Quellen:
CORPS - Das Magazin, Ausgabe 3/1923, Peter Platzer
Arbeitskreis der Studentenhistoriker - AKSt, aus dem Jahrbuch "Einst und Jetzt" Band 67
karl-burian.zurerinnerung.at
Academic dictionaries and encyclopedias
Wikipedia
Legitimistische Verbindungen waren eine Erscheinung der Zwischenkriegszeit in der Republik Österreich. Sie entstanden mit dem Zusammenbruch der Doppelmonarchie in Österreich-Ungarn. Der Legitimismus war keine Massenbewegung, er hatte zwar Anhänger in allen sozialen Schichten, jedoch spielten drei Gruppen die Hauptrolle: Offiziere, Adel und katholische Akademiker. Für alle war eine Welt zusammengebrochen, für die sie gelebt und gekämpft hatten; eine Welt, die ihnen Ordnung, Sicherheit und Brot gegeben hatte, die jetzt einfach nicht mehr bestand. Es waren für die Anhänger der Monarchie nebst ideellen auch materielle Momente bestimmend sich zu sammeln. Die materiellen Momente hatten damals Gewicht, denn das Ende des Ersten Weltkrieges hatte ein ausgeblutetes, verelendetes und in seinen wirtschaftlichen Kräften schwer getroffenes Land hinterlassen. Die Kösener Corps und die Studentenverbindungen des österreichischen Kartellverbandes nahmen nach dem 12.11.1918 mit wenigen Ausnahmen überraschender Weise den Standpunkt "der gegebenen Tatsachen" ein, obwohl man sich vorher voll und ganz zum Kaiserhaus und der monarchistischen Staatsform bekannte.
11.11.1918
Verzicht Kaiser Karls I auf seinen Anteil der Regierungegeschäfte. Er erklärte sich im Voraus mit der Entscheidung einverstanden, die das österreichische Volk über die künftige Staatsform treffen werde.
12.11.1918
Ausrufung der Republik des deutsch-österreichischen Nationalrats in Wien. Verkündung des Anschlusses Deutschösterreich an die deutsche Republik.
Dezember 1918
Jene, die immer noch etwas für Gesamt-Österreich übrig hatten und den Anschluß an Deutschland dezidiert ablehnten, betrachteten die Republik als illegal, weil sich Kaiser Karl nur unter der Voraussetzung der Staatsgeschäfte begeben hatte, daß eine Volksabstimmung über das weitere Schicksal Österreichs entscheiden sollte. Sammlung eines Kreises von Gleichgesinnten im Militärgagistenverband durch Oberst Gustav Wolff.
21.11.1919
Umwandlung des Namens Deutschösterreich in Republik Österreich.
16.07.1920
Staatsvertrag von Saint-Germain
1920
Gründung legitimistischer Verbindungen
20.06.1920
Gründung der legitimistisch "Deutsch-christlich-akademischen" Verbindung Wasgonia mit den Farben Schwarz-Blau-Gold mit roter Perkussion und grauer Samtmütze.
16.10.1920
Verein Alt-Österreich, 1921 Umwandlung zum Corps mit den Farben Blau-Schwarz-Gold.
22.12.1921
Bandverleihung Wasgonia an Kaiser Karl I.
18.08.1921
Danubia Graz mit den Farben Schwarz-Gold-Violett.
01.04.1922
Wasgonia: Abspaltung des schlagenden Teils als "Deutsch-akademisch-konservative" Verbindung Wikinger.
26.08.1922
"Deutsch-akademische" Verbindung Ottonen mit den Farben Schwarz-Gold-Grün.
02.09.1922
"Deutsch-katholisch-vaterländische" Verbindung Karolinger mit den Farben Schwarz-Gold-Blau. 1932 bildete ein Teil dieser Verbindung das "Akademische Corps" Karolinger mit den Farben Rot-Schwarz-Gold.
15.11.1922
"Vaterländisch-katholisch-deutsche" akademische Vebindung Maximiliana mit den Farben Grün-Schwarz-Gold.
Der heute gebräuchliche Corpsbegriff ist nicht durchaus deckungsgleich mit der damals in Österreich verwendeten Bezeichnung als Corps; dieser Terminus wird in Österreich vielmehr in einem weiteren Bedeutungshorizont genutzt.
Wasgonia 20.06.1920
Wasgonia wurde am 20. Juni 1920 als Deutsch-christlich-akademische Verbindung gegründet. Sie war kaisertreu, auch wenn in den Statuten von 1920 nur ein kurzer Verweis auf die österreichische Heimat erfolgte. Mit der Verleihung des Bandes und der Kappe der Verbindung an den im Exil lebenden österreichischen Kaiser Karl I am 22. Dezember 1921 wurde die Haltung aber klar angezeigt.
