Erstes Buch:
Bearbeitet von Paul Knauth, Freiberg in Sachsen.
Viele sind der Meinung, der Bergbau sei etwas Zufälliges und eine schmutzige Tätigkeit und überhaupt ein Geschäft, das nicht sowohl Kunst und Wissenschaft als körperliche Arbeit verlange. Allein wie mir scheint, wenn ich seine einzelnen Teile im Geiste durchlaufe, so verhält sich die Sache ganz anders. Denn der Bergmann muß in feiner Kunst die größte Erfahrung besitzen, sodaß er erstlich weiß, welcher Berg oder Hügel, welche Stelle im Tal oder Feld nutzbringend beschürft werden könne, oder ob er auf die Schürfung verzichten muß. Sodann müssen die Erzgänge, die Klüfte und die Verwerfungen des Gesteins ihm bekannt sein. Bald muß er die vielfachen und mannigfaltigen Erdarten, die Arten der Lösungen, der Edelsteine, der gewöhnlichen Steine, des Marmors, der Felsen, der Metalle und ihrer Mischungen und sodann die Art und Weise erkennen, wie jedes Werk unter der Erde zu vollbringen sei. Bekannt endlich soll ihm sein die Kunst, allerlei Stoffe zu probieren und zur Schmelzung zu bereiten. Diese ist auch ihrerseits selbst sehr verschieden; denn eine andere Art Verfahren wird erfordert für Gold und Silber, eine andere für Kupfer, eine andere für Quecksilber, eine andere für Eisen, eine andere für Bleiarten, und zwar bei Letzteren eine verschiedene Methode für Zinn und Wismut oder Blei.
[1] Zu Agricolas Zeiten wurden die letzten drei Metalle mit plumbum bezeichnet, und zwar Zinn als plumbum candidum, Wismut als plumbum cinereum und Blei als plumbum nigrum.
Obwohl es aber scheinen könnte, als wenn die Kunst, dünne Lösungen bis zum Fest werden zu finden, von der Bergwissenschaft zu trennen sei, so darf dies doch nicht geschehen. Denn die nämlichen
Lösungen werden auch in der Erde als fest geworden ausgegraben oder aus gewissen Erd- oder Steinarten gewonnen, welche die Bergleute ausgraben, und von denen manche Metalle enthalten. Diese
Gewinnung ist wiederum keine einfache; denn anders ist die des Salzes, anders die der Soda, anders die des Alauns, anders die des Vitriols, anders die des
Schwefels und anders die des Erdwachses.
Außerdem muß der Bergmann noch vieler Künste und Wissenschaften kundig sein: zuerst der Philosophie, daß er den Ursprung, die Ursachen und die Eigenschaften der unterirdischen Dinge erkenne. Denn er wird dann auf leichterem und bequemerem Wege zum Abbau gelangen und besseren Nutzen von den geförderten Erzen haben. Zweitens der Medizin, daß er für die Häuer und anderen Bergarbeiter sorgen könne, damit sie nicht in Krankheiten verfallen, von denen sie vor anderen bedrängt werden, oder wenn sie in solche verfallen sind, daß er entweder selbst sie kurieren oder dafür sorgen könne, daß Ärzte sie kurieren. Drittens der Astronomie, damit er die Himmelsgegenden kennenlerne und nach ihnen die Ausdehnung der Erzgänge beurteilen könne. Viertens der Lehre von den Maßen, daß er einerseits messen könne, wie tief ein Schacht zu graben sei, damit er zu dem Stollen reiche, der dahingetrieben wird, und daß er andererseits einer jeden Grube, besonders in der Tiefe, bestimmte Grenzen setze. Sodann soll er auch die Rechenkunst verstehen, damit er die Kosten, die für die Gezeuge und die Arbeiten der Häuer aufzubringen sind, zu berechnen vermag. Ferner die Baukunst, damit er die verschiedenen Kunstgezeuge und Grundbauten selbst machen oder wenigstens anderen die Art und Weise angeben könne, wie sie zu machen seien. Alsdann soll er auch die Zeichenkunst kennen, daß er die Modelle aller Gezeuge abzeichnen könne. Endlich soll er auch des Rechtes, vor allem des Bergrechtes kundig sein, damit er einerseits den anderen nichts wegnehme, andererseits für sich selbst nichts Unbilliges begehre und das Amt übernehme, anderen Rechtsbescheid zu geben.
Daher ist es nötig, daß derjenige, welchem gewisse Geschäfte und Lehren des Bergbaues gefallen, diese und andere unserer Bücher eifrig und sorgfältig lese oder über jede Sache erfahrene Bergleute um Rat frage. Allein er wird wenige finden, die der ganzen Bergwissenschaft kundig sind. Denn meistenteils versteht der eine zu schürfen, der andere zu waschen, ein anderer stützt sich auf die Kunst des Schmelzens, ein anderer kennt das Geheimnis des Vermessens (Markscheidens), ein anderer macht kunstvolle Gezeuge, ein anderer schließlich ist des Bergrechtes kundig. Aber gesetzt auch, wir hätten die Wissenschaft, Bergwerke aufzutun und zustande zu bringen, nicht vollkommen behandelt, so werden wir doch sicherlich allen, die Lust und Liebe dazu haben, viele Hilfe bringen. Doch wir wollen nun zur Ausführung unseres Vorhabens schreiten.
Immer hat unter den Menschen eine gar große Meinungsverschiedenheit über den Bergbau geherrscht, indem die einen ihm hohes Lob zollten, die anderen ihn heftig tadelten. So schien es mir gut, bevor ich die bergmännischen Lehren wiedergebe, die Sache selbst sorgfältig zu erwägen, um die Wahrheit zu erforschen.
Ausgehen aber will ich von der Frage des Nutzens. Diese ist doppelter Art: Entweder nämlich fragt man, ob die bergmännische Wissenschaft denen, die sich mit ihrem Studium beschäftigen, nützlich sei oder nicht, oder ob sie den übrigen Menschen nütze oder nicht. Die der Ansicht sind, die Bergwissenschaft nütze denen, die ihren Fleiß auf sie verwenden, nichts, behaupten vor allem, kaum der Hundertste von denen, die Erze schürfen oder anderes der Art tun, habe davon Ausbeute; die Bergleute aber, weil sie ihr ganzes sicheres und gut angelegtes Vermögen einem zweifelhaften und wankenden Glücke anvertrauen, würden zumeist in ihrer Hoffnung betrogen und führten, durch Kosten und Verluste erschöpft, schließlich ein höchst bitteres und elendes Leben. Aber diese Leute sehen nicht, wie verschieden ein gelehrter und erfahrener Bergmann von einem unwissenden und unerfahrenen ist. Dieser baut ohne Auswahl und Unterscheidung Gänge, jener dagegen probt und versucht erst, und wenn er dabei findet, daß sie zu eng und zu fest oder zu locker und taub sind, so schließt er daraus, daß sie nicht mit Nutzen abgebaut werden können; daher baut er nur auserlesene. Was Wunder also, daß ein des Bergbaues Unkundiger Schaden leidet, während ein erfahrener den reichsten Nutzen aus dem Abbau hat. Dasselbe begegnet den Landleuten. Denn die ein Land bebauen, das zugleich trocken, hart und mager ist, und ihm Samen anvertrauen, machen keine so gute Ernte wie die, welche nur fetten und lockeren Boden bebauen und besäen. Da aber viel mehr Bergleute in der Kunst unerfahren als erfahren sind, so geschieht es, daß der Bergbau sehr wenigen zum Vorteil gereicht, vielen aber Schaden bringt. Denn der gemeine Haufe der Bergleute verwendet nicht selten alle Mühe vergeblich, weil er keine richtige Kenntnis von den Gängen hat. Größtenteils ja pflege die Masse derer sich auf den Bergbau zu stürzen, die wegen Verschuldung, in die sie geraten sind, den Handel aufgeben, oder die, um mit der Arbeit abzuwechseln, Sichel und Pflug verlassen haben. Darum, wenn diese Leute einmal auf reiche Gänge von Erz oder anderen unterirdischen Dingen stoßen, so geschieht dies mehr durch gut Glück als durch rechte Überlegung und Erfahrung.
Daß aber der Bergbau viele mit Reichtümern gesegnet hat, ersehen wir aus der Geschichte. Steht es doch bei den alten Schriftstellern fest, daß eine beträchtliche Zahl blühender Staaten, manche Könige und sehr viele Privatleute von den Metallen und ihren Produkten reich geworden sind. Dies habe ich mit vielen deutlichen und glänzenden Beispielen im ersten Buche meines Werkes, das betitelt ist: "Von den alten und neuen Bergwerken",
[2] De veteribus et novis metallis libri II, Froben, Basileae. MDXLVI.
weiter ausgesponnen und auseinandergesetzt. Aus diesen Beispielen erhellt, daß der Bergbau denen, die sich mit ihm beschäftigen, den größten Nutzen bringt.
Es behaupten ferner dieselben Tadler des Bergwesens, daß sein Gewinn keineswegs beständig sei und loben aufs höchste den Landbau. Mit welchem Recht sie dies behaupten, kann ich nicht verstehen. Dauern doch die Silberbergwerke in Freiberg schon an die 400 Jahre unerschöpft, die Bleiwerke in Goslar schon an die 600 Jahre. Beides kann man aus den Denkmälern ihrer Geschichte entnehmen. In Schemnitz und Kremnitz aber hat der gemeinsame Silber- und Goldbergbau schon gegen 800 Jahre gewährt; das verraten die ältesten Privilegien der Einwohner. Aber sie behaupten, der Gewinn der einzelnen Gruben wäre nicht beständig; als ob ein Bergmann nur einer Grube zugeschworen sei oder sein dürfe und nicht vielmehr viele gemeinsam Kosten auf ein Bergwerk verwendeten, oder als ob ein kunstverständiger Bergmann nicht einen zweiten Gang bauen würde, wenn das Geschick des ersten nicht seinem Wunsche entsprochen hat. Aber die Ausbeute des Schönbergischen Bergwerks zu Freiberg ist weit über ein Menschenleben beständig geblieben. Doch es kommt mir nicht in den Sinn, dem Ackerbau etwas von seinem Wert zu nehmen, und ich werde nicht nur gern, sondern auch immer zugeben, daß der Gewinn der Bergleute weniger beständig ist. Denn die Gänge hören schließlich einmal auf, Metalle zu spenden, während die Äcker immer Feldfrüchte zu tragen pflegen. Allein je weniger beständig die Ausbeute der Bergleute ist, desto reicher ist sie; daher findet man, wenn man die Abrechnung macht, das, was an Beständigkeit fehlt, durch Reichtum ausgeglichen. Denn der jährliche Gewinn eines Bleibergwerks ist, wenn man ihn mit den Früchten des besten Feldes vergleicht, der dreifache von diesem oder wenigstens der doppelte. Um wieviel also übertrifft die nämlichen Feldfrüchte der Gewinn eines Silber- oder Goldbergwerks! Deshalb hat treffend und geschickt Xenophon über die athenischen Silberbergwerke geschrieben. Es gibt Land, das, wenn man es besät, keine Früchte hervorbringe, das aber, wenn man dort schürft, viel mehr Leute ernährt, als wenn es Früchte trüge. Mögen also die Landleute für sich ihre üppigen Felder behalten und ihre fruchtbaren Hügel um der Früchte willen bebauen; den Bergleuten aber mögen sie die dunklen Täler lassen und die unfruchtbaren Berge, damit sie aus ihnen Edelsteine und Metalle holen, die Wertmesser sind nicht nur der Früchte, sondern überhaupt aller Dinge, die verkauft werden.
