CORPS - Das Magazin, Ausgabe 2018-2
CORPS - Das Magazin, Ausgabe 2022-1
Dr. mont. Michael Heinemann Gothiae Innsbruck, Montaniae Leoben und
Max Lechthaler Montaniae Leoben
Die Montanuniversität Leoben kann auf eine sehr erfolgreiche Vergangenheit und eine langjährige und stolze Tradition als Ort der Exzellenz in Wissenschaft und Lehre zurückblicken. Mit ihrem einzigartigen Profil nimmt sie eine besondere Stellung in der nationalen wie internationalen Bildungslandschaft ein. Sie positioniert sich konsequent als Forschungsstätte mit höchsten Ansprüchen, die ihre Schwerpunkte entlang des Wertschöpfungskreislaufes sieht: von der Rohstoffgewinnung und -verarbeitung über die Metallurgie, die Hochleistungswerkstoffe, das Prozess- und Produktengineering bis hin zur Umwelttechnik und Recycling. Unter Einbeziehung aller in Leoben vertretenen Fachrichtungen entwickelt die Montanuniversität Wissenschaft und Technik. So entstehen laufend innovative Prozesse und Verfahren, wobei Nachhaltigkeit ein zentrales Prinzip darstellt. Dadurch werden aus Rohstoffen hochwertige Energieträger, Struktur und Funktionselemente. Schwerpunktsetzungen in Mineral Resources, High Performance Materials und Sustainable Production and Technology ebenso wie Wechselbeziehungen zwischen den Forschungsschwerpunkten werden als Teil der weiteren Entwicklung aufgezeigt. In diesen Schwerpunkten ist die Montanuniversität auch einzigartig mit Partnern aus Wissenschaft, Industrie und Wirtschaft vernetzt.
Die im Leitbild verankerte Symbiose aus Lehre und Forschung trägt wesentlich zur stetigen Weiterentwicklung und Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen bei. Auch die Studienrichtungen orientieren sich in Leoben entlang des Wertschöpfungskreislaufes. Angeboten werden aktuell 11 Bachelorstudien, 14 Masterstudien und das Doktoratsstudium der Montanistischen Wissenschaften. Dazu kommen 19 Universitätslehrgänge und eine Vielzahl an kürzeren Weiterbildungsveranstaltungen. Die angebotenen Studienrichtungen können in dieser Form nur in Leoben belegt werden – mit dem Erfolg, dass die Leobener Absolventinnen und Absolventen zu den begehrtesten Akademikern zählen. Als kleinste technische Universität Österreichs bietet die Montanuniversität ihren derzeit ca. 4.000 Studierenden eine hervorragende Ausstattung und optimale Betreuung durch die Lehrenden. Ihr Vorteil ist die überschaubare Größe: Der intensive Kontakt zwischen Studierenden und Lehrenden ermöglicht es, Herausforderungen im Studienalltag schnell zu lösen. „Massenuniversität“ ist in Leoben ein Fremdwort. In verschiedenen Umfragen und Rankings sticht die Montanuniversität Leoben bereits seit Jahren unangefochten als Österreichs beste und beliebteste Universität hervor (z. B. Magazin FORMAT, Universum Talent Research, trendence Graduate Barometer).
Als Ausbildungsstätte ist sich die Montanuniversität ihrer besonderen Verantwortung der technikinteressierten Jugend gegenüber bewusst, aber auch in speziellem Maße gegenüber der Industrie trägt die Universität Verantwortung, da deren Humankapital entscheidend von den Absolventen der Montanuniversität geprägt wird. Zudem liegt die Alma Mater Leobiensis in einer nach wie vor problematischen Region, welche mit einer abnehmenden Bevölkerung (insbesondere von aktiv im Arbeitsleben stehenden Menschen) verbunden ist. Daher hat die Montanuniversität seit langem ihre Verantwortung in der Region übernommen. Sie wirkt als Innovationsmotor und treibt gemeinsam mit den wirtschafts- und technologiepolitisch Verantwortlichen zahlreiche Vorhaben voran.
Wissenschaftliche Spitzenleistungen, Top-Platzierungen in internationalen Rankings und ein lebendiges Verbindungswesen: Die Montanuniversität Leoben ist Österreichs korporationsgeprägte Eliteschmiede für Ingenieure – und bietet zahlreiche Gründe, dort zu studieren.