Am 2. April 1925, wandelte man sich zum Corps um.
Wikinger 01.04.1922
Die Wikinger wurden als deutsch-akademische konservative Verbindung am 1. April 1922 gegründet vor allem von Wasgonen, die vorher die Militäroberrealschule Traiskirchen besucht hatten. Nachdem sich Wasgonia zum Corps erklärt hatte, folgten die Wikinger am 12. März 1926.
Ottonen 18.10.1922
Die Ottonen wurden am 26. August 1922 als deutsch-akademische Verbindung gegründet. Es dürfte eine Gruppe von Wasgonen rund um Erwin Drahowzal gewesen sein. Karl Burian war kaum Gründer, er wurde im WS 1923/24 bei den Ottonen noch als Renonce geführt. Zum Gründungskommers vom 18. Oktober 1922 wurden Wasgonia, Wikinger und Danubia Graz eingeladen. Am 20. November 1926 erklärte man sich zum Corps. Man suspendierte am 9. Mai 1938 aus politischen Gründen und ging in den Untergrund. Die Aktivitas bestand aber damals nur aus schon im Berufsleben stehenden Leuten. Ein Teil der Ottonen bildeten die Widerstandsgruppe Burian.
Die Ottonen waren von Anfang an strikt legitimistisch und blieben es auch. Der Name soll nachdem ehemaligen Kronprinzen Otto gewählt worden sein. Kaiserwitwe Zita stimmte mit Handschreiben vom 11. Januar 1926 der Führung des Namens „Ottonen“ sowie der Aufnahme der österreichischen Kaiserkrone und des Doppeladlers in das Corpswappen ausdrücklich zu. Die Corpserklärung erfolgte am 20. November 1926, dem Geburtstag Ottos von Habsburg. Dadurch wurde auch öffentlich das Bekenntnis für Kaiser und Reich kundgetan, da nach der Tradition von 1783 der jeweilige rechtmäßige Landesherr Allerhöchster Corpsinhaber ist. Neben den üblichen Veranstaltungen einer Corporation fanden Kaiserkommerse und Geburtstagsfeiern für die beiden Kaiser Franz Joseph und Karl, später auch Feiern für Otto von Habsburg statt. Auch nahm man an Veranstaltungen legitimistischer Organisationen teil.
Karolinger 02.09.1922
Die Gründung der Karolinger wurde am 2. September 1922 als „Deutsch-katholisch-vaterländisch-akademische Verbindung“ nicht untersagt. Die Statuten entsprachen mehr oder weniger denjenigen der Wasgonia beziehungsweise denen der Ottonen. Der kleine, aber doch bedeutende Unterschied bestand darin, dass Karolinger die „Wahrung und Förderung der katholisch-vaterländischen Idee“ wollten, während die Wasgonia sich „die Förderung und Wahrung der deutsch-christlichen Idee“ als Ziel setzte.
Palaio-Austria 04.12.1908
Athesia (Nachfolger) 14.10.1926
Palaio-Austria führte sich gemäss „Das akademische Deutschland“ und dem Vorspann in den Statuten auf eine am 4. Dezember 1908 gegründete deutsch-technische Fechtverbindung Akropolis zurück, die schon 1911 suspendieren musste. Die Gründer der Akropolis entstammten wahrscheinlich der Athenaia, einer Verbindung von Kunstakademikern. Akropolis wurde am 31. Mai 1923 von drei ehemaligen Gründern als Deutsch-Technisch-Akademische Verbindung reaktiviert. Akropolis trat am 27. März 1924 offiziell als Corps Palaio-Austria auf. Die Statuten von Palaio-Austria wie auch von Athesia hielten zwar fest, dass man auf einem „Standpunkt vaterländischer Gesinnung“ stehe, man war aber sonst ausdrücklich unpolitisch. An den Kaiserfeiern und anderen legitimistischen Veranstaltungen nahm man auch nicht teil.
Woelsungen 10.10.1929
Das Corps Woelsungen tritt unter „Wiener Corps Woelsungen“ am 10. Oktober 1929 in Erscheinung. Auf der Einladung zum feierlichen Stiftungsconvent am 23. November 1929 scheint aber bereits der Name „Akademisches Corps Woelsungen“ auf.
Der legitimistische Geist scheint verblasst zu sein. 1935 jedenfalls meldete der AH-x, es war der Universitätsprofessor Dr. von Liszt, der Vereinsbehörde, dass die Aktivitas wegen des Verdachts nationalsozialistischer Umtriebe ausgeschlossen worden sei und dass das Corps derzeit nur aus Alten Herren bestehe. Am 20. April 1938 feierte man eine Abschiedskneipe. Man löste sich auf.
