Fünftes Buch:
Bearbeitet von Wilhelm Pieper, Magdeburg und Erich Wandhoff, Freiberg in Sachsen.
Die Feldesvermessung der verschiedenen Gänge und die bergmännischen Ämter beschrieb ich im vierten Buch; im folgenden werde ich die Regeln für den Aufschluß und den Abbau der verschiedenen Gänge und die Markscheidekunst behandeln. Das den ersteren Gegenstand Betreffende werde ich zuerst beschreiben, weil die Sache und die Ordnung es so erheischen. Ich werde mit der Beschreibung der Grubenbaue, nämlich der Schächte, der Stollen, der Grubenstrecken auf den in die Teufe fallenden Gängen beginnen und dann die Kennzeichen einer guten Beschaffenheit der Lagerstättenräume, des Lagerstätteninhalts und des Nebengesteins schildern. Hierauf werde ich darlegen, wie und mit welchem Gezähe die Gänge und das Nebengestein hereingewonnen werden, wie die Festigkeit des Gebirges durch Feuersetzen gebrochen wird, mit welchen Künsten die Wasser in den Gruben gehalten und die Wetter in den tiefsten Schächten und den längsten Stollen geführt werden; denn Überfluß an jenen oder Mangel an diesen hindern die Grubenarbeiten. Ferner beschreibe ich die bei den Arten der Schächte sowie ihren und der Stollen Ausbau. Zuletzt behandle ich den Abbau der schwebenden Gänge oder Flöze, der Stockwerke und der Klüfte.
[1] Über die Unterscheidung der Gänge, Flöze und Stockwerke s. 3. Buch Anm. 2.
Nach der Erschürfung eines in die Teufe fallenden Ganges beginne der Bergmann einen Schacht zu senken; über ihm errichtet er einen Haspel sowie eine Kaue, damit der Regen nicht in den Schacht
eindringt und die Haspelleute nicht unter Kälte oder Regen leiden. Auch stellen die Haspler in der Kaue ihre Laufkarren unter, und die Häuer bewahren dort ihr Gezähe und anderes. Neben der
Schachtkaue wird eine andere Kaue, das Zechenhaus, errichtet, in dem sich der Steiger und die übrigen Bergleute aufhalten können und die Erze und sonstigen Mineralien gelagert werden. Manche
Grubenbesitzer errichten nur eine Kaue; da aber leicht Kinder oder Tiere in die Schächte fallen können, so bauen doch die meisten mit Absicht zwei Kauen, entweder ganz gesondert oder wenigstens
durch eine Zwischenwand getrennt. Der Schacht ist eine Grube in der Erde, die im allgemeinen 2 Lachter lang, 2/3 Lachter breit und 13 Lachter tief ist. Je nach der Höhenlage des bereits vorher in
den Berg getriebenen Stollens wird der Schacht bisweilen auch auf eine Teufe von nur 8 Lachter oder auch bis etwa 14 Lachter abgesenkt. Der Schacht wird saiger oder tonnlägig
[2] Das Wort saiger oder seiger der Bergmannsspracbe bedeutet senkrecht, der Ausdruck tonnlägig geneigt.
niedergebracht, je nachdem der Gang, den die Bergleute beim Abteufen verfolgen, saiger oder flach einfällt.
Der Stollen ist eine langgestreckte, in die Erde vorgetriebene Offnung, etwa doppelt so hoch wie breit und so bemessen, daß die Bergleute durch ihn fahren und Lasten fördern können. Er pfiegt 1/4 Lachter hoch und etwa 3 3/4 Fuß breit zu sein. Im allgemeinen treiben zwei Häuer den Stollen vor; vorweg gewinne der eine die obere, hinter ihm der andere die untere Hälfte herein. Sie sitzen dabei auf Querspreizen, die zwischen die beiden Stöße geklemmt sind, oder wenn der Gang weich ist, auch auf Sitzpfählen, die oben breit, unten zugespitzt und in die Gangmasse eingeschlagen sind.
Abb. 501: Ein Stollen und seigere Schächte. Drei saigere Schächte. Der erste Schacht, der noch nicht bis zum Stollen geteuft ist A. Der zweite Schacht, der den
Stollen erreicht hat B. Der dritte Schacht, bis zu dem der Stollen noch nicht vorgetriehen ist C. Der Stollen D.
Abb. 502: Ein Stollen und tonnlägige Schächte. Drei tonnlägige Schächte. Der erste Schacht, der noch nicht bis zum Stollen gteuft ist A. Der zweite Schacht, der den Stollen erreicht hat B. Der dritte Schacht, bis zu dem der Stollen noch nicht vorgetrieben ist C. Der Stollen D.
Die Bergleute teufen im allgemeinen mehrere Schächte ab, sowohl saigere als auch tonnlägige. Und zwar haben von beiden Arten jeweils die einen den Stollen bereits erreicht, andere noch nicht, und wiederum andere sind bereits bis zu der Teufe, in der sie mit dem Stollen durchschlägig werden sollen, niedergebracht, doch ist der Stollen selbst noch nicht bis zu ihnen vorgetrieben.
Es ist günstig, wenn ein Schacht mit dem Stollen durchschlägig ist, denn es erleichtert den Häuern und den übrigen Bergleuten die Arbeit. Ist der Schacht aber nicht so tief, so empfiehlt es sich, nach einer oder nach zwei Richtungen Flügelörter
[3] Unter Ort versteht der Bergmann einerseits jeden mehr oder weniger söhlig vorgetriebenen Grubenbau, also Strecken u. dgl., anderseits aber auch das jeweilige Ende solcher in der Auffahrung begriffenen Grubenbaue. Flügelörter sind von einem anderen Grubenbau aus seitwärts angesetzte Strecken.
anzusetzen und vorzutreiben. In diesen Örtern erkennt der Grubenbesitzer oder der Steiger die Gänge und Klüfte, die entweder zum Hauptgang fallen oder ihn rechtwinklig kreuzen oder schräg
[4] Dies wird mit einem alten bergmännischen Ausdruck: "ortschicks" genannt.
durchsetzen. Vor allem geben diese Örter auch über die Erzführung des Ganges Aufschluß. Die so entstehenden Feldörter und Querschläge werden, wie von den Römern fossae latentes vel occultae genannt, weil sie, nach der Art eines Stollens in die Länge vorgetrieben, innerhalb des Gebirges verborgen bleiben. Diese Art von Strecken unterscheidet sich also vom Stollen dadurch, daß sie auf ihre ganze Länge blind sind, der Stollen aber eine ans Tageslicht tretende Öffnung hat.
Nach den Schächten, Stollen und Strecken will ich nun die Kennzeichen der Lagerstättenräume, des Lagerstätteninhalts und des Nebengesteins beschreiben. Diese Merkmale, ebenso wie vieles andere, das ich erläutern werde, haben zum größten Teil die schwebenden Gänge oder Flöze und die Stockwerke mit den in die Tiefe fallenden Gängen gemeinsam. Wenn eine Kluft auftritt, die sich zum Hauptgang örtet,
[5] d.h. die den Hauptgang trifft.
so ist der Schacht da, wo beide sich scharen, niederzubringen. Finden wir ferner eine Kluft, die den Gang rechtwinklig oder schräg durchsetzt, so ist ein zweiter Schacht zu senken, und zwar, wenn die Kluft steil einfällt, auf dem Kreuzungspunkt, wenn sie jedoch flach einfällt, 2 oder 3 Lachter davon entfernt, damit die Schnittlinie beider tiefer durchörtert wird.
[6] Vgl. die Gangbilder im 3. Buche.
Denn an diesen Stellen besteht die größte Aussicht, das Erz zu finden, um dessen willen wir die Erde durchwühlen, und wenn es schon vorher gefunden worden ist, so pflegt es an diesem Punkte bedeutend reicher einzubrechen. Wenn mehrere Klüfte in die Tiefe fallen, so muß der Bergmann, um ebenfalls die Kreuzungszone durchfahren zu können, auf der Mitte zwischen ihnen den Schacht niederbringen oder auf die edlere Kluft Rücksicht nehmen. Da ein flach einfallender Gang sich nicht selten in der Nähe eines steil einfallenden erstreckt, so empfiehlt es sich, dort abzuteufen, wo ein Quergang oder eine Querkluft oder ein schwebender Gang oder Flöz die beiden durchsetzt, denn dort liegen gewöhnlich Erze verborgen. Ebenso ist dort gute Hoffnung, Erz zu finden, wo der flache Gang zum Steilen fällt; daher durchörtern die Bergleute das Hangende oder das Liegende des Hauptganges und suchen dort nach einem Gang, der innerhalb einiger Lachter mit dem Hauptgang zusammenfällt.
Abb. 503: Lage eines Feldortes oder eines Querschlages zum Schacht und Stollen. Ein Schacht A. Ein Feldort oder Querschlag B, C. Ein anderer Schacht D. Der Stollen E. Das Stollenmundloch F.
5ie treiben aber auch Strecken durch das feste Gestein des Hangenden oder des Liegenden, wenn den Hauptgang keine Kluft und kein Gang quert, die sie verfolgen könnten. Diese Querörter heißen bei den Alten ebenfalls fossae latentes, einerlei ob sie vom Stollen oder vom Feldort aus aufgefahren werden. Die Bergleute haben auch Hoffnung, wenn nur ein Quergang den Hauptgang durchsetzt. Wenn übrigens ein Gang, der den Hauptgang schräg durchsetzt, jenseits von ihm nicht wieder erscheint, so empfiehlt es sich, den Flügel des Hauptganges, auf den der Nebengang weist, einerlei ob es der rechte oder der linke ist, zu verfolgen, um festzustellen, ob der Hauptgang den Nebengang geschleppt hat. Ist dies nicht nach 6 Lachtern erfolgt, so muß man den anderen Flügel verhauen, um zu untersuchen, ob der Hauptgang den Nebengang zurückgeschlagen hat. Die Eigentümer eines Hauptganges können im Allgemeinen nicht minder vorteilhaft den Verhieb auf dem Flügel vornehmen, auf dem der den Hauptgang teilende Gang wieder erscheint, als auf dem Flügel, auf dem er zuerst erschienen ist. Die Gewerken des unterbrechenden Ganges erlangen, wenn dieser wiedergefunden ist, ihr Recht wieder, das sie in gewissem Maße verloren haben. Der gemeine Bergmann hält die Klüfte für gut, die von Norden auf den Hauptgang kommen; dagegen verwirft er die Klüfte, die von Süden kommen, und sagt, daß diese dem Hauptgang sehr schädlich, jene nützlich seien. Ich aber bin der Ansicht, daß doch wohl keiner von ihnen unverritzt
[7] d.h. unbearbeitet.
gelassen werden darf. Wie ich im dritten Buch gezeigt habe, daß die Erfahrung nicht mit solchen Urteilen über die Gänge übereinstimmt, so könnte ich jetzt auch für eine jede vom gemeinen Bergmann verachtete Kluft Beispiele anführen, durch die ich ihre Güte nachwiese, wenn ich nicht überzeugt wäre, daß es der Nachwelt wenig oder nichts nützen würde.
Wenn sich aber den Häuern keine Klüfte oder Gänge weder im Hangenden noch im Liegenden des Hauptganges zeigen und dieser sich auch sonst nirgends auftut, so lohnt es nicht, einen zweiten Schacht zu teufen. Auch soll man nicht einen Schacht dort niederbringen, wo sich ein Gang in zwei oder drei Trümer zerschlägt, wenn nicht Anzeichen dafür da sind, daß diese sich bald hernach wieder scharen. Es ist ferner ein schlechtes Zeichen, wenn ein reicher Gang sich hierhin und dorthin stürzt; denn wenn er nicht wieder so wie zuerst, steil oder flach, einfällt, so gibt er weiterhin kein Erz mehr, und selbst wenn er wieder das alte Einfallen hat, bleibt er doch oft taub. Auch erzreiche Tagklüfte täuschen oft die Häuer, indem in ihnen nach unten zu kein Erz zu finden ist. Schließlich wird ein widerporstiges
[8] Widerporstiges Absetzen des Gesteins bedeutet verschiedene Richtung der Gesteinsfugen zu beiden Seiten des Ganges.
Absetzen des Gesteins zu den schlechten Zeichen gerechnet. Verhauen werden alle derben Gänge, deren Höfflichkeit
[9] Höfflichkeit der Gänge ist ein alter bergmännischer Ausdruck für Reichtum der Gänge.
deutlich zu erkennen ist; desgleichen die drusigen Gänge, besonders wenn sie reich an Erzen waren, bevor die Drusen auftraten, oder die Drusen der Zahl nach gering und klein sind. Leere Spalten, die Wasser führen, werden nicht gegraben, außer wenn die Wasser Erzteilchen herbeigeführt und abgesetzt haben; selten auch die trockenen hohlen Spalten, weil sie im Allgemeinen nur einen unartigen
[10] Unartig bedeutet arm oder wertlos.
Kies oder ein schwarzes weiches Mineral, ähnlich der Wolle, führen. Die Bergleute graben ferner erzreiche Klüfte, mitunter auch erzleere, um nach Gängen zu suchen, die etwa nahe dem Hangenden oder dem Liegenden des Hauptganges streichen.
