenzen fest. An manchen Orten besteht die Fundgrube jedoch aus drei Doppellehen, hat aber 14 Lachter in der Breite und 21 in der Länge.
Abb. 406: Gestalt einer aus 3 Wehren bestehenden Fundgrube.
In ähnlicher Weise setzt sich das Feld irgendeiner anderen Grube aus zwei Doppellehen zusammen, so daß es 14 Lachter in der Breite und ebenso viele in der Länge hat.
Abb. 407: Die Gestalt eines anderen Grubenfeldes.
Anderswo umfaßt irgendein Grubenfeld, gleichgültig ob zu einer Fundgrube oder einer anderen Grube gehörig, 42 Lachter in der Breite und ebenso viele in der Länge. Wieder anderswo endlich verleiht der Bergmeister einem Besitzer oder einer Gewerkschaft irgendein Stück Land, das durch Bäche, kleine Täler und Grenzsteine bezeichnet ist. Welcher Gestalt aber das Grubenfeld auch sei, seine Grenzen verlaufen senkrecht in die ewige Teufe; deshalb hat sein Besitzer auch das Recht auf den Teil aller Flöze, die in diesem Felde liegen, nicht anders als ein Besitzer das Recht auf alle Teile der anderen in die Teufe fallenden Gänge hat, solange diese innerhalb der Grenzen seines Feldes verlaufen. Es zeigt sich nämlich, daß überall, wo ein in die Tiefe fallender Gang gefunden worden ist, nahe dabei andere gefunden werden, ebenso wie überall dort, wo ein Flöz gefunden wurde, darunter mehrere andere vorhanden sind.
Abb. 408: Eine dritte Gestalt eines Grubenfeldes
Einen Gangstock endlich teilen die Bergmeister in vielfacher Weise in Felder. An manchen Orten nämlich besteht die Fundgrube aus drei Doppellehen, in der Weise verdoppelt, daß sie 14 Lachter in der Breite und 21 Lachter in der Länge hat; jede andere Grube besteht aus zwei Doppellehen und hat eine quadratische Gestalt, und zwar 14 Lachter in der Breite und ebenso viele in der Länge. An anderen Orten besteht die Fundgrube aus drei einfachen Lehen, ihre Breite ist 7 Lachter, die Länge 21 Lachter. Beide Zahlen miteinander multipliziert ergeben 147 Quadratlachter.
Jedes andere Grubenfeld besteht aus einem Doppellehen oder Wehr. Anderswo wird der Fundgrube die Gestalt eines Doppellehens gegeben, jeder anderen Grube die eines einfachen Lehens. Und zuletzt endlich wird mancherorts das Recht auf eine ganze Gegend, die durch kleine Bäche, Täler und andere Grenzen bezeichnet ist, einem einzigen Eigentümer oder einer Gewerkschaft zugeteilt. Auch hier fällt jedes Grubenfeld, das auf einem Stock oder einem Flöz verliehen ist, senkrecht in die ewige Teufe. Damit zwischen den Besitzern benachbarter Gruben kein Streit entstehe, wird jedes Grubenfeld durch Grenzzeichen festgelegt. Diese Grenzzeichen aber sind ehemals bei den Erzbergleuten immer nur Steine gewesen und daraus ist der Name hergeleitet, denn der Grenzstein wird jetzt auch Markstein genannt. Heute aber werden zugespitzte Pfähle aus Eichen- oder Kiefernholz, die oben am Kopf durch eiserne Ringe geschürzt lind, damit sie nicht verkürzt werden können, neben die Grenzsteine geschlagen, um sie besser sichtbar zu machen.
Abb. 409: Andere Gestalt des Feldes einer aus drei Lehen bestehenden Fundgrube.
Daß voreinst auf die gleiche Weise die Äcker durch Grenzsteine oder Grenzpfähle bezeichnet worden sind, das bezeugen nicht nur die Bücher, die "Uber die Grenzen der Acker"
[12] Lat. "De limitibus agrorum". Von wem diese Bücher verfaßt wurden, wird nicht angegeben.
geschrieben worden sind, sondern auch Stellen bei Dichtern. Und so, wie die Grubenfelder der Gänge, die erschürft werden, verschieden sind, so auch die Ackerfelder.
Von Stollen gibt es zweierlei Arten; die einen ohne Besitzrecht, die anderen mit einem gewissen Besitzrecht.
[13] Die ersten sind die Freistollen, die zweiten die Erbstollen.
Wenn nämlich der Bergmann an irgendeiner Stelle den Gang wegen allzu großer Wasserzuflüsse nicht aufschließen kann, so beginnt er abwärts am Hange und treibt bis zu der Stelle, wo der Gang zu suchen ist, eine Rösche, die zum größten Teil offen und 3 Fuß tief ist. Durch diese fließt das Wasser ab, legt das Ort trocken und macht es zum Abbau geeignet. Wenn es aber durch diese Rösche nicht genügend trockengelegt wird, oder wenn der Schacht, den er abzuteufen begonnen hat, durch die zusitzenden Wasser gefährdet ist, so geht er zum Bergmeister und bittet ihn, daß er ihm das Stollenrecht verleihe. Nachdem er dieses erhalten hat, treibt er einen Stollen, durch dessen Wassersaige das ganze Wasser abgeleitet wird, so daß das Ort oder der Schacht für den Abbau geeignet wird. Weil es aber von der Erdoberfläche bis zur Sohle dieser Art von Stollen keine 7 Lachter sind, so hat er kein anderes Recht als dieses eine, daß ihm die Grubenbesitzer, in deren Feldern der Stöllner Gold oder Silber erschlossen hat, die Summe erstatten, die er aufgewendet hat, um den Stollen durch diese Felder zu treiben. Innerhalb von 3½ Lachtern über dem Stollenmundloch und unter dem Stollen ist es niemandem erlaubt, einen anderen Stollen anzulegen, und zwar aus dem Grunde nicht, weil ein Stollen dieser Art in einen Stollen anderer Art mit unverletzlichem Besitzrecht umgewandelt zu werden pflegt, und zwar schon dann, wenn er bis auf eine Tiefe von 7 oder 10 Lachter, je nachdem die alte Rechtsgewohnheit des Ortes ihre Geltung behalten hat, die Grubenbaue entwässert. Und so hat die andere Art des Stollens zunächst folgendes Recht: Alles, was der Grubenbesitzer oder die Gewerkschaft an metallhaltigen Erzen in den Grubenfeldern, durch welche der Stollen getrieben ist, findet, gehört in einer Höhe von 1¼ Lachter ganz dem Stöllner. In früheren oder auch in den letzten Jahrhunderten war der Eigentümer des Stollens im Besitze aller Erze, die der Häuer, auf der Sohle des Stollens stehend, mit einer Schaufel berühren konnte, deren Stiel nicht länger sein durfte, als üblich und gebräuchlich war. Heute aber wird dem Erbstöllner eine bestimmte Höhe und Breite zugewiesen, damit die Grubenbesitzer keinen Schaden leiden, wenn der Schaufelstiel länger sein sollte als üblich. Weiterhin ist jede an Erzen reiche Grube, die ein Stollen entwässert und mit Wettern versorgt, dem Stöllner mit einem Neuntel der gewonnenen Erze abgabepflichtig. Wenn aber mehrere Stollen dieser Art in ein an Metallen reiches Grubenfeld getrieben werden und alle dieses Feld entwässern und bewettern, so wird jedem der Stöllner der Neunte von dem Erz gegeben, was über der Sohle eines jeden Stollens gewonnen wird; was unter der Sohle eines jeden Stollens gewonnen wird, gehört immer dem Besitzer des nächsttieferen Stollens. Wenn aber der tiefere Stollen den Schacht der Grube noch nicht sümpft und ihr noch keine Wetter zuführt, so gibt man diesem Stollenbesitzer von dem Erz, das unter der Sohle des darüberliegenden Stollens gewonnen wird, den neunten Teil. Und es nimmt kein Stollen einem anderen das Recht auf den Neunten, mit Ausnahme eines unteren, wenn seine Sohle unter der Sohle eines darüber befindlichen 7 oder 10 Lachter liegt, je nachdem es der König oder der Landesherr durch Gesetz bestimmt hat. Dann muß der Grubenbesitzer den vierten Teil der gesamten Kosten zahlen, die der Stollenbesitzer für die Grube, durch die er den Stollen getrieben, aufgewandt hat; tut er das nicht, so hat er nicht das Recht, den Stollen zu benutzen. Und schließlich, welche Gänge der Gewerke auch angetroffen hat, auf dessen Kosten ein Stollen, an dem niemandem vorher das Erbrecht verliehen worden ist, getrieben wird, so verleiht ihm der Bergmeister auf sein Ansuchen entweder eine Fundgrube oder in gleicher Weise eine Fundgrube und eine benachbarte Grube.