Von den rund 70 Mitgliedern der Ottonen machten 50 im Widerstand mit. Der innere Kern dieses Kreises bestand aus Josef Viktor Wotypka, Ludwig Krausz-Wienner, Erwin Drahowzal, Josef von Krinninger, Julius Kretschmer und Rochus Kosak. Es wurden aber auch andereOttonen zu Aktionen des Widerstands beigezogen. Zu diesen gehörten Paul Wernberger, Dr.Kary, Otto Schwarz und Wolfgang Kunitzer.
Dem letzten Senior des Corps, Willy Klein, gelang es nach Verhaftung, Verhör und glücklicher Freilassung nach Frankreich zu fliehen, wo er dem obersten Bandinhaber, Otto von Habsburg, umfassend Bericht erstattete. Dieser übertrug der Gruppe Burian die Aufgabe, die gesamte illegale monarchistische Tätigkeit zu organisieren und zu koordinieren.
Burian übernahm den inneren Kern und machte daraus das „Zentralkomitee“. Neben dem Verfassen und Verteilen von nazifeindlichen Flugblättern begann man mit dem Aufbau der Organisation. Rochus Kosak konnte den griechischen Generalkonsul Michael Georg Koimtzoglou gewinnen, der Sichtvermerke für Angehörige von Ottonen, die schon flüchten mussten, besorgte, der aber auch seine Adresse als Tarnadresse für die Gruppe zur Verfügung stellte. Kosak nahm auch Kontakt mit einer weiteren monarchistischen Widerstandsgruppe, der Gruppe „Hebra“, sowie einer illegalen Organisation der Tiroler Landesschützen auf. Josef Krinninger und Ludwig Krausz-Wienner besorgten die Kontakte in die Tschechoslowakei zu einem Karl Friediger und zu Baron Franz McEnnis, einem Ottonen, und Krinninger beschäftigte sich auf seinen Reisen mit der Berichterstattung und der Kontaktpflege. Julius Kretschmer stellte Flugblätter gegen die Nazis her und verteilte diese. Hierzu konnte er auf einen kleinen Ring an Unterstützer zählen. Das Sammeln von Geldern und Zeitschriften, die vom Ausland hereinkamen, sollten an die diversen Gruppen verteilt werden, ohne dass diese wussten, woher diese stammten. Burian und auch Drahowzal sollten Militärpläne und Informationen besorgen. Am Ende kam die Idee auf, das Hotel Metropol, den Hauptsitz der Gestapo, in die Luft zu jagen.
Die Tätigkeiten dauerten nicht lange. Ein Verräter, der direkten Zugang zur Widerstandsgruppe (und zur Gestapo) hatte, beendete alles. Das Corps Ottonen hatte seit 1934 einen Verkehrsgast, der beim außerordentlichen Auflösungs-Convent und sogar bei Mensuren anwesend war. Es handelte sich um Rudolf Materna, einen angeblichen ehemaligen k.u.k. Offizier, Angestellten bei der ungarischen Botschaft sowie tätig im Nachrichtendienst in Wien. Erstaunlich war, dass Karl Burian immer wieder auf Materna zurückgriff, obwohl schon durch Willy Klein bekannt war, dass Materna ein Verräter war.
Im Oktober 1938, innerhalb weniger Tage, verhaftete man das Zentralkomitee inklusive die Ehefrau von Krinninger, weil sie beim Schriftverkehr mit Othmar von Slawik beteiligt war. Andere Ottonen wurden ebenfalls verhaftet, aber nicht angeklagt, oder konnten sich durch Flucht entziehen. Am 9. Dezember 1943 wurden die Strafen ausgefällt:
Das Todesurteil gegen Karl Burian wurde am 13. März 1944, dem sechsten Jahrestag des Einmarsches der Nationalsozialisten in Österreich, „wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Landesverrates“ im Wiener Straflandesgericht vollstreckt – und zwar mit dem Fallbeil. Im entsprechenden Volkgerichtsurteil taucht der Name „Othmar Slavik“ (sic!) 18 mal auf, obwohl er kein Beschuldigter war.
Mithäftlinge berichten, dass sich Burian bereits während der Untersuchungshaft seiner Verurteilung zum Tode sicher war und scheinbar berührte ihn diese Aussicht wenig. Er wird als heiterer, humorvoller und abgeklärter Häftling geschildert. Er hatte immer zwei Anliegen, erstens die Zukunft Österreichs und des Donauraumes und zweitens das Corps der Ottonen als kaisertreue Widerstandsbewegung.