Nach diesen Ausführungen über die Beschaffenheit der Klüfte und der Gänge wollen wir uns jetzt der Erzführung der Gänge, der Flöze und der Stockwerke zuwenden. Die Erzführung der Gänge ist entweder fortlaufend und zusammenhängend oder zersprengt und zerstreut oder als einzelne Ausbauchungen ausgebildet oder auch, bei vom Hauptgang abzweigenden Gängen oder Klüften, ästig. Diese letzteren Gänge und Klüfte sind sehr kurz, und sie verschwinden nach geringer Erstreckung ganz. Eine geringe Erzführung gilt nur als Anzeichen, eine reiche aber stellt nicht ein Anzeichen dar, sondern ist gerade das, wonach wir die Erde durchwühlen. Findet der einen Gang anschlagende Häuer bald gediegen Metall oder ein sonstiges nutzbares Mineral oder eine edle Gangführung oder große Vorräte eines armen Erzes, dann wird er dort alsbald einen Schacht niederbringen. Und dorthin, wo ihm das Mineral reichhaltiger oder besser erscheint, wird er den Verhieb richten. Oft wird gediegen Gold, Silber, Kupfer oder Quecksilber, weniger oft gediegen Eisen und Wismut, kaum irgendeinmal gediegen Zinn oder Blei gefunden. Allerdings unterscheiden sich die Zwitter und übrigen Zinngraupen
[11] Unter Zwitter versteht man ein mit Zinnerz (Kassiterit) durchsetztes Gestein; Zinngraupen sind kleinere oder größere Stücke reinen Kassiterits.
nicht viel vom reinen Zinn; und der beste Bleiglanz unterscheidet sich nicht sehr vom Blei.
Wenn wir ein Golderz zu beurteilen haben, so bezeichnen wir nächst dem reinen Gold das Rohgold, es sei grünlichgelb oder goldgelb oder rot oder schwarz oder außen rot und innen goldfarben, als reiches Golderz, weil das Gold an Schwere jeden Stein und jede Erde übertrifft. Dann kommt alles Golderz, von dem 100 Pfund mehr als 3 Unzen Gold
[12] Das ist rund 0,188 %.
enthalten; denn wenn auch dieser Goldgehalt der Erden und Steine gering ist, so gleicht er doch an Wert anderen Metallen von größerer Gewichtsmenge. Alle übrigen Golderze müssen zu den armen Erzen gerechnet werden, weil Erde oder Steine das Gold zu sehr überwiegen. Auch ein Erz, das mehr Silber als Gold enthält, pflegt selten reich zu sein. Sowohl trockene als auch feuchte Erde ist nicht selten reich an Gold; in der trockenen ist im Allgemeinen mehr Gold, wenn sie aussieht, als sei sie im Ofen geschmolzen, oder wenn sie Blättchen führt, die dem Glimmer ähnlich sind. Auch die folgenden aus Lösungen erstarrten Mineralien, nämlich Lasurstein, Malachit, Auripigment und Realgar,
[13] Lateinisch caeruleum, chrysocolla, auripigmentum, sandaraca. Vgl. hierzu 7. Buch Anm. 25.
pflegen Gold zu enthalten. Ferner finden sich gediegenes Gold und Golderz bald viel, bald wenig im Quarz, Schiefer, Kalkstein, weiter in leicht schmelzbaren Steinen,
[14] Lateinisch lapis, qui facile igni liquescit. Derartige Steine erwähnt Agricola später als Zuschläge beim Probieren im 7. und beim Verschmelzen der Erze und Produkte im 9., 10. und 11. Buche, und bezeichnet sie als solche erster, zweiter und dritter Art, ohne daß sich aber entscheiden läßt, was für ein Mineral im Einzelfall gemeint ist. Vor allem wird man dabei an Flußspat denken können. Vgl. 7. Buch.
die mitunter so drusig sind, daß sie wie ausgenagt erscheinen, und schließlich ist Gold in Kiesen enthalten, wenn auch selten in größerer Menge.
Von den Silbererzen werden nächst dem gediegenen Silber zu den reichen Erzen die gerechnet, von denen 100 Pfund mehr als 3 Pfund Silber enthalten. Diese Bedingung erfüllen gediegen Silber, das Glaserz, das dunkle und lichte Rotgültigerz, das Schwarzerz, Grauerz, Braunerz, Gelberz und leberfarbige Erz
[15] Lateinisch materia, quae constat ex argento rudi sive ei plumbi color fuerit, sive ruber, sive albus, sive niger, sive cinereus, sive purpureus, sive luteus, sive jecoris, sive denique alterius rei. Agricola mengt hier und später offenbar gediegen Silber mit verschiedenen Anlauffarben, eigentliche Silbermineralien und silberhaltige Erden und Gesteine, durcheinander. Im Index zu seinem Buch De veteribus er novis metallis libri II, Froben, Basileae 1546, werden diese Ausdrücke wie folgt verdeutscht: argentum rode gediegen Silbererz, a. r. plumbei coloris Glaserz, a. r. rubrum Rotgolderz, a. album Weißrotgüldenerz, denn es ist frisch, wie oftmals Rotgüldenerz pfleget zu sein, a. r. nigrum gediegen Schwarzerz, a. r. cineraceum gediegen Grauerz, a. r. purpureum gediegen Braunerz, a. r. luteum gediegen Gelberz, a.c. jecoris colore gediegen lederfarbig Erz. Unter den letzten fünf Erzen dürften Erden mit eingesprengten Silbermineralien, vielleicht auch Chlorsilber zu verstehen sein. Vgl. 7. Buch Anm. 39.
und andere. Es gehören auch darunter Erze von Quarz, Schiefer, Kalkspat, wenn sie viel gediegenes Silber oder Silbererz führen. Als armes Erz aber gilt das, von dem 100 Pfund höchstens 3 Pfund Silber enthalten. Dies pflegt reichlicher aufzutreten, indem die Natur die Reichhaltigkeit durch Menge ersetzt. Solch armes Erz besteht aus einem Gemisch von allen möglichen Erden und Steinen außer den genannten Silbererzen, sodann besonders aus Kies, Galmei,
[16] Lateinisch cadmia metallica fossilis. Über die verschiedene Bedeutung des Wortes cadmia vgl. 7. Buch Anm. 2, 8. Buch Anm. 9 und 37, 9. Buch Anm. 32 und 64 und 11. Buch Anm. 61.
Bleiglanz, Grauspießglanz und anderem.
Wenn auch von den übrigen Metallen gewisse reiche Erze gefunden werden, so lohnt ihre Gewinnung doch nur sehr selten, falls nicht ihre Gänge mächtig sind. Die Inder und einige andere Völker suchen in unterirdischen erdigen Schichten nach Edelsteinen; aber öfter werden diese infolge ihrer Farbenpracht und noch mehr ihres Glanzes bei der Gewinnung von Erzen entdeckt. Auch Vorkommen von Marmor, von Werk- und Bausteinen graben wir, wenn wir sie zufällig finden. Die Steine im eigentlichen engeren Sinn jedoch werden, obwohl sie zum Teil eigene Lagerstätten haben, im Allgemeinen in Erzgruben oder Steinbrüchen gewonnen, z.B. der Magnetstein in Eisenerzgruben, der Smirgel in Silbererzgruben, der Judenstein, der Räderstein
[17] Lateinisch lapis judaicus und trochites. Dies sind nach Agricolas Werk De natura fossilium libri X, Froben, Basileae 1546, S. 261, Kalksteine mit verschiedenartig geformten Versteinerungen. Ersterer hat den Namen von seinem Vorkommen in Judaea, letzterer von der Form der Versteinerungen.
u. dgl. in Steinbrüchen; die Häuer lesen sie gewöhnlich auf Geheiß der Gewerken aus den Klüften der Gesteine. Der Bergmann versäumt ferner nicht, gewisse Erden zu graben, gleichgültig, ob sie in Gold- oder Silber- oder Kupfergruben oder anderen gefunden werden; dies unterlassen auch die Arbeiter der Steinbrüche und andere nicht, wenn die Erden in Steinbrüchen oder eigenen Vorkommen gefunden werden. Das Kennzeichen der Güte dieser Erden ist im Allgemeinen ihr Geschmack. Und schließlich achtet der Bergmann auch auf die aus Lösungen erstarrten Mineralien, einerlei, ob er sie auf Erzgängen oder eigenen Lagerstätten findet; er liest sie auf und sammelt sie. Doch mehr werde ich hierüber nicht reden, weil ich alles über die Erze und die übrigen Mineralien in meinem Werk über Mineralogie
[18] De natura fossilium libri X, Froben, Basileae MDXLVI.
ausführlicher dargelegt habe.
Ich kehre zu den Kennzeichen zurück. Wenn wir Letten antreffen, in dem die Geschiebe eines Metalls oder Erzes vorkommen, so wird hierdurch am besten den Bergleuten die Nähe eines Ganges angezeigt; denn es muß eine Erzmasse vorhanden sein, von der die Geschiebe weggeführt worden sind. Auch wenn ein solcher Letten frei von jeglichen Erzteilehen, jedoch fett und weiß, grün, blau oder ähnlich gefärbt angetroffen wird, so soll man mit der begonnenen Arbeit nicht aufhören. Die Häuer haben noch andere Anzeichen aus den Gängen und Klüften, über die ich bereits gesprochen habe, sowie aus den Gängen, über die ich nachher noch etwas sagen werde. Eine trockene Erde, die Metall oder Erz enthält, ist ein gutes Zeichen, und wenn sie gelb oder rot oder schwarz oder sonstwie hervorstechend gefärbt ist, kein schlechtes Zeichen, selbst wenn sie frei von Erz ist; und ein Fund von Malachit, Lasurstein, Kupfergrün, Auripigment oder Realgar wird zu den guten Zeichen gerechnet. Wo ein unterirdischer Quell Erzteilchen auswirft, da empfiehlt es sich, die begonnene Arbeit fortzuführen, denn das ist ein Anzeichen, daß diese Teilchen von einer anderen Masse losgerissen sind wie ein Stückchen von einem Körper. Gleicherweise gelten auch ganz dünne Blättchen eines Metalls, die an einem Stein oder am Gestein haften, als gutes Anzeichen. Fallen ferner Gänge, die teils mit Quarz, teils mit Letten oder trockener Erde ausgefüllt sind, zusammen mit ihren Klüften in die Teufe, so besteht gute Hoffnung, Erz zu finden. Wenn die Klüfte hernach nicht erscheinen oder wenig Erz auftritt, soll man die Arbeiten nicht eher einstellen, als bis nichts mehr zu tun ist. Dunkler, schwarzer, horn- oder leberfarbener Quarz ist im Allgemeinen ein gutes Anzeichen, weißer teils ein gutes, teils ein schlechtes. Kalkspat, der in der Tiefe des Ganges erscheint und ein wenig unterhalb wieder verschwindet, ist kein gutes Zeichen, denn er gehört nicht zum eigentlichen Gang, sondern zu einer Kluft. Die leichtschmelzigen Steine, auch die durchsichtigen, rechnen zu den mittelguten Anzeichen; in Verbindung mit anderen guten Zeichen sind sie gut, doch allein stellen sie kein Anzeichen von Güte dar. In ähnlicher Weise müssen wir bei den Edelsteinen urteilen. Gänge, die am Hangenden und am Liegenden hornfarbenen Quarz oder Kalkspat, dazwischen aber Letten führen, geben etliche Hoffnung; das gleiche gilt von Gängen, die am Hangenden und am Liegenden eisenschüssige Erde und dazwischen fette und zähe Erden führen, sowie von Gängen, deren Salbänder Harnische
[19] Unter Harnisch oder Rutschflächen versteht man glänzende Gleitflächen, die infolge Verschiebung des Ganges gegen das Nebengestein oder einzelner Gangteile gegeneinander entstehen.
bilden und die schwarze Erde, die wie verbrannt aussieht, führen. Ein besonderes Anzeichen für Gold ist Auripigment, für Silber Wismut und Grauspießglanz, für Kupfer Malachit und die Vitriole von Kupfer, Eisen, Zink u. dgl., für Zinn und namentlich für große reine Graupen eine bleiglätteartige Masse; ein besonderes Zeichen für das Eisen ist der Eisenrost,
[20] d. h. oxydische Eisenerze.
für Gold und Kupfer gemeinsam Malachit und Lasurstein, für Silber und Blei Bleiglanz. Obgleich die Bergleute das Wismut mit Recht den Hut des Silbers nennen und der Kupferkies der gemeinsame Erzeuger des Kupfer- und des Eisenvitriols und ihrer Verwandten ist, so haben diese doch bisweilen ihre selbständigen Vorkommen; das gleiche gilt vom Auripigment und vom Grauspießglanz.
Wie die Gangmasse den Bergleuten gute Anzeichen gibt, so tut dies auch das Gebirge, durch das die Lagerstättenräume sich erstrecken. Zum Beispiel gilt Sandstein in den Gruben als gutes Zeichen, besonders wenn er feinkörnig ist; ebenso ist es mit dem schwachblauen und mattschwarzen Schiefer und dem Kalkstein jeglicher Farbe. Für einen Silbergang ist ein gutes Vorzeichen ein mit allerfeinsten Zinnzwittern durchsetztes andersartiges Gestein, besonders wenn das ganze Zwischenmittel daraus besteht. Vielfach schließt ein so ausgezeichnetes Gestein in Verbindung mit einer edlen Kluft einen erzreichen Gang ein. Fällt der Gang senkrecht ein, so gehört sein Reichtum nur der Grube, in der er zuerst gefunden wurde; fällt er flach ein, dann auch den Nachbargruben. Der der Geometrie kundige Bergmann kann die Teufe berechnen, in der der erzreiche Gang innerhalb jenes Gesteins in die übrigen Gruben einfallen wird. So viel hierüber.
Ich komme jetzt zu der Arbeitsweise, die sehr verschieden ist, da ja ein weicher
[21] Mit "schnetiger Gang" verdeutscht. Schnetig oder schnätig ist verderbt aus "schneidig", d. i. leicht schneidbar oder in obiger Anwendung, leicht gewinnbar, weich, mürbe.