Alter Brauch ist das Recht, einen Stollen zu treiben, wohin man will und solang man will. Später und heute aber verleiht man dem, der zuerst den Stollen in Angriff nimmt und darum nachsucht, nicht nur das Stollenrecht, sondern auch eine Fundgrube und bisweilen auch noch das benachbarte Grubenfeld. Einstmals aber besaß der Stollenherr den Grund und Boden, soweit ein von der Armbrust abgeschossener Pfeil reichte; auch war es ihm erlaubt, dort sein Vieh zu weiden. Ferner gestattete ein alter Brauch, wenn die Schächte zahlreicher Gruben irgendeines Ganges wegen der stark zusitzenden Wassermassen nicht weiter geteuft werden konnten, daß der Bergmeister dem, der den Stollen treiben wollte, das Recht auf ein großes Feld verlieh. Wenn er aber den Stollen bis zu den alten Schächten getrieben und Erz gefunden hatte, ging er wiederum zum Bergmeister und bat ihn, daß er die Grenzen des Grubenfeldes genau umschreibe und sein Recht darauf festlege. Darauf begab sich dieser mit mehreren Bürgern der Stadt, an deren Stelle jetzt die Geschworenen getreten sind, hinauf ins Gebirge und bezeichnete durch Grenzsteine die Grenzen des großen Feldes, das aus sieben Wehren bestand, d. h. 98 Lachter in der Länge und 7 in der Breite hatte. Beide Zahlen miteinander multipliziert ergeben 686 Quadratlachter.
Jedes dieser beiden alten Gewohnheitsrechte aber ist verändert worden; wir haben heute ein anderes, neues Recht.
Nachdem ich über die Stollen gesprochen habe, will ich jetzt über Erbteilung von Gruben- und Stollenrechten berichten. Einem Gewerken ist es erlaubt, ein, zwei, drei oder mehr ganze Grubenfelder zu besitzen und auszubeuten, in gleicher Weise einen oder auch mehrere volle Stollen zu treiben, nur hat er die Berggesetze zu beachten und den Anordnungen der Bergmeister zu entsprechen. Da er allein die Kosten für die Gruben trägt, so hat er auch, wenn sie reich an Erzen sind, allein die Ausbeute aus ihnen.
Abb. 410: Großes Grubenfeld.
Wenn aber oft große Kosten für ein Bergwerk aufzubringen sind, so zieht der Gewerke, dem der Bergmeister zuerst allein das Abbaurecht verliehen hatte, mehrere andere Gewerke, die mit ihm eine Gewerkschaft bilden, heran; diese bringen dann, jeder nach seinem Anteil, die Kosten auf und teilen die Ausbeute oder die Zubuße für die Grube. Wenn also auch die Grubenfelder und die Stollen unteilbar bleiben, so wird doch wegen der Lasten und der Ausbeute eine jede Grube oder ein Stollen gleichsam als Ganzes in Anteile
[14] d. h. in Kuxe.
geteilt. Eine solche Teilung ist in vielfacher Weise möglich. Eine Grube und auch das, was entsprechend unter einem Stollen zu verstehen ist, wird nämlich in zwei Hälften geteilt, gerade sowie ein ganzes As
[15] As bei den Römern die Einheit im Gewichts- und Münzwesen; als Gewicht, auch Pfund genannt, wurde das As in Zwölftel geteilt. 1 As = 12 Unzen, 1/24 As = ½ Unze lat. semuncia, 1/48 As = ¼ Unze lat. sicilicus, 1/72 As = 1/6 Unze lat. sextula, 1/8 As = 1½ Unze lat. sesquiuncia (sescuncia), 1/288 As = 1/24 Unze lat. scripulum; vgl. 7. Buch Anm. 52 und 57.
in zwei halbe. Auf diese Weiser tragen zwei Gewerke die gleichen Kosten und haben die gleiche Ausbeute, denn jeder von ihnen besitzt die Hälfte. Oder man teilt sie in vier Teile, so daß vier Personen Gewerke sein können und ein jeder ein Viertel besitzt. Es können aber auch zwei Gewerke Besitzer in der Weise sein, daß einer drei Viertel, der zweite nur ein Viertel erhält, oder auch drei Personen, so daß der erste zwei Viertel besitzt, der zweite und in gleicher Weise der dritte nur eins. Oder sie wird in acht Teile geteilt, wodurch acht Personen Gewerke sein können und ein jeder Gewerke Besitzer von ein und einem halben Zwölftel ist, oder weiter können zwei Gewerke sein, von denen einer fünf Sechstel
[16] Es muß fünf Sechstel heißen, statt ein Sechstel, wie Agricola irrtümlicherweise schreibt.