Alsdann behaupten die Gegner, es sei gefährlich, sich um den Bergbau zu bemühen, weil die Berghäuer bald von verderblichem Grubendunste getötet würden, den sie mit dem Atem einziehen, bald durch Abmagerung dahinschwinden, weil sie Staub in sich aufnehmen, der die Lungen zum Eitern bringen, bald verunglücken, erdrückt durch Zusammensturz der Berge, bald auch von der Fahrt in die Schächte fallen und dabei Beine, Arme und Hals brechen. Man dürfe aber keinen wirtschaftlichen Nutzen so hochschätzen, daß wegen seiner Größe Heil und Leben der Menschen in höchstem Maße aufs Spiel gesetzt werden. Diese Dinge sind, wie ich gern bekenne, sehr schwerwiegend und voller Schrecken und Gefahr. So sollte ich urteilen: um sie zu vermeiden, dürfe man keinen Bergbau treiben; vorausgesetzt, daß die Berghäuer entweder häufiger in diese Gefahren geraten oder sich vor ihnen auf keine Weise zu schützen vermögen. Denn sollte nicht der Lebenstrieb mächtiger sein als selbst das Streben, alle Güter der Welt zu besitzen, ganz abgesehen von den Metallen? Freilich kann man bei einem, der unter solchen Umständen sein Leben einbüßt, vom "Besitzen" nicht mehr sprechen, sondern nur noch vom "Hinterlassen an Erben". Da aber derartige Fälle selten vorkommen und doch nur bei unvorsichtigen Berghäuern, so halten sie die Bergleute nicht ab vom Bergbau, wie es auch die Zimmerleute nicht von ihrem Handwerk abschreckt, wenn einer von ihnen, weil er unvorsichtig handelte, von einem hohen Gebäude herabgestürzt ist und seine Seele ausgehaucht hat.
Dies habe ich auf die Vorwürfe derer zu erwidern, die mit lauter Stimme rufen: Der Bergbau sei denen, die ihn treiben, unnütz, teils, weil die Bergleute Kosten auf einen unsicheren Fall verwenden, teils besonders, weil er selbst schwankend und verderblich sei.
Jetzt komme ich zu denen, die behaupten, der Bergbau nütze auch den übrigen Menschen nichts, weil ja die Metalle und die Edelsteine und die Gesteine, die man aus der Erde gräbt, für sie unnütz
seien. Sie strengen sich an, diese Behauptung teils mit Beweisen und Beispielen zu stützen, teils durch Beschimpfung von uns zu erpressen. Sie bedienen sich aber zuerst folgender Beweise: Die
Erde verbirgt nicht und entzieht auch nicht den Augen diejenigen Dinge, die dem Menschengeschlechte nützlich und nötig sind, sondern wie eine wohltätige und gütige Mutter, spendet sie mit größter
Freigebigkeit von sich aus und bringt Kräuter, Hülsenfrüchte, Feld- und Obstfrüchte vor Augen und ans Tageslicht. Dagegen hat sie die Dinge, die man graben muß, in die Tiefe gestoßen, und darum
dürfen diese nicht herausgewühlt werden. Weil aber böse Leute, die das eiserne Zeitalter hervorbringt, solche Dinge ausgraben, so hat Ovid mit Recht diese Frechheit in folgenden Versen
gescholten:
"Auch nicht Saaten allein und schuldige Nahrung erzwang man - Von dem so reichen Gefild: man drang in die Tiefen der Erde, - Und die sie sorgsam versteckt und entrückt zu den Stygischen Wellen, - Grub man hervor jene Schätze, die Anreizung aller Verbrechen. - Und schon war schädliches Eisen, war Gold, heilloser als Eisen, - Ausgewühlt, da erhob sich der Krieg."
Ihre zweite Beweisführung ist diese: Die Metalle gewähren dem Menschen keinen fruchtbringenden Nutzen, darum dürfen wir nicht nach ihnen forschen. Da jeder Mensch aus Seele und Leib besteht, so
bedarf keines dieser beiden der Dinge, die ausgegraben werden. Denn die süßeste Nahrung der Seele ist: die Betrachtung der Natur, die Kenntnis der besten Künste und Wissenschaften und die
Erkenntnis
[3] Nach der Ansicht der stoischen Philosophen besteht die Tugend im vernunftgemäßen Handeln und ist lehrbar.
der Tugenden. Wenn sich die Seele in diesen besten Dingen übt und sich mit der Speise der guten Erkenntnisse sättigt, so begehrt sie kein anderes Ding. Was aber des Leibes Natur betrifft, so geben ihr, die schon mit der nötigen Nahrung und Kleidung zufrieden ist, die Früchte der Erde und die verschiedenartigen Tiere eine wunderbare und ausreichende Fülle von Speise und Trank, mit der der Leib sich trefflich nährt, wächst und sein Leben verlängert. Lein aber und Wolle und die Felle vieler Tiere geben weiche, leicht beschaffbare und keineswegs teure Kleidung, eine zarte und nicht schwer zu habende die Wolle der Bäume, die man die Serische
[4] Die Serer galten als ein Volksstamm in Ostasien, die von ihren Bäumen ein zartes Gespinst, das sericum oder siricum, abkämmten und daraus Stoffe bereiteten, die also offenbar aus Baumwolle bestanden. Der Name des fabelhaften Volksstamms ist aber wohl erst durch Volksumdeutung nach "sericum" gebildet; er verhält sich dazu wie Arabes zu arabicum u.ä.; siricum aber ist Latinisierung des mandschurischen sirghé und mongolischen sirkek, der ostasiatischen Bezeichnungen der Seide (Schrader, Reallex. der indogerm. Altertumskunde 2,281 f.).
nennt, und das Gespinst der Seidenraupe. Und darum hat der Leib ganz und gar nicht die Metalle nötig, die tief in der Erde verborgen und größtenteils teure Dinge sind. Deshalb sagen sie, im
ganzen Kreis der gelehrten Leute werde der Spruch des Euripides gebilligt, den mit Recht immer Sokrates im Munde geführt habe:
"Silberne und purpurne Güter nützen nicht dem Leben der Menschen, - sondern mehr den tragischen Schauspielern."
Sie loben auch folgendes Wort des Timokreon von Rhodus: "Möchtest Du, blinder Plutos (Reichtum), weder auf dem Meer noch auf dem Festland Dich zeigen, sondern im Tartarus und Acheron wohnen; denn
von Dir nehmen ihren Urprung alle Übel, die über die Menschen kommen." Sie preisen auch folgende Verse des Phokylides:
"Gold und Silber schaden dem Sterblichen, Gold - Verführt zu Verbrechen und Umsturz, verdirbt der Menschen Leben. - O wärst Du nicht (was Du bist) eine Luft bereitende Pest! - Deinetwegen geschehen Raub, Mord und Krieg, - Brüder befehden Brüder und Kinder Eltern."
Außerdem gefällt ihnen das Wort des Naumachius:
"Silber und Gold sind Sand, - Gefunden an des Meeres sandiger Küste, - Steinchen, die liegen zerstreut am Rande der Flüsse."
Dagegen tadeln sie folgende Verse des Euripides:
"Plutos ist ein Gott für die Weisen, - Das übrige sind Possen und leerer Wortschwall zugleich"
sowie folgende des Theognis:
"Solang ich Dich, Plutos, schönster und friedsamster Gott, - festhalte, kann ich gut sein, auch wenn ich böse bin."
Sie schelten den Spartaner Aristodemus, weil er gesagt habe: "Geld macht den Mann, der Arme ist weder gut noch geehrt." Sie tadeln auch folgende Worte des Timokles: "Silber ist Leben und Blut der
Sterblichen; wer davon nicht eine Menge sich gesammelt hat, irrt umher als ein Toter unter Lebenden." Endlich klagen sie Menander an, daß er folgendes geschrieben habe:
"Epicharm preist als Götter Wasser, Winde, Feuer, Erde, Sonne und Sterne. Allein ich meine, nutzbringende Götter sind unser Gold und Silber; denn wenn du diese in deinem Hause aufgestellt hast, dann magst du alles, was du willst, erbitten, es wird dir alles zufallen: Feld, Haus, Sklaven, Silbergeschirr, Freunde, Richter, Zeugen; spende nur reichlich! denn die Götter hast du dann als Diener."
Außerdem betonen sie folgende Beweismittel: Durch das Schürfen nach Erz werden die Felder verwüstet; deshalb ist einst in Italien durch ein Gesetz dafür gesorgt worden, daß niemand um der Erze
Willen die Erde aufgrabe und jene überaus fruchtbaren Gefilde und die Wein- und Obstbaumpflanzungen verderbe. Wälder und Haine werden umgehauen; denn man bedarf zahlloser Hölzer für die Gebäude
und das Gezeug sowie, um die Erze zu schmelzen. Durch das Niederlegen der Wälder und Haine aber werden die Vögel und anderen Tiere ausgerottet, von denen sehr viele den Menschen als feine und
angenehme Speise dienen. Die Erze werden gewaschen; durch dieses Waschen aber werden, weil es die Bäche und Flüsse vergiftet, die Fische entweder aus ihnen vertrieben oder getötet. Da also die
Einwohner der betreffenden Landschaften infolge der Verwüstung der Felder, Wälder, Haine, Bäche und Flüsse in große Verlegenheit kommen, wie sie die Dinge, die sie zum Leben brauchen, sich
verschaffen sollen, und da sie wegen des Mangels an Holz größere Kosten zum Bau ihrer Häuser aufwenden müssen, so ist es vor aller Augen klar, daß bei dem Schürfen mehr Schaden entsteht, als in
den Erzen, die durch den Bergbau gewonnen werden, Nutzen liegt.