Gang anders zu verhauen ist wie ein wenig fester, ein mittelfester oder ein sehr fester Gang. Ebenso ist das Hangende in einem Fall weich und gebräch, im andern Fall wenig fest und im dritten oder vierten mittelfest oder sehr fest. Schnätig nenne ich einen Gang, der aus Erden oder weichen, aus Lösungen erstarrten Mineralien, fest einen solchen, der aus Erz und mittelfesten Steinen besteht; dies sind im Allgemeinen die leichtschmelzigen Steine der ersten und zweiten Art,
[22] Vgl. dieses Buch Anm. 14.
Bleiglanz und ähnliche. Die mittelfesten Gänge bestehen aus den schon genannten Mineralien in Verwaschung mit Quarzarten oder leichtschmelzigen Steinen der dritten Art, Kies, Galmei und sehr festem Kalkspat. Sehr feste Gänge nenne ich die, die in der ganzen Mächtigkeit aus diesen festen Steinen und ihren Verwachsungen bestehen. Das Hangende und das Liegende des Ganges sind fest, wenn ihr Gestein wenig Klüfte und Gesteinsfugen aufweist; mittelfest, wenn diese seltener sind, und ganz fest, wenn sie fast ganz oder gänzlich fehlen. Denn wenn die Klüfte und Fugen fehlen, dann fehlt den Gesteinen auch ziemlich das Wasser, das sie weich macht. Das festeste Gestein des Hangenden oder des Liegenden ist aber selten so fest wie ein mittelfester Gang.
Einen weichen Gang gewinnen die Häuer allein mit der Keilhaue herein. Solange noch kein Erz erscheint, halten sie Gangmasse und Hangendes nicht getrennt voneinander aus; sobald aber das Erz gefunden ist, arbeiten sie sehr vorsichtig. Und zwar gewinnen sie zuerst hangendes Gestein gesondert von dem Erz herein und hauen dann das weiche Erz vom Liegenden mit der Keilhaue in die darunter gestellten Erztröge, so daß kein Erz auf die Sohle fällt. Das feste Erz aber gewinnen sie vom Liegenden mit den sogenannten Bergeisen,
[23] Wie sie im 6. Buch beschrieben werden.
die sie mit dem Fäustel schlagen. Mit demselben Gezähe gewinnen sie das feste Hangende. Das Hangende wird nämlich öfter hereingewonnen, seltener das Liegende; denn wenn sowohl das Liegende als auch das Hangende dem Eisen widerstehen, dann ist die Gewinnung durch Feuersetzen beim Liegenden nicht möglich. Die mit dem Eisen bearbeitbare mittelfeste Gangmasse und ebenso das mittelfeste und sehr feste Gestein des Hangenden werden gewöhnlich mit kräftigeren Eisen, den sogenannten Fimmeln, bearbeitet; wenn diese nicht zur Hand sind, werden zwei oder drei dicht zusammengebundene Bergeisen verwandt. Vor einem sehr festen, erzreichen Gang, der dem Eisen großen Widerstand leistet, setzen die Bergleute Feuer, wenn es ihnen die Eigentümer der Nachbargruben erlauben. Erhalten sie die Erlaubnis nicht, dann hauen sie in das Hangende oder in das Liegende, wenn dies weniger fest ist, einen Schram und treiben in ihn Hölzer ein. Hierauf hauen sie in den Gangstoß, den seinen Spalten folgend, mit dem Ritzeisen Schlitze und stecken in diese Schlitze je vier Plötze und daneben, damit die Plötze recht festsitzen, falls nötig, Eisenbleche. Sodann stecken sie Keile zwischen je zwei Plötze und schlagen und treiben sie abwechselnd mit Fäusteln ein; der Gang erklingt davon mit hellem Ton. Ein Krachen aber kündigt an, daß das Werfen einer Wand beginnt, und sobald es sich verstärkt, springen die Häuer hastig fort; mit ungeheurem Krachen stürzt dann das abgetriebene Gangstück nieder. So werden Gangstücke geworfen, die an die 100 Pfund und mehr schwer sind. Werden aber sehr feste Erzgänge auf eine andere Weise hereingewonnen, dann bleiben einzelne Brüste stehen, die nachher nur sehr schwer nachzuhauen sind. Eine sehr feste taube Gangzone, an der nicht Feuer gesetzt werden darf, umfahren die Bergleute, indem sie mit der Strecke nach rechts oder links ausweichen; denn sie mittelst Hereintreibearbeit zu durchörtern, würde zu teuer werden. Übrigens begleiten die Knappen ihre Arbeit in den Grubenräumen oft mit schönem Gesang; sie erleichtern sich dadurch die schwere und gefahrvolle Arbeit.
Wie ich schon erwähnte, werden die harten Gesteine auch durch Feuer gebräch
[24] Bergmännischer Ausdruck: für mürbe.
gemacht; doch ist das Verfahren nicht ganz einfach. Wenn ein von hartem Nebengestein umschlossener Gang wegen seiner Härte oder wegen seiner geringen Mächtigkeit nicht für sich verhauen werden kann, so werden geschichtete Haufen trockenen Holzes abgebrannt, und zwar in einem niedrigen Feldort oder Stollen ein Haufe, in einem hohen Feldort oder Stollen zwei aufeinandergesetzte Haufen; man läßt sie so lange brennen, bis das Feuer die Scheite ganz verzehrt hat. Seine Macht löst im Allgemeinen nicht ein großes Gangstück ab, sondern nur einzelne Schalen. Falls jedoch das Gestein des Hangenden oder des Liegenden mit dem Eisen bearbeitet werden kann, der Gang aber zu hart dazu ist, so wird in jenes ein Setzort gehauen. In dieses wird, einerlei ob der Gang im mittleren, im oberen oder im unteren Teil des Ortsstoßes sich befindet, das Feuer gesetzt, jedoch nicht immer in gleicher Weise. Denn wenn das Setzort breit ist, so wird viel Holz hineingepackt, soviel wie möglich; ist es aber eng, dann nur wenig. In dem einen Falle drückt die größere Macht des Feuers den Gang mehr vom Liegenden oder unter Umständen vom Hangenden ab. In dem anderen Falle drückt das schwächere Feuer den Gang weniger ab; doch, da seine Hitze zusammengehalten und durch die Gesteinsbruchstücke, die vor das in dem engen Setzort aufgebaute Holz gelegt werden, zurückgedämmt wird, vermag es auch den Gang vom Nebengestein zu lösen. Ist außerdem das Setzort niedrig, so wird nur ein Holzhaufe hineingesetzt; ist es hoch, zwei, und zwar aufeinander, sodaß der untere, nachdem er angebrannt worden ist, auch den oberen anzündet. Das Feuer löst, vom Wetterzug gegen den Stoß getrieben, den Gang vom Nebengestein ab und macht selbst ein sehr hartes Nebengestein oft so gebräch, daß es leichter als alles andere gebrochen werden kann. So hat Hannibal, der Heerführer der Punier, dem Beispiel der spanischen Bergleute folgend, die Felsen der Alpen mit Feuer und Essig gesprengt. Falls ein Gang sehr mächtig ist, wie es beim Zinnerz zu sein pflegt, dann schrämen die Häuer die Klüfte auf, setzen in diese Setzörter das trockene Holz und stecken öfter Bärte
[25] Bärte sind Hölzer, die ringsum angeschält sind, so daß die mit einem Ende noch anhaftenden Späne sie kräuselnd umgeben.
dazwischen, die leicht das Feuer annehmen und an das übrige noch nicht brennende Holz weitergeben. Solange die gleichsam gerösteten Erz- und Steinmassen einen unangenehm riechenden Schwaden von sich geben und die Schächte und die Stollen Rauch ausstoßen, fahren die Bergleute nicht ein, damit das Gift ihre Gesundbeit nicht zerstört oder sie gar tötet, worüber ich bei der Darstellung der Krankheiten der Bergleute noch ausführlicher sprechen werde.
[26] Im 6. Buche.
Wenn der Schwaden durch eine Gangspalte oder Kluft in die Nachbargruben gelangen kann, deren Erz und Gestein nicht fest sind, so gestattet der Bergmeister nicht, Feuer zu setzen, damit die Arbeiter nicht ersticken.
Abb. 504: Das Feuersetzen. Das angezündete Holz A. Bärte B. Der Stollen C.
Die durch die Gewalt des Feuers gelockerten Erzbrocken und Gesteinsschalen an der Firste des Ortes holen die Häuer mit Brechstangen herunter, oder wenn sie noch einige Festigkeit aufweisen, werden sie durch in Risse gestoßene Stecheisen heruntergebrochen. Erzbrocken und Gesteinsschalen, die sich an den Ulmen
[27] Den Seitenwänden.
befinden, werden mit Fäusteln abgeschlagen. Wenn noch etwas sitzen bleibt, wird es mit Eisen weggespitzt. Es werden Gestein und Erde für sich und das Erzhaufwerk für sich in Kübel gefüllt und zu Tage oder zum nächsten Stollen gefördert, und zwar, wenn die Schächte nicht tief sind, mit dem von Menschenhand gedrehten Haspel oder, wenn sie tief sind, mit dem Pferdegöpel.
Oft hindern zusitzende Wasser oder stockende Wetter die Grubenarbeit; daher müssen sich die Bergleute diese Dinge ebenso wie die Gewinnerarbeiten sehr angelegen sein lassen. Die Wasser, die aus einem Gang oder einer Kluft, vornehmlich wenn diese leer sind, kommen, läßt man in die Schächte oder Stollen laufen. Die Wetter aber bleiben auch im Stollen ebenso wie im Schacht stehen, und zwar in einem tiefen Schacht, wenn er für sich alleinsteht und weder ein Stollen mit ihm durchschlägig ist, noch er mit einem anderen Schacht durch eine Strecke verbunden ist, oder in einem Stollen, wenn er weiter in den Berg vorgetrieben ist und kein Schacht so weit geteuft ist, daß er mit ihm durchschlägig wird. In beiden können die Wetter nicht bewegt und erneuert werden. Dadurch werden die Wetter drückend und dunstig und riechen nach Moder wie ein Gewölbe oder wie ein Keller, der viele Jahre allseitig verschlossen war. Die Häuer können in solchen Grubenräumen die Arbeit nicht lange aushalten, auch wenn die Grube reich an Silber oder Gold ist, oder wenn sie es ertragen, so können sie nicht frei atmen und haben Kopfweh. Dies tritt umso mehr ein, wenn sie in solchen Bauen in großer Zahl arbeiten und viele Grubenlampen verwenden, die dann eben auch nur ein mattes Licht geben; denn die Dünste, die sowohl die Lampen als auch die Menschen von sich geben, machen die Wetter noch schlechter.
Die nicht übermäßig zusitzenden Wasser werden durch Künste verschiedener Art, die von Menschen bewegt und getrieben werden, aus den Schächten gehoben. Wenn aber so große Wassermengen in einen Schacht zusammenströmen, daß sie die Häuerarbeiten hindern, so wird ein zweiter Schacht einige Lachter vom ersten entfernt geteuft. So kann in dem einen von ihnen Arbeit und Betrieb ungehindert umgehen; in den andern, der tiefer geteuft den Sumpf bildet, werden die Wasser geführt. Sie werden durch die gleichen Künste oder durch Roßkünste in die Wassersaige des nächsten Stollens oder der Schachtkaue gehoben und fließen durch sie ab. Wenn aber in den tieferen Schacht einer Grube die gesamten Wasser aller Nachbargruben, nicht nur des einen Ganges, auf dem der Schacht niedergebracht ist, sondern auch von anderen Gängen zusammenfließen, dann muß ein großer Sumpf angelegt werden, der die Wasser sammelt; aus diesem Sumpf wiederum werden die Wasser durch Pumpenkünste oder Bulgenkünste gehoben, über die ich im sechsten Buch
[28] S. 6. Buch.
ausführlicher sprechen werde. Die Wasser, die aus Gängen, Klüften und Gesteinsfugen in die Stollen fließen, werden durch die Wassersaigen abgeführt.
Zur Bewegung der Wetter in den tiefen Schächten und den langen Stollen dienen vornehmlich die Wettermaschinen; ich werde dies in dem folgenden Buch schildern, das auch diese Maschinen vorführt.
[29] S. 6. Buch.
Die Außenluft zieht von selbst in die Grubenbaue ein und auch wieder aus, wenn ein Durchgang möglich ist. Dies regelt sich auf verschiedene Weise: Im Frühjahr und im Sommer fallen die Wetter in den hoch angesetzten Schacht ein, gehen durch den Stollen oder das Feldort und ziehen aus dem Stollenmundloch oder dem tief angesetzten Schacht aus; ebenso ziehen sie in diesen Monaten in den höheren Stollen ein, fallen durch einen blinden Schacht in den tieferen Stollen und ziehen aus diesem aus. Im Herbst und Winter dagegen ziehen sie in den tiefer angesetzten Schacht oder Stollen ein und aus dem höheren aus. Dieser Wechsel des Wetterzuges erfolgt in den gemäßigten Gegenden im Anfang des Frühjahrs und gegen Ende des Herbstes, in den kalten Gegenden zu Ende des Frühjahrs und zu Anfang des Herbstes. Doch unterliegen die Wetter zu diesen beiden Zeitpunkten, ehe sie ihre neue Richtung stetig innehalten, etwa vierzehn Tage lang häufigen Schwankungen, indem sie bald in den höher, bald in den tiefer angesetzten Schacht oder Stollen einziehen. Doch genug hiervon; wir wollen zu etwas anderem übergehen.