Aus dem Urteil
„(…) hat im Jahre 1938 in Wien eine legitimistische Organisation aufgebaut und dabei durch zahlreiche Besprechungen mit legitimistischen Gesinnungsgenossen den Hochverrat organisatorisch vorbereitet. Er hat dabei auch Verbindungen zu ausländischen legitimistischen Funktionären unterhalten. Außerdem hat er deutsche Staatsgeheimnisse auszuspähen und an den polnischen Nachrichtendienst zu verraten unternommen. (…) Burian diktierte (…) den Entwurf eines Flugblattes folgenden Wortlauts: Flugblatt 3. Adolf Hitler in Wien. Am Mittwoch, dem 16. ds. [Monats], kam Adolf Hitler der Größenwahnsinnige nach Wien und stieg im Schloss Schönbrunn ab. Da die Bewachung und sein Incognito nicht genug gewahrt werden konnte, mussten im Parlament Räumlichkeiten fürstlich eingerichtet werden, und zwar a. d. Hofmobiliendepot, damit er wie ein Pascha und doch unerkannt in Wien seine nicht geraden Ziele verfolgen kann.“
Andenken
1977 wurde Burian posthum das Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs verliehen. Das Bundesheer der zweiten Republik ehrte ihn gemeinsam mit seinem ebenfalls von den Nazis ermordeten Kameraden Oberstleutnant Franz Heckenast durch die Umbenennung des Amtsgebäude Schwenkgasse in Wien in Kommandogebäude Heckenast-Burian.
Slawik wurde am 16. April 1909 in Zlozcow in Galizien geboren. Sein Vater Hilarius war Berufsoffizier und ebendort stationiert. 1914 ist er in Czernowitz nicht nachzuweisen, indessen später scheint er als Schreiber und Verwalter auf, wohl deshalb, weil er sich weigerte, in die rumänische Armee einzutreten. Dafür scheint er aber 1927 in der Matrikel der Universität Wien als Hauptmann im Ruhestand auf – diesmal wieder mit Wohnsitz Czernowitz.
Othmar von Slawik, der Sohn, war römisch-katholisch, deutscher Muttersprache und im Jahre 1927 jedenfalls rumänischer Staatsbürger, die Heimatzuständigkeit war Czernowitz beziehungsweise Cernauti, wie es damals hiess. Er besuchte die Volksschule in Wien, was dazu passt, dass auch sein Vater ab 1914 nicht in Czernowitz aufscheint. Das Gymnasium absolvierteer in Czernowitz. Nach der Erlangung der Hochschulreife immatrikulierte er sich im Wintersemester 1927/28 an der Hochschule für Welthandel in Wien. Nach zwei Semestern meldete er sich nach Rumänien ab. Im WS 1929/30 immatrikulierte er sich von neuem bis und mit dem Sommersemester 1930, wobei er sich schon im Wintersemester 1928/29 in Wien aufgehalten hatte. Zu Beginn des Wintersemesters 1929 trat er ins Corps Ottonen ein, wohl zusammen mit Ussy Kretschmer, Nikolaus Suschko und Siegfried Czapka.
Am 6. Juli 1930 schlug von Slawik im Rahmen einer PP-Suite eine Partie gegen den Grazer Danuben von Gironcoli. Er war auch Erstchargierter der Ottonen, und zwar für das WS 1930/31, wobei er frühzeitig, am 26. Februar 1931, dechargierte. Mehr ist über seine Aktivzeit nicht bekannt. Die Kontakte zum Corps Ottonen blieben aber bestehen. Namentlich am Generalconvent vom 12. März 1938, wo das Corps beschloss, sich aufzulösen und in den Untergrund zu gehen, sollte er anwesend sein.
Zunächst aber wechselte er im Wintersemester 1930/31 die Universität – er ging nach Fribourg. Die Beweggründe dafür sind unbekannt. Dort trat er am 15. Juni 1931 in die „Studentische Vereinigung der Rodensteiner“ als iaCB des Corps Ottonen ein. Eine Partie schlug er nicht, trat aber als Testant auf. Bei den Rodensteinern versah er ein ganzes „Chargenregiment“. Er übernahm im WS 1931/32 und SS 1932 alle Chargen, im WS 1932/33 war er xx und xxx, im WS 1934/34 x, im SS 1934 versah er wiederum alle Chargen und im WS 1934/35 war er wieder x. Im Wintersemester 1935/36 fungierte er als Testant bei einer Mensur. Am 15. Februar 1936 wurde er zum AH ernannt. Immatrikuliert war er aber nur noch im SS 1934, dann legte er die Schlussprüfung ab. Sein Studium beendete er offiziell am 22. Januar 1938 mit der Promotion. Der Titel seiner Dissertationsschrift war „Der Holzhandel und die Sägeindustrie der Bukowina“.