und ein halbes Zwölftel, der andere einundeinhalb Zwölftel erhält, oder auch drei Gewerke, von denen der eine drei Viertel, der zweite und ebenso der dritte je einundeinhalb Zwölftel besitzt, oder so, daß einer siebenundeinhalb Zwölftel, der zweite ein Viertel, der dritte einundeinhalb Zwölftel erhält, oder so, daß der erste die Hälfte, der zweite ein Drittel und ein halbes Zwölftel, der dritte einundeinhalb Zwölftel hat, oder so, daß der erste die Hälfte, der zweite und dritte je ein Viertel, oder so, daß der erste und zweite je ein Drittel und ein halbes Zwölftel, der dritte ein Viertel besitzt. In entsprechender Weise sind auch die anderen folgenden Teilungsverhältnisse zu bestimmen. Es entsteht nämlich aus der Vielfältigkeit der Beteiligung, je nachdem, ob viel oder wenig Teile vorhanden sind, immer eine verschieden große Zahl von Gewerken. Eine Grube wird entweder in 16 Teile geteilt, deren jeder Teil 1/2/12 und 1/48 beträgt, oder in 32 Teile, von denen ein jeder Teil 1/48 und 1/2/72 und noch dazu 1/2/288, oder in 64 Teile, deren jeder 1/72 und 1/576 oder endlich in 128 Teile, deren jeder 1/2/72 und dazu 1/2/576 hat.
[17] Die Anteile werden in Zwölfteln und Unterteilen davon ausgedrückt, wie z.B. 1/32 = 1/4/12 + 1/12/12 + 1/24/12 = 9/288 oder 1/32 = 6/288 + 2/288 + 1/288 = 9/288 = 1/32; 1/48/12 = 1/8/72 = 1/576; 1/2/72 + 1/2/576 = 8/1152 = 1/128.
Deshalb bleibt eine Eisenerzgrube entweder ungeteilt, oder sie wird in zwei oder in vier oder sehr selten in mehr Teile geteilt, was von der Güte der Gänge abhängt. Eine Blei-, Wismut- oder Zinngrube, ebenso eine Kupfer- und auch eine Quecksilbergrube wird dagegen in 8 Anteile geteilt, oder in 16, auch in 32, selten in 64 Teile. Über diese Zahl ist ehemals in Freiberg im Meißnischen die Teilung der Silbergruben nicht hinausgegangen. Aber nach der Erinnerung unserer Väter haben zuerst die Bergleute in Schneeberg eine Silbergrube, sowie auch einen Stollen in 128 Teile geteilt; davon gehörten 126 den Gewerken der Grube oder des Stollens, ein Teil dem Staate und einer der Kirche. In Joachimsthal gehörten nur 122 Teile den Gewerken der Grube oder des Stollens, vier den Grundeigentümern, je einer dem Staate und der Kirche. Jüngst hat man an einigen Orten zu diesen 128 Teilen noch einen Anteil für die ärmsten Leute hinzugefügt, der 1/129 ausmacht. Nur die Gewerken zahlen Zubuße. Der Grundherr aber zahlte für seine vier genannten Anteile keine Zubuße, sondern lieferte den Bergherren aus seinen Wäldern unentgeltlich die nötige Menge Holz für den Grubenausbau, für die Maschinen, die Gebäude und die Schmelzhütten. Auch die, welche den Staat, die Kirche und die armen Leute vertreten, zahlen keine Zubuße, sondern erbauen und erhalten öffentliche Gebäude und Gotteshäuser und unterstützen die Armen aus der Ausbeute, die sie aus den Gruben ziehen. In unserer Zeit fängt man damit an, den 128. Teil in zwei, in vier oder in acht Teile zu teilen oder auch in drei, sechs, zwölf und in andere kleinere Teile. Dies tritt für die Anteile gewöhnlich dann ein, wenn zwei Gruben zu einer zusammengelegt werden; dann wird nämlich der, der vorher Besitzer eines Halbteils war, Besitzer eines vierten Teiles, der eines Viertels zu dem eines Achtels, der eines Drittels zu dem eines Sechstels, der eines Sechstels zu dem eines Zwölftels.
Weil nun unsere Landsleute eine Grube ein symposium nennen, das ist eine Zeche, so haben wir uns gewöhnt, das Geld, welches die Gewerken zahlen, symbolum, das ist Zubuße, zu heißen.
[18] Ein Wortspiel: symposium = Trinkgelage oder Zeche, symbola = Geldanteil an dem Trinkgelage = Zubuße.
Denn so wie die, die zu einem symposium oder Gastmahl gehen, Geldbeiträge oder Symbola zahlen, gerade so pflegen die, welche sich vom Bergbau große und reiche Gewinne versprechen, für ihn Gelder aufzubringen. Und in der Tat schreiben die Bergverwalter jährlich meistens viermal für die Gewerken eine Zubuße aus, sooft sie Rechenschaft über die Einnahmen und Ausgaben ablegen. In Freiberg im Meißnischen war es ein alter Brauch, daß die genannten Bergverwalter wöchentlich von den Gewerken die Zubuße einzogen oder, an sie die Ausbeute verteilten. Dieser Brauch aber ändert sich später, seit ungefähr 15 Jahren so, daß beides jährlich nur viermal geschieht.
[19] Richtig wohl "viermal"; irrtümlicherweise steht im lateinischen Text "ter statt quater".
Große oder kleine Zubußen werden eingezogen nach der Zahl der Hauer, die die Grube oder der Stollen beschäftigt. Dann auch, wer viele Kuxe hat, zahlt viel Zubuße. Da die Gewerken meistens viermal
im Jahre Zubuße zahlen, so wird auch viermal im Jahre die Ausbeute verteilt, mag sie groß oder klein sein, je nachdem, ob mehr oder weniger Gold - oder Silber - oder andere Erze gewonnen worden
waren. Sicherlich haben die Bergleute auf der St. Georggrube in Schneeberg in einem Vierteljahr so viel Silber gegraben, daß für jeden 128. Teil oder Kux Silberkuchen als Ausbeute verteilt
wurden, die 1100 rheinische Goldgulden galten; aus einer Grube bei Annaberg, die Himmlischheer genannt wird, wurden 800 Taler, aus einer Grube bei Joachimsthal, "Stern" genannt, 300, aus der
Fundgrube St. Lorenz bei Abertham 250 Taler
[20] Über die hier genannten Münzen: aureus nummus rhenanus und nummus uncialis vgl. Buch 7 Anm. 55.
in einem Quartal Ausbeute gegeben. Je mehr Anteile ein Gewerke besaß, umso mehr bezog er auch Ausbeute.