Alsdann streiten sie scharf mit Beispielen und erheben ihre Stimme laut gegen den Bergbau mit der Behauptung, gerade die trefflichsten Menschen hätten, zufrieden mit ihren Tugenden, jenen unbeachtet gelassen, und sie loben Bias, weil er das Spielen mit dem Glücke nicht für das seine gehalten habe; denn als die Feinde seine Vaterstadt Priene eingenommen und seine Mitbürger, mit kostbaren Dingen beladen, sich auf die Flucht begeben hatten, da antwortete er einem auf die Frage, warum er nichts von seiner Habe mit sich heraustrüge: "Alles Meinige trage ich bei mir." Und Sokrates, so sagen sie weiter, hat 20 Minen,
[5] Die griechische Mine besaß einen Wert von 78 bis 79 Mark.
die ihm sein dankbarer Schüler Aristipp schickte, empfangen, aber auf Befehl seines Gottes verschmäht und jenem wieder zurückgegeben. Aristipp aber folgte in dieser Hinsicht seinem Lehrer und verschmähte das Gold und achtete es für nichts. Als er nämlich einmal zusammen mit seinen Sklaven ging und diese wegen der Last des Goldes, die sie trugen, langsamer marschierten, hieß er sie nur so viel Gold zu behalten, wie sie ohne Anstrengung tragen könnten, das übrige aber wegzuwerfen. Ja, sogar Anakreon aus Teos, der alte und berühmte Dichter, gab die 5 Talente,
[6] Das griechische Talent hatte 60 Minen.
mit denen ihn Polykrates beschenkt hatte, diesem wieder zurück, nachdem er ihretwegen zwei unruhige Nächte gehabt hatte, und fügte hinzu, sie wären der Sorgen nicht wert, die er um ihretwillen auf sich genommen hätte. Ebenso sind den Philosophen in der Verachtung des Goldes und Silbers edle und tapfere Feldherren gleich gewesen: so hat Phokion aus Athen, der öfters Heerführer war, eine große Menge Goldes, die ihm der Mazedonierkönig Alexander zum Geschenk gemacht hatte, geringgeachtet und verschmäht, und M' Curius hat das Gold, Fabricius Luscinus das Silber und Kupfer den Samniten zurückzubringen befohlen. Aber sogar manche Staaten haben durch Gesetze und Anordnungen Gold und Silber vom Gebrauch und Handel ihrer Bürger ausgeschloffen. Die Lazedämonier nämlich haben auf Grund des Gesetzes und der Lehre des Lykurg bei ihren Mitbürgern sorgfältig nachgeforscht, ob sie jene Dinge besaßen oder nicht; wer aber in ihrem Besitze getroffen wurde, mußte nach Gesetz und Urteil Strafe büßen. Und die Einwohner der Stadt Babytake am Tigris vergruben das Gold in die Erde, damit es niemand gebrauche. Die Skytharchen verwarfen den Gebrauch von Gold und Silber, um sich vom Geize freizuhalten.
Sodann werden die Metalle selbst beschimpft. Zuerst nämlich schmähen die Gegner mutwillig Gold und Silber und nennen beide unheilvolle und ruchlose Verderber des Menschengeschlechtes; denn die sie besitzen, schweben in größter Gefahr, und die, denen sie fehlen, stellen den Besitzenden nach, und so find beide oft die Ursache zu ihrem Untergange und Verderben gewesen. So tötete z.B. Polymnestor, der König der Thrazier, um sich des Goldes zu bemächtigen, den Polydor, seinen berühmten Gastfreund und Sohn des Priamus, seines Schwiegervaters und alten Freundes. Um Schätze Goldes und Silbers zu rauben, stieß der König der Tyrier, Pygmalion, den Gatten seiner Schwester, noch dazu einen Priester, ohne Rücksicht auf Verwandtschaft und ohne religiöse Scheu nieder. Um des Goldes willen verriet Eriphyle ihren Gatten Amphiaraus dem Feind. Lasthenes verriet die Stadt Olynth dem Mazedonierkönig Philipp. Des Spurius Tarpejus Tochter nahm, durch Gold bestochen, die Sabiner in die Burg von Rom auf. C. Curio verkaufte um Goldes Willen seine Vaterstadt dem Diktator Cäsar. Auch für Äskulap, den berühmten Arzt, den man für einen Sohn Apollos hielt, war das Gold die Ursache des Todes. So ist auch M. Crassus, der nach dem Golde der Parther gierig trachtete, samt seinem Sohn und elf Legionen geschlagen worden und wurde ein Gespött für den Feind; dieser nämlich goß flüssiges Gold in den Rachen des Getöteten und sprach: "Nach Gold hast Du gedürstet, so trinke Gold."
Doch wozu bedarf es vieler geschichtlicher Beispiele? Sehen wir doch fast jeden Tag, daß wegen Goldes und Silbers Türen gesprengt, Wände durchbrochen, unglückliche Wanderer getötet werden von jener räuberischen und grausamen Menschenart, die nur geboren ist zu Diebstählen, Kirchenraub, Überfällen und Räubereien; daß andererseits aber ergriffene Diebe gehängt, Religionsfrevler lebendig verbrannt, die Glieder der Straßenräuber gerädert werden. Auch werden wegen des Goldes und Silbers Kriege unternommen, die nicht nur denen verderblich sind, gegen die sie geführt werden, sondern auch denen, die sie veranlassen. Ja, es geben diese Dinge, so sagen sie weiter, sogar Anlaß zu jeder anderen Schandtat, nämlich zu Schändung von Jungfrauen, zu Ehebruch, Blutschande und Notzucht. Daher wollen die Dichter, wenn sie dichten, Zeus habe sich in einen goldenen Regen verwandelt, der in den Schoß der Danae gefallen sei, nichts anderes sagen, als daß er mit Hilfe des Goldes sich einen Weg in den Turm der Jungfrau gebahnt habe, um sie zu schänden. Außerdem wird durch Gold und Silber vieler Menschen Vertrauen erschüttert, werden Urteile erkauft und unzählige Verbrechen begangen. Denn wie Propertius sagt: "Wahrhaft golden ist die Zeit, um Gold ist die höchste Ehre feil, mit Gold wird Liebe gewonnen, mit Gold Treu und Glauben vertrieben, mit Gold ist Recht käuflich, dem Gold läuft das Gesetz nach und bald ohne Gesetz die Scham." Und Diphilus sagt: "Nichts halte ich für mächtiger als Gold; durch dieses wird alles entschieden und geschieht alles." Gerade der Beste verachtet es daher und hält es für nichts. Dies sagt auch das Wort des Plautinischen Greises: "Ich hasse das Gold; viele falsche Ratschläge hat es schon vielen gegeben." Auch andere Dichter haben mit scharfen und schmähenden Worten das Geld gescholten, das aus Gold und Silber gemünzt ist. Vor allem Juvenal: "Heilig gilt unter uns die Majestät des Reichtums; dennoch wohnst Du, ruchloses Gold, noch nicht in einem Tempel, und wir haben noch keine Altäre dem Golde errichtet." Und an anderer Stelle: "Zuerst hat das schnöde Gold fremde Sitten uns gebracht, und weibischer Reichtum hat mit schändlicher Prunksucht unsere Zeit verweichlicht."
Und sehr viele loben darum außerordentlich den Tauschhandel, dessen sich vor der Erfindung des Geldes einst die Menschen bedient haben und sich einige rückständige Völker noch bedienen. Sodann beschimpfen sie sehr die übrigen Metalle, besonders aber das Eisen. Denn dieses hat dem menschlichen Leben das größte Verderben gebracht; werden doch aus ihm Schwerter, Wurfspieße, Lanzen, Piken, Pfeile gefertigt, mit denen die Menschen verwundet und Morde, Straßenräubereien und Kriege ausgeführt werden. Da diese Tatsache den Zorn des Plinius erregte, so schrieb er: "Wir brauchen das Eisen jetzt nicht nur im Handgemenge, sondern auch als schnelles Wurfgeschoß, das bald mit Wurfmaschinen, bald mit dem Arm, bald aber mit dem befiederten Pfeil abgeschossen wird. Letzteres halte ich für die frevelhafteste Tücke des menschlichen Geistes. Denn damit der Tod den Menschen schneller ereile, haben wir jene Flügel daran gemacht und Federn dem Eisen hinzugefügt." Aber ein Wurfgeschoß wird in eines Menschen Körper geschossen, ebenso ein Pfeil, mag ihn nun ein Bogen oder ein Skorpion
[7] Skorpion ist eine Kriegsmaschine, mit der man Steine, Pfeile und andere Geschosse fortschleudert.
oder ein Katapult entsenden; dagegen eine eiserne Kugel einer Donnerbüchse (Bombarde) kann, herausgeschossen, durch vieler Menschen Körper gehen, und kein Marmor oder Fels, der entgegensteht, ist so hart, daß sie ihn mit ihrem Stoß und ihrer Kraft nicht durchdringe. Darum macht sie die höchsten Türme dem Boden gleich und spaltet die festesten Mauern, durchbricht sie und wirft sie nieder. Daher scheinen fürwahr Schleudermaschinen, welche Steine herausschleudern und Widder und andere Wurfmaschinen der Alten, die eine Mauer durchschlagen und Befestigungen niederwerfen, mit den Donnerbüchsen (Bombarden) verglichen, keine große Kraft zu haben. Diese Bombarden geben schreckliche Töne und Geräusche von sich nicht anders, als wenn es Donnerschläge wären, und sprühen aus sich zuckende Flammen, wie die Blitze, beschädigen alle Gebäude, schlagen sie in Stücken, zertrümmern sie, speien Feuer aus und entfachen Brände nicht anders, wie die Blitzschläge. Von den gottlosen Leuten unseres Zeitalters könnte man mit mehr Recht als einst von Salmoneus sagen, daß sie dem Zeus die Blitze geraubt und aus den Händen gerissen haben, ja daß diese Menschenpest von der Hölle auf die Erde geschickt worden sei, damit der Orkus mit einem Schuß gleich mehrere Stürzende an sich reiße.