Die Montanwissenschaften nehmen in vielen Bereichen eine Vorreiterrolle ein. So wurde 2019 an der Montanuniversität Leoben das Unesco Kompetenz- und Ausbildungszentrum für Nachhaltigkeit, globale Rohstoffversorgung und Rohstoffpolitik ins Leben gerufen. Mittlerweile wurden dort Hunderte Projekte von globaler Bedeutung identifiziert.
Zwar weist der Name Montanuniversität Leoben weiterhin auf den ursprünglichen, immer noch tragenden Fächerstamm hin. Mittlerweile reicht das Spektrum an Forschungs- und Studienrichtungen aber sehr viel weiter. Neben den angestammten Disziplinen prägen heute unter anderem auch Werkstoffwissenschaften, Kunststofftechnik, Industrielle Energietechnik, Industrielogistik, Industrieller Umweltschutz und Verfahrenstechnik sowie Recyclingtechnik und Industrial Data Science den Charakter dieser technischen Universität. Mit seinen 12 Bachelor- und 18 Masterstudiengängen, 16 universitären Lehrgängen sowie dem Doktoratsstudium der montanistischen Wissenschaften enthält das Studienangebot ein in sich geschlossenes Konzept. Dieses versteht den Wertschöpfungskreislauf und damit verwandte Gebiete als zentrales Element und bietet somit ein breites Spektrum an zukunftsorientierter Ausbildung. Diese Wissenschaftspolitik spiegelt sich auch in internationalen Wertungen wider, bei denen die Montanuniversität regelmäßig in verschiedenen Disziplinen Spitzenplätze belegt. In einer ihrer Kernkompetenzen, der Metallurgie, erreichte die Montanuniversität erst kürzlich den hervorragenden Rang 2 im europäischen Vergleich des weltbekannten „Shanghai-Rankings“. Des Weiteren belegte sie in einer vom Magazin CEOWORLD durchgeführten Studie weltweit den dritten Platz in der Kategorie Öl-, Gas und Petroleumindustrie.
Maßgeblich zum Erfolg hat der enge Kontakt der Hochschule mit international tätigen Unternehmen beigetragen. Exemplarisch dazu wurde der als LD-Verfahren (Linz-Donawitz-Verfahren) bekannte Stahlherstellungsprozess unter Zusammenarbeit mit der Voestalpine GmbH, des größten österreichischen Stahlproduzenten, als bahnbrechende Neuerung entwickelt. Heute werden circa zwei Drittel der Weltrohstahlproduktion auf Grundlage dieses Verfahrens erzeugt. Der an der technischen Umsetzung maßgeblich beteiligte damalige Hüttendirektor, Dr. mont. Herbert Trenkler Sueviae München, Montaniae Leoben, wurde als Ordinarius für Eisenhüttenkunde an die Montanistische Hochschule berufen und wurde später auch deren Rektor. Zu den zahlreichen Zukunftstechnologien, an denen die Montanuniversität forscht, gehören unter anderem Green Steel oder die Erprobung neuartiger Materialien in der Raumfahrt.
Die Universität wirbt mit dem Leitsatz, dass Forschung und Lehre ihre zentralen Aufgaben und die Studenten sowie wissenschaftlichen Mitarbeiter das prägende Zukunftspotenzial seien. Diese gelebte Einstellung gegenüber jungen Studenten und die bei aller Härte des Studiums doch ständig spürbare Hilfsbereitschaft, verbunden mit dem Kameradschaftsgeist unter den Studierenden, zeigen sich in mehreren Facetten. Einerseits besitzt die Montanuniversität ein hervorragendes Betreuungsverhältnis, wodurch die Teilnehmerzahl bei Prüfungen oder Übungen praktisch unbeschränkt ist. Andererseits kann sich die Universität durch die intensive Kooperation mit internationalen Unternehmen und Forschungsprojekten zu einem großen Teil selbst finanzieren, wodurch die Montanuniversität über modernste Geräte verfügt, die in Forschung und Lehre eingesetzt werden. Schließlich fördert die Nähe der Universität zur Wirtschaft die Absolvierung von Praktika und erleichtert in vielen Fällen einen fließenden Übergang vom Studium ins Berufsleben. Dies sind nur drei Faktoren, die der Universität in verschiedenen Umfragen unter Studierenden und Absolventen zu Bestnoten in der Zufriedenheit verhelfen und den Ruf der Universität unterstützen.