Nun will ich auseinandersetzen, wie die Gewerken das Grubenrecht oder das Stollenrecht oder das Anrecht auf Kuxe verlieren oder auch sich erhalten können. Wenn früher jemand den Gewerken durch Zeugen nachweisen konnte, daß sie in drei aufeinanderfolgenden Schichten keine Häuer angelegt hatten, so nahm ihnen der Bergmeister das Grubenrecht und verlieh dieses Recht dem Ankläger, wenn er darum nachsuchte. Wenngleich die Bergleute auch heute noch denselben Brauch pflegen, so verlieren die alten Gewerken, die ihre Zubußen gezahlt haben, ihr Teilhaberrecht doch nicht, wenn sie in einer Versammlung Einspruch erheben. Wenn ferner einst die nicht gesümpften Wässer aus einem höher liegenden Schacht einer Grube durch einen Gang oder eine Kluft in einen tiefer liegenden Schacht einer anderen Grube sich ergossen und der Grubenarbeit hinderlich waren, dann gingen die Gewerken der Grube, die den Schaden erlitt, zum Bergmeister und beklagten sich über den Schaden. Dieser schickre dann zwei Berggeschworene zu den Schächten. Wenn diese fanden, daß sich die Sache so verhielt, dann wurde das Grubenrecht der schädigenden Grube dem Besitzer der geschädigten Grube verliehen. Dieser Brauch ist an manchen Orten abgeändert worden. Nachdem nämlich der Bergmeister über die beiden Schächte sich genau unterrichtet hat, bestimmt er, daß die Gewerken der Grube, die den Schaden verursacht hat, den Gewerken der geschädigten Gruben anteilsmäßig den Schaden ersetzen; tun sie das nicht, dann nimmt er ihnen das Grubenrecht. Andererseits wiederum behalten die Gewerken das Grubenrecht, wenn sie Hauer zur Arbeit schicken und die Schächte sümpfen lassen. Auch behielten die Gewerken einst das Stollenrecht, wenn sie erstens auf der Sohle des Stollens Wassersaigen anlegten und die mit Schlamm und Sand angefüllten Stollen säuberten, so daß die Wässer ohne Hindernis abfließen konnten, und die Gerinne wieder instand setzten, die den Schaden verursacht hatten; zweitens, wenn sie Schächte oder Strecken anlegten, die den Bergleuten frische Wetter zuführten oder die zu Bruch gegangenen wiederherstellten; endlich auch dann, wenn drei Hauer einen Stollen trieben. Andererseits verloren die Gewerken, die nicht dafür sorgten, daß diese drei Dinge ausgeführt wurden, das Stollenrecht, vor allen Dingen aber auch dann, wenn während acht Tagen kein Hauer daran arbeitete. Wenn daher jemand den Stollenbesitzern durch Zeugen nachweisen konnte, daß sie es in dieser Richtung hatten fehlen lassen, so brachten sie die Angelegenheit vor den Bergmeister; dieser begab sich aus der Stadt zu dem Stollen, besichtigte die Wassersaigen und die Bewetterungssanlagen und alles Sonstige, und wenn er sich überzeugt hatte, daß sich die Sache so verhielt, fragte er, nachdem er das Zeugnis des Anklägers durch einen Eid erhärtet hatte, also: Wem gehört jetzt der Stollen? Der Zeuge antwortete: Dem König oder dem Landesherrn. Daraufhin gab der Bergmeister das Stollenrecht dem ersten Antragsteller. Durch ein solch hartes Verfahren verloren die Gewerken einst das Stollenrecht. Dieses Verfahren ist jetzt nicht wenig milder, weil die Gewerken heute nicht sofort das Stollenrecht verlieren. Wenn sie die Stollen nicht gereinigt oder die Schächte oder die Wetterstrecken, die den Schaden verursachten, nicht wieder instandgesetzt haben, so befiehlt der Bergmeister dem Bergverwalter, dies zu tun. Wird der Anordnung nicht Folge geleistet, so bestraft ihn das Bergamt. Es ist auch genügend, wenn nur ein Hauer den Stollen treibt. Wenn später der Stöllner die Stelle, wo eine Markscheiderstufe in festes Gestein gehauen ist, als Ende seines Stollens festlegt und ihn nicht weitertreibt, so kann er bis dahin das Stollenrecht behalten, nur müssen die Wassersaigen sauber gehalten und die Wetterstrecken imstande gehalten werden. Es ist dann anderen Gewerken erlaubt, den Stollen, von der festgelegten Grenze an beginnend, weiterzutreiben, wenn er den alten Stollenherren alle drei Monate so viel Geld zahlt, wie der Bergmeister bestimmt hat.
Über die Bergwerks- und Stollenanteile ist noch folgendes zu sagen: Wenn einer von diesen Kuxen einst verschenkt wurde und einmal Zubuße gezahlt worden war, so war der Schenker verpflichtet, sein Versprechen zu halten, ein Brauch, der heute Gesetzeskraft erlangt hat. Wenn dagegen der Schenker bestritt, daß Zubuße gezahlt worden sei, der Beschenkte aber behauptete, daß er die Zubuße, den Kuxen entsprechend, den übrigen Gewerken gezahlt habe, wie er durch Zeugen beweisen könne, so galt, wenn die Angelegenheit vor das Gericht gebracht wurde, das Zeugnis des Gewerken mehr als der Eid des Schenkers. Heute beweist der Beschenkte durch eine Urkunde, die der Grubenvorstand oder der Stollenherr einem jeden auszustellen pflegt, daß er die Zubuße für die erhaltenen Kuxe gezahlt habe. Wenn er aber keine Zubuße gezahlt hatte, so war der Schenker nicht verpflichtet, sein Versprechen zu halten. Früher zahlten die Gewerken, wie ich oben berichtet habe, alle Wochen ihre Zubuße, heute wird sie immer vierteljährlich gezahlt. Hat heute jemand nicht binnen Monatsfrist von dem Schenker die geschenkten Stücke angefordert, so verliert er das Recht, sie zu fordern. Wenn aber der Bergschreiber bereits die geschenkten oder gekauften Anteile im Gewerkenbuch übertragen hatte, so verlor keiner der Gewerken sein Anteilrecht, auch wenn er die Zubuße nicht gezahlt hatte, wenn der Bergverwalter oder der Stollenherr es unterlassen hatte, sie von dem Gewerken oder seinem Stellvertreter zu erheben. Hatte aber der Gewerke oder sein Stellvertreter dem Bergverwalter die von ihm eingeforderte Zubuße nicht gezahlt, so brachte dieser die Angelegenheit vor den Bergmeister, der dem Gewerken oder seinem Stellvertreter befahl, das Geld zu erlegen. Hatte dieser auch dann nicht innerhalb von drei Wochen gezahlt, so gab der Bergmeister das Anteilrecht dem ersten, der darum nachsuchte, ein Brauch, der heute noch unverändert besteht. Ebenso werden, wenn die Gewerken die Zubuße, welche der Bergverwalter oder der Stollenbesitzer ausschreibt, nicht innerhalb eines Monats zahlen, ihre Namen an einem bestimmten Tage mit lauter Stimme ausgerufen und aus der Liste der Gewerken gestrichen, und zwar in Gegenwart des Bergmeisters, der Geschworenen, des Bergschreibers und des Gegenschreibers. Letztere nehmen sie in die Liste für die verfallenen Kuxe auf. Zahlen sie aber innerhalb von drei oder höchstens vier Tagen dem Grubenverwalter oder dem Stollenbesitzer die Zubuße und dem Gegenschreiber die Summe, die gebräuchlich ist, so streicht dieser ihre Anteile aus der Liste der verfallenen Kuxe; nach dieser Frist werden sie dann in ihre früheren Rechte wieder eingesetzt, wenn alle übrigen Gewerken zustimmen. In dieser Hinsicht weicht der gegenwärtig übliche Brauch von dem alten ab. Ist heute eine geringe Mehrheit der Gewerken, d. h. ein wenig mehr als die Hälfte der Gewerken, damit einverstanden, daß die Gestrichenen wieder zugelassen werden, so bleibt den übrigen Gewerken nichts anderes übrig, als zuzustimmen, sie mögen wollen oder nicht. Früher aber wurden die Ausgeschiedenen nicht wieder in ihre alten Rechte eingesetzt, wenn die Angelegenheit nicht durch die Zustimmung von hundert Gewerken gebilligt worden war.