Es gibt zwei Arten von Schächten. Von der einen Art mit der schon angegebenen Teufe hat eine Grube gewöhnlich mehrere, zumal wenn Stollen bis ins Grubenfeld erlängt sind und dieses reich an Erzen ist. Sobald nämlich der erste Schacht mit dem ersten Stollen durchschlägig geworden ist, werden zwei weitere Schächte abgeteuft, ja, wenn starke Wasser das Teufen erschweren, auch drei, damit einer der Wasserhaltung dient, während in den beiden anderen die eigentliche Abteufarbeit durchgeführt wird. In gleicher Weise verfährt man beim zweiten und beim dritten Stollen, ja auch bei einem vierten, wenn so viele in den Berg getrieben werden. Die Schächte der zweiten Art aber sind sehr tief, nämlich bis zu 60, 80 oder 100 Lachter. Diese Schächte gehen vollkommen saiger in die Tiefe, und mit einem einzigen Förderseil werden die Berge und das Erz zu Tage gefördert; die Bergleute nennen sie daher Saiger- oder Richtschächte. Über diesen Schächten stehen Künste, mit denen die Wasser gehoben werden, und zwar auf dem Rasen gewöhnlich solche, die mit Pferden, auf der Stollensohle dagegen solche, die mit Wasserkraft betrieben werden. Solche tiefen Schächte werden geteuft, wenn der Gang sehr erzreich ist.
Der Ausbau der Schächte, einerlei welcher Art sie angehören, erfolgt auf verschiedene Weise. Wenn sowohl der Gang als auch das Hangende und das Liegende fest sind, ist nicht viel Ausbau nötig; querüber werden in Abständen Tragstempel geschlagen, deren beide Enden im Hangenden und im Liegenden in Bühnlöcher eingelassen werden; an Hölzern,
[30] Lat. tigilla; auch werden sie mit "Donholtzer oder Dumbholtzer, wie man jetzo nennet", verdeutscht, und die weiterhin genannten Bretter hießen Donnen bzw. Seitendonnen.
die unmittelbar am Liegenden auf diese Tragstempel gelegt werden, werden Bretter und die Fahrten angeschlagen. Auch werden Seitenbretter, die auf beiden Seiten den Schacht vom Gangstoß und die außerdem das Fördertrum des Schachtes vom Fahrtentrum trennen, an den Stempeln befestigt. Jene Seitenbretter halten den Gangstoß, damit keine durch Wasser abgelöste Erzbrocken in den Schacht fallen und die Häuer oder die auf den Fahrten hinab- oder herauffahrenden Bergleute erschrecken, verletzen oder hinunterstürzen. Die anderen Seitenbretter halten aus dem gleichen Grunde die Gesteinsstücke, die während der Förderung aus den Kübeln oder Körben fallen, von den Fahrten fern. Sie bewirken also, daß das schwierige und anstrengende Fahrtenklettern weniger abschreckend erscheint und weniger gefahrvoll ist. Wenn der Gang sowie das Hangende und das Liegende weich sind, ist ein dichterer Schachtausbau nötig. Daher werden geschlossene Geviere in Schrotzimmerung eingebaut, d. h. unmittelbar aufeinandergelegt. Sie werden auf zweierlei Weise ausgeführt. Entweder werden die viereckig gezapften Köpfe der vom Hangenden zum Liegenden reichenden Hölzer, der Kappen, in ebenfalls viereckige Einschnitte der am Hangenden und am Liegenden befindlichen Hölzer, der Jöcher, eingelassen, oder die einen werden oben, die andern unten geblattet und jene auf diese gelegt. Die große Last dieser Geviere wird durch in Abständen gesetzte starke Stempel getragen, die tief in Löcher des Liegenden und des Hangenden eingelassen sind und geneigt liegen. Damit die Geviere unverrückbar liegen, werden zwischen sie und die Schachtstöße Schwarten gesteckt und hölzerne Keile getrieben und die Hohlräume mit Erde und Geröll ausgefüllt. Sind aber das Hangende und das Liegende wechselnd hart und weich und verhält sich der Gang ähnlich, so werden keine Geviere gelegt, sondern Tragstempel geschlagen, und da, wo das Gestein weich und der Gang schnätig ist, werden hinter die Stempel Schalbretter gesteckt und zwischen diese und das Gebirge Erde und Geröll gefüllt.
Wenn ein sehr tiefer, saigerer oder tonnlägiger Schacht mit Gevieren ausgezimmert wird, so werden hinter sie der größeren Standfestigkeit halber, da sie mitunter aus schlechtem Holzwerk bestehen und Brüche drohen, drei oder vier Paar sehr kräftige und lange Wandruten gezogen, und zwar von jedem Paar die eine am Hangenden, die andere am Liegenden. Damit sie nicht zusammengehen und fest und unveränderlich stehen, werden sie durch zahlreiche Einstriche gehalten; diese sind zwecks fester Verbindung in Einschnitte der Wandruten eingelassen. Wie auch der Ausbau des Schachtes sei, man legt auf die Tragstempel Trumhölzer und schlägt an diese Bretter, die das Fahrtentrum vom übrigen Schachtraum scheiden. Wenn der sehr tiefe Schacht saiger ist, legt man neben die Fahrten Ruhebühnen auf die Tragstempel und befestigt sie an diesen, damit die Fahrenden, die durch das Steigen ermüdet sind, sich sitzend oder stehend auf ihnen ausruhen können. Damit aber auch den Anschlägern keine Gefahr von Steinen droht, die bei der Förderung aus dem tiefen Schacht wieder herunterfallen, wird ein wenig über dem Füllort eine Schutzbühne eingebaut, die den ganzen Querschnitt des Schachtes mit Ausnahme des Fahrtrums einnimmt. Jedoch hat die Schutzbühne in der Nähe des Liegenden eine Öffnung, durch welche die mit Erz gefüllten Kübel mittels des Haspels hochgezogen und die leeren wieder herabgelassen werden können. So sind die Anschläger und die übrigen Arbeiter, die sich unterhalb dieser Schutzbühne im Schacht aufhalten, ganz sicher.
In die Grube eines einzigen Ganges werden ein, zwei, ja auch drei oder mehr Stollen getrieben, und zwar liegt einer immer tiefer als der andere. Wenn der Gang derb und fest ist, desgleichen das Hangende und das Liegende, so bedarf kein Stück des Stollens einer Unterstützung. Nur am Mundloch hat der Stollen einen starken und dichten Ausbau nötig, weil hier der Gang noch nicht fest, sondern mürbe, ebenso das Hangende und das Liegende weich ist. Dieser Ausbau wird folgendermaßen ausgeführt. Zuerst werden zwei Stempel auf der Sohle des Stollens ein wenig eingebühnt und senkrecht aufgestellt; sie sind von mittlerer Dicke und so lang, daß sie die Firste des Stollens fast mit dem Kopfende berühren, das viereckig gezapft ist. Auf die Stempel wird eine Kappe gelegt, in deren Einschnitte die Köpfe der Stempel eingreifen. Auf der Sohle dagegen werden die Köpfe des Stegholzes, auf gleiche Weise viereckig gezapft, in Einschnitte der Stempel eingelassen. Im Abstand von 1 1/2 Lachter wird ein gleicher Bau errichtet; einen jeden aber nennen die Bergleute einen Türstock, weil er gewissermaßen einen offenen Eingang bildet.
Abb. 505: Ausbau eines tiefen saigeren Schachtes. Die Tragstempel A. Die Trumhölzer B. Wandruten C. Einstriche D.
Es werden auch, wenn es nötig ist, Türen an die Stempel eines Türstocks gehängt, damit er geschlossen werden kann. Nun werden Bohlen oder Schwarten, und zwar so lang, daß sie von einem Türstock zum andern reichen, auf die Kappen gelegt und an die Stöße gesteckt, damit nicht herabfallendes Gestein den Durchgang sperre oder die Ein- oder Ausfahrenden erschlage. Und damit die Stempel feststehen, werden zwischen sie und die Stöße des Stollens Holzkeile getrieben. Falls das Haufwerk in Laufkarren gefördert wird, werden aneinanderstoßende Bohlen auf die Stege gelegt.
Abb. 506: Ausbau eines Stollens. Der Stempel A. Die Kappen B. Die Stege C. Die Türen D. Bohlen oder Schwarten E. Die Wassersaige F.
Geschieht die Förderung aber in Hunden, so wird auf die Stege ein Gestänge von zwei Laufbäumen gelegt, die eine Spanne dick und breit sind; die Fuge zwischen beiden wird ausgehöhlt, so daß in diesem Gleis die Leitnägel der Hunde geführt werden können. Die Leitnägel verhüten, daß die Hunde von den Laufbäumen nach rechts oder links abweichen. Unter den Stegen befindet sich die Wassersaige, durch die das Wasser abfließt.
Die Feldörter werden in gleicher Weise wie die Stollen ausgezimmert. Doch bedürfen sie keiner Stege und keiner Wassersaigen, denn weder wird in ihnen das Haufwerk sehr weit gekarrt, noch fließt das Wasser sehr weit in ihnen. Wenn nach dem Auffahren der Stollen oder auch der Feldörter der darüber befindliche Teil des Ganges erzreich ist, wie es oft auf viele Lachter Erstreckung zu sein pflegt, so werden darüber Abbauörter, eines über dem andern, bis zu dem erzarmen Teil des Ganges, gehauen. Im untersten Abbauort wird folgendermaßen ein Firstenkasten geschlagen. Sehr kräftige Tragstempel werden in gewissen Abständen in das Hangende und das Liegende eingebühnt. Auf diese werden die unbearbeiteten Kastenstangen dicht aufeinander gepackt, und zwar in 1 1/2 Fuß hoher Schicht, damit sie die Last aushalten können. Sobald das Erz herausgewonnen und das Abbauort weiter vorgetrieben ist, werden die Berge, namentlich wenn sie nicht ohne große Schwierigkeiten weggefördert werden können, in den also unterbauten Raum versetzt; auf diese Weise sparen die Haspelleute Arbeit, und die Gewerken ersparen die halben Kosten. Hiermit beende ich die Darstellung über den Bau der Schächte, Stollen und Feldörter.
Meine Darlegungen bezogen sich teils nur auf die eigentlichen Gänge, teils auf alle Lagerstätten gemeinsam. Im Folgenden schildere ich die Sonderheiten der Flöze und der Stockwerke. Zunächst wende ich mich dem Abbau der Flöze zu. Wo Wildbäche oder übergetretene Bäche oder Flüsse, den Hang eines Berges oder Hügels bespülend, Flöze bloßgelegt haben, treibt man zuerst einen geraden, engen Stollen; dann geht man von ihm aus in die Weite, um möglichst das ganze Flöz zu verhauen. Am Ende eines sehr langen Stollens teuft man im Berg oder Hügel einen Schacht, der einerseits frische Wetter gibt und durch den anderseits Erz und Berge billiger gefördert werden können als durch einen sehr langen Stollen. Und auch an den Stellen, bis zu denen der Stollen noch nicht erlängt ist, teufen die Bergleute Schächte, um das Flöz, das sie unten in der Erde vermuten, durch Strecken erschließen zu können. Auf diese Weise durchteufen sie nach Entfernung der Ackerkrume Gesteine, die teils von gleicher Beschaffenheit und Farbe, teils von gleicher Beschaffenheit, aber verschiedener Farbe, teils von verschiedener Beschaffenheit, aber gleicher Farbe und teils von verschiedener Beschaffenheit und Farbe sind. Doch ist die Mächtigkeit sowohl der einzelnen als auch der gesamten Gesteinsschichten ungewiß. Denn die gesamten hangenden Schichten sind an einzelnen Orten 20 Lachter mächtig, an anderen mehr als 50 Lachter; einzelne dagegen hier einen halben, dort einen ganzen Fuß oder zwei oder mehr, dort ein, zwei, drei oder mehr Lachter. Z.B. bedecken das Kupferschieferflöz am Fuße des Harzgebirges mehrere Gesteinsschichten von verschiedener Farbe. Wenn hier die Ackerkrume entfernt ist, so erscheint zuerst ein dunkelrotes Gebirge, das gegen 20 oder 30 oder auch 35 Lachter mächtig ist. Als nächstes folgt gewöhnlich 2 Lachter ebenfalls rotes Gestein, aber von etwas blasserer Farbe, und unter ihm etwa 1 Lachter grauer Ton, der, wenn er auch nicht erzführend ist, doch ein Flöz darstellt. Nun kommen der Reihe nach: als drittes 3 Lachter aschgraues Gestein mit einer darunter befindlichen Lage von 5 Lachter Asche, die mit Brocken des gleichen Gesteins durchsetzt ist, als viertes 1 Fuß dunkelbraunes, als fünftes 2 Fuß fahl oder gelblich gefärbtes, als sechstes wiederum 3 Fuß dunkelbraunes, aber rauhes, als siebentes 2 Fuß ebenfalls dunkelbraunes, aber mehr schwärzliches, als achtes 1 Fuß aschgraues weiches Gestein. Dieses ist, wie auch die übrigen Schichten, nicht selten von Schnüren der leicht schmelzigen Steine der zweiten Art durchsetzt. Darunter folgen 5 Fuß eines anderen aschfarbigen leichten, sodann 1 Fuß eines hellaschfarbenen, als elftes 2 Fuß eines dem siebenten ähnlichen dunkelbraunen und als zwölftes ebenfalls 2 Fuß eines weichen, fast weißen Gesteins. Dieses ruht auf dem dreizehnten, einem 1 Fuß mächtigen aschfarbenen und dieses wiederum auf dem vierzehnten, einem 1/2 Fuß mächtigen, fast schwarzen Gestein. Darauf folgt wiederum 1/2 Fuß schwarzes und als sechzehntes 1/2 Fuß noch schwärzeres Gestein.