Privat gab es für von Slawik einige Veränderungen. Im Juni 1933 kam seine Tochter Elisabeth zur Welt, am 15. Juli 1933 heiratete er deren Mutter Elisabetha Adolfine Isch, die aus Solothurn stammte. Er wohnte anfänglich während der Woche in Fribourg, am Wochenende in Solothurn an der Gurzelngasse 12. Ab 2. August 1934 war der gemeinsame Wohnsitz der Eheleute an der Hauptgasse 7. Diese Adresse blieb sein offizieller Wohnsitz bis zum 2. Mai 1939, dann meldete er sich nach Zürich ab. Dort verblieb er ein halbes Jahr, um sich nunmehr nach Frankreich abzumelden.
Gegenüber den Rodensteinern meldete sich Slawik 1935 ab, weil er im Heimatland sein Militärjahr zu absolvieren habe. Effektiv war er 1936 in Wien, um im November nach Cernauti oder Cacica zu gehen, wo er bis Dezember 1937 den Militärdienst absolvierte. 1938 war er für zwei Monaten in München, um eine Fachschule für Reklame- und Modezeichnen zu besuchen; danach kehrte er nach Solothurn zurück. Für die Jahre nach 1942 ist nicht mehr feststellbar, wo er sich aufhielt – er ist de facto für ein Jahrzehnt verschollen. Auch über Solothurn war er nicht mehr zu erreichen, was insofern nicht erstaunlich ist, als seine Ehe 1943 geschieden wurde – immerhin das ist aktenkundig. Auch der Tarnname, unter dem er in der Wehrmacht diente, um der Verfolgung als österreichischer Widerstandskämpfer zu entgehen, ist jüngst bekanntgeworden: Otto Spitzmüller.
Othmar von Slawik scheint von Anfang an als Kurier, als Schaltzentrale zwischen der Gruppe Burian und Otto von Habsburg, teilweise auch Willy Klein, eingesetzt worden zu sein. Seine Funktion war es, die Anweisungen von Otto von Habsburg an die Gruppe bzw. an Karl Burian weiterzuleiten, und im gleichen Sinne Informationen an Dr. Otto von Habsburg zu liefern. Ein anderer, nicht unwichtiger Punkt war, dass er der Geldbeschaffer für die Gruppe war. Woher das Geld kam, ist nicht ganz sicher, jedenfalls dürfte man für die Information, die man besorgte, von den dementsprechenden Geheimdiensten, dazu gehörte auch der polnische, Geld erhalten haben. Er benützte hierfür auch eigenes Geld. Anfänglich dürfte er noch selber das Geld überbracht haben, später überliess er dies seinem Schwager Paul Isch. Er schrieb deshalb am 25. August 1938 an Karl Burian:
Lieber I.!
Du kennst meine Schrift und weißt, wer ich bin, Bertha Moni. Ich kann nicht mehr kommen und schicke Dir deshalb einen Mann, der mein volles Vertrauen hat, und als dipl. Courrier gedeckt ist. Ich hoffe, dass es dir den Verhältnissen entsprechend angepasst gut geht und sollte Dich herzlichst von Petit grüßen, mit dem ich eine Woche beisammen war: Nun zu uns und in Kürze folgendes: Der einzige Weg zu unserem Ziele ist der militärische Zusammenbruch unseres Feindes bzw. seine militärische Unterhöhlung. Dies ist die Meinung des Chefs und natürlich auch unsere. Ich verlange von Dir, daß Du auch in dieser Beziehung alles tust. Übergib dem Courrier ein Schreiben an mich, in dem Du ausführlich sagst, was Du heute und in Zukunft liefern kannst. Du wirst es ja am besten beurteilen können. Ich sorge dafür, dass die Organisation Geld bekommen wird. Weihe niemand ein, am allerwenigsten Baldi und verbrenne den Brief. Aber schweige, schweige, denn nur das ist Sicherheit. Ich persönlich tue, was Du von mir verlangt hast und erwartest. Ich hoffe, daß wir bald daran gehen können, Material in die Alpen zu schicken. Schreibe mir bitte auch, wer Koim ist und wie weit verlässlich. Das beste ist, Du gibst sofort eine Probe von dem, was Du in der Hand hast, dem Courrier und wegen Geld mache Dir keine Sorgen.
Am 4. Oktober 1938 sandte von Slawik eine weitere Nachricht an Burian. Deutlich ist auch hier erkennbar, dass sich beide höchst konspirativ verhielten.
Lieber Berger!