Das Verfahren, wegen der Kuxe Prozesse zu führen, war früher das folgende. Wer einen anderen vor Gericht lud und mit ihm einen Prozeß wegen der Kuxe führte, der klagte den Besitzer bei dem Bergmeister in seiner Wohnung oder in seinem Amtszimmer oder auf der Grube selbst an, und zwar je einmal an drei aufeinanderfolgenden Tagen, wenn die Kuxe zu einem alten Grubenfeld, dreimal innerhalb eines Zeitraumes von acht Tagen, wenn die Anteile zu einer Fundgrube gehörten. Hatte er ihn an diesen Orten nicht angetroffen, so war es gültig und rechtskräftig, den Besitzer der Kuxe vor der Familie des Bergmeisters anzuklagen. Wenn er aber zum dritten Male die Anklage vorbrachte, dann nahm er einen Notar mit sich, den der Bergmeister fragte: Habe ich nicht eine Bezahlung verdient? Jener antwortete: Du hast sie verdient. Darauf gab der Bergmeister dem Kläger das Kuxenrecht, und dieser zahlte dem Bergmeister die übliche Gebühr. Wohnte der, dem der Bergmeister die Kuxe genommen hatte, in der Stadt, so schickte dieser nach vollzogener Verhandlung einen Gewerken der Grube oder der Fundgrube zu ihm, der ihm das Ergebnis mitteilen sollte; wohnte er aber außerhalb, dann wurde das Urteil an Amtsstelle oder auf der Grube mit lauter Stimme im Beisein vieler Bergleute, die zuhörten, öffentlich bekanntgemacht. Heute wird dem wegen Schulden oder der vergebenen Anteile Verklagten eine Frist gesetzt, die ihm, wenn er am Orte wohnt, durch einen Boten bekanntgegeben wird; wohnt er außerhalb, dann wird ihm brieflich Nachricht gegeben. Vor Ablauf von anderthalb Monaten wird ihm aber das Besitzrecht nicht genommen. So viel über diesen Gegenstand.
Bevor ich aber zu den Büchern komme, die man über die Arbeiten zu führen gewohnt ist, will ich von dem Amte des Berghauptmanns, des Bergmeisters, der Geschworenen, des Bergschreibers, des Gegenschreibers, des Gruben- oder des Stollenverwalters, des Gruben- oder des Stollensteigers und der Hauer sprechen. Dem Berghauptmann, den der König oder der Landesfürst zu seinem Stellvertreter ernannt hat, dienen und gehorchen alle Personen jeglichen Geschlechts und Alters und jeglicher Stellung. Er leitet und entscheidet alles dank seiner Klugheit, ordnet das an, was nützlich ist und zum Gedeihen des Bergbaues beiträgt und verhindert das Gegenteil. Er verhängt Geldbußen und bestraft die Schuldigen. Streitigkeiten, die der Bergmeister nicht hat erledigen können, schlichtet er; kann auch er selbst sie nicht schlichten, so gestattet er den Gewerken, die wegen irgendeiner Sache Streit haben, sich vor Gericht zu vergleichen. Er erläßt auch Verordnungen, verleiht Ämter, entzieht sie, setzt die Entlohnung fest für diejenigen, welche ein Amt verwalten oder einen Dienst verrichten. Er ist persönlich anwesend, wenn die Grubenverwalter über die Einnahmen und Ausgaben vierteljährlich Rechnung legen; in allen Dingen vertritt er die Person des Königs oder des Landesherrn und trägt dessen Würde. So haben z.B. die Athener jenen berühmten Geschichtsschreiber Thucydides zum obersten Bergherren über die Erzgruben von Thasos gemacht.
Nächst dem Berghauptmann hat der Bergmeister die höchste Gewalt, denn er hat die Gerichtsbarkeit über alle Bergleute mit wenigen Ausnahmen, nämlich den Zehntner, den Rechnungsführer, den Silberbrenner, den Münzmeister sowie die Münzer selbst. Daher legt er betrügerische, nachlässige und auffällige Leute entweder ins Gefängnis oder nimmt ihnen das Amt, welches sie versahen, oder legt ihnen Geldbußen auf. Von diesen Geldstrafen wird ein Teil als Belohnung denjenigen gegeben, die die Aufsicht führen. Wenn die Grubenbesitzer wegen der Grenzen in Streit geraten, so trifft er als Schiedsrichter die Entscheidung. Kann er allein den Streit nicht schlichten, so spricht er zusammen mit den Geschworenen Recht; es ist aber gestattet, bei dem Berghauptmann noch dagegen Einspruch zu erheben. Seine Verordnungen schreibt er in ein Buch und macht sie öffentlich durch Anschlag bekannt. Weiterhin ist es sein Amt, denen, die darum nachsuchen, das Bergbaurecht zu verleihen und dieses Recht zu bestätigen, die Grubenfelder zu vermessen und ihre Grenzen festzulegen und Fürsorge zu treffen, daß keine unnötigen Strecken getrieben werden. Einige dieser Amtspflichten erledigt er aber nur an bestimmten Tagen. So bestätigt er am Mittwoch in Anwesenheit der Geschworenen das verliehene Bergbaurecht, schlichtet Grenzstreitigkeiten und spricht Recht. Am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag reitet er hinaus zu den Gruben, fährt auf einigen an und gibt an, was zu tun sei, oder nimmt die Grenzen, die umstritten sind, in Augenschein. Am Samstag erstatten ihm alle Grubenverwalter und Steiger Bericht über die Kosten, die sie in der vergangenen Woche für die Gruben aufgewendet haben; diese trägt der Bergschreiber in das Ausgabenbuch ein. Ehemals gab es in einem Königreich nur einen Bergmeister, der alle Richter zu wählen pflegte und Einfluß und Gewalt über sie hatte. Es hatte nämlich jede Grube ihren Richter, wie heute an seiner Stelle, nur mit verändertem Namen, einen Bergmeister. Vor jenen alten Bergmeister, der in Freiberg im Meißnischen wohnte, wurden alle Streitigkeiten gebracht, und daher rührt es, daß bis auf den heutigen Tag die Macht, Recht zu sprechen, bei den Freibergern liege, wenn die Grubenbesitzer, die untereinander streiten, sich um Entscheidung an sie gewandt haben. Der alte Bergmeister konnte auch alles nachprüfen, was ihm vorgetragen wurde und sich auf irgendeiner Grube zugetragen hatte; der Richter und in gleicher Weise heute ein jeder Bergmeister nur alles das, was sich auf seiner eigenen Grube ereignet hatte. Jeder Bergmeister hat auch einen Schreiber, der dem, der um das Bergbaurecht nachsucht, eine Bescheinigung ausstellt, die Tag und Stunde der Rechtserteilung, den Namen des Antragstellers und den Ort der Grube kundgibt. Außerdem schlägt er an den Zecheneingängen vierteljährlich Zettel an, in welchen angegeben ist, wieviel Zubuße dem Bergverwalter zu zahlen ist. Da er diese Anschläge gemeinschaftlich mit dem Bergschreiber verfaßt, so erhalten sie auch gemeinsam die Gebühren, die die Bergverwalter der einzelnen Gruben dafür bezahlen.