[31] Die einzelnen Gesteinsschichten werden der Reihe nach, wie folgt, verdeutscht: 1. Rotgebirge. 2. Roter Klei (Lehm), dann Tone. 3. Gerhulle (Gerölle) und Asche. 4. Gniest. 5. Schwehlen. 6.Oberrauchstein. 7. Zechstein. 8. Unterrauchstein. 9. Blitterstein. 10. Oberschwelen. 11. Mittelstein. 12. Unterschwelen. 13. Dach. 14. Norwerg (Noberg). 15. Lotwerg (Lochberge). 16. Kamme.
Darunter endlich liegt der schwarze Kupferschiefer, der bisweilen, wie ich bereits anderwärts beschrieben habe, mit ganz zarten Blättchen goldglänzenden Kieses gleichsam wie mit dicht
aufgesprengten Fünkchen überzogene Abdrücke verschiedener Arten von Lebewesen birgt.
Um ein Erzflöz in der Länge und in der Breite zu verhauen, fahren die Bergleute einen niedrigen Stollen auf. Von ihm aus teufen sie, wenn die örtlichen Verhältnisse es gestatten, einen Schacht ab, um zu erforschen, ob wohl unter dem zuerst gefundenen Flöz ein zweites liege. Bisweilen finden sich nämlich zwei, drei oder mehr Flöze mit denselben Erzen unter dem ersten; sie werden in gleicher Weise in der Länge und in der Breite abgebaut. Die Bergleute hauen die Flöze meist auf der Seite liegend; um nicht ihre Kleidung durchzureiben und die linken Schultern zu verletzen, binden sie an diese gewöhnlich schmale Brettchen. So erhalten die Häuer, weil sie, um die Keilhaue schwingen zu können, den Kopf nach links beugen müssen, nicht selten einen krummen Hals. Die Flöze teilen sich mitunter in mehrere Mittel; wo sie sich wiedervereinigen, findet sich im Allgemeinen edleres und reichhaltigeres Erz. Dasselbe trifft zu, wo Klüfte, an denen es im Allgemeinen nicht mangelt, zu den Flözen fallen oder sie kreuzen oder schräg über sie kommen. Damit aber ein Berg oder Hügel, der auf solche Weise weit untergraben wird, sich nicht mit seiner Last senkt, läßt man entweder Bergfesten stehen, auf die gestützt er wie auf einem Unterbau standhält, oder man errichtet Zimmerungen, die ihn tragen. Auch wird das hereingewonnene taube Gestein schnell im Bergtrog weggeschafft und rückwärts zum Wiederverfüllen der leeren Räume gestürzt.
Die Stockwerke werden auf eine etwas andere Weise abgebaut. Wenn an der Erdoberfläche ein Erzstock hervortritt, so wird dort zuerst ein Schacht abgeteuft. Hernach, wenn es die Mühe lohnt, werden ringsherum viele andere Schächte niedergebracht und Stollen in den Berg getrieben. Wenn aber ein Wildbach oder Quellwasser Erzgeschiebe von einem solchen Stockwerk weggeführt hat, so wird zuerst ein Stollen in den Berg oder Hügel getrieben, um nach dem Vorkommen zu suchen. Sobald es gefunden ist, wird ein Richtschacht geteuft. Weil nun durch den Abbau ein ganzer Berg und mehr noch ein Hügel unterwühlt wird, ist es nötig, Bergfesten stehenzulassen oder zu verzimmern. Da bisweilen der Stock sehr fest ist, so wird Feuer gesetzt; dabei geschieht es, daß die Bergfesten gebräch werden und nachgeben oder der Ausbau verbrennt und dann der Berg mit großer Wucht in sich zusammenfällt und der Ausbau der Schächte von der gähnenden Öffnung verschlungen wird. Deshalb wird es nützlich sein, um das Stockwerk herum einige solchen Unfällen nicht ausgesetzte Schächte niederzubringen, durch die das gewonnene Erz gefördert werden kann, nicht nur solange die Bergfesten und die Zimmerung unversehrt und fest stehen, sondern auch nachdem sie durch das Feuer geschwächt und zusammengebrochen sind. Und da man die niedergegangenen Erzmassen selbst auch durch Feuer brechen muß, müssen sogar in dem Bruchtrichter neue Schächte niedergeführt werden, durch die der Schwaden abziehen kann. Im Übrigen wird aus einem Lagerstättenteil, der von Klüften durchsetzt ist, im allgemeinen reicheres Erz gewonnen. In Zinnerzgruben führen die Klüfte mitunter Graupen von der Größe einer Walnuß. Wenn, wie es beim Eisenerz öfter vorkommt, Erzlager in einer Ebene gefunden werden, so werden viele Schächte niedergebracht, da sie nicht tief zu sein brauchen, und der ganze Abbau wird von ihnen aus bewerkstelligt, denn ein Stollen kann in solcher Ebene nicht getrieben werden.
Schließlich sind noch die Klüfte zu erwähnen, in denen allein bisweilen neben Flüssen und Bächen an feuchten Orten Gold gefunden wird. Wenn von diesen nach Abräumung der Decke viele aufgefunden werden, die mit einer gleichsam gebackenen und gebrannten Erde ausgefüllt sind, wie sie mitunter in Lehmgruben zu beobachten ist, so besteht einige Hoffnung, daß sich aus ihnen Gold gewinnen läßt, namentlich wenn mehrere Klüfte zusammenfallen. In dem Punkt, wo sie zusammenfallen, muß gegraben und nach allen Seiten nach Gold gesucht werden; denn tiefe Schächte können an solchen Orten nicht angelegt werden.
Nachdem ich den ersten Teil dieses Buches vollendet habe, komme ich nun zu dem zweiten, in dem ich die Markscheidekunst behandeln werde. Die Bergleute vermessen die Gebirgsmassen, damit die Besitzer im Voraus Berechnungen anstellen können und damit ihre Häuer nicht in fremde Felder eindringen. Der Markscheider mißt nämlich entweder die noch nicht durchschlägig gewordene Strecke zwischen dem Stollenmundloch und dem bis zu seiner Tiefe niedergebrachten Schacht oder zwischen der Schachtmündung und dem Stollen, der bis unter diese vorgetrieben ist, oder auch zwischen den beiden, wenn weder der Stollen schon so lang ist, daß er bis zum Schachte reicht, noch der Schacht so tief, daß er den Stollen trifft. Beides aber ist bei einer Grube nötig. Oder er bestimmt bei den Stollen oder Querschlägen die Begrenzungen genauso, wie der Bergmeister über Tage die gleichen Grenzen festlegt. Beide Arten der Vermessung beruhen auf einer Dreiecksmessung. Ein kleines Dreieck wird ausgemessen und daraus auf die größeren geschlossen. Dabei muß man sich ganz besonders davor hüten, auch nur im Geringsten vom richtigen Maße abzuweichen. Denn wenn im Anfang durch Nachlässigkeit auch nur ein ganz kleiner Fehler gemacht worden ist, so können daraus zuletzt die allergrößten Irrtümer entstehen. Da aber weder alle Schächte wegen ihrer Verschiedenartigkeit in ein und derselben Weise abgeteuft werden noch die Hänge der Berge in gleichartiger Weise nach einem Tal oder einer Ebene abfallen, so entstehen Dreiecke von sehr vielfältiger Gestalt. Geht der Schacht senkrecht
[32] In der Bergmannssprache "saiger" (Richtschacht).
in die Tiefe, so entsteht ein rechtwinkliges Dreieck, das je nach der Neigung des Berghangs entweder zwei gleiche oder drei ungleiche Seiten hat. Denn bei einem solchen rechtwinkligen Dreieck können die drei Seiten nicht gleich sein. Wenn aber der Schacht schräg
[33] In der Bergmannssprache "tonnlägig".
einfällt und in demselben Gang steht, in dem der Stollen getrieben ist, entsteht in ähnlicher Weise ein rechtwinkliges Dreieck. Dies hat ebenfalls entsprechend der verschiedenen ungleichen Art der Gehängeneigung entweder zwei gleiche oder drei ungleiche Seiten. Wenn indes der Schacht flach einfällt, aber auf einem anderen Gang geteuft ist, als der Stollen getrieben wurde, dann entsteht ein Dreieck, welches entweder einen stumpfen Winkel oder drei spitze Winkel hat. Das Dreieck, welches einen stumpfen Winkel besitzt, kann nicht drei gleiche Seiten haben, aber es hat, je nach der wechselnden Neigung des Hanges, entweder zwei gleiche oder drei ungleiche Seiten. Das Dreieck, welches drei spitze Winkel besitzt, hat je nach der Neigung des Hanges entweder drei gleiche Seiten oder zwei gleiche oder drei ungleiche Seiten.
Der Markscheider übt, wie ich schon gesagt habe, seine Kunst aus, wenn die Grubenbesitzer wissen wollen, wieviel Lachter noch weiter aufzufahren sind, wenn entweder ein Stollen, der noch nicht bis zum Schachte reicht, getrieben wird, oder wenn ein Schacht noch nicht bis zu der Tiefe, in welcher die Sohle des unter ihm befindlichen Stollens liegt, abgeteuft ist, oder wenn weder der Stollen weit genug getrieben, noch der Schacht tief genug niedergebracht ist. Für den Bergmann aber ist es wichtig zu wissen, wie viele Lachter es noch vom Stollen zum Schachte oder vom Schachte zum Stollen sind, damit er die aufzuwendenden Kosten berechnen kann; ferner damit die Besitzer einer metallreichen Grube das Abteufen des Schachtes und die Gewinnung der Erze beschleunigen können, bevor der Stollen den Schacht erreicht und der Stollenbesitzer auf Grund eines ihm zustehenden Rechtes Erze daraus gewinnt. Auf der anderen Seite kann der Stollenbesitzer in gleicher Weise die Arbeit beschleunigen und auf Grund seines ihm zustehenden Rechtes Erze gewinnen, bevor der Schacht bis auf den Stollen herunter abgeteuft ist.
Der Markscheider stellt zunächst, wenn die Balken des Schachthauses nicht geeignet sind, ein Querholz darauf zu legen, an beiden Seiten des Schachtes ein Joch auf, sodann läßt er eine an der quer darüber gelegten Latte befestigte und durch ein Gewicht beschwerte Schnur in den Schacht hinab. Darauf spannt er eine zweite Schnur, die am oberen Ende der ersten befestigt ist, über den Abhang des Berges hinab bis zur Sohle des Stollenmundloches und befestigt sie dort im Boden. Ferner läßt er nicht weit von der ersten entfernt eine dritte, ebenfalls an dem Querholz befestigte und durch ein Gewicht beschwerte Schnur in den Schacht hinab, und zwar so, daß sie die zweite, schräg abwärts führende schneidet. Von dem Punkte ausgehend, wo die dritte Schnur die zweite schräg abwärts nach dem Stollenmundloch führende Schnur schneidet, mißt er den nach oben zeigenden Teil der schräg abfallenden Schnur, der bis zum Aufhängepunkt der ersten Schnur reicht, und schreibt sich dieses erste Maß
[34] Mit dem Wort Maß werden im folgenden die gemessenen Längen der Schnüre bezeichnet, mit dem Wort Entfernung die Längen der ihnen auf der Erdoberfläche oder im Schachte oder Stollen entsprechenden Strecken.
auf. Sodann mißt er, wiederum von dem Punkte ausgehend, wo die dritte Schnur die zweite schneidet, den Normalabstand zwischen ihr und der ersten Schnur und erhält so ein Dreieck, indem er in gleicher Weise das zweite Maß aufzeichnet. Endlich mißt er noch, wenn erforderlich, von dem Winkel aus, den die erste Schnur mit der zweiten bildet, bis zum Ende der ersten Schnur und zeichnet sich auch dieses Maß ein. Wenn der Schacht saiger ist oder als flacher Schacht auf demselben Gang steht, in dem der Stollen getrieben ist, muß die Länge der ersten Schnur der Länge des oberen Teiles der dritten Schnur bis zur zweiten entsprechen. Ebenso oft mal, wie die Länge der ersten Schnur in der ganzen Länge der schräg nach abwärts führenden Schnur enthalten ist, muß die zweite Schnur genommen werden, um die Entfernung zwischen dem Stollenmundloch und dem bis auf den Stollen niedergebrachten Schacht zu finden. In gleicher Weise berechnet sich der Abstand zwischen Schachtöffnung und Stollensohle aus der Länge der dritten Schnur.
Abb. 507: Die Anordnung zur Ausführung der Dreiecksmessung bei einer Schachtlotung. Das Joch A. Das Querholz B. Der Schacht C. Die erste Schnur D. Das Gewicht der ersten Schnur E. Die zweite Schnur F. Ihre Befestigung im Boden G. Der Anfang der ersten Schnur H. Das Stollenmundloch I. Die dritte Schnur K. Das Gewicht der dritten Schnur L. Das erste Maß M. Das zweite Maß N. Das dritte Maß O. Das Dreieck P.
Wenn aber am Bergabhang sich eine ebene Stelle befindet, so mißt er zunächst diese mit einem Maßstab aus. Sodann errichtet er nahe dem Ende der ebenen Stelle ein Joch und mißt diesen Teil des Abhanges durch ein Dreieck. Zu der Zahl der Lachter, welche die Länge dieses Stollenteiles angeben, zählt er die Länge der ebenen Stelle hinzu. Wenn der Hang des Berges bisweilen so gestaltet ist, daß die Schnur nicht in gerader Linie vom Schacht bis zum Stollenmundloch hinab oder umgekehrt nicht vom Stollenmundloch bis ganz zum Schachte hinaufgespannt werden kann, so vermißt der Markscheider, um ein richtiges Dreieck zu erhalten, den Berg. Abwärts, nach dem vorderen Ende des Stollens zu, befestigt er eine 1 Lachter lange Schnur, nach dem hinteren Ende zu eine halb so lange, nach aufwärts dagegen im vorderen Teile eine Schnur von ½ Lachter, im hinteren Teile eine solche von einem ganzen Lachter. An den Ecken errichtet er eine Senkrechte, um so ein Dreieck zu erhalten.