Weil aber heutzutage die Donnerbüchsen, die in der Hand gehalten werden können, selten, die großen niemals aus Eisen gemacht werden, sondern aus einer Mischung von Kupfer und Zinn, so schelten sie das Kupfer und Zinn noch mehr als das Eisen. Dabei erwähnen sie auch den ehernen Stier des Phalaris, den ehernen Ochsen der Pergamener, den eisernen Hund, das Pferdchen, die Hand- und Fußfesseln, die Pflöcke, die Halshaken, die glühenden Eisenplatten. Mit diesen Werkzeugen grausam gemartert, bekennen die Menschen Übel- und Schandtaten, die sie niemals begangen haben, und völlig Unschuldige werden getötet, nachdem sie so mit allerhand Leibesstrafen aufs grausamste gequält worden sind. Auch das Blei soll verderblich und schädlich sein, und mit dem geschmolzenen sollen die Menschen bestraft werden. Davon kann man sich aus folgenden Versen des Horaz
[8] Oden I 35, 17 ff.
überzeugen, in denen er vom Glücke spricht:
"Vor dir geht stets die grimme Notwendigkeit, - Tragend in eherner Hand Balkennägel und Pflöcke, - Auch fehlt nicht der gräßliche Widerhaken - Und das geschmolzene Blei."
Um aber gegen dieses Metall noch mehr Haß zu erregen, schweigen sie nicht über die Bleikugeln und die Kügelchen der kleinen Donnerbüchsen, die aus Blei gefertigt sind, und schieben auf dieses die
Ursache der Verletzung und des Todes.
Da also die Natur die Metalle weit in die Tiefe versteckt hat, und da sie für die Bedürfnisse des Lebens nicht nötig sind, so sind sie gerade von den besten Menschen verachtet und verschmäht worden, und darum dürfen sie nicht ausgegraben werden; und da sie, wenn sie ausgegraben wurden, stets die Ursache vieler großer Übel gewesen sind, so folgt daraus, daß auch die Kunst des Bergbaues dem Menschengeschlechte nicht nützlich, sondern schädlich und verderblich ist.
Durch diese feierlichen Reden aber werden auch manch treffliche Männer so aufgeregt, daß sie den bittersten Haß auf die Metalle werfen und wünschen, sie wären gar nicht entstanden oder würden, wenn entstanden, von keinem Menschen ausgegraben. Aber je mehr ich dieser Männer Lauterkeit, Unbescholtenheit und Redlichkeit anerkenne, umso mehr wird es mir am Herzen liegen, jeden Irrtum aus ihrer Seele zu reißen und von Grund aus zu beseitigen, damit die wahre und dem Menschengeschlechte nützliche Meinung an den Tag kommt.
Erstens sehen diejenigen, welche die Metalle schelten, und ihrem Gebrauche entsagen, nicht, daß sie Gott selbst schelten und eines Vergehens beschuldigen; denn sie sind ja der Meinung, er habe gewisse Dinge vergebens und ohne Grund geschaffen, und glauben, er wäre der Urheber von Übeln; eine Ansicht, die doch frommer Menschen und erfahrener Männer unwürdig ist.
Sodann verbirgt die Erde die Metalle in der Tiefe sicher nicht deshalb, weil sie nicht möchte, daß sie von den Menschen ausgegraben würden; sondern weil die vorsichtige und kluge Natur jedem Dinge seinen Ort gegeben hat, so erzeugt sie die Metalle in Gängen und Klüften und Verwerfungen der Felsen, gleichsam in den ihnen eigenen Gefäßen und Schlupfwinkeln der Materie; denn in den anderen Elementen können sie entweder nicht entfliehen, weil ihnen ja die Materie dazu fehlt; oder wenn sie an der Luft entstanden sind, was sehr selten geschieht, so finden sie keinen Ort, wo sie liegen bleiben, sondern durch ihre eigene Kraft und ihr eigenes Gewicht stürzen sie herab auf die Erde. Da also die Erze ihren eigenen und ständigen Ort in den Eingeweiden der Erde haben, wer sieht da nicht, daß jene Tadler keine überzeugenden Beweise für ihre Absicht beibringen?
Allein sie sagen weiter: da doch die Metalle in der Erde liegen, als im eigenen Ort ihrer Entstehung, so dürfen sie nicht herausgeholt werden, weil sie eingeschlossen im Verborgenen versteckt sind. Ich aber will jenen allzu lästigen Tadlern statt der Metalle die Fische entgegenhalten. Diese fangen wir, obschon sie im Wasser, sogar im Meer versteckt und verborgen sind, und das Innere des Meeres zu erkunden ist doch dem Menschen als einem Erdengeschöpfe fremder, als die Eingeweide der Erde zu erforschen. Denn wie die Vögel geschaffen sind, frei durch die Luft zu fliegen, so die Fische, durch die Wasser zu schwimmen. Den übrigen Tieren aber hat die Natur die Erde gegeben, daß sie auf ihr wohnen, dem Menschen außerdem, daß er sie bebaue und aus ihren Höhlen die Erze und andere unterirdische Dinge heraushole.
Wiederum entgegnen sie aber: die Fische essen wir ja, aber durch die unterirdischen Dinge wird weder Hunger noch Durst gestillt, noch taugen sie dazu, den Körper zu bekleiden. Das ist ihr zweiter Beweis, durch den sie sich bemühen, nachzuweisen, daß die Metalle nicht ausgegraben werden dürfen.
Allein der Mensch vermag, ohne die Metalle nicht die Dinge zu beschaffen, die zur Lebensführung und zur Kleidung dienen. Denn in der Landwirtschaft, die unserem Leibe den größten Teil des Lebensunterhaltes gewährt, wird erstens keine Arbeit geleistet und vollendet ohne Werkzeuge. Wird doch die Erde aufgerissen durch Pflüge und Scharbäume; mit der Brechaxt werden die oben abgebrochenen Stämme ausgegraben und die obersten Wurzeln; der eingestreute Same wird geeggt und die Saat behackt, und es wird gejätet. Die reife Feldfrucht wird, nachdem sie mit einem Teil der Halme durch Sicheln abgemäht ist, auf der Tenne ausgedroschen, oder die Ähren werden, nachdem sie abgeschnitten, in der Scheuer geborgen und nachher mit Dreschflegeln ausgedroschen und mit Getreideschwingen gereinigt. Zuletzt werden die gereinigten Acker- und Hülsenfruchte in den Speicher geschafft. Aus diesem werden sie wieder hervorgeholt, wenn die Gelegenheit oder die Not es erfordert. Um aber ferner bessere und reichlichere Früchte von den Bäumen zu erhalten, bedürfen wir des Behackens, des Beschneidens, der Pfropfung; Arbeiten, die wiederum ohne Werkzeuge nicht vorgenommen werden können; wie wir weder die Flüssigkeiten - nämlich Milch, Honig, Wein, Öl- ohne Gefäße zusammenzuhalten, noch die verschiedenartigen Tiere ohne Ställe vor langem Regen und unerträglicher Kälte zu schützen vermögen. Die landwirtschaftlichen Werkzeuge sind aber meistenteils aus Eisen, so der Pflug, der Scharbaum, die Brechaxt, die Zinken, welche die Egge hat, die Jät- und Reuthacke, die Heusichel und die zum Schneiden des Strohs nötige Sense, die Baumsäge, das Rebmesser, das Grabscheit, die Messer, die Gabeln, die Körbe, kupferne oder bleierne Gefäße. Aber weder die hölzernen Werkzeuge und Gefäße sind ganz ohne Eisen gemacht, noch hat der Weinkeller, noch die Ölkammer noch der Stall, noch irgendein anderer Teil des Gutshofes ohne eiserne Werkzeuge eingerichtet werden können. Wenn sodann Stiere, Hammel, Böcke und anderes Vieh solcher Art von den Viehweiden zur Fleischbank geführt werden, oder wenn der Geflügelwärter von dem auf dem Landgut befindlichen Geflügel dem Koch ein Hähnchen, eine Henne oder einen Kapaun übergibt, können da die Tiere ohne Beile oder Meiler geschnitten oder zerteilt werden? Ich will nicht reden von den Kesseln und den kupfernen Küchengeschirren, weil, um Fleisch zu kochen, die irdenen Gefäße denselben Zweck erfüllen; diese können aber ihrerseits auch nicht ohne Werkzeuge vom Töpfer gebildet werden, ebenso wie man auch hölzerne Werkzeuge nicht ohne Eisen schaffen kann. Wenn aber außerdem dem Menschen Jagd und Vogelfang und Fischerei Nahrung geben, durchsticht nicht der Jäger den im Netz verstrickten Hirsch mit einem Jagdspieß und erschießt er nicht den fliehenden oder laufenden mit einem Pfeil? oder durchbohrt ihn mit der Kugel einer Donnerbüchse? Tötet nicht ebenso der Vogelfänger einen Auerhahn oder einen Fasan mit einem Pfeilschuß? oder sendet in seinen Körper eine Donnerbüchsenkugel? Schweigen will ich von den Schlingen und den anderen Werkzeugen, mit denen das Haselhuhn und der Specht und andere Waldvögel gefangen werden, um nicht jetzt alle einzeln, zu ungelegener Zeit aufzuzählen. Fängt nicht endlich der Fischer mit einer Angel oder einem Zuggarn Fische im Meer, in den seeartigen Fischteichen, den Fischbehältern und Flüssen? Aber der Angelhaken ist aus Eisen, und an dem Zuggarn sehen wir bisweilen bleierne oder eiserne Kugeln hängen. Wenn aber die Fische gefangen sind, so werden sie meist bald mit Messern oder Beilen in Stücke geschnitten oder ausgeweidet.