Jetzt komme ich zu den Geschworenen, das sind Männer, die im Bergbau wohl erfahren sind und einen guten Ruf haben; ihre Zahl richtet sich nach der größeren oder geringeren Zahl der Bergwerke. Wenn z. B. zehn Gruben vorhanden sind, so werden fünf Paar Geschworene ein Zehnmännerkollegium bilden. Es wird in ebensoviel Abteilungen eingeteilt, wie die Zahl der Gruben beträgt. Jedes Paar pflegt an den Tagen, an welchen die Bergleute arbeiten, die Gruben zu besuchen, die seiner Aufsicht unterstellt sind. Auf diese Weise wird meistens erreicht, daß in einem Zeitraum von 14 Tagen alle Gruben einmal besucht werden. Einige Gruben aber werden genau besichtigt und geprüft, und sie erwägen und beratschlagen mit dem Steiger einer jeden Grube über die Abbaue, die Maschinen, den Ausbau und über alles andere. Auch setzen sie manchmal mit dem Steiger für die Hauer das Gedinge für den Lachter des abzubauenden Ganges fest und bestimmen einen hohen oder niedrigen Lohn, je nachdem das Nebengestein hart oder weich ist, oder ebenso für einen Gang. Wenn aber denen, die die Arbeit übernommen haben, ein unvorhergesehenes und unvermutet hartes Gestein entgegentritt, und sie deswegen die Arbeit schwerer und langsamer erledigen können, so zahlen sie ihnen einen höheren Lohn als festgesetzt war; ist es infolge Wasserführung weicher, und können sie die übernommene Arbeit leichter und schneller erledigen, so kürzen sie den Lohn. Wenn die Geschworenen weiter durch augenscheinliche Beweise irgendeinen Steiger oder einen Hauer der Nachlässigkeit oder des Betruges überfuhren, so erinnern sie diese zunächst an ihre Pflichten und an die übernommenen Arbeiten, oder tadeln sie. Wenn sie darnach nicht fleißiger und besser geworden sind, so bringen die Geschworenen die Angelegenheit vor den Bergmeister, der ihnen kraft seines Amtes ihre Stellung und ihre Arbeit nimmt oder sie ins Gefängnis wirft, wenn sie eine strafbare Handlung begangen haben. Endlich bestätigt der Bergmeister, wenn die Geschworenen, die ihm als Ratgeber und Gehilfen beigegeben sind, abwesend sind, kein Grubenrecht, noch mißt er Grubenfelder aus oder setzt ihre Grenzen fest, noch entscheidet er über Grenzstreitigkeiten, noch spricht er Recht, noch nimmt er irgendeinen Bericht über Einnahmen und Ausgaben entgegen.
Der Bergschreiber trägt die einzelnen Gruben in Bücher ein, in das eine die neuen, in ein anderes die alten wieder aufgenommenen. Dies geschieht auf folgende Weise. Zunächst verzeichnet er den Namen dessen, der um ein Grubenrecht nachsucht, dann den Tag und die Stunde des Antrages, dann den Gang und die Lage des Ortes, weiter, unter welcher Bedingung das Recht verliehen ist und endlich, an welchem Tage es der Bergmeister bestätigt hat. Auch wird dem, dem das Grubenrecht bestätigt worden ist, ein Schein ausgestellt, welcher alle diese Angaben enthält. Darauf trägt er die Gewerken jeder Grube, deren Recht bestätigt worden ist, in ein zweites Buch ein. Ebenso in ein anderes die Unterbrechung der Schichten, die vom Bergmeister jemandem aus irgendeinem Grunde zugestanden worden ist, in ein anderes die Gelder, die eine Grube einer anderen zur Hebung der Wässer oder zum Bau von Maschinen gezahlt hat, in ein weiteres alle die Anordnungen, die der Bergmeister und die Geschworenen getroffen haben und die Streitigkeiten, die von ihnen als ehrliche Schiedsrichter geschlichtet worden sind. Dieses alles trägt er wöchentlich am Mittwoch in die Bücher ein. Wenn aber an diesem Tage ein Feiertag ist, so erledigt er es am folgenden Donnerstag. An allen Samstagen trägt er in ein anderes Buch die Summe der Ausgaben der vorhergehenden Woche ein, deren Betrag der Bergverwalter für jede Grube angegeben hat. Die Summe der vierteljährlichen Ausgaben des Steigers einer jeden Grube aber trägt er zu der festgesetzten Zeit in ein besonderes Buch ein, in gleicher Weise in ein anderes Buch die Gewerken, die in Verzug geraten sind. Damit keiner das Verbrechen der Fälschung begehen könnte, werden alle jene Bücher in einen Kasten mit zwei Schlössern eingeschlossen; zu dem einen hat der Bergschreiber, zum anderen der Bergmeister den Schlüssel.