Um diese Art des Vermessens noch klarer und deutlicher zu machen, will ich sie etwas ausführlicher für die einzelnen Arten von Dreiecken beschreiben. Wenn der Schacht saiger ist oder auf demselben Gang steht wie der Stollen, so entsteht, wie ich bereits erwähnte, ein rechtwinkliges Dreieck. Hat dies zwei gleiche Seiten, die die Markscheider als zweite und dritte Seite bezeichnen, so ist die zweite Seite gleich der dritten. Dann ist auch die Entfernung zwischen Stollenmundloch und Schachtsohle gleich der Entfernung zwischen Schachtöffnung und Stollensohle. Wenn z.B. das erste Maß zu 7,
[35] Schärfer 7,07 (Pythagoras). Zur Erläuterung:
5² + 5² = 50 = 7,07² und nicht = 7² = 49
101 x 7 = 707 = 100 x 7,07
(100 x 5)² + (100 x 5)² <> (101 X 7)².
Agricola kann eine scharfe mathematische Begründung nicht angeben, deshalb wählt er den Weg der Angabe von zwar richtigen, aber ohne weiteres aus seiner
Erläuterung nicht sich ergebenden Maßzahlen. Man beachte den von Agricola gewählten Unterschied zwischen Schnur, Seite und Maß.
das zweite und dritte zu je 5 Fuß bestimmt wurde, die zweite Schnur aber 101 x 7 Fuß, d.i. 117 Lachter und 5 Fuß lang ist, so ist, natürlich gleichgültig, ob der Stollen schon durchschlägig oder soeben angefangen worden ist, die gesuchte Entfernung 100 x 5 Fuß, was 83 Lachter und 2 Fuß entspricht. Man kann selbstverständlich die Maße des kleinen Meßdreiecks größer oder kleiner, als ich angegeben habe, wählen, wenn das Joch und das Querholz es erfordern. Jedenfalls steht das Dreieck, wenn der Schacht saiger ist, immer senkrecht, wenn er flach auf demselben Gange wie der Stollen abgeteuft ist, liegt das Dreieck auf einer Seite.
Wenn also nach obigem Beispiel der Stollen 60 Lachter weit in den Berg getrieben war, so verbleibt bis zum Durchschlag noch eine Strecke von 23 Lachter und 2 Fuß, denn 5 Fuß des zweiten Maßes, welches über der Schachtmündung gemessen war und das dem ersten Maße entspricht, dürfen nicht mit zugerechnet werden. Wenn jener Schacht in der Mitte einer Fundgrube geteuft ist, so wird ein Stollen von 60 Lachter Länge den Anfang des unterirdischen Feldes dort erreichen, wo der Berg bisher erst auf eine Länge von 2 Lachter und 2 Fuß unterfahren worden ist, wenn aber der Schacht inmitten einer einfachen Grube
[36] Über die Bedeutung der Worte Fundgrube und Grube s. 4. Buch Anm 7. Die nachher angestellte Rechnung stimmt aber nicht.
geteuft ist, dann erst dort, wo die Unterfahrung 9 Lachter und 2 Fuß lang ist. Da ein Stollen auf je 100 Lachter 1 Lachter ansteigt oder so hoch ansteigen muß, als es die Tiefe des Schachtes zuläßt, muß von letzterer Strecke immer 1 Lachter abgezogen und dafür ein Lachter der Länge des Stollens zugerechnet werden. Nach gleichem Verhältnis muß, wenn der Stollen 50 Lachter lang ist und demnach um ½ Lachter ansteigt, ½ Lachter von der Teufe des Schachtes abgezogen und ½ Lachter der Länge des Stollens zugerechnet werden.
Abb. 508: Gleichschenkelig-rechtwinkeliges Dreieck.
Ebenso muß, wenn der Stollen 100 oder 50 Lachter länger oder kürzer geworden ist, die entsprechende Anzahl Lachter von der Teufe des Schachtes abgezogen und der Länge des Stollens zugerechnet werden. Daher muß im obigen Beispiel zu der noch weiter zu treibenden Länge des Stollens etwas mehr als 1/2 Lachter zugeschlagen werden, so daß sich 23 Lachter, 5 Fuß, 2 Hand, 1 1/2 Finger und 1/5 Finger ergeben. Dies sind die genauest einzuhaltenden Maße, von denen die Markscheider nicht ohne Not abgehen.
Abb. 509: Ungleichseitig-rechtwinkeliges Dreieck.
In gleicher Weise muß ein Schacht, wenn er 70 Lachter tief sein muß, um den Stollen zu erreichen, noch um 13 Lachter und 2 Fuß weiter geteuft werden, oder genauer um 12½ Lachter, 1 Fuß, 2 Finger und 4/10 Finger. Denn auch hier dürfen bei der Rechnung 5 Fuß nicht gezählt werden, weil sie zu dem dritten Maß, das über der Schachtmündung genommen wurde, gehören. Und von der Gesamtteufe ist ½ Lachter, 2 Hand, 1½ Finger und 1/10 Finger abzuziehen, sodaß, wenn der Stollen bis zu dem Punkte vorgetrieben worden ist, wo der Schacht seine Firste treffen wird, er bis dahin nur noch auf eine Tiefe von 11 Lachter, 2½ Fuß, 1 Hand, und 4/10 Finger abzusenken ist.
Entsteht ein Dreieck, dessen drei Seiten ungleich sind, dann können auch die Entfernungen nicht gleich sein. Wenn z.B. das erste Maß 8 Fuß, das zweite 6, das dritte 5 Fuß ist, die zweite Schnur aber, um mich nicht zu weit von obigem Beispiel zu entfernen, 134 Lachter und 4 Fuß lang ist, so wird die Entfernung zwischen Stollenmundloch und Schachtsohle 100 x 6 Fuß, d.i. 100 Lachter sein, die Entfernung aber zwischen der Schachtmündung und der Stollensohle 100 x 5 Fuß, d.i. 83 Lachter und 2 Fuß.
[37] Die Angabe stimmt nicht;
8 : 6 : 5 = 800 : 600 : 500 = 133,33 : 100 : 83,33
und nicht = 134,66 : 100 : 83,33
Agricola schlägt wie oben je 100 Lachter 1 Lachter zum Ausgleich zu.
Wenn also der Stollen 85 Lachter weit getrieben war, ist er noch um 15 Lachter durch den Berg weiter vorzutreiben. Auch hier muß man ein bestimmtes Maß von der Schachtteufe abziehen und zur
Stollenlänge hinzuzählen, worüber ich nicht ausführlicher sprechen will, da jeder, der in der Mathematik nur einigermaßen bewandert ist, dies ausführen kann. Wenn aber ein Schacht 67 Lachter tief
geworden ist, so muß er, um die Stollensohle zu erreichen, noch um weitere 16 Lachter und 2 Fuß abgeteuft werden.
Abb. 510: Gleichschenklig-stumpfwinkliges Dreieck; die gleichen Schenkel A, B.
Der Markscheider wendet das gleiche Verfahren beim Vermessen eines Berges an, gleichgültig, ob Schacht und Stollen auf ein und demselben Gang stehen, ob dieser lotrecht oder flach einfällt, oder ob der Schacht in einem saiger einfallenden Hauptgang steht, der Stollen aber in einem Quergang, der jenen dort, wo geteuft wird, schneidet. Wenn aber der Hauptgang tonnlägig einfällt und der Quergang saiger, dann entsteht ein Dreieck, von dem ein Winkel ein stumpfer ist, oder alle drei Winkel sind spitz. Wenn das Dreieck einen stumpfen Winkel hat und zwei gleiche Seiten, die man auch hier als zweite und dritte Seite bezeichnet, sind wieder das zweite und dritte Maß einander gleich. Die ihnen entsprechenden Entfernungen sind dann ebenfalls gleich, so daß, wenn das erste Maß 9, das zweite und dritte je 5 Fuß beträgt, die zweite Schnur aber 101 x 9 Fuß, d. s. 151/2 Lachter lang ist, die beiden Entfernungen 100 x 5 Fuß, das sind 83 Lachter und 2 Fuß, betragen. Wenn aber der erste Schacht flach einfällt, ist er meist nicht sehr tief. Gewöhnlich hat man dann mehrere flach einfallende Schächte, von denen einer über dem andern steht.
Ist also der Stollen 77 Lachter langgeworden, so wird er die Mitte der Schachtsohle erreichen, wenn er noch 6 Lachter und 2 Fuß weiter getrieben wird. Wenn sämtliche flachen Schächte zusammen 76 Lachter tief geworden sind, muß der letzte, damit er die Stollensohle erreicht, noch um 7 Lachter und 2 Fuß weiter geteuft werden.
Hat man ein Dreieck mit einem stumpfen Winkel und drei ungleichen Seiten, dann können auch die Entfernungen nicht einander gleich sein. Wenn z.B. das erste Maß 6, das zweite 3, das dritte 4 Fuß beträgt und die zweite Schnur 101 x 6 Fuß, d.i. 101 Lachter lang ist, so beträgt die Entfernung zwischen dem Stollenmundloch und der Sohle des tiefsten Schachtes 100 x 3 Fuß oder 50 Lachter. Die Strecke zwischen der Mündung des obersten Schachtes und der Stollensohle ist 100 x 4 Fuß oder 66 Lachter und 4 Fuß.
Abb. 511: Ungleichseitig-stumpfwinkliges Dreieck.
Ist also der Stollen 44 Lachter lang geworden, so muß er noch um 6 Lachter weiter vorgetrieben werden. Wenn die Schächte insgesamt 58 Lachter tief geworden sind, muß der letzte Schacht noch um 8 Lachter und 4 Fuß weiter geteuft werden, um die Stollensohle zu erreichen.
Entsteht ein Dreieck, welches drei spitze Winkel und drei gleiche Seiten besitzt, dann müssen notwendigerweise auch das zweite und dritte Maß und, wie ich schon öfter hervorgehoben habe, auch die ihnen entsprechenden Entfernungen einander gleich sein. Wenn also jedes Maß 6 Fuß, die zweite Schnur aber 101 x 6 Fuß, d.i. 101 Lachter, lang ist, so beträgt jede Entfernung 100 Lachter.
Abb. 512: Gleichseitig-spitzwinkliges Dreieck.
Ist also ein Stollen 90 Lachter lang geworden, so muß er noch um 10 Lachter vorgetrieben werden, damit er die Sohle des tiefsten Schachtes erreicht. Wenn die Schächte zusammen 95 Lachter tief geworden sind, so wird der letzte mit seinem Ende die Stollensohle erreichen, wenn er um 5 Lachter weiter geteuft wird.
Entsteht ein Dreieck, welches drei spitze Winkel, aber nur zwei gleiche Seiten besitzt, die man als erste und dritte bezeichnet, dann ist das zweite Maß nicht gleich dem dritten, und infolgedessen können auch die ihnen entsprechenden Entfernungen nicht gleich sein. Wenn z.B. das erste Maß 6, das zweite 4, das dritte wiederum 6 Fuß, die zweite Schnur aber 101 x 6 Fuß, d.i. 101 Lachter lang ist, so beträgt die Entfernung zwischen Stollenmundloch und der Sohle des untersten Schachtes 66 Lachter und 4 Fuß und die Entfernung zwischen der Mündung des obersten Schachtes und der Stollensohle 100 Lachter.
Wenn also der Stollen 60 Lachter lang geworden ist, so ist er noch um 6 Lachter und 4 Fuß vorwärtszutreiben. Sind die Schächte insgesamt 97 Lachter tief geworden, so ist der tiefste noch um 3 Lachter weiter zu teufen, damit er die Stollensohle erreicht.
Abb. 513: Gleichschenklig-spitzwinkliges Dreieck; die zwei gleichen Seiten A, B. Die ungleiche Seite C.
Wenn aber endlich ein Dreieck entsteht, in dem alle drei Winkel spitz und alle drei Seiten ungleich sind, dann müssen alle Entfernungen verschieden sein. Ist z.B. das erste Maß 7, das zweite 4, das dritte 6 Fuß und die zweite Schnur 101 x 7 Fuß, d.i. 117 Lachter und 5 Fuß
[38] Agcicola schreibt fälschlich 4 Fuß.
lang, so beträgt die Entfernung zwischen Stollenmundloch und Sohle des tiefsten Schachtes 400 Fuß oder 66 Lachter,
[39] Richtig ist 66 Lachter und 4 Fuß. Im folgenden rechnet Agricola auch dieses richtige Maß.
die saigere Entfernung zwischen der Mündung des obersten Schachtes und der Stollensohle 100 Lachter.
Abb. 514: Ungleichseitig-spitzwinkliges Dreieck.
Ist also ein Stollen 50 Lachter lang geworden, so muß er noch um 16 Lachter und 4 Fuß vorgetrieben werden, um die Mitte der Sohle des tiefsten Schachtes zu treffen. Wenn die Schächte insgesamt 92 Lachter tief geworden sind, so muß der tiefste noch um 8 Lachter weiter geteuft werden, damit er die Stollensohle erreicht.