Doch von der Nahrung habe ich nun mehr als genug gesprochen. Jetzt will ich von der Kleidung reden, die hergestellt wird aus Wolle, Leinen, Federn, Haaren, Pelzen und Leder. Schafe werden zuerst geschoren, dann wird die Wolle gekämmt, dann werden die Fäden gesponnen, der Weberzettel (die Kette) am Webstuhle wird aufgehängt, in den der Einschlag (der Schuß) eingewebt und der mit dem Kamme gewirkt wird, so daß schließlich entweder nur aus Fäden oder aus Fäden und Haaren das Tuch entsteht. Der Flachs aber wird zuerst gerupft und dann mit Hecheln gekämmt; alsdann wird er in Wasser getaucht und wieder getrocknet; dann mit einem Flachsbläuel geschlagen, gebrochen, gehechelt, in Fäden ausgedehnt, und zuletzt wird das Gewebe gewebt. Oder hat der Tuchmacher oder Leineweber etwa ein Werkzeug, das nicht von Eisen wäre? Kann ferner der Schneider, wenn er ein Tuch oder eine Leinewand zertrennen muß, dies ohne ein Messer oder eine Schere tun? Näht er etwa irgendein Kleid ohne eine Nadel zusammen? Ja, selbst das Volk, das jenseits des Ozeanes wohnt und sich eine Bedeckung des Körpers aus Federn herstellt, wird dies nicht ohne die nämlichen Werkzeuge zustande bringen. Auch die Kürschner können sie nicht entbehren, welcher Tiergattung Felle sie auch verwenden mögen. Auch der Schuhmacher bedarf der Schusterahle (des Kneifes), um das Leder zu schneiden, des Messers, um es zu schaben, ein Pfriem, um es zu durchbohren, damit er Schuhe machen könne. Aber diese Körperbedeckungen sind entweder gewebt oder genäht. Die Gebäude endlich, die denselben Körper gegen Regengüsse und Winde, Kälte und Hitze schützen, können nicht errichtet werden ohne Äxte, Sägen und Bohrer.
Doch wozu bedarf es noch weiterer Worte? Wenn die Metalle aus dem Gebrauche der Menschen verschwinden, so wird damit jede Möglichkeit genommen, sowohl die Gesundheit zu schützen und zu erhalten als auch ein unserer Kultur entsprechendes Leben zu führen. Denn wenn die Metalle nicht wären, so würden die Menschen das abscheulichste und elendste Leben unter wilden Tieren führen; sie würden zu den Eicheln und dem Waldobst zurückkehren, würden Kräuter und Wurzeln herausziehen und essen, würden mit den Nägeln Höhlen graben, in denen sie nachts lägen, würden tagsüber in den Wäldern und Feldern nach der Sitte der wilden Tiere umherschweifen. Da solches der Vernunft des Menschen, der schönsten und besten Mitgift der Natur, gänzlich unwürdig ist, wird da überhaupt jemand so töricht oder hartnäckig sein, nicht zuzugeben, daß zur Nahrung und Kleidung die Metalle notwendig sind und daß sie dazu dienen, das menschliche Leben zu erhalten?
Da ferner die Bergleute meistenteils in Bergen graben, die gar keine Früchte tragen, sowie in Tälern, die von Finsternis umgeben sind, so verwüsten sie Felder entweder gar nicht oder nur in geringem Maße. Wo sie endlich Wälder und Haine umhauen, da säen sie nach Ausrodung der Wurzeln von Sträuchern und Bäumen Getreide, und diese neuen Äcker bringen in kurzer Zeit so fette Früchte, daß die Bewohner den Schaden, den sie durch teureren Einkauf des Holzes erleiden, bald wiedergutmachen. Und für die Edelmetalle, die man aus dem Erz schmilzt, können anderswo zahlreiche Vögel, eßbare Tiere und Fische erworben und nach den Gebirgsgegenden gebracht werden.
Ich gehe zu den Beispielen über. Bias von Priene nahm nach Einnahme seiner Vaterstadt keine Kostbarkeit aus der Stadt mit. Ein Mann also, der zu den Weisen gerechnet wurde, fürchtete für sich keine Gefahr von den Feinden, obschon dies von ihm nicht mit Recht gesagt werden kann, da er sich ja auf die Flucht begab. Mir scheint es aber keine große Sache zu sein, den Verlust auch solcher Güter zu erleiden, wenn man Haus, Hof und das Teuerste, das Vaterland, verloren hat. Ich möchte vielmehr meinen, daß Bias derartige Güter verachtet und für nichts gehalten hätte, wenn er vor Einnahme seiner Vaterstadt sie Verwandten und Freunden gespendet oder an die ärmsten Leute verteilt hätte; denn dieses hätte er unstreitig freiwillig getan; doch das, was Griechenland so sehr bewundert, scheint er nur durch feindliche Gewalt gezwungen und von Furcht erfüllt getan zu haben. Sokrates aber verachtete nicht das Gold, sondern er wollte nur nicht, daß ihm ein Lohn für seine Lehren gezahlt würde. Aber wenn Aristipp von Cyrene selber das Gold zusammengetragen und aufbewahrt hätte, das er seine Sklaven wegwerfen ließ, so hätte er die Sachen kaufen können, die man zur Lebensführung sich wünscht, und hätte nicht nötig gehabt, Dionys, dem Tyrannen Siziliens, zu schmeicheln und wäre niemals davon "der königliche Hund" genannt worden. Darum sagt bei Horaz
[9] Satiren II 3, 100 ff.
Damasipp, indem er den geizigen, den Reichtum aufs höchste schätzenden Staberius tadelt: "Was hat mit dem da der Grieche Aristipp zu tun, er, der seine Sklaven das Gold wegwerfen ließ mitten auf Lybiens Erde, weil sie zu langsam gingen, träge wegen der Last. Wer von diesen beiden ist der törichtere?" Töricht nämlich ist, wer den Reichtum höher schätzt als die Tugenden. Töricht aber ist auch der, der ihn verschmäht und für nichts achtet, wenn er ihn selbst doch gut gebrauchen kann. Wenn aber derselbe Aristipp ein andermal das Gold vom Schiff ins Meer geworfen hat, so hat er dies in wohlerwogener Absicht und aus Klugheit getan; denn da er bemerkte, daß es ein Piratenschiff war, auf dem er fuhr, so fürchtete er um sein Leben und zählte das Gold, und als er es freiwillig ins Meer geworfen, so seufzte er, als wenn er es ungern getan hätte. Als er aber der Gefahr entronnen war, sagte er: "Es ist besser, daß das Gold untergegangen ist, als daß ich seinetwegen umgekommen wäre."
Allein es mag sein, daß manche Philosophen und der Dichter Anakreon von Teos Gold und Silber verachtet haben; auch Anaxagoras von Clazomenä hat die Liegenschaften, die seine Schafe nährten, verlassen; und der Thebaner Crates verließ seine Güter, die 8 Talente wert waren, als ihm die Sorgen um sein Hauswesen und andere Dinge lästig zu werden anfingen, nahm nur einen Mantel und einen Ranzen zu sich und verwandte, arm geworden, seine ganze Sorge und Mühe sowie sein ganzes Denken auf die Philosophie. Haben nun etwa, weil jene Philosophen diese Dinge verachtet haben, alle anderen sich um die Viehzucht nicht gekümmert? Haben sie nicht die Felder bebaut, die Häuser bewohnt? Im Gegensatz zu jenen haben sicherlich viele, obwohl sie in Reichtum und Fülle lebten, in hervorragender Weise sich mit wissenschaftlichen Studien und mit der Erforschung der göttlichen und menschlichen Dinge beschäftigt, wie Aristoteles, Cicero und Seneca. Phocion dagegen hatte nicht freie Hand, das Gold, das ihm Alexander geschickt hatte, zu nehmen. Denn wenn er es hätte verwenden wollen, so wäre sowohl der König wie er selbst beim Volke der Athener sehr verhaßt geworden. Auch ist dieses Volk später gegen den trefflichen Mann undankbar gewesen; denn sie haben ihn gezwungen, Schierling zu trinken. Warum aber sagte dem Manius Curius und dem Fabricius Luscinus nichts weniger zu, als Gold von den Feinden zu nehmen? Diese hofften, mit solchen Listen jene Männer wankend zu machen oder wollten, daß sie bei ihren Mitbürgern verhaßt würden, um dadurch, daß die Römer unter sich selbst uneinig würden, ihren Staat ganz zugrunde zu richten. Lykurg aber hätte müssen den Spartanern Vorschriften geben, um Gold und Silber richtig zu gebrauchen, nicht aber an und für sich gute Dinge völlig abzuschaffen. Was aber die Bewohner von Babytake
[10] Stadt am Tigris.
betrifft, wer sieht nicht, daß sie törichte und neidische Leute gewesen sind? Denn sie hätten mit Gold die Dinge, die sie nötig hatten, kaufen und das Gold den Nachbarvölkern schenken können, um sie durch Geschenke und Wohltaten an sich zu fesseln. Endlich sind auch die Skytharchen,
[11] Skytharchen sind die Führer der Skythen. Die im Skythenlande durchforschten Grabhügel enthielten außerordentlich viele goldene Gegenstände, Schätze, "denen gegenüber die Funde aus den Schachtgräbern des goldreichen Mykenä verblassen" (M. Ebert, Südrußland im Altertum, S. 112).
nachdem sie nur den Gebrauch des Goldes und Silbers verurteilt haben, nicht gänzlich frei von Habsucht geblieben, weil habsüchtig auch der Besitzer fremder Güter ist, wenn er keinen Gebrauch von ihnen macht.
Nunmehr muß ich auf die Vorwürfe antworten, die man gegen die Erzeugnisse des Bergbaues erhebt. So nennt man zuerst Gold und Silber das Verderben der Menschen, weil sie für die Besitzer Ursache des Unterganges und des Verderbens wären. Aber welche Sache, die wir besitzen, wird dann nicht ein Verderb des Menschen genannt werden müssen? Z.B. ein Pferd oder ein Kleid oder sonst etwas Ähnliches? Wenn ein auf einem schönen Pferde Reitender oder ein schön gekleideter Wanderer einem Räuber Anlaß zum Mord gibt, sollen wir deshalb nicht auf Pferden reiten, sondern zu Fuße gehen, weil der Räuber mordet, um das Pferd zu rauben, oder sollen wir ohne Kleidung, vielmehr nackt gehen, weil der Mörder dem Wanderer mit dem Dolch das Leben genommen hat, um ihn der Kleidung zu berauben? Ähnlich steht es mit dem Besitz von Gold und Silber. Da aber aller dieser Dinge das menschliche Leben nicht entbehren kann, so werden wir uns vor den Straßenräubern hüten, und weil wir nicht immer ihren Händen entrinnen können, so ist es das der Behörde zukommende Amt, verbrecherische und ruchlose Menschen dem Folterer und dem Henker zu überantworten.