Vor allem den tiefsten Dank und die besten Wünsche des Chefs, von dem ich am 30. September empfangen wurde. Er ist sicherlich das einzige Ideal, das unser Leben lebenswert macht. Die außenpolitischen Erfolge des III. R. haben wenig zu besagen, die Lage im Innern wird dadurch nicht besser. Halte aus, es ist des Chefs einziger Wunsch. Bei der nun sicher folgenden Volksabstimmung ist ohne Ausnahme, um niemanden zu gefährden mit „ja“ zu stimmen. Jede Propaganda in dieser Richtung hat erst 3 Monate zu ruhen. Erst nachher setzt von Böhmen aus die Propaganda für die Wiederherstellung der Integrität der Länder der Wenzelskrone im Rahmen Oest. ein. Keine Bindungen mit den Kommunisten eingehen, der Chef hält die für gefährlich und will es nicht. Hauptsächlich sage aber allen, daß kein, aber gar kein Grund besteht den Mut zu verlieren, wir gewinnen sozusagen täglichan Boden und die Erfolge, die ihr nicht wissen könnt, sind geradezu erstaunlich.
Nun zum andern. Auch hier vielen Dank. Nur hättest Du besser getan, das handgeschriebene Dokument überhaupt nicht zu übergeben, da Dein Gewährsmann Dir leider ein Fantasieprodukt geliefert hat, das den Wert des anderen wahrscheinlich stimmenden sehr herabsetzt und das Vertrauen schädigt. Kümmere Dich um gar nichts mehr in Berlin und konzentriere Dich streng auf Oester. Und auf das, was Du selbst kontrollieren kannst. Samstag, den 8. Oktober abends besucht Dich Marie und bis dahin bitte ich Dich um die unbedingte und genauste Erledigung der nachfolgenden Aufgaben – deshalb, weil sie zum Großteil kontrolliert werden können und das Vertrauen wiederherstellen sollen. Solltest Du bis dahin auch Nachrichten aus Berlin haben, so übergib sie bitte gleichfalls aber nach genauester Kontrolle. Paul überbringt Dir RM 500.-. Es geht nicht anders, bald bekommst Du aber mehr. Aufgaben: (…) Sei mir bitte nicht bös über soviel Arbeit, aber daran ist das schlechte Dokument schuld. Nun nochmals Hals und Beinbruch und führe diese Aufgabe genau durch, es muß sein und Du wirst es begreifen. Vielleicht dauert es noch 6 vielleicht noch 10 Monate, aber dann gehört Oestrr. uns. Heil K.u.R
Servus – Immer Deine Berthie.
Man kann zweifellos erkennen, dass sich Othmar von Slawik voll und ganz der Sache verschrieben hatte und auch daran glaubte. Seine Position scheint auch nicht ganz unwichtig gewesen zu sein, denn die Anweisungen waren nicht nur eindeutig, sondern auch präzise.
Eine weitere wichtige Funktion bestand in der Kontaktpflege zum polnischen Geheimdienst. Während der Kontakt zum französischen Geheimdienst direkt über Paris lief, wurde derjenige zum polnischen Geheimdienst praktisch von Anfang an über die Schweiz abgewickelt. Othmar von Slawik hat mit dem Agentennamen „Georg“ für die Polen gearbeitet – mit Zustimmung von Otto von Habsburg. Der Kontakt ergab sich über seinen Rodensteiner-Leibfuxen Leo von Zaleski, der bei den polnischen Gesandtschaften in Basel und Genf arbeitete. Ansprechstation war der polnische Ehren-Attaché der Botschaft Bern und Geheimdienstmann Gabrynowicz. Othmar von Slawik hat sich mit ihm mehrere Male getroffen. Als von Slawik selbst nicht mehr nach Österreich konnte, wurde Gabrynowicz zum Überbringer seiner Nachrichten.
1939 geriet von Slawik in die Mühlen der Schweizer Polizei. Er hatte in Solothurn mit seiner Meinung nie hinter dem Berg gehalten. Am sonnabendlichen Stammtisch in der „Krone“ gab er sich klar als Legitimist zu erkennen und er nahm deutlich Stellung gegen das damalige Deutschland. Das gefiel einem Stammbesucher namens Alfred Kohler nicht, der von seinem deutschen Schwager Dr. Mellmann aus Duisburg auch Informationen über die Spionagetätigkeit bekam. Alfred Kohler denunzierte nun von Slawik im März 1939 bei der Polizei und nachher bei der Bundesanwaltschaft wegen legitimistischer Umtriebe. Die Anzeige führte zu Befragungen, namentlich nach seinem Wohnungswechsel nach Zürich. Die Stimmung war damals aufgrund der „Überfremdung“ Ausländern gegenüber nicht sehr positiv.