Auf diese Weise vermißt der Markscheider den Berg, wenn ein Hauptgang flach und ein Quergang saiger in die Tiefe fällt. Fallen beide aber flach ein, so wendet er das gleiche Meßverfahren an, oder er mißt getrennt die Neigung des Berghanges und des tonnlägigen Schachtes. Wenn der Quergang, auf dem der Stollen getrieben wird, den Hauptgang nicht an der Stelle, wo der Schacht geteuft wird, schneidet, dann empfiehlt es sich, mit dem Vermessen in einem zweiten Schacht, in dem der Quergang den Hauptgang schneidet, zu beginnen. Ist kein Schacht dort vorhanden, wo der Ausstrich des Querganges den Ausstrich des Hauptganges schneidet, dann muß das Gelände zwischen beiden Schächten oder zwischen dem Schacht und der Stelle, wo sich die Ausstriche schneiden, vermessen werden.
Abb. 515: Ein Gradbogen. Der mit Wachs gefüllte halbkreisförmige Rand A. Die halbkreisförmigen Linien B. Die geraden Linien C. Die Mittellinie D. Der Durchmesser E. Die Zunge F.
Manche Markscheider ermitteln, auch wenn sie drei Schnüre benutzen, doch nur die Länge eines Stollens auf die geschilderte Weise, die Tiefe des Schachtes aber auf eine andere, indem sie nämlich mittels Schnüren messen, die auf einer ebenen Fläche des Berges, des Tales oder Feldes von neuem ausgespannt werden. Andere messen die Tiefe eines Schachtes und die Länge eines Stollens nicht auf diese Weise, sondern sie benutzen nur zwei Schnüre, einen Gradbogen und einen Maßstab von ½ Lachter Länge.
Abb. 516: Der dazugehörige Maßstab. Die drei Teile der Länge nach zusammengesetzt ergeben den Maßstab. Die kleinere Einteilung des Maßstabes A. Seine größere Einteilung B.
Sie lassen, genau wie die andern, eine an einem Querholz befestigte und durch ein Gewicht beschwerte Schnur in den Schacht hinab. Eine zweite, die am Anfang der ersten befestigt ist, spannen sie über den Hang des Berges bis zu der Sohle des Stollenmundloches und befestigen sie im Boden. Dann legen sie an das obere Ende dieser zweiten Schnur von unten her den breiten Teil eines Gradbogens
[40] Der geteilte Halbkreis ist nicht wie der spätere Gradbogen in Grade geteilt, sondern der Quadrant in 84 kleinste Teile, um in bequemer Weise dem Sinus des Fallwinkels genähert entsprechend, unter Verwendung von Kreisteilung und Maßstab, Proportionalitätsrechnungen anstellen zu können. Die Darstellung ist trotz der Weitläufigkeit nicht besonders klar.
an. Dieser besteht aus einem mit Wachs gefüllten halbkreisförmigen Ring und sechs halbkreisförmigen Linien. Von dem mit Wachs gefüllten Ring
[41] In das Wachs werden, wie später erwähnt wird, beim Vermessen Marken eingeritzt.
ausgehen, durch die erste halbkreisförmige Linie hindurch bis zur zweiten, gerade Linien, welche die Mitte der Zwischenräume zwischen den übrigen geraden Linien bezeichnen.
Abb. 517: Zu einem rechtwinkligen Dreieck ausgespannte Schnüre. Die ausgespannten Schnüre. Die erste Schnur A. Die zweite Schnur B. Die dritte Schnur C. Das Dreieck D.
Diese alle aber verlaufen von dem Wachsring aus nach der vierten halbkreisförmigen Linie, über die sie teils hinausgehen, teils aber auch nicht. Diese entsprechen den mit kleinen Zwischenräumen voneinander abstehenden Einteilungslinien eines Maßstabes, jene, die über die vierte Linie hinausgehen, seiner weiteren Einteilung. Die ersteren bezeichnen wiederum die Mitte zwischen den letzteren. Die geraden Linien, die von der fünften zur sechsten halbkreisförmigen Linie verlaufen, haben keine besondere Bedeutung, ebenso wenig die Gerade, die, den Gradbogen in der Mitte teilend, von der sechsten halbkreisförmigen Linie bis zum Mittelpunkt des Gradbogens verläuft. Wenn man nun den Gradbogen an die Schnur anlegt und seine Zunge spielt auf die sechste gerade Linie, die zwischen der zweiten und dritten halbkreisförmigen liegt, ein, so merkt sich der Markscheider sechs Teile der engen Teilung seines Maßstabes an. Trägt er dann diese Länge des Maßstabes so oft auf der zweiten Schnur ab, als diese halbe Lachter lang ist, so verbleibt ein Maß, welches die Länge anzeigt, um die der Stollen noch bis zu dem Schacht vorzutreiben ist.
Abb. 518: Zu einem rechtwinkligen Doppeldreieck ausgespannte Schnüre. Die ausgespannten Schnüre. Die erste Schnur A. Die zweite Schnur B. Die dritte Schnur B. Die vierte Schnur C. Die fünfte Schnur C. Das Viereck D.
Sieht er die Zunge auf die sechste Linie einspielen, die so verläuft, daß sie die Mittellinie zwischen der vierten und fünften bildet, so merkt er sich sechs Teile der weiteren Teilung seines Maßstabes an. Trägt er diese Länge des Maßstabes auf der zweiten Schnur so oft ab, als diese ganze Lachter lang ist, so verbleibt ein Maß, das in gleicher Weise die Länge angibt, um die der Stollen noch bis zum Schachte vorzutreiben ist.
Sowohl diese Markscheider als auch die erstgenannten benutzen zunächst hanfene Schnüre. Sie vergleichen sie aber häufig mit anderen aus Lindenbast hergestellten Schnüren, weil diese gar nicht, jene aber viel sich längen. Und solche werden auch auf den ebenen Flächen ausgespannt; zuerst eine über den schräg abwärts fallenden Berghang; sodann eine zweite Schnur, deren Länge gleich der des Stollens ist, der bis zum Schachte zu treiben ist, in gerader Richtung so, daß sie mit dem einen Ende das untere Ende der ersten Schnur berührt. Endlich legen sie eine dritte Schnur ebenfalls in gerader Richtung so, daß sie mit ihrem oberen Ende das obere Ende der ersten Schnur, mit ihrem unteren Ende das Ende der zweiten Schnur berührt. So entsteht ein Dreieck. Die Höhe dieser dritten Schnur messen sie mit einer mit einer Einteilung versehenen Vorrichtung, die wie ein Lot eingerichtet ist. Die Länge dieser Schnur gibt die Tiefe des Schachtes an.
Manche Markscheider benutzen, um das Ergebnis der Messung der Schachtteufe noch genauer zu erhalten, fünf Schnüre. Die erste führt schräg nach abwärts, zwei, nämlich die zweite und dritte, sind so lang wie der Stollen und zwei besitzen die Länge der Schachtteufe. Sie bilden so ein Viereck, welches in zwei gleiche Dreiecke geteilt ist. Dies ergibt eine größere Genauigkeit.
Diese Art, die Teufe eines Schachtes und die Länge eines Stollens zu messen, ist genau, wenn der Gang und daher auch der Schacht oder die Schächte gleichmäßig lotrecht oder flach bis zum Stollen einfallen. Ebenso, wenn der Stollen geradlinig bis zum Schachte verläuft. Wenn beide indes bald hier, bald da eine Biegung aufweisen, aber noch nicht durchschlägig geworden sind, so ist kein Sterblicher scharfsinnig genug, um zu erkennen, wie weit sie von der Geraden abweichen. Ist aber der eine oder der andere fertig getrieben - beim Stollen der Länge nach, beim Schachte der Tiefe nach - so sind wir leichter imstande, das zu schätzen. Und so wird die Stelle eines Stollens, die unter einem Schachte liegt, mit dessen Abteufen man soeben begonnen hat, in folgender Weife durch eine Messung gefunden.
Zuerst wird am Stollenmundloch ein Dreifuß aufgestellt, ebenso an dem angefangenen Schacht oder an der Stelle, wo er geteuft werden soll. Ein solcher Dreifuß besteht aus drei gleich langen, in die Erde getriebenen Pfählen und einem quadratischen Brett, das auf den Pfählen aufliegt und an ihnen befestigt ist. Auf dem Brett steht ein Instrument, welches die Himmelsrichtungen angibt.
[42] Kompaß.
Darauf wird von dem unteren Dreifuß eine mit einem Gewicht beschwerte Schnur
[43] Ein Lot.
lotrecht zur Erde herabgelassen und dicht neben diese noch ein Pfahl in die Erde geschlagen. An ihn wird eine zweite Schnur fest angebunden und soweit geradlinig in den Stollen hineingezogen, daß sie keine Ecke der Sohle oder der Firste berührt. Dann wird von dem Lote des unteren Dreifußes aus eine dritte gleichfalls festgebundene Schnur geradlinig über den Abhang des Berges bis zum Pfahl unter dem oberen Dreifuße hinaufgezogen und an diesen fest angebunden. Damit aber die Höhe genau gemessen wird, muß jene dritte Schnur die gleiche Seite des am unteren Dreifuß hängenden Lotes berühren, wie die zweite, in den Stollen hineinführende. Ist dies alles fachgemäß ausgeführt, so stellt der Markscheider, wenn die geradlinig in den Stollen hineinführende Schnur eine Ecke des Hangenden oder Liegenden zu berühren droht, auf die Sohle des Stollens ein starkes Brett und darauf legt er einen Teilkreis oder ein Instrument, welches einen besonderen Zeiger hat.
[44] Vorläufer der Eisenscheibe.
Abb. 519: Teilkreis ohne Zeiger mit fünf Wachsringen. Die Kreisscheibe mit fünf Wachsringen ABCDE. Ihr Schlitz F. Die Schraube G. Das mit Loch versehene Eisen H.
Dieses, mit gewachsten Kreisringen, unterscheidet sich von dem andern, welches gleichfalls einen Zeiger besitzt, und welches ich im dritten Buche beschrieben habe.
[45] Das ist der beschriebene Bergkompaß.
Mit Hilfe beider Instrumente aber - sozusagen als Regel und Richtweiser - erkennt man, ob die gespannten Schnüre bis zum Ende des Stollens gerade verlaufen oder ob sie bald geradlinig, bald zum Hangenden oder Liegenden abgewichen sind.
Abb. 520: Teilkreis mit Zeiger und sieben Wachsringen. Das Instrument mit Zeiger (Bussode) und sieben Wachsringen ABCDEFG.
Beide Instrumente sind in Teile eingeteilt, und zwar das Instrument mit der Magnetnadel als Zeiger in 24,
[46] In 2 x 12 Stunden, der Teilkreis den Himmelsrichtungen der Windrose entsprechend.
der Teilkreis aber in 16; nämlich zuerst in vier Hauptteile und jeder von ihnen wieder in vier Unterteile. Beide Instrumente besitzen Wachsringe, und zwar die Bussole sieben, das andere Instrument nur fünf. Diese Wachsringe ritzt der Markscheider, möge er dieses oder jenes Instrument benutzen, und legt durch diese Ritzmarken der Reihe nach die Richtungen fest, in denen die Schnüre gespannt sind. Die Scheibe hat außerdem einen Schlitz, der sich von ihrem äußersten Rande bis zum Mittelpunkte hin erstreckt. In diesen steckt er eine eiserne Schraube hinein, an die er die zweite Schnur anbindet, und schraubt sie an das dicke Brett fest, damit auch die Scheibe unbeweglich bleibt. Um zu verhindern, daß die zweite Schnur und ferner auch die anderen gespannten Schnüre von der Schraube abgestreift werden, steckt er den Schraubenkopf in das Loch eines schweren Eisenstückes. Das andere, mit Zeiger versehene Instrument stellt er nur neben die Schraube hin, da es kein Loch hat.
Damit das Instrument weder nach vorn noch nach hinten geneigt ist und so bei der Messung eine größere Länge sich ergebe, als richtig ist, stellt der Markscheider auf dasselbe eine Setzwage, deren Zunge, wenn das Instrument nach keiner von beiden Seiten geneigt ist, auf keine Zahl, sondern auf den Nullpunkt einspielt.
Hat nun der Markscheider, nachdem er die einzelnen Winkel des Stollens sorgfältig beobachtet hat, einen so großen Teil des Stollens gemessen, wie er messen sollte, dann mißt er über Tage auf einer ebenen Fläche in derselben Weise, indem er wiederum die einzelnen Winkel mit nicht geringerer Sorgfalt beobachtet. Zunächst legt er in jedem Winkelpunkte eine geradlinige Schnur an in der Richtung, wie es die Berechnung und die Dreiecksmessung ergeben haben. Dann spannt er die über den Berghang hinauflaufende Schnur so schräg, daß sie mit ihrem unteren Ende zuerst den Anfang dieser geraden Schnur berührt. Weiterhin spannt er eine dritte Schnur in gleicher Weise in gerader Richtung so, daß sie mit ihrem oberen Ende das obere Ende der zweiten Schnur, mit ihrem unteren Ende das hintere Ende der ersten Schnur berührt. Die Länge der dritten Schnur aber gibt, wie ich oben erwähnt habe, die Tiefe des Schachtes an und zugleich die SteIle des Stollens, an der ihn der abgeteufte Schacht treffen wird. Wenn aber zum Stollen ein oder mehrere Schächte durch dazwischenliegende Querschläge und Schächte hindurchführen, so kann der Markscheider die Tiefe des niederzubringenden Schachtes schneller und leichter bestimmen, wenn er von dem obersten nach unter Tage geführten Schachte ausgeht, als wenn er beim Stollenmundloch anfängt. Zunächst mißt er den übertägigen Zwischenraum zwischen dem abgeteuften und dem abzuteufenden Schachte. Dann das Einfallen aller der Schächte, die er messen will, sowie die Länge aller Querschläge bis zum Stollen, durch welche jene auf irgendeine Weise verbunden sind; zuletzt den fertigen Teil des Stollens. Nachdem dies alles fachgemäß ausgeführt ist, gibt er die Schachttiefe und die Stelle des Stollens an, an der der Schacht ihn treffen wird. Bisweilen ist ein ziemlich tiefer saigerer Schacht dort zu teufen, wo vorher nur ein tonnlägiger vorhanden war, und zwar deswegen, damit die Erze in gerader Richtung durch Maschinen gehoben und herausgefördert werden können. Dies ist erforderlich bei einer Maschine über Tage, die durch Pferde betrieben wird, unter Tage bei Maschinen der gleichen Art oder bei einer solchen, die durch Wasserkraft bewegt wird.