Auch zu Krieg geben die Dinge, die man aus der Erde gräbt, keinen Anlaß. Denn wenn ein Tyrann von leidenschaftlicher Liebe zu einem schönen Weibe entflammt ist und gegen die Stadtbewohner Krieg entfacht, so liegt die Schuld an diesem Kriege an der ungezügelten Lust des Tyrannen, nicht an dem Antlitz des Weibes. Ebenso müssen wir, wenn ein anderer, blind vor Begier nach Gold und Silber, reiche Völker mit Krieg überzieht, die Metalle außer Schuld lassen und alle Schuld auf die Habsucht schieben. Denn wahnsinnige Angriffe und schändliche Taten, welche die Rechte der V61ker und Bürger zu untergraben und zu verletzen pflegen, entstehen aus unseren eigenen Lastern. Daher schreibt Tibull
[12] I 10, 7. 8.
nicht mit Recht dem Golde die Schuld am Kriege zu, wenn er sagt:
"Das (der Krieg) ist erst der Fehler des kostbaren Goldes; Krieg gab es noch nicht, als noch der buchene Becher vor den Speisen stand."
Virgil aber sagt, die Ursache des Mordes liegt an der Habsucht, wenn er von Polymnestor spricht:
[13] Aeneis 3, 55-57
"Er bricht alles Recht, tötet den Polydor und - bemächtigt sich mit Gewalt seines Goldes. - Wozu zwingst Du nicht das Herz der Menschen, - Du verfluchter Hunger nach Gold?"
Und ebenso wieder mit Recht, als er von Pygmalion, der den Sicheus erschlagen hat, sagt:
[14] Aeneis 1, 348-350.
"Und blind vor Liebe zum Golde, tötet er heimlich den Arglosen mit dem Schwerte."
Denn Hunger und Begierde nach fremden Dingen macht die Menschen blind. Und jene gottlose Begierde nach Geld gereicht allen allezeit und überall zur Schande und führt sie zum Verbrechen. Ja, es
sind auch die dem Geize Ergebenen, weil sie dessen Sklaven waren, immer für gemeine und schmutzige Leute gehalten worden. Ebenso sind, wenn einer mit Gold, Silber und Edelsteinen die Keuschheit
der Frauen überwunden, die Treue vieler erschüttert, die richterlichen Urteile erkauft, zahllose Verbrechen begangen hat, wiederum nicht die Dinge unter der Erde Schuld, sondern die entzündete
und glühende Wut der Menschen oder die blinde und gottlose Begier der Seelen. Obwohl aber das gegen Gold und Silber Gesagte hauptsächlich gegen das Geld gesprochen ist, so sind doch, weil die
Dichter die Metalle ausdrücklich mit Namen nennen, ihre Einwürfe allein schon durch folgende Einwände zu entkräften. Denen gereicht das Geld zum Nutzen, die es gut anwenden; denen bringt es
Schaden und Unheil, die es schlecht anwenden. Darum sagt Horaz mit Recht:
"Weißt Du nicht, welchen Wert die Münze hat, - Welchen Nutzen sie bietet, - Brot kann man kaufen dafür, Gemüse, Weins einen Schoppen."
Und an anderer Stelle (Epist. I 10,407 f.):
"Herr oder Diener ist jedem das angesammelte Geld, das es mehr verdient, einem wohlgedrehten Seile zu folgen, als selber das Seil zu führen".
[15] Das Bild ist von einem Tiere hergenommen, das an einem Stricke geführt wird, bisweilen aber den Führer mit sich fortreißt, nach sich zieht und dann selbst die Führung übernimmt.
Aber als die gescheiten und geschickten Leute den Tauschhandel betrachteten, dessen sich einst die unzivilisierten Menschen bedienten und den noch jetzt einige wilde und barbarische Völker haben,
und sahen, wie schwierig und mühsam er auszuführen war, da erfanden sie das Geld. Und man konnte sich nichts Nützlicheres denken als dieses; denn ein kleines Stück Goldes und Silbers ist eine
große Sache wert. Daher treiben mit Hilfe des Goldes die Völker, die weit voneinander und getrennt wohnen, ohne Schwierigkeit Handel, dessen das bürgerliche Leben kaum entraten kann.
Darum machen Schmähreden, die gegen das Eisen, Kupfer, Blei erhoben werden, auf kluge und bedeutende Männer keinerlei Eindruck. Denn wenn jene Metalle verschwinden, so werden die Menschen jedenfalls heftiger von Zorn entbrennen und in zügelloser Wut aufgereizt mit Fäusten, Füßen, Nägeln und Zähnen wie wilde Tiere kämpfen; die einen werden die anderen mit Knütteln schlagen, mit Steinen werfen und niederstrecken; ja, es tötet der eine Mensch den anderen nicht nur mit Eisen, sondern auch mit Gift, Hunger und Durst, erstickt und erwürgt ihn, begräbt ihn lebendig, ersäuft ihn und schnürt ihm die Kehle zu, verbrennt ihn und hängt ihn auf, um jedes der Elemente zu des Menschen Tode zu benutzen. Endlich wird auch einer vor die wilden Tiere geworfen, ein anderer ganz und gar in die Haut eines geschlachteten Tieres genäht, mit Ausnahme des Kopfes, und so den Würmern zum Zerfressen überlassen. Einen anderen, den man im Weiher untergetaucht hat, zerreißen ganz und gar die Muränen, ein anderer wird in Öl gesotten, ein anderer mit Öl gesalbt, angebunden und so den Mücken und Hornissen zum Quälen vorgelegt; ein anderer wird mit Ruten und Peitschen zu Tode geschlagen, ein anderer gesteinigt, ein anderer vom Felsen hinabgestürzt. Überdies wird der Mensch ohne Metalle nicht nur auf eine Weise gemartert: so, wenn der Henker ihm mit glühendem Wachs die Scham- und die Achselhaare verbrennt, oder wenn er ihm ein leinenes Tuch in den Mund steckt und es, sobald er es durch Atmen langsam und allmählich in den Schlund gezogen hat, plötzlich und gewaltsam zurückzieht, oder ihn, nachdem er die Hände auf den Rücken gebunden hat, mit dem Seil allmählich in die Höhe zieht und dann plötzlich hinabschnellt; oder, wenn er ihn in ähnlicher Weise an einen Balken gebunden hat, so hängt er ihm einen schweren Stein an die Füße oder reißt seine Glieder mit dem Folterwerkzeug auseinander. Und so sehen wir hieraus, daß nicht die Metalle zu beschuldigen sind, sondern unsere Laster, nämlich der Zorn, die Grausamkeit, die Zwietracht, die Herrschsucht, die Habgier, die Wollust.
Aber hier erhebt sich die Frage, ob wir das, was man aus der Erde gräbt, zu den guten oder zu den schlechten Dingen rechnen sollen. Die Peripatetiker haben zwar alle Reichtümer unter die Güter gerechnet und nannten sie nur äußere Güter, weil sie weder in der Seele noch im Körper, sondern außerhalb beider sich befinden. Dann haben sie aber auch gesagt, es könnte noch viele andere Güter geben, weil es in unserer Gewalt läge, sie gut oder schlecht anzuwenden. Treffliche Männer nämlich brauchen sie gut, und ihnen sind sie nützlich, schlechte, aber schlecht, und ihnen sind sie unnütz. Ein Wort des Sokrates lautet: "Der Wein richtet sich nach dem Faß und der Reichtum nach dem Charakter derer, die ihn besitzen." Die Stoiker aber, deren Gewohnheit es ist, feinfühlig und scharfsinnig zu reden, haben den Reichtum, obschon sie ihn von der Gruppe der Güter ausgenommen haben, doch nicht zu den Übeln gezählt, sondern zu der von ihnen als indifferent (gleichgültig) bezeichneten Art. Denn nach ihnen ist nur die Tugend ein Gut, das Laster ein Übel, alles Übrige aber indifferent. Nach ihrer Ansicht ist es also gleichgültig, ob einer gesund oder schwer krank, ob er schön oder hässlich ist: "Gleich ist's, ob du reich und aus königlichem Geblüt oder arm und aus niederem Geschlecht unterm Himmel weilst".
[16] Horaz Oden II 3, 21-23.
Aber ich meinerseits sehe keinen Grund ein, warum dem, was von Natur und an und für sich gut ist, nicht ein Platz unter den Gütern gebühren soll. Die unterirdischen Dinge, erzeugt ohne Zweifel die Natur, und sie bringen dem Menschengeschlechte vielfachen und nötigen Nutzen, ganz zu schweigen von der Verschönerung des Lebens, die mit dem Nutzen wunderbar übereinstimmt. Deshalb ist es nicht recht und billig, sie ihrer Stellung und Würde, die sie unter den Gütern einnehmen, zu berauben. Wenn einer aber sie schlecht anwendet, so werden sie darum noch nicht mit Recht Übel genannt werden. Denn welche guten Dinge können wir nicht gleichermaßen in übler, wie in guter Weise gebrauchen?
Von diesen beiden Arten der Anwendung guter Dinge will ich Beispiele anführen. Der Wein ist bei weitem der beste Trank. Wenn man ihn mäßig trinkt, nützt er der Verdauung der Speisen und hilft zur
Blutbildung, indem er die Säfte in alle Teile des Körpers treibt. Er dient der Ernährung; auch nützt er nicht nur dem Körper, sondern auch dem Gemüte. Denn er verscheucht die Finsternis und den
Trübsinn unseres Geistes, befreit uns von Sorgen und Kummer und gibt uns Vertrauen zur Welt. Wenn man ihn aber unmäßig trinkt, so schadet er dem Körper und erzeugt Krankheiten. Der Weintrinker
hält auch den Mund nicht, er rast und tobt und begeht viele Schandtaten und Verbrechen. Darum ist sehr treffend, was Theognis in folgenden Versen sagt:
"Weine pflegen zu schaden, gießt du sie gierig hinunter, - Trinkst du sie mäßig indes, nützen und helfen sie dir."
Doch ich will nicht länger bei äußerlichen Dingen verweilen. So komme ich nun zu den Gütern des Leibes und der Seele. Von diesen treten mir vor Augen Kraft, Schönheit und Geist. Wenn einer also,
gestützt auf seine Kraft, viel arbeitet und so sich und seine Familie in ehrbarer und lobenswerter Weise ernährt, so gebraucht er jene Güter gut, schlecht aber, wenn er von Mord und Raub lebt.