Der Gegenschreiber verzeichnet die Gewerken einer jeden Grube, die ihm der erste Finder des Ganges bezeichnet, in einem Buche und setzt die Käufer der Kuxe immer an die Stelle der Verkäufer. Durch diese Maßnahme kommt es vor, daß bisweilen zwanzig oder mehr Gewerke in den Besitz irgendeines Kuxes gelangt sind. War der Verkäufer nicht anwesend, und hat er auch nicht einen Brief an den Bergschreiber mit seinem Siegel, oder am besten mit dem Siegel des Bürgermeisters der Stadt, in der er wohnt, versehen, geschickt, so wird ein anderer an seiner Stelle nicht eingetragen. Wenn der Gegenschreiber nämlich zu wenig vorsichtig gewesen sein sollte, so zwingen ihn die Gesetze, den alten Gewerken in seinen früheren Besitz wieder einzusetzen. Einem neuen Besitzer aber gibt er einen Zettel und stellt ihm auf diese Weise eine Bescheinigung darüber aus, daß er Besitzer ist. Wenn im Verlaufe eines Jahres viermal, und zwar vierteljährlich, Rechenschaft über die Ausgaben erstattet wird, so gibt er dem Bergverwalter einer jeden Grube die neuen Besitzer bekannt, damit dieser sicher weiß, von wem er die Zubuße einfordern und wem er die zu verteilende Ausbeute geben soll. Für diese Arbeit zahlt ihm der Bergverwalter, von dessen Arbeit ich nun sprechen will, einen bestimmten Lohn.
Der Bergverwalter schreibt für die Besitzer derjenigen Gruben, die an Erzen nicht ertragreich gewesen sind, eine Zubuße aus, indem er an den Eingängen des Rathauses einen Zettel anschlägt; diese Zubuße ist, je nachdem der Bergmeister und die beiden Geschworenen darüber befunden haben, groß oder klein. Hat irgendein Gewerke sie nicht innerhalb eines Monats bezahlt, so wird er aus der Gewerkenliste gestrichen, und seine Anteile fallen den übrigen Gewerken gemeinsam zu. Wenn der Bergverwalter jemanden wegen Nichtbezahlung der Zubuße namhaft macht, so gibt ihm der Bergschreiber dies durch ein Schreiben bekannt, ebenso der Gegenschreiber. Der Bergverwalter bezahlt aus der Zubuße zum Teil dem Steiger und den Arbeitern den Lohn, zum Teil die zum Bergbau notwendigen Dinge; er kauft, so billig er es zurzeit kann, eiserne Werkzeuge, Nägel, Holz, Bretter, Gefäße, Förderseile und Unschlitt ein. Der Zehntner aber gibt dem Bergverwalter einer erzreichen Grube jede Woche so viel Geld, daß es genügt, um entweder den Arbeitslohn für die Hauer zu zahlen oder die zum Grubenbetrieb notwendigen Dinge zu beschaffen. Zu diesem Zweck gibt der Bergverwalter einer jeden Grube am Samstag einer jeden Woche in Gegenwart des Steigers dem Bergmeister und den Geschworenen einen Rechenschaftsbericht über die Ausgaben. Über die Einnahmen aber, möge es Zubuße sein, die von den Gewerken bezahlt wurde, oder Geld, das vom Zehntner eingegangen war, und in gleicher Weise über die Vierteljahresausgaben gibt er ihnen, dem Berghauptmann und dem Bergschreiber, viermal im Jahre Auskunft. Wie es vier Jahreszeiten gibt, Frühling, Sommer, Herbst und Winter, so gibt es auch viermal jährlich Berichte über Einnahmen und Ausgaben. Im ersten Monat eines jeden Quartals wird Rechenschaft abgelegt, zuerst über das Geld, das der Bergverwalter im letzten Vierteljahr für die Grube aufgewendet hat, dann über den Ertrag, den er in der gleichen Zeit aus ihr erzielt hat. Zum Beispiel enthält der Bericht, der zu Beginn des Frühlings erstattet wird, alle Einnahmen und Ausgaben für jede Woche des Winters, die vom Bergschreiber in die Bücher eingetragen worden sind. Wenn nun ein Bergverwalter das Geld der Gewerken nützlich für das Bergwerk verwendet und es treu verwaltet hat, so erteilen ihm alle das Lob eines umsichtigen und braven Mannes; hat er dagegen wegen Unkenntnis der Verhältnisse Schaden verursacht, so wird er meistens seines Amtes entsetzt. Hat er aber durch seine eigene Nachlässigkeit und Unachtsamkeit den Gewerken Schaden zugefügt, so zwingt ihn die Behörde zum Schadenersatz; wenn er endlich Betrug oder Diebstahl begangen hat, so wird er mit einer Geldbuße oder mit Gefängnis oder mit dem Tode bestraft. Auch ist es des Bergverwalters Pflicht, dafür zu sorgen, daß der Steiger am Anfang und Ende der Arbeit persönlich anwesend sei, daß die Gänge nutzbringend abgebaut, der nötige Ausbau sowie auch die Maschinen und die Gerinne hergestellt werden, und daß etwas vom Lohne der Bergleute, die der Steiger wegen Nachlässigkeiten angezeigt hat, gekürzt werde; auch sorgt er, wenn die Grube reiche Erze fördert, dafür, daß ihr Erzhaus an den Tagen geschlossen ist, an denen nicht gearbeitet wird. Er trägt weiter, wenn der Gang reich an Gold und Silber ist, dafür Sorge, daß die Hauer das Edelmetall möglichst bald in einer Kiste aus der Grube oder dem Stollen fortschaffen oder in einen Raum bringen, der unmittelbar neben der Wohnung des Steigers liegt, damit nicht unredlichen Menschen Gelegenheit zum Diebstahl gegeben werde. Diese Maßnahme erledigt er gemeinsam mit dem Steiger, während die nachfolgende ihm allein zufällt. Wenn nämlich Erz geschmolzen wird, ist er persönlich zugegen und sieht zu, daß das Schmelzen sorgfältig und nutzbringend geschehe. Wenn das Gold und Silber daraus erschmolzen wird, und wenn die Schmelze in den Treiböfen fertig geworden ist, dann trägt er ihr Gewicht in Tabellen ein und bringt diese selbst zum Zehntner, der ebenfalls ihr Gewicht in Tabellen einträgt und vermerkt. Dann wird sie zum Silberbrenner geschafft. Wenn sie von ihm wieder zurückgekommen ist, trägt der Zehntner wie auch der Bergverwalter wiederum ihr Gewicht in das Buch ein. Warum tut er dies? Nun, er betreut das Gut der Gewerken nicht anders als sein eigenes. Die Berggesetze erlauben einem Bergverwalter, daß er die Aufsicht und Verwaltung mehrerer Gruben übernehme, jedoch, falls sie reich an Gold und Silber sind, nur von zweien. Wenn aber noch mehr der ihm unterstellten Gruben Edelmetalle zu fördern beginnen, so verwaltet er diese so lange, bis er vom Bergmeister von ihrer Verwaltung entbunden worden ist. Dem Bergverwalter einer jeden Grube setzen der Bergmeister und die zwei Geschworenen mit Zustimmung der Gewerken einen bestimmten Lohn für seine Arbeit fest. Damit möge genug über das Amt und die Pflichten des Bergverwalters gesagt sein.