Die zwölf Leobener Korporationen, darunter die drei Corps Schacht, Montania und Erz, haben großen Einfluss auf den Alltag der Studenten und die Universität. Neben kurzen Wegen und günstigem Wohnraum selbst in der Innenstadt hat Leoben auch im Hinblick auf die Freizeitgestaltung einiges zu bieten: Neben Wanderungen, Klettern und Wintersport zählen viele Volksfeste. Als Beispiel ist hier der Gösser Kirtag, der längste Kirtag Österreichs, zu nennen, der selbst von den meisten Professoren als legitimer Grund für Abwesenheit bei Lehrveranstaltungen angesehen wird.
Die Geschichte Leobens ist geprägt vom Bergbau und der Verhüttung. Das studentische und montanistische Brauchtum, das daraus entstand und teilweise von Studenten anderer Lehrstätten nach Leoben überliefert wurde, wird bis heute von den Leobener Korporationen getragen.
Traditionell, ehrlich und authentisch – nicht nur bei den zahlreichen Korporierten – kommt das Empfinden der Leobener Absolventen für ihre Alma Mater in der dritten Strophe des Leobener Liedes zum Ausdruck:
Und Mädels gab es so süß und so hold,
und Freunde so lustig und bieder,
mit Gurgeln aus Stahl und Herzen voll Gold,
und Kehlen voll jubelnder Lieder,
nun sitzen auch sie auf einsamen Schacht,
in alle Winde zerstoben,
|: und denken voll Sehnsucht der sonnigen
Pracht, im alten, trauten Leoben! :|
Ein Lied, das die jungen Studenten wahrscheinlich erstmalig beim Ledersprung hören und sie später ihr Leben lang beim Absingen im Herzen berühren wird.
Der Ledersprung ist nur eine der montanistischen Traditionen, den die Leobener Korporationen pflegen. Diese Großveranstaltung wird in abwechselnder Reihenfolge von den Verbindungen in Zusammenarbeit mit der Universität ausgerichtet. Der Akt des Ledersprungs, in dem Erstsemestrige wie auch neue Professoren von einem Bierfass über das sogenannte Arschleder springen, wird im Rahmen eines großen Kommerses durchgeführt. Ihm wohnen neben den Springern und Verbindungen auch das Professorenkollegium und zahlreiche Gäste aus Wirtschaft, Politik, Militär und der Studentenschaft bei. Der Sprung über das Arschleder im Rahmen dieser feierlichen Zeremonie erhebt den Springer in den Bergmannsstand und berechtigt ihn somit zum Tragen der bergmännischen Tracht, des Bergkittels.
Einen Höhepunkt des Studentendaseins stellt die feierliche Philistrierung dar – sie ist ebenso ein lebendiges Stück studentischen Brauchtums. Am Portal der Universität wird die Zeremonie der Philistrierung vollzogen, indem der frischgebackene Absolvent die Anzahl seiner Studiensemester nennt, von zwei Kommilitonen angehoben und von einem Dritten entsprechend der genannten Anzahl an das am Tor hängende Semesterbrett geschlagen wird. Der Festzug, bestehend aus Freunden und Familie, begibt sich anschließend singend auf den Hauptplatz, wo die Statue des historischen Bergmannsbrunnens den Abschiedskuss erhält.
Als letzte große Veranstaltung für alle Studenten und Professoren des Studienjahres gilt der Bierauszug. Ursprünglich initiiert wurde er als letztes Fest, bevor die Studenten ihre Praktika in den Bergwerken und Hütten antraten, wovon einige in früheren Zeiten nicht mehr zurückkehrten. Der Festzug, der aus den in die jeweiligen Semester eingeteilten Studenten besteht und von den Chargierten angeführt wird, marschiert unter kontinuierlicher Bierversorgung vom Universitätsgebäude, wo der Rektor und das Professorenkollegium die Studenten in die vorlesungsfreie Zeit verabschieden, über den Hauptplatz bis zur Maßenburg, einer Burgruine, wo mit allen Studenten ein gemeinsamer Kommers mit Blick über Leoben stattfindet.
Ein Studium in Leoben bringt also nicht nur wegen der naheliegenden Berge eine schöne Aussicht, sondern auch, was lebenslange Freundschaften, wissenschaftliche Möglichkeiten und Karrierechancen anbelangt.