Ebenso nutzt eine durch Schönheit ausgezeichnete Frau ihre Schönheit recht, wenn sie als Gattin eines Mannes ihm allein zu gefallen strebt, aber unrecht, wenn sie ein leichtfertiges und üppiges
Leben führt. Gleichermaßen braucht ein junger Mensch seinen Geist richtig, der sich der Wissenschaft widmet und die schönen Künste pflegt; wer aber erdichtet, lügt, verlockt, betrügt und täuscht,
der mißbraucht seine geistige Gewandtheit. Der jedoch, welcher den Wein, die Kraft, die Schönheit und den Geist wegen des möglichen Mißbrauchs nicht unter die Güter rechnen will, der beleidigt
und beschimpft Gott selbst, den allerhöchsten Schöpfer dieser Dinge. Genau derselben Beleidigung und Beschimpfung aber macht sich der schuldig, der die Schätze des Erdbodens aus dem Reich der
Güter streicht. Sehr richtig haben auch hier wieder griechische Dichter geurteilt. So Pindar:
"Das Gold, das im Schmucke der Tugend glänzt, weist dir nicht nur einen Weg, auf dem du alles glücklich ausführen kannst, was das Schicksal dir darbietet."
oder Sappho:
"Ohne die Liebe zur Tugend schadet das Gold als ein böser Gast; beides verbunden aber ist der Güter höchstes."
oder Callimachus:
"Weder macht Geld ohne Tugend groß, noch Tugend ohne Geld."
oder Antiphanes:
"Warum bei den Göttern soll einer reich werden? Warum soll er wünschen, viel Geld zu besitzen? Damit er den Freunden helfen könne und die Frucht der Dankbarkeit säen, der lieblichsten der Göttinnen."
Nachdem wir so die Gründe und die Schmähungen der Gegner zurückgewiesen haben, wollen wir die nützlichen Seiten des Bergbaues behandeln. Zuerst nützt er den Ärzten; denn er liefert eine Menge von
Arzeneien, mit denen Wunden und Eiterungen geheilt zu werden pflegen, sogar die der Pest. Darum müßten wir schon der Medizin allein wegen in der Erde graben, selbst wenn wir keinen anderen Grund
zu ihrer Durchsuchung hätten. Sodann nützt er den Malern; denn er bringt die verschiedenen Arten der Anstriche hervor. Wenn mit diesen, Wände bemalt sind, so schadet ihnen von außen eindringende
Feuchtigkeit weniger als den übrigen Wänden. Weiter nützt der Bergbau dem Baumeister; denn er läßt Marmor finden, der sich für dauerhafte und feste große Gebäude eignet und auch zum Schmuck und
zur Zierde diene. Nützlich ist er außerdem denjenigen, deren Seele nach unsterblichem Ruhme strebt; denn er fördert Metalle zutage, aus denen Münzen, Standbilder und andere Gegenstände gemacht
werden, die nächst den literarischen Denkmälern den Menschen gewissermaßen Ewigkeit und Unsterblichkeit schenken. Auch den Kaufleuten nützt er; denn, wie ich schon gesagt habe, ist die aus den
Metallen hergestellte Münze aus vielen Gründen bequemer als der Warenaustausch. Wem ist er schließlich nicht nützlich? Übergehen will ich die so gefälligen, geschmackvollen, kunstreich
gearbeiteten, nützlichen Gegenstände des Kunsthandwerks, welche in mannigfachen Gestalten die Gold- und Silberschmiede, Kupfer-, Zinn- und Eisengießer aus den Metallen herstellen. Welcher
Kunsthandwerker kann ohne die Metalle ein vollkommenes und schönes Werk schaffen? Wenn er nicht aus Eisen oder Kupfer gefertigte Werkzeuge gebraucht, so wird er auch sicherlich weder steinerne
noch hölzerne Kunstwerke bilden können.
Aus alledem gehen deutlich der Nutzen und die Bequemlichkeit hervor, die wir den Metallen verdanken. Diese Dinge aber hätten wir gar nicht, wenn die Kunst des Bergbaues nicht erfunden wäre und uns dazu diente. Wer erkennt also nicht ihren großen Nutzen und ihre Notwendigkeit für die Menschheit? Kurz, der Mensch hat den Bergbau nicht entbehren können, noch wollte Gottes Güte, daß er dem Menschen fehle.
Weiter wirft man die Frage auf, ob der Bergbau ein ehrlicher Beruf für anständige Leute oder ob er verächtlich und unehrlich sei. Wir aber rechnen ihn zu den ehrlichen Künsten. Denn jede Kunst, deren Erwerbsweise nicht gottlos, widerwärtig oder schmutzig ist, können wir für ehrlich halten. Solcher Art aber ist der Erwerb beim Berg- und Hüttenwesen; denn er vermehrt das Hab und Gut auf gute und ehrliche Weise, wie wir sogleich nachweisen wollen. Mit Recht zählt man ihn daher zu den ehrlichen Berufen. Erstens ist das Gewerbe des Bergmannes (ich darf es wohl mit den übrigen Berufen des Erwerbslebens vergleichen) ebenso rechtschaffen wie das des Landmannes. Denn wie dieser, wenn er seine Felder besät, mögen sie ihm auch noch so viele Früchte bringen, doch niemandem dabei schadet, so fügt auch jener keinem Menschen beim Schürfen der Erze einen Nachteil zu, auch wenn er große Haufen Goldes und Silbers herausschafft. Und beide Arten, das Vermögen zu mehren, sind vor allem anständig und edel. Aber Raub und Plünderung des Kriegsmannes sind meist gottlos; denn der Kriegswahnsinn raubt ebenso die kirchlichen wie die weltlichen Güter. Auch wenn der allergerechteste König Krieg mit grausamen Tyrannen begonnen hat, können doch in ihm die schuldigen Menschen ihr Hab und Gut nicht verlieren, ohne daß auch die unschuldigen und beklagenswerten Leute, wie Greise, Frauen, Jungfrauen, Waisen, mit in das gleiche Unheil hineingezogen werden. Der Bergmann aber kann in kurzer Zeit großen Reichtum sammeln ohne alle Gewalt, ohne Betrug und Niedertracht. Darum ist jenes alte Sprichwort durchaus nicht wahr: "Jeder Reiche ist ein Ungerechter oder Erbe eines Ungerechten." In diesem Punkte streiten indes manche gegen uns und verhöhnen und verspotten die Bergleute und sagen, sie oder ihre Kinder würden in kurzer Zeit in Armut geraten, und zwar aus keinem anderen Grunde, als weil sie ihren Reichtum auf keine gute Weise erworben hätten. Denn nichts sei wahrer als das Wort des Dichters Naevius: "Schlecht Erworbenes schwindet auch wieder auf schlechte Weise" (Wie gewonnen, so zerronnen). Und in unredlicher Weise, das ist ihre Behauptung, würden die Menschen durch die Bergwerke reich. Zeigt sich irgendeine Hoffnung, Edelmetalle durch Bergbau gewinnen zu können, so kommt ein Fürst oder eine Behörde und treibt die Eigentümer des Bergwerks aus ihrem Besitze, oder ein verschlagener und schlauer Nachbar beginnt mit den bisherigen Besitzern einen Streit, um sie eines Teiles der Gruben zu berauben, oder der Bergamtmann legt den Gewerken schwere Buße auf, damit sie, wenn sie nicht bezahlen wollen oder können, alles Eigentumsrecht verlieren, während er gegen alles Gesetz sich des verlorenen bemächtigt. Oder endlich der Schichtmeister verschmiert oder bedeckt den Gang da, wo er überreich an Metall ist, mit Erde, Steinen, Brettern oder Pfählen, um einige Jahre später, wenn die Eigentümer die Grube für erschöpft halten und sie aufgeben, selbst das zurückbehaltene Metall auszugraben und zu rauben. Übrigens sei der zusammengewürfelte Haufe der Bergleute aus Betrug, Täuschung und Lüge zusammengesetzt. Um von anderem zu schweigen, sei nur von dem geredet, was gegen Treu und Glauben bei Kauf und Verkauf geschieht. Da preist einer die Gänge mit erlogenen und erdichteten Worten, um Teile der Gruben um die Hälfte teurer, als sie wert sind, zu verkaufen, oder er macht sie umgekehrt schlecht, um sie billig erhandeln zu können. Durch solche bösartigen Anschuldigungen glauben die Gegner das ganze Ansehen des Bergbaues zu schädigen. Aller Besitz aber, mag er auf gute oder üble Weise erworben sein, schwindet entweder durch irgendeinen Unfall dahin oder geht zugrunde und wird zerstreut durch Schuld und Fehler des Besitzers. Er verliert ihn entweder durch Trägheit und Nachlässigkeit oder verleckert und verschmaust ihn oder verschleudert ihn durch Schenkungen oder vergeudet ihn im Spiel, "als wenn das Geld im Kasten immer nachwüchse und immer vom vollen Haufen genommen werden könnte." Kein Wunder daher, wenn Bergleute, nicht achtend den vom König Agathokles gegebenen Rat, plötzlichem Glücke gegenüber, scheue Zurückhaltung zu bewahren, aus solchen Gründen in Armut verfallen. Besonders oft aber geschieht es, daß sie, unzufrieden mit mäßigem Erwerb, das, was sie aus einem Bergwerk gewonnen haben, für andere Metalle wieder ausgeben. Nicht ein Fürst oder eine Behörde vertreibt die Gewerken aus ihrem Besitze, sondern eine tyrannische Begierde, die die ihr Erliegenden nicht nur ihres auf ehrliche Weise erworbenen Gutes, sondern auch aufs grausamste ihres Lebens beraubt.
Wenn ich jedoch den Klagen nachgehe, die diese Leute wegen solchen Unrechtes öffentlich verbreiten, so finde ich jedesmal: diejenigen, die man schilt, haben einen vollberechtigten Grund, diese Leute von ihren Gruben zu vertreiben, die aber, welche schelten, keinen Grund, sich über jene zu beklagen. Denn weil sie ihre Zubuße nicht bezahlt haben, so haben sie mit Recht ihr Eigentumsrecht verloren, oder sie sind von der Behörde aus einem ihnen nicht gehörigen Bergwerke vertrieben worden. Denn manche unehrlichen Bergleute, welche die an metallreichere Gänge stoßenden kleinen Gänge hauen, greifen dabei in fremden Besitz über. Daher vertreibt und verjagt sie die Behörde aus den Gruben, wenn sie der Rechtsverletzung angeklagt sind. Und dann also verbreiten diese Leute meist böse Gerüchte über sie unter dem Volke. Aber wenn in einem anderen Falle, wie es oft zu geschehen pflegt, ein Rechtsstreit unter den Nachbarn entsteht, so schlichten ihn die von der Behörde eingesetzten Schiedsrichter, oder es erkennen und urteilen die seinetwegen eingesetzten Richter. Wenn dann so der Streit beigelegt ist, weil sich in der betreffenden Sache eine Übereinstimmung beider Parteien ergeben hat, so darf keine von beiden sich mehr wegen Unrechtes beklagen. Das Urteil ist gerecht ergangen, weil es den Berggesetzen gemäß gesprochen ist; ein Gegenurteil, das minderen Rechtes ist, kann nicht gesprochen werden. Doch ich will über diesen Punkt nicht weiter streiten. Bisweilen verlangt auch ein einzelner Schichtmeister eine größere Zubuße von den Gewerken, als die Notwendigkeit fordert. Ja, selbst wenn ein Schichtmeister einen Gang da, wo er metallreich ist, mit Erde verschüttet oder mit Mauerwerk zudeckt, vermag wohl die Niedertracht des einen oder des andern der Mehrzahl der guten Leute das Schandmal des Betruges aufzudrücken?
Gibt es in der Regel in einem Gemeinwesen etwas Ehrwürdigeres und Ehrenhafteres als den Rat? Und doch sind schon Ratsherren wegen Veruntreuung belangt und bestraft worden. Soll darum dieser hochachtbare Stand seinen guten Ruf und sein Ansehen verlieren? Sicher dürfen die Schichtmeister den Gewerken keine Zubußen auferlegen ohne Wissen und Erlaubnis des Bergmeisters und der zwei Geschworenen. Deshalb können sie eine Täuschung in dieser Hinsicht nicht anwenden. Wenn aber Schichtmeister des Betrugs überführt sind, so werden sie mit Ruten geschlagen, und wenn des Diebstahls, gehängt. Wenn man dann weiter ausposaunt, manche Steiger wären betrügerische Käufer und Verkäufer von Kuxen, so gebe ich das zu. Aber können sie jemand anderen betrügen als einen dummen, sorglosen, im Bergbau unerfahrenen Menschen? Ein kluger, fleißiger, in dieser Kunst erfahrener Mann wenigstens begibt sich, wenn er an der Zuverlässigkeit des Käufers oder Verkäufers zweifelt, alsbald in die Grube, um den so gelobten oder getadelten Gang selbst in Augenschein zu nehmen und sich zu überzeugen, ob es sich empfiehlt, die betreffenden Teile zu kaufen oder zu verkaufen. Allein die Gegner dürften einwenden: wenn auch ein solcher Mann sich vor derartigen Betrügereien zu schützen vermag, so wird doch ein einfältiger und leichtgläubiger Mensch getäuscht. Aber nicht selten täuscht der, der auf solche Weise einen anderen umgarnen will, sich selber und wird mit Recht von anderen ausgelacht. Denn meist ist sowohl der, welcher einen anderen zu betrügen sucht, wie auch der, welcher betrogen wird, des Bergbaues unkundig. Wenn daher der Gang wider Erwarten des Betrügers reich an Erz ist, so macht der, der für betrogen galt, einen Gewinn, der aber betrogen zu haben schien, erleidet Schaden. Allein die rechten Bergleute kaufen und verkaufen selten Anteile, häufiger jedoch die vereidigten Verkäufer, die sie zu den Preisen kaufen und verkaufen, wie es ihnen befohlen war. Da aber die Obrigkeit strittige Sachen nach Billigkeit und Gerechtigkeit entscheidet, so dürfte ein rechter Bergmann niemanden täuschen, ein unredlicher aber, nicht leicht imstande sein, zu betrügen, oder, wenn er betrügt, es nicht ungestraft tun. Das Gerede der Leute, die die Ehrbarkeit der Bergleute in den Staub ziehen, ist bedeutungslos und nicht ernst zu nehmen. Und so kann auch der Gewinn des Bergmannes niemandem ein Dorn im Auge sein. Denn wer wird, er müßte denn von Natur ein übelwollender und neidischer Mensch sein, jemanden hassen, den Gott selbst mit Reichtum gesegnet hat und der sich auf eine Art sein Vermögen zu mehren versteht, an der nicht das Geringste auszusetzen ist? Wenn ein Wucherer unmäßige Zinsen nimmt, so macht er sich bei den Leuten verhaßt, nimmt einer aber mäßige und angemessene, dann haßt ihn niemand im Volke, weil er es nicht aussaugt, mag er davon auch nicht besonders reich werden.
Ferner ist der Erwerb des Bergmannes auch nicht schmutzig. Wie könnte er es auch sein, der so groß, so reich und so redlich ist? Schändlich aber und gemein ist der Gewinn des Kaufmannes, wenn er verfälschte und unechte Waren verkauft oder für billig eingekaufte einen allzu hohen Preis festsetzt; und aus diesem Grunde wäre der Kaufmann bei guten Menschen nicht weniger verhaßt als der Wucherer, wenn er nicht die Gefahren bedächte, in die er sich dadurch für seinen Warenhandel begibt.
Endlich weisen diejenigen, die von dem Berg- und Hüttenwesen schändlich reden, um es zu verkleinern, daraufhin, daß einst die der Verbrechen Überführten verurteilt worden wären, in Bergwerken zu arbeiten und als Sklaven Gänge gehauen hätten. Jetzt aber wären die Bergleute Lohnarbeiter und beschäftigten sich wie andere Werkleute mit einem schmutzigen Handwerk. Tatsächlich, wenn der Bergbau aus dem Grunde für einen freien Mann als nicht anständig gelten soll, weil einmal Sklaven Erzgänge gegraben haben, dann wird auch der Ackerbau nicht ein ehrbares Gewerbe sein; denn auch die Äcker haben einst Sklaven bebaut und bebauen sie bei den Türken noch heute, ebenso die Baukunst, denn manche Baumeister waren Sklaven, sowie die Heilkunst, sind doch nicht wenige Ärzte Sklaven gewesen, und noch manche anderen Künste, weil Kriegsgefangene sie ausgeübt haben. Aber Ackerbau, Baukunst und Heilkunst werden trotzdem zur Zahl der ehrbaren Künste gerechnet. So werde auch der Bergbau darum aus dieser Zahl nicht ausgeschlossen, auch wenn wir den Gegnern zugeben, der Erwerb der bergmännischen Tagelöhner sei schmutzig. Wir meinen aber hier nicht nur die Berghäuer und die anderen Arbeiter, sondern einesteils die Bergbaukundigen und andernteils die, welche die Kosten des Bergbaues tragen. Zu diesen können Könige, Fürsten, Städte und in den letzteren alle ehrbaren Bürger gerechnet werden. Endlich meinen wir auch die Bergamtleute, wie Thukydides einer war, der berühmte griechische Geschichtsschreiber, dem die Athener die Verwaltung der Bergwerke der Thasier übergeben hatten.
[17] Thukydides hatte vielmehr in Thrakien Thasos gegenüber, ein Bergwerk in Erbpacht und lebte oft hier.
Aber etwas Mühe und Arbeit auf das Schürfen von Erzen zu verwenden, sieht auch den Bergbeamten nicht übel an, besonders, wenn sie selbst Kosten in die Bergwerke gesteckt haben. Genau wie es
großen Männern nicht übel ansteht, ihre eigenen Felder zu bebauen. Andernfalls hätte der römische Senat den L. Quintius Cincinnatus, der seinen Acker eben bebaute, nicht zum Diktator ernannt,
noch hätte er die ersten Männer der Bürgerschaft von ihren Landgütern in den Senat geholt. Ebenso hätte auch zu unserer Zeit nicht Kaiser Maximilian den Conrad unter die Zahl der Adligen, die
Grafen heißen, aufgenommen. Dieser war nämlich, als er in den Bergwerken zu Schneeberg arbeitete, sehr arm. Deshalb hatte er auch den Beinamen des Armen. Als er aber wenige Jahre später von dem
Bergwerk von First, einer Stadt in Lothringen, reich geworden war, bekam er seinen Namen vom Glück. Auch hätte König Wladislaus nicht den Thurfius, einen Krakauer Bürger, den Bergwerke in dem
einst Dacien genannten Teile des ungarischen Königreichs reich machten, in den Kreis der Barone aufgenommen.
Ja, auch das gemeine Volk der Bergleute ist nicht zu verachten. Denn in Tages- und Nachtschichten an Arbeit gewöhnt, besitzt es eine ungemeine körperliche Abhärtung und Ausdauer und erträgt, wenn nötig, gar leicht die Mühsale und Anforderungen des Kriegsdienstes. Denn es ist daran gewöhnt, bis tief in die Nacht wach zu sein, eiserne Werkzeuge zu handhaben, Gräben zu ziehen, Stollen zu treiben, Kunstgezeuge zu fertigen und Lasten zu tragen. Deshalb ziehen die Kriegsverständigen das Bergvolk nicht nur dem Stadt-, sondern auch dem Landvolke vor.
Um aber endlich diese Erörterung abzuschließen: die Gewinne des Wucherers, des Kriegsmannes, des Kaufmannes, des Landmannes und des Bergmannes sind alle sehr groß; allein der Wucherer ist verhaßt, die Kriegsbeute ist in grausamer Weise aus dem Vermögen des Volkes geraubt, ohne Schuld der Heimgesuchten, wider Gottes Ordnung; doch der Erwerb des Bergmannes übertrifft an Ehrbarkeit und Anständigkeit den Gewinn des Kaufmannes weit und ist nicht weniger gut als der des Landmannes, nur viel reicher.
Somit ist es klar: der Bergbau ist ein durchaus ehrliches Gewerbe. Sicherlich kann, da es eines der zehn größten und besten Dinge ist, viel Geld auf gute Weise zu bekommen, dies ein eifriger und fleißiger Mensch auf keine andere Weise leichter erreichen als durch den Bergbau.