[47] Solche Maschinen werden im 6. Buche beschrieben.
Abb. 521: Die Setzwage. Die Setzwage A. Ihre Zunge B. Setzwage und Zunge C.
Wenn ein solcher Schacht geteuft werden muß, so befestigt der Markscheider zunächst eine eiserne Schraube im oberen Teile des alten Schachtes. Von dieser Schraube läßt er eine Schnur hinab bis zum ersten Winkelpunkt, wo er wieder eine Schraube befestigt; von ihr läßt er wiederum eine Schnur hinab bis zum zweiten Winkelpunkt. Dies wiederholt er öfters, und zwar so lange, bis die letzte Schnur bis zum Schachttiefsten hinabreicht. Dann hält er an jedem Teil der Schnur den Gradbogen an, markiert den Wachsring ganz dicht bei der Linie, die der Zeiger anzeigt, und bezeichnet die Stellen mit einer Nummer, damit die Reihenfolge nicht verwechselt wird. Dann mißt er die einzelnen Teile der Schnur mit einer zweiten Schnur, welche aus Lindenbast hergestellt ist. Wenn er dann aus dem Schacht ausgefahren ist, sondert er sich von den anderen Leuten ab und überträgt die Punkte von dem gewachsten Halbkreis des Gradbogens auf irgendeinen ebenfalls gewachsten Teilkreis. Schließlich spannt er Schnüre auf einer ebenen Fläche aus, mißt die Winkel nach den Regeln der Dreiecksmessung und gibt an, an welcher Stelle des Liegenden oder des Hangenden das Gestein entfernt werden muß, damit der Schacht saiger niedergebracht wird.
Wenn der Markfeheider den Grubenbesitzern die Stelle im Querschlag oder im Stollen zeigen soll, von welcher aus ein Schacht gleichzeitig hochgebrochen und abgeteuft werden soll, damit er schneller durchschlägig wird, so beginnt er seine Messung im unteren Querschlag oder Stollen von einem Punkte aus, der ungefähr eine Schnurlänge hinter der Stelle liegt, die der nach der Tiefe zu führende Schacht treffen wird. Sobald er diesen Querschlag oder Teil des Stollens bis zum alten Schacht, der von hieraus nach dem oberen Querschlag hinaufführt, gemessen hat, mißt er auch noch das Einfallen dieses Schachtes mit dem Gradbogen oder mit dem an die Schnur angehängten Teilkreis, und weiter in ähnlicher Weise den oberen Querschlag und das Einfallen des Schachtes, welcher im Querschlag geteuft wird und von unten her getroffen werden soll. Dann spannt er abermals auf einer ebenen Fläche alle Schnüre aus, und zwar die letzte so, daß sie die erste Schnur wieder berührt, und mißt sie. Aus dieser Messung erfährt er, an welcher Stelle des Querschlags oder des Stollens hochzubrechen ist und wieviel Lachter Gang noch zu durchörtern sind, damit der Schacht durchschlägig wird.
Nachdem ich bisher das eine Meßverfahren behandelt habe, will ich jetzt über ein anderes sprechen. Wenn ein Gang zu nahe an einen andern herantritt und sie gehören verschiedenen Besitzern, welche vor nicht langer Zeit erst in ihren Besitz gekommen sind, so haben sie, wenn sie einen Stollen oder Querschlag treiben oder einen Schacht teufen, kein Recht, in das Grubenfeld des älter berechtigten Besitzers einzudringen oder eindringen zu wollen. Deshalb bestehen diese meistenteils auf ihrem Recht, oder erstreiten es durch einen Prozeß. Der Markscheider entscheidet dann entweder selbst den Streit zwischen den Besitzern, oder belehrt durch seine Kunst die Richter bei der Entscheidung, damit der eine seine Hand von dem Erz des andern lasse. Zu diesem Zwecke vermißt er zunächst die Gruben beider Parteien mit aus Hanf und aus Lindenbast gefertigten Schnüren. An diese legt er den Teilkreis oder das mit Zeiger versehene Instrument an, notiert die Himmelsrichtungen, in denen die Schnüre gespannt sind und spannt dann die Schnüre auf einer ebenen Fläche aus.
Abb. 522: Die Bleiwage. Das herabhängende Lot der Bleiwage A.
Sodann zieht er, ausgehend von der Stelle des Grubenfeldes, welches einem Besitzer von alters her gehört, entweder im Hangenden oder im Liegenden des Ganges eine gerade Querschnur parallel dem sechsten Teilstrich der Teilung des mit einem Zeiger versehenen Instrumentes
[48] Das ist, da das Instrument in 24 Teile geteilt ist, im rechten Winkel.
nach der anderen Stelle in einem Abstand von 3½ Lachter hin und teilt so den Altbesitzern ihr Eigentum zu. Wenn beide Seiten eines Ganges durch zwei in entgegengesetzter Richtung getriebene Stollen oder Querschläge angefahren werden sollten, so prüft der Markscheider zuerst den tieferen Stollen oder Querschlag, später den oberen, und untersucht, wieviel jeder von beiden allmählich ansteigt. An beiden Enden ergreifen starke Männer die gespannten Schnüre mit der Hand und halten sie fest, so daß sie nicht nachgeben. Auf beiden Seiten legt der Markscheider ½ Lachter lange Maßstäbe an die Schnüre an und an den letzten Teil ein kurzes Stück des Maßstabes, so oft es nötig ist. Manche Markscheider binden die Schnüre an die Maßstäbe fest, damit sie weniger schwanken. An die Mitte der Schnur hängt er eine Bleiwage an, damit er beide Seiten sicher abwägen kann. Auf diese Weise erkennt er, ob der eine Stollen mehr als der andere, desgleichen, ob der eine Querschlag mehr als der andere ansteigt. Dann mißt er beiderseits das Einfallen der Schächte, um auf beiden Seiten ihr Ansteigen zu ermitteln. So erkennt er leicht, wieviel Lachter Zwischenmittel noch zu durchörtern sind. Jeder Stollen soll, wie ich schon früher gesagt habe, auf eine Länge von 100 Lachter um 1 Lachter ansteigen.
Die Markscheider in den Alpen benutzen, wenn sie Stollen vermessen, die in den höchsten Bergen getrieben sind, ebenfalls ½ Lachter lange Maßstäbe, die aber aus drei mit Schrauben versehenen Teilen bestehen, so daß sie verkürzt werden können. Sie benutzen eine aus Lindenbast gefertigte Schnur, an die sie Papierstreifen befestigen, die die Zahl der Lachter angeben; ferner ein ihnen eigentümliches Instrument mit Zeiger.
[49] Kompaß.
Es besitzt nämlich keine gewachsten Ringe. Dafür halten sie eine Karte in den Händen, in welche sie die Ablesungen des Instrumentes eintragen, d. h. welchen Teilstrich das auf dem rückwärtigen Teil des Maßstabes aufgesetzte Instrument, welchen Teilstrich seine Zunge und welchen Teilstrich die ausgespannte Schnur zeigt, die durch drei Löcher der Zunge hindurchgeht. Weiter merken sie die Zahl der Lachter an. Die Zunge gibt auch an, ob sich die Schnur nach vorn oder nach hinten neigt. Ein Lot, wie die Bleiwage, besitzt dies Instrument nicht, sondern die Zunge ist am Instrument befestigt und liegt gewissermaßen auf ihm. Stollen vermessen sie, um zu ermitteln, wieviel sie ansteigen, wieviel Lachter ein unterer von einem oberen absteht, wieviel Lachter noch nicht aufgefahrenes Gestein zwischen den Häuern ansteht, die aus entgegengesetzter Richtung auf ein und demselben Gang oder auf einer Querkluft oder auf zwei einander zulaufenden graben.
Ich kehre nun zu unseren Gruben zurück. Wenn der Markscheider in Stollen oder Querschlägen die Feldgrenzen bestimmen und durch ins Gestein eingemeißelte Marken
[50] "Stufen".
bezeichnen will, ebenso wie der Bergmeister über Tage die gleichen Grenzen festgelegt hat, dann ermittelt er zunächst durch das oben beschriebene Meßverfahren die Stelle des Stollens oder des Querschlages, die unter dem Grenzpfahl über Tage liegt, indem er eine Schnur über die Stelle hinaus spannt, wo nach seiner Schätzung die Stufe in das Gestein zu schlagen ist. Dann spannt er die gleichen Schnüre auf einer ebenen Fläche von dem Punkte aus, den der Grenzpfahl über Tage angibt, legt unten eine Querschnur parallel dem sechsten Teilstriche des mit einem Zeiger versehenen Instrumentes
[51] Siehe in diesem Buche Anm. 48 und 44.
und gibt endlich, indem er das letzte Ende der Querschnur, welches über die Stellen hinausreicht, auf die sie zeigt, wegnimmt, an, an welchem Ort des Gesteins im Stollen oder Querschlag das Grenz- oder Erbzeichen in das Gestein eingemeißelt werden muß.
Abb. 523: Ein in den Alpen benutzter Teilkreis mit Zeiger. Der Zeiger des Instrumentes A. Seine Zunge B. Deren Löcher C, D und E.
Er meißelt es ein in Gegenwart zweier Geschworenen und des Bergverwalters und Steigers jeder Grube. Ebenso also, wie der Bergmeister über Tage in Gegenwart der gleichen Personen die Grenzsteine in die Erde setzt, meißelt der Markscheider zum Zwecke der Bezeichnung eine Marke in das Gestein, die deshalb auch Markzeichen genannt wird. Wenn er in dem Schacht eines Ganges, mit dessen Abbau erst vor kurzem begonnen wurde, die Grenzen des Feldes bezeichnet, mißt er zuerst das Einfallen des Schachtes mit dem mit einem Zeiger versehenen oder dem anderen an die Schnüre angelegten Instrument und bezeichnet es; darauf mißt er alle Querschläge auf bis zu dem, in dessen Gestein die Markzeichen einzumeißeln sind. In diesem Querschlag vermißt er dann alle Winkel. Hierauf spannt er, nachdem er die Schnüre auf einer ebenen Fläche ausgespannt hat, wie oben erwähnt, eine Querschnur und meißelt die Zeichen in das Gestein. Wenn ein Grenz- und Erbstein in einem darunterliegenden Querschlag zu bezeichnen war, so geht der Markscheider von diesem Zeichen aus und mißt und schreibt sich die einzelnen Winkel auf. In dem unteren Querschlag zieht er eine Schnur bis über die Stelle hinaus, wo nach seiner Schätzung das Zeichen in das Gestein einzumeißeln ist, und spannt dann die Schnüre, wie ich schon oft erwähnt habe, auf einer ebenen Fläche aus. Wenn auch der Gang in dem unteren Querschlag anders als im oberen, in dem das erste Markzeichen in das Gestein einzumeißeln ist, verläuft, muß doch in dem unteren Gang die Marke senkrecht darunter angebracht werden. Denn wenn die Marke des unteren Ganges entsprechend, der des oberen angebracht wird, würde sie schräg zu ihr stehen. Auf diese Weise würde zu Unrecht dem einen Besitzer etwas von seinem Grubenfelde genommen, dem andern aber gegeben werden. Wenn es sich trifft, daß ein Erbzeichen an einer Ecke eingemeißelt werden muß, so mißt der Markscheider von dieser Stelle ausgehend je 1 Lachter nach beiden Seiten gegen die Markscheide hin ab, bildet daraus ein Dreieck, teilt dies durch eine Querschnur in zwei gleiche Teile und bringt an dieser Stelle die Marke im Gestein an.
Endlich schlägt der Markscheider zuweilen zum Zwecke der Verbesserung der Genauigkeit Grenzzeichen an solchen Orten ein, an denen schon früher viele Grenzzeichen im Gestein angebracht worden waren. Er geht dann von dem über Tage in der Erde steckenden Grenzpfahl aus und mißt zuerst bis zum nächsten Grubenfelde. Dann vermißt er einen Schacht nach dem andern. Weiter schlägt er einen Grenzpfahl auf seiner eingeebneten Fläche
[52] Auf dieser ebenen Meßfläche werden die ausgeführten Meissungen in natürlicher Größe zugelegt, in ähnlicher Weise, wie sie heute, stark verjüngt, auf den Zulegeriß gebracht werden.
ein, mißt von ihm ausgehend mit den gleichen ausgespannten Schnüren und schlägt einen weiteren Pfahl ein, der den Endpunkt der Messung bezeichnet. Sodann beginnt er unter Tage von dem Orte aus, an dem er aufgehört hatte, wiederum alle die Schächte und Querschläge zu vermessen, deren er sich erinnern kann. Schließlich kehrt er zu seiner ebenen Fläche zurück und mißt wieder, von dem zweiten Pfahl ausgehend, bis zu dem Querschlag, in dessen Gestein die Marke einzumeißeln ist; zuletzt spannt er von dem zuerst eingeschlagenen Grenzpfahl aus eine gerade Schnur bis zum letzten, welche die Länge des untersten Querschlages anzeigt; die Stelle, wo jene ihn berührt, bezeichnet er als die richtige und meißelt danach die Marke in das Gestein ein.