In Zürich wurde von Slawik sodann vom Nachrichtendienst der Polizei befragt. Seine Antworten auf eventuelle Spionagetätigkeiten waren stereotyp, aber nicht beweisbar, dass sie falsch waren. „Kenne Leute der polnischen Botschaft besser als die der rumänischen“ aufgrund seines Leibfuxen, oder „wenn ich gelegentlich was vernehme, gebe ich es an Freunde weiter“. Seine häufigen Auslandsreisen nach Frankreich, Belgien und Ungarn brachte er in Zusammenhang mit Portrait-Malereien. Wichtig war es den Polizisten nachzuweisen, dass er gegen Auflagen des Ausländer- und Niederlassungsgesetzes verstossen hätte, z. B. durch Arbeiten. Die Bundesanwaltschaft fand aber seine Tätigkeiten nicht beunruhigend, denn man unternahm nichts.
Die Ausweisung selber konnte er im Herbst 1939 hingegen nicht vermeiden.
Mit dem Auffliegen der Widerstandsgruppe Burian und den weiteren Verhaftungen und Verfolgungen von Ottonen war für Othmar von Slawik der Kampf nicht beendet. Gemäss seinem Motto „militärische Unterhöhlung“ trat er am 17. Januar 1942 unter falschem Namen in die deutsche Wehrmacht (Dienststelle des O.K.W. Amt Ausland Abwehr III) ein. Er verwendete die gleichen Initialen „OS“, Vorname Otto. Damit betrieb er Gegenspionage. Stationiert war er im Raum Gardasee/Triest.
Nach dem Kriege, in kurzer englischer Kriegsgefangenschaft, blieb von Slawik zunächst in Triest. Ab 1945 unterstand er ausdrücklich der Schutzmacht von Schweden. 1946 verzichtete er wegen des kommunistischen Regimes, das alle „deutschen“ Grundbesitzer enteignet hatte, auf seine rumänische Staatsbürgerschaft – er war nun staatenlos.
So, wie Slawik entwurzelt war, erging es auch seinem Corps Ottonen. Nach dem Krieg, also 1945, wurde ausdrücklich davon abgesehen, dass Corps zu reaktivieren. Einige Ottonen versuchten 1948 mit anderen ehemaligen Angehörigen von W.S.C.-Corps als Corps Ostarrichi (schwarz-gold-grün mit grüner Kappe; unpolitisch) in den Wiener S.C. einzutreten. Man wurde abgewiesen. 1960 löste man das Corps auf, höchstwahrscheinlich ohne je eine Aktivitas gehabt zu haben. 1978 gründete Ludwig Krausz-Wienner die „Ehemalige Widerstandsgruppe des Corps Ottonen“, die sich 1985 in „Alt-Herren-Verband des Corps Ottonen“ umbenannte. Am 9. November 1992 wurde der Verein aufgelöst.
Othmar Alfred von Slawik blieb zeitlebens Legitimist. Etwa 1950 wechselte er nach Turin. Dort schien er jedenfalls in jenem Jahr als Handelsvertreter auf. 1953 meldete er sich das erste Mal nach dem Ende von Krieg und Diktatur bei seinen Rodensteinern, und zwar wieder aus Turin. 1954 trat er schließlich bei den Rodensteinern aus. Er gründete eine zweite Familie und hatte zwei Kinder; 1956 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft. Kurz vor seinem Tod, 1980, hat er wieder einen Kontakt mit einem der letzten Ottonen, Ludwig Krausz-Wienner, erhalten. Der Kontakt Slawiks zu Otto von Habsburg ist dagegen nie abgerissen. Das letzte Mal besuchte er ihn im Jahre 1980 in München.
Am 27. Februar 1988 ist Othmar Alfred von Slawik dann verstorben. Damit schloss sich gewissermaßen ein Kreis – aber das, was alle Beteiligten im Bezug auf Österreich erhofft hatten, war und blieb unerfüllbar.
Danubia Graz 18.08.1921
Danubia entstand 1921 als freie Verbindung. Die Stifter waren ehemalige Offiziere, Frontsoldaten und Militärakademiker der k. u. k. Armee. Als Anhänger der Habsburger hatten sie in der Ersten Republik einen Weg ins Zivilleben gesucht und in Graz ein Studium aufgenommen. Mit ihren Auffassungen von Kameradschaft und Ehre standen sie an den Hochschulen auf verlorenem Posten. Um unter sich zu bleiben, beschlossen sie am 17. Mai 1921 Danubias Stiftung. Als Stiftungstag wurde mit dem 18. August der Geburtstag von Franz Joseph I. (Österreich-Ungarn) gewählt. Auch die Bezeichnung Danubia ließ die Donau-Monarchie anklingen.
Im Gründungsbeschluss wurde erklärt, dass in Ehrenangelegenheiten nach dem Offizierskodex Ristow zu verfahren sei. Später hielt man sich an den unter Waffenstudenten üblichen ritterlichen Ehrenschutz. Das Couleur war zur Gründung schwarz–gold–violett. Dass die dunkelblaue Mütze noch im selben Jahr nach braun geändert wurde, war der Rockfarbe der Artillerieoffiziere und finanziellen Gründen geschuldet; denn sie erlaubte den karg lebenden Nachkriegsstudenten, ihre Mützen aus ausgemusterten Uniformen schneidern zu lassen.