Ich komme nun zu dem Beamten, der den Arbeitern der Grube vorgesetzt ist und Steiger heißt; manche nennen ihn auch Aufseher. Dieser verteilt die Arbeiten unter die Lohnarbeiter und sorge mit Fleiß dafür, daß ein jeder seine Arbeit getreulich und nutzbringend verrichtet. Er entläßt auch wegen Unfähigkeit oder Unfleiß Bergleute aus der Arbeit und setzt andere an ihre Stelle, wenn die beiden Geschworenen und der Bergverwalter ihre Zustimmung geben. Er muß selbst ein geschickter Handwerker sein, um Schächte ausbauen, Hölzer stellen und Unterzüge machen zu können, die einen abgebauten Grubenbau zu tragen haben, damit sich keine nicht gestützten Felsblöcke vom Hangenden des Ganges aus dem Gesamtgefüge des Gesteins lösen und die Hauer beim Hereinbrechen erschlagen. Er muß Wassersaigen herstellen und anlegen, in denen das aus den Gängen, Klüften und Gesteinsfugen gesammelte Wasser abgeleitet wird und in den Stollen abfließen kann. Weiter untersucht er die Gänge und Klüfte, um Schächte an der richtigen Stelle niederbringen zu können; auch muß er imstande sein, die geförderten Massen voneinander zu sondern, um seine Leute unterweisen zu können, daß sie die Erze richtig auseinanderhalten. Auch soll er über volle Kenntnis der Aufbereitung verfügen, damit er in der Lage ist, den Wäschern auseinanderzusetzen, auf welche Weise metallhaltige Erden oder Sande zu waschen sind. An die Hauer, die sich anschicken, in der Grube ihre Arbeiten zu verrichten, gibt er eiserne Gezähe und ein gewisses Gewicht an Unschlitt für die Lampen aus. Er unterweist sie auch, wie sie mit Erfolg Abbau treiben können und beaufsichtigt sie, damit sie fleißig sind. Wenn die Schicht zu Ende ist, nimmt er das übriggebliebene Unschlitt von den Bergleuten wieder zurück. Wegen der vielen und großen Aufgaben und Arbeiten wird eine Grube nicht der Obhut nur eines einzigen Steigers anvertraut, sondern es werden einer Grube manchmal zwei oder sogar auch drei Steiger zugeteilt.
Nachdem ich die Arbeiten selbst schon erwähnt habe, will ich kurz auseinandersetzen, wie sie geordnet sind. Die 24 Tag- und Nachtstunden sind in drei Schichten geteilt, jede Schicht dauert 7 Stunden. Die 3 übrigen Stunden, die zwischen die Schichten eingeschoben werden, sind Zwischenstunden, in denen die Bergleute zu den Gruben kommen oder von ihnen fortgehen. Die erste Schicht beginnt um 4 Uhr morgens und dauert bis 11 Uhr; die zweite beginnt um 12 Uhr und endigt um 7 Uhr; diese beiden sind die Tagschichten und werden in Früh- und Mittagsschicht geteilt. Die dritte ist die Nachtschicht; sie nimmt um die achte Abendstunde ihren Anfang und endigt um 3 Uhr nachts. Die letztere genehmigt die Behörde für die Arbeiter nur dann, wenn es unbedingt nötig ist. In diesem Falle, sei es, daß sie die Schächte sümpfen, oder einen Gang aufschließen wollen, bleiben sie die ganze Nacht hindurch bei ihren Grubenlampen wach. Damit sie aber infolge des langen Wachbleibens oder wegen Abspannung nicht einschlafen, so suchen sie sich die harte und lange Arbeit durch Gesang, der weder ungebildet noch unangenehm klingt, zu erleichtern. In manchen Gegenden ist es einem Bergmann nicht erlaubt, zwei Schichten hintereinander zu verfahren, weil ihn sonst meist der Schlaf in der Grube übermannt, wenn er durch so lange Arbeit erschöpft ist, oder weil er dann gern später zur Schicht kommt oder sie früher beendet, als vorgeschrieben ist; anderswo wieder ist es erlaubt, weil er von dem Lohne nur einer Schicht, besonders wenn Teuerung schwer drückt, nicht leben kann. Die Behörde verbietet dann eine außergewöhnliche Schicht nicht, wenn sie auch sonst nur eine ordentliche Schicht zuläßt. Wann sie zur Schicht gehen müssen, das kündet den Bergleuten das Läuten einer großen Glocke an, welche die Fremden "campana" nennen; wenn sie erschallt, so eilen sie aus allen Gassen von hier und dazu den Gruben. In gleicher Weise zeigt das Erklingen der Glocke dem Schichtmeister an, daß die Schicht beendet ist. Wenn er das Läuten gehört hat, schlägt er an das Holzwerk des Schachtes und gibt so den Bergleuten das Zeichen zum Ausfahren. Die Nächsten, die das Signal hören, schlagen mit ihren Fäusteln an das Gestein, und so gelangt das Zeichen bis zu den Entferntesten. Aber auch die Grubenlampen zeigen das Ende der Schicht an, wenn der Unschlitt fast ausgebrannt ist, oder ganz ausgeht. An den Samstagen aber arbeiten die Bergleute nicht, sondern kaufen alles das ein, was für den Lebensunterhalt nötig ist. Auch an Sonntagen und den jährlich wiederkehrenden Festtagen pflegen sie nicht zu arbeiten, sondern opfern dann ihre Schicht heiligen Zwecken. Die Bergleute feiern aber nicht und bleiben nicht untätig, wenn die Not es dringend fordert. Das eine Mal drängt sie eine große Menge Wasser zur Arbeit, ein anderes Mal ein drohender Einsturz, ein anderes Mal wieder irgendetwas anderes. Denn in solchen Fällen an Feiertagen zu arbeiten, wird nicht als der Religion widersprechend angesehen. Zudem ist das ganze Geschlecht der Bergarbeiter zäh und zur Arbeit geboren. Hauptsächlich gibt es Hauer, Anschläger, Förderleute, Schlepper, Erzpocher, Wäscher und Schmelzer. Über alle diese und ihre Tätigkeit werde ich in den folgenden Büchern an passender Stelle berichten. Hier genügt es, nur noch eins bei den Arbeitern zu erwähnen; wenn Arbeiter vom Steiger wegen Nachlässigkeit aufgeschrieben worden sind, so werden sie am Samstag vom Bergmeister oder auch vom Steiger selbst in Gemeinschaft mit dem Bergverwalter entlassen, oder mit einem Teil ihres Lohnes gestraft, oder, wenn Betrug vorliegt, in das Gefängnis geworfen. Die Besitzer der Hütten aber, in denen die Erze geschmolzen werden, und die Hüttenmeister strafen ihre Leute selbst.
Nun habe ich genug gesagt über das, was die Verwaltung und die Ämter der Bergleute anlangt. Das, was sonst noch zu sagen ist, werde ich in einem Buch "Über das Bergrecht und die Berggesetze"
[21] Ein solches Buch von Agricola ist nicht bekannt und wohl auch nicht von ihm verfaßt worden.
behandeln.