Danubias Einstellung zeigt sich in einem Schreiben des Gründungsseniors Bäuml an den Vorstand der Christlichsozialen Partei (Österreich), in dem er um Unterstützung legitimistischer Aktivitäten bittet.
Von Anbeginn hatte Danubia mit dem Vorwurf zu kämpfen gegen die Republik zu stehen. So verwehrte die Karl-Franzens-Universität ihr das Auffahrts- und Farbenrecht, was der Nichtanerkennung gleichkam. Obwohl Danubia Bestimmungsmensuren und Säbelpartien entschieden verfocht, strebte sie zunächst nach der Aufnahme in den Allgemeinen Deutschen Burschenbund. Dies wurde 1925 verworfen. Um dem legitimistischen Vorwurf öffentlich zu begegnen, wurde bereits im Frühjahr 1922 beschlossen, dass bei der Reception auch auf die Einhaltung der Gesetze zu schwören und damit die republikanische Ordnung anzuerkennen. Im Herbst 1923, im Chaosjahr der Weimarer Republik, ging man über diese Beschlüsse weit hinaus; nicht nur der Verbindung, sondern auch seinen Mitgliedern wurde politische Betätigung untersagt. Dieser Beschluss erwies sich in den Richtungsstreitigkeiten der Ersten Republik und vor allem in den 1930er Jahren als unhaltbare Belastung.
Die Aufnahme in den KSCV erwies sich als schwierig. Nicht einmal im (Kösener) SC zu Graz konnten Mensuren abgedeckt werden. Deshalb näherte Danubia sich dem legitimistischen Wiener SC, besonders dem Corps Wasgonia. Die Ottonen deckten viele Partien ab. Das Angebot einer formalen Anbindung an den Wiener SC wurde jedoch abgelehnt, weil dieser sich relativ offen zum Legitimismus bekannte. Die letzte Mensur mit Bünden des Wiener SC wurde 1932 ausgetragen. Einige Danuben trugen auch ein Band der Wiener Corps. Den Weg zu Partien in Graz ebnete der Waffenschutz des Corps Teutonia Graz. Ende 1924 gewährten die Grazer Hochschulen das Auffahrts- und Farbenrecht. Dass die Vertreterbesprechung (der spätere Grazer Korporationsring) Danubia 1928 aufnahm, ermöglichte ein reguläres Paukverhältnis mit den Grazer Verbindungen. 1929 erklärte man sich schließlich Kampf um Anerkennung gegen den Protest des SC zum Corps. Zur selben Zeit änderte Danubia die Farben in schwarz–gold–blau: braun waren die Röcke, blau die Hosen, golden die Knöpfe und schwarz die Aufschlägeder k.k. Artillerieoffiziere. Die neuen Farben wurden 1931 seitens der Universität genehmigt.
Ab 1947 lebte das Corps im besetzten Nachkriegsösterreich wieder auf. Die Erlaubnis (besser: die Nichtuntersagung) zu reaktivieren holte man sich 1952 ein. Die Reaktivierung gelang, indem die Studentengruppe Ingenieur Corona in Danubia aufging. 1954 wurde das seit 30 Jahren verfolgte Ziel einer Aufnahme in den Kösener Senioren-Convents-Verband erreicht; jedoch musste schon drei Jahre danach aus Aktivenmangel suspendiert werden. Die Altherrenschaft bestand fort und nahm großteils bei den Grazer Corps Teutonia, Joannea und Vandalia die Mitgliedschaft an. Mit Stützungsburschen dieser Corps rekonstituierte Danubia im Wintersemester 2006/07. Waren vor der Reaktivierung nur noch drei Alte Herren am Leben, so kam es nun zu mehreren Bandaufnahmen von österreichischen (auch von unserem Corps Erz Leoben die AH Daghofer, Krusche, Nikolay, Waltner) und bundesdeutschen Corpsstudenten. Im Wintersemester 2007/08 wurde Danubia als Vollmitglied in den Grazer Korporationsring aufgenommen.
Mit dem Generalconvent am 31. Januar 2008 begann das vorläufig letzte Kapitel der aktiven Danubia. Es war abzusehen, dass auch eine Aktivmeldung von Alten Herren die neuerliche Suspension nicht aufhalten konnte. Deshalb wurde die Suspension beschlossen. Trotz der Suspension feierte das Corps im Herbst 2011 das 90. Stiftungsfest in großem Rahmen. Auch das 100-jährige Bestehen wurde in Graz gefeiert (Die Festrede hielt AH Krusche des Erz Leoben, Danubiae